TE Dok 2019/12/31 K 3-DK-IV/2018

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Veröffentlicht am 31.12.2019
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Norm

BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Alkoholisiertes Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges, Führerscheinentzug, Manipulation bei der Zeiterfassung, Verweis

Text

Disziplinarerkenntnis

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich PAUL als Senatsvorsitzenden sowie MR Mag. Felix Kollmann und ADir Veronika SCHMIDT als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 19. Dezember 2019 in Abwesenheit des Beschuldigten OO im Ruhestand NN durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

NN

Beamter im Ruhestand, ehem. Briefzusteller bei der Zustellbasis XX,

 

ist s c h u l d i g.

NN hat als Briefzusteller bei der Zustellbasis X

1.   am 3. Mai 2018 während der Dienstzeit alkoholische Getränke konsumiert und um 14:53 Uhr sein Dienstfahrzeug mit dem Kennzeichen PT-xxxxx in X ca. 300 Meter südlich vom Wohnhaus X-Sraße, Nr. X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, sodass ihm im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle die Lenkerberechtigung für die Dauer von 18 Monaten entzogen wurde, obwohl er die Lenkerberechtigung zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt,

2.   über einen längeren Zeitraum die Pausen vorschriftswidrig nicht den Tatsachen entsprechend in sein Handheld gebucht, wodurch er sich Zeitguthaben für seinen Gleitzeitkorridor erschlichen hat und ist wiederholt zwei- bis dreimal pro Woche vorschriftswidrig von der Gangordnung abgewichen und hat Privatfahrten nach Hause, ohne entsprechende Pausenbuchung durchgeführt.

NN hat somit die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, nämlich

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979)

in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979),

und

seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979),

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 134 Abs. Z 1 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe des Verweises

verhängt.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 wird festgehalten, dass keine Verfahrenskosten zu ersetzen sind.

B e g r ü n d u n g

NN stand seit 1. September 1983 im Postdienst, wurde am 1. Oktober 1990 zum Beamten ernannt und wurde als „Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell“, Verwendungscode 8722, Verwendungsgruppe PT 8 mit der Dienstzulage A der Verwendungsgruppe PT 8, bei der Zustellbasis X verwendet und unterliegt seit 01. September 2012 dem IST-Zeitmodell. Der Beamte hat am 20. November 2012 den Antrag auf Teilnahme am Gleitzeitdurchrechnungsmodell bzw. dauernde Verwendung auf einem Zustellerarbeitsplatz im Gleitzeitdurchrechnungsmodell, Verwendungscode 8722, rückwirkend mit 1. September 2012 gestellt.

Mit Ablauf des xx.xx.2019 wurde NN in den Ruhestand versetzt.

Zum Sachverhalt:

Der Beamte hat am 3. Mai 2018 um 14:53 Uhr sein Dienstfahrzeug mit dem Kennzeichen PT-xxxxx in K, ca. 300 Meter südlich vom Wohnhaus X gelenkt, wo er zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten worden ist. Die Straßenaufsichtsorgane stellten bei NN Alkoholisierungssymptome fest, weshalb er zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert wurde.

Bei dem an Ort und Stelle am 3. Mai 2018 um 15:05 Uhr durchgeführten Alkoholtest ergab sich ein Atemluftalkoholgehalt von 1,12 mg/l (2,24 Promille).

Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vom 15. Mai 2018 hat der Beschuldigte angegeben, dass er am 3. Mai 2018 nach der Zustellung vom S-weg xx nach Hause fuhr. Dort habe er zwei gespritzte Weißwein getrunken, das entspricht einem viertel Liter Weißwein und habe um 09:32 Uhr die Zustellung fortgesetzt. Weitere alkoholische Getränke habe er im Zuge der Zustellung in der K Straße xxx getrunken, anschließend zwei bis drei gespritzte Weißwein bei einer Pause im Gasthaus K. und nach der Zustellung in der Ortschaft K., habe er noch zwei bis drei gespritzte Weißwein im Gasthaus G. konsumiert. Bei der weiteren Zustellung am Weg Richtung X wurde der Beamte im Zuge einer Verkehrskontrolle einem Alkoholtest unterzogen, der eine Alkoholisierung von 1,12 mg/l Atemluft ergab und zur Anzeige und nachfolgendem Führerscheinentzug geführt hat.

Befragt, ob den Beamten die Dienstanweisung vom 12. Dezember 2012, GZ PM/PRB-614385/10-A03/12 betreffend „Zeiterfassung für Beamtinnen und Beamte in der Briefzustellung/Distribution“ mittels Handheld bekannt sei, gab NN an, dass ihm diese Dienstanweisung bekannt sei.

Befragt, ob der Beamten die Buchungen lt. Dienstanweisung auch so durchführe, gab NN an, dass er die Buchungen nicht immer den Dienstanweisungen entsprechend durchführe. Er fahre zwei- bis dreimal die Woche nach Hause und weiche dadurch von der Gangordnung ab. Die Abweichung betrage 3,6 Kilometer, das seien ca. 3,6 Minuten. Die Pausen zu Hause buche er nicht. Er mache weitere Pausen, die er nicht korrekt buche.

Aufgrund der ergänzenden Erhebungen des Senatsvorsitzenden vom 23. Oktober 2018 führte die Dienstbehörde aus, dass Herrn NN im Jahr 2017 50,22 sowie im Jahr 2018 46,86 Überstunden ausbezahlt wurden.

Auf Anfrage des Senatsvorsitzenden führte die Dienstbehörede zunächst fernmündlich, dann mit E-Mail vom 29.11.2019 aus, es sei im Kontext keine Rückforderung oder Einbehaltung der zu Unrecht bezogenen Leistungen vorgenommen worden.

 

Durch sein Verhalten hat NN somit sowohl gegen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung „IST-Zeit in der Briefzustellung“ Teil C, Punkt 16 „Zeiterfassung“ als gegen die Dienstanweisung vom 12. Dezember 2012, GZ PM/PRB-614385/10-A03/12 betreffend „Zeiterfassung für Beamtinnen und Beamte in der Briefzustellung/Distribution“, wirksam seit 01. Jänner 2013, verstoßen.

Gemäß der Betriebsvereinbarung über die „IST – Zeit in der Briefzustellung“ ist jeder Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell verpflichtet, unter anderem seine Pausenzeiten wahrheitsgemäß in sein ihm vom Dienstgeber zur Verfügung gestelltes Handheld einzugeben. Die Vorschriften über die korrekte Zeiterfassung in der Briefzustellung wurden in der Dienstanweisung vom 12. Dezember 2012 (Basis ist die Betriebsvereinbarung „IST-Zeit in der Briefzustellung“ Teil C, Punkt 16 „Zeiterfassung“ vom 5. September 2012), die allen Zustellern nachweislich zugegangen ist, umfassend und nachvollziehbar geregelt und durch Schulungen den Zustellern mehrmals kommuniziert. Ein Beamter in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell muss demnach die PAUSEN-Buchungen wahrheitsgemäß über das MDE-Gerät durchführen.

Die Österreichische Post AG ist bei der eingeschränkten Kontrollmöglichkeit im Außendienst in besonderem Maße darauf angewiesen, dass die Angaben des Beamten über seine Dienstzeiten der Wahrheit entsprechen. Unkorrekte Angaben seien als schwerer Missbrauch zu werten und geeignet, das Vertrauen in die getreue und redliche Erfüllung der dienstlichen Aufgaben massiv zu beeinträchtigen.

Es ist die Wichtigkeit von korrekten Dateneingaben ausdrücklich festzuhalten. Es darf dabei nicht übersehen werden, dass die angesammelten Differenzen in der Summe potenziell eine nicht unerhebliche Stundenanzahl ergeben. Da Gutstunden über der Anzahl von 150 Stunden als Überstunden gewertet und ausbezahlt werden müssen, bzw. der Zustellbezirk bei permanenter Unterauslastung neu systemisiert werden müsste, entsteht der Österreichischen Post AG durch die im Spruch dargestellte Vorgangsweise, bei nicht rechtzeitiger Aufdeckung, auch ein erheblicher materieller Schaden

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom xx. Mai 2018, Zahl: xxx-FS-xxxxx/18(018/2018)(7-xxxxx-219/18) wurde NN die Lenkerberechtigung für die Klassen AM, A (A1, A2) und B für einen Zeitraum von achtzehn Monaten, gerechnet ab 3. Mai 2018 bis einschließlich 3. November 2019 entzogen.

Gleichzeitig wurde dem Beamten angeordnet, ein von einem amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung (samt einer verkehrspsychologischen Stellungnahme) vor Ablauf der Entzugszeit beizubringen.

Als begleitende Maßnahme zur ausgesprochenen Entziehung der Lenkerberechtigung wurde angeordnet, dass sich der Beamte einer Nachschulung zu unterziehen hat.

Die Bezirkshauptmannschaft X hat verfügt, dass nach Ablauf der angeführten Entzugsdauer die Lenkberechtigung bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung und der Absolvierung der Nachschulung entzogen bleibt.

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom xx. Mai 2018, Zahl: xxx-FS-xxxxx/18(018/2018)(7-xxxxx-219/18) und der niederschriftlichen Einvernahme des Beschuldigten vom 15. Mai 2018 durch das Qualitätsmanagement West, Herrn D. und G., im Beisein von Gebietsleiter E. und Vertrauensperson K. und F.

NN hat in der niederschriftlichen Einvernahme die dargestellten Dienstpflichtverletzungen zugegeben.

Die mündliche Verhandlung am 28.11.2018 fand in Abwesenheit des entschuldigten NN statt. Seitens der Disziplinarkommission wurde Folgendes festgehalten:

Der Punkt 1 des Einleitungsbeschlusses wird aufgrund der Beweislage als gegeben angenommen

Zu Punkt 2 des Einleitungsbeschlusses wird festgehalten, dass laut Dienstbehörde eine Rückforderung wegen zu Unrecht empfangener Leistungen nicht vorgenommen wurde, daher kann eine Zuordnung zu den Tatzeitpunkten nicht gezogen werden. Der Beschuldigte hat jedoch ein Geständnis laut Aktenlage abgelegt

Dies wurde NN mit Schreiben vom 3. Dezember 2019 zur Kenntnis gebracht (§ 125 Abs. 4 BDG 1979).

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 teilte NN der Disziplinarkommission mit , er sei sehr schwer erkrankt und konnte daher nicht an der Verhandlung am 28. November 2019 teilnehmen. Er wolle sich dafür entschuldigen. Er ersuche um eine milde Strafe und sei mit dem von der Disziplinaranwältin beantragten Verweis einverstanden.

Der Senat hat erwogen:

Das Disziplinarrecht hat den Zweck, Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses, die durch Fehlverhalten der Beamten entstehen, zu beseitigen bzw. zu vermeiden.

NN hatte in der Zustellbasis X einen Zustellbezirk zu betreuen. Zu diesem Zweck ist die Benützung eines dienstlichen Kraftfahrzeuges erforderlich. Dem Beamten musste daher bewusst sein, dass er für seine dienstlichen Tätigkeiten eine Lenkerberechtigung benötigt.

Dennoch hat NN seine Lenkerberechtigung bewusst fahrlässig aufs Spiel gesetzt, indem er am 3. Mai 2018 um 14:53 Uhr sein Dienstfahrzeug mit dem Kennzeichen PT-xxxxx in K. ca. 300 Meter südlich vom Wohnhaus H., X, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Die Einhaltung der 0,0-Promille-Grenze beim Lenken eines Dienstfahrzeuges während der Dienstzeit und im Zuge der Heimfahrt gehört zu den elementaren Dienstpflichten eines Beamten im Zustelldienst und bildet eine der Voraussetzungen für einen geordneten Dienstbetrieb. Die Nichtbeachtung dieser Dienstpflicht stellt eine gravierende Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Dienstgeber dar, der ein nicht geringer Unrechtsgehalt beizumessen ist.

Wenn ein Beamter für den Zeitraum des Entzuges der Lenkerberechtigung nicht zum Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges eingesetzt werden kann, obwohl dies ein dienstliches Erfordernis darstellt, liegt ein besonderer Funktionsbezug und damit eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 vor (vgl. BerK 19.06.2000, GZ 25/7 – BK/00) vor.

Alkoholkonsum während des Zustellganges mit dem im Kontext erfolgenden Führerscheinentzug ist jedenfalls relevant, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliuche Wahrnehmung der dienstlichen Pflichten zu beeinträchtigen.

Da bei einem so personalintensiven Betrieb wie bei der Österreichischen Post AG eine lückenlose Kontrolle aller Arbeitsvorgänge nicht möglich ist, muss man mit stichprobenartigen Kontrollen das Auslangen finden. Die Österreichische Post AG ist daher in besonderem Ausmaß von der Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der beschäftigten Beamten und Beamtinnen abhängig. (vgl. VwGH 23.2.2000, 97/09/0082 m.w.N.). Dabei entspricht es dem gegenseitigen Treue- und Vertrauensverhältnis, dass Beamte und Beamtinnen ihre Dienstpflichten aus eigenem Antrieb und eigener Verantwortlichkeit einhalten

Die Befolgung dienstlicher Anordnungen – insbesondere die Einhaltung von Anordnungen bezüglich der Zustelltermine und -prozesse, des absoluten Alkoholverbotes und die korrekte, den klaren Weisungen entsprechende, Angabe von betrieblichen Daten sowie die genaue und den Anordnungen entsprechende Angabe der Pausen – stellt eine der Kernpflichten eines Beamten dar und ist eine Grundvoraussetzung, dass ein Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen reibungslos funktionieren kann.

Einerseits soll beim Beschuldigten ein konstruktiver Gesinnungswandel (Einsicht) erreicht werden, der ihn davon abhält, künftig weitere Dienstpflichtverletzungen zu begehen (Spezialprävention), andererseits muss mit dem Strafmittel auch ein Signal an andere Beamte gesetzt werden, diese von der Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, beziehungsweise ihr normgerechtes Verhalten zu bestätigen (Generalprävention). In spezialpräventiver Hinsicht war aber zu berücksichtigen, dass NN mit Ablauf des 31. Oktober 2019 in den Ruhestand versetzt wurde und damit eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben ist. Aus generalpräventiven Gründen bestand dennoch Handlungsbedarf, da klar zustellen ist, dass eine derart gleichgültige Einstellung gegenüber den Dienstpflichten keinesfalls toleriert wird.

Im Hinblick auf die Zuordnung zu konkreten Tatzeitpunkten hinsichtlich Punkt 2 des Spruches wird fesgehalten, dass die Dienstbehörde eine Rückforderung zu Unrecht bezogener Leistungen nicht vorgenommen hat, eine ausreichender Konnex zum Tathergang konnte daher nicht vorgenommen werden, daher wird bei der Strafbemessung das vorliegende Geständnis berücksichtigt.

 

Als mildernd wurden das auf eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung hinweisende Leistungsfeedback, die persönliche Situation sowie das Geständnis berücksichtigt.

Als erschwerend wurde die im Widerspruch zu den Dienstpflichten, aus generalpräventiven Gründen nicht zu tolerierende, stehende Tathandlung, gewertet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

-END-

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2020
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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