TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/23 98/18/0145

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Veröffentlicht am 23.07.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7;
AsylG 1997 §44 Abs4;
FrG 1997 §26;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des C A in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in Wien VIII, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Jänner 1998, Zl. SD 44/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Jänner 1998 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 8. April 1997 an einer unbekannten Stelle der österreichisch-slowakischen Grenze in das Bundesgebiet eingereist, ohne sich der Grenzkontrolle zu stellen. Der vom Beschwerdeführer am 11. April 1997 gestellte Asylantrag sei mit Berufungsbescheid vom 8. Juli 1997 rechtskräftig abgewiesen worden. Der dagegen gerichteten Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Dem Beschwerdeführer komme eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 nicht zu, weil er nicht direkt aus der Türkei nach Österreich eingereist sei, sondern sich vor seiner Einreise in Rumänien und in der Slowakei rechtmäßig aufgehalten habe und in diesen beiden Ländern vor Verfolgung sicher gewesen sei. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 käme dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle nur zu, wenn sie ihm von der Behörde zuerkannt worden wäre, was nicht der Fall sei.

Im Hinblick darauf, daß gerade den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zukomme und unter Bedachtnahme darauf, daß der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, erweise sich die Ausweisung im Grunde des § 33 FrG als gerechtfertigt.

Was die Zulässigkeit der Maßnahme im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG betreffe, sei zunächst darauf hinzuweisen, daß sich der Beschwerdeführer aufgrund seines kurzen und unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht mit Erfolg auf einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben berufen könne, da er aber mit seinem Cousin im gemeinsamen Haushalt lebe, liege ein Eingriff in das Familienleben vor. Die Ausweisung sei jedoch aufgrund des von Anfang an illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten sehr augenfällig dokumentiert, keine Bedenken zu haben, sich über fremdenrechtliche Vorschriften in beharrlicher Weise hinwegzusetzen. Weder die rechtskräftige Abweisung seines Asylantrages noch eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes hätten ihn davon abhalten können, sein strafbares Verhalten fortzusetzen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß er entgegen der Ansicht der belangten Behörde sehr wohl "direkt" aus der Türkei nach Österreich eingereist sei und daher (aufgrund der Gewährung von aufschiebender Wirkung an seine im Asylverfahren erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde) über eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfüge. Es sei zwar richtig, daß er auf seiner Reise auch durch Rumänien (wo er sich 19 Tage aufgehalten habe) und die Slowakei gefahren sei, jedoch habe er sich in Gewalt einer Schlepperbande befunden und sich nicht frei bewegen können.

1.2. Gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz des mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76, haben Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird.

Da der Beschwerdeführer unstrittig unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist ist, käme ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung zu, wenn sie ihm von der Behörde zuerkannt worden wäre. Daß dies nicht der Fall ist, bestreitet der Beschwerdeführer nicht.

Gemäß § 44 Abs. 4 Asylgesetz 1997 käme dem Beschwerdeführer auch dann eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, wenn er aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung an seine Beschwerde gegen den im Asylverfahren ergangenen Berufungsbescheid (im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Asylgesetzes 1997) zum Aufenthalt berechtigt gewesen wäre. Dies wäre nur dann der Fall, wenn dem Beschwerdeführer während des unter Geltung des Asylgesetzes 1991 durchgeführten verwaltungsbehördlichen Asylverfahrens eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach den §§ 6 und 7 dieses Gesetzes zugekommen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. März 1998, Zl. 96/18/0590).

Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 kommt (nur) jenen Asylwerbern zu, die außer der Voraussetzung der rechtzeitigen Stellung eines Asylantrages auch die Voraussetzungen des § 6 leg. cit. erfüllen. Letzteres trifft aber im Beschwerdefall nicht zu.

Der Beschwerdeführer ist unstrittig über Rumänien, wo er sich 19 Tage aufgehalten hat, und über die Slowakei nach Österreich eingereist. Daran, daß es sich hiebei um keine "direkte" Einreise aus dem Staat, in dem er behauptet, Verfolgung befürchten zu müssen (Türkei), handelt, kann auch der vorgebrachte Umstand nichts ändern, daß die Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Rumänien und in der Slowakei eingeschränkt war. Das in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei als Transitreisender gemäß § 26 FrG zu behandeln, geht schon deshalb ins Leere, weil die genannte Bestimmung nur die Ausnahme von der Sichtvermerkspflicht für Personen, die sich während einer Zwischenlandung auf einem österreichischen Flugplatz in dessen Transitraum oder im Luftfahrzeug aufhalten, regelt. Der Beschwerdeführer erfüllt daher nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991.

Da er nicht vorbringt, er hätte - bei Einreise über eine Grenzkontrollstelle - nicht in den Staat, aus dem er "direkt" eingereist sei (Slowakei), zurückgewiesen werden dürfen, erfüllt er auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 nicht.

Soweit der Beschwerdeführer unter diesem Gesichtspunkt die Nichtanwendung von § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 rügt, ist ihm zu entgegnen, daß diese Verfahrensbestimmung nur für das Asylverfahren in Geltung stand und im vorliegenden fremdenrechtlichen Verfahren nicht anzuwenden ist.

1.3. Die belangte Behörde kam daher zu Recht zu dem Ergebnis, daß der Tatbestand des § 33 Abs. 1 zweiter Halbsatz FrG erfüllt sei.

2. Im Hinblick auf die Tatsache, daß der Beschwerdeführer durch seinen illegalen Aufenthalt, den er trotz deswegen erfolgter Bestrafung aufrechterhalten hat, das aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. die zum Fremdengesetz 1992 ergangene, auf die Rechtslage nach dem Fremdengesetz 1997 übertragbare ständige hg. Judikatur; etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom 5. März 1998 und das Erkenntnis vom 30. April 1998, Zl. 97/18/0535) gravierend beeinträchtigt hat und demgegenüber die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet aufgrund des erst seit einem dreiviertel Jahr bestehenden (zur Gänze illegalen) Aufenthaltes - auch wenn man den in der Beschwerde vorgebrachten Umstand, daß der Beschwerdeführer mit seinem Onkel im gemeinsamen Haushalt lebe, zu dessen Gunsten berücksichtigte - nur schwach ausgeprägt sind, kann auch das Ergebnis der von der belangten Behörde durchgeführten Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine Verfolgung in der Türkei ist zu entgegnen, daß auf derartige Umstände im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung eines Ausweisung nicht Bedacht zu nehmen ist. Zur Prüfung der Frage, ob in Ansehung der Person des Beschwerdeführers eine Gefährdungs- und/oder Bedrohungssituation im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG vorliegt, stand diesem ein eigenes Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zur Verfügung (§ 75 FrG).

4. Da bereits der Bescheidinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998180145.X00

Im RIS seit

31.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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