TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/15 VGW-101/020/946/2019, VGW-101/V/20/950/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2019
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Entscheidungsdatum

15.04.2019

Index

20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

EisbEG 1954 §1
EisbEG 1954 §2 Abs2 Z1
EisbEG 1954 §3 Abs1
EisbEG 1954 §11 Abs1
EisbEG 1954 §13
EisbEG 1954 §14
EisbEG 1954 §17
EisbEG 1954 §44 Abs1
AVG §44a Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerden 1) der Frau A. B. und 2) der Frau C. D. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 4.12.2018, Zl. ...,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden, die sich nur gegen den Ausspruch der Enteignung (Punkt I des angefochtenen Bescheides) und den Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden (Punkt III des angefochtenen Bescheides) richten, werden nach Abweisung der Beschwerden hinsichtlich Ausschluss der aufschiebenden Wirkung mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 18.2.2019, Geschäftszahlen VGW-101/V/020/1504/1505/2019, hinsichtlich Punkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

III. Der Antrag, die Behörde möge den Enteignungswerber die Kosten der Vertretung den Betrag von jeweils EUR 250,00 auftragen, wird zuständigkeitshalber an die belangte Behörde weitergeleitet.

Entscheidungsgründe

Der angefochtene Bescheid hat folgenden Spruch:

„I. Gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Z. 3 und 4 und § 17 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz - EisbEG 1954, BGBl. Nr. 71/1954 i.d.g.F., wird zu Gunsten der E. GmbH & Co KG die Enteignung für das im Miteigentum von Frau C. D. und Frau A. B. stehende Grundstück Nr. ..., inneliegend in EZ ... der Kat.Gem. ..., in folgendem Ausmaß verfügt:

A. Auf der Grundlage des Dienstbarkeitsbestellungsplans (Plannummer: ...0 vom Juni 2017) jeweils zu Gunsten des in der Kat.Gem. ... gelegenen, herrschenden Gst. Nr. ... inneliegend der im grundbücherlichen Eigentum der E. GmbH & Co KG in Wien, F.-straße (FN ...) stehenden EZ ...

Hinsichtlich des Bereiches, welcher im Lage- und Querschnittsplan hell-braun-lasiert dargestellt ist, auf Dauer die Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung, des Bestandes und des Betriebes einer Verkehrstunnelanlage samt aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen und Maßnahmen, im flächenmäßigen Gesamtausmaß von ca. 13 m2.

B. Auf der Grundlage des Plans über die baubegleitenden Maßnahmen für temporäre Zwecke (Plannummer: ...1 vom Juni 2017) zu Gunsten der E. GmbH & Co KG bzw. durch von ihr ermächtigte dritte Personen.

Auf Dauer der Tunnelvortriebsarbeiten unter dem antragsgegenständlichen Grundstück (sogenannte Unterfahrung) von 1 Tag pro 1,8 Laufmeter im Tunnel-/Stations-NÖT-Vortriebsbereich die Durchführung allenfalls bautechnisch punktuell erforderlicher Hilfsmaßnahmen (z.B. Vereisung, Spieße, Dielen, Rohrschirme, DSV, Kalottenfüße) im Umkreis von bis zu ca. 4 m von der Außenkante der Außenschale des Bauwerks (Dienstbarkeitsbereich), innerhalb der Bereiche, welche im Lage- und Querschnittsplan graugepunktet dargestellt sind.

C. Auf der Grundlage des Plans über Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen für temporäre Zwecke (Plannummer: ...2 Index A vom Juni 2017) zu Gunsten der E. GmbH & Co KG bzw. durch von ihr ermächtigte dritte Personen

1.   a) Nutzung zur Herstellung einer Fundamentverbreiterung (violettschraffiert dargestellt), samt aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen und Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Hausstatik für einen Zeitraum von 2 Monaten,

innerhalb des Arbeitsbereichs, welcher im Lage- und Querschnittsplan violett-gewellt dargestellt ist und ein flächenmäßiges Gesamtausmaß von ca. 77 m2 ausweist

sowie

b) Mitbenützung als Zugangs-/Zufahrtsbereich zum unter Punkt C.1.a) dieses Antrages beschriebenen Bereich und für den dort genannten Zeitraum,

innerhalb des Bereichs, welcher im Lage- und Querschnittsplan grünschraffiert dargestellt ist.

Folgende drei Pläne sowie nachstehende Unterlagen über die Hausertüchtigungsmaßnahmen bilden einen Bestandteil dieses Bescheides:

Dienstbarkeitsbestellungsplan vom Juni 2017, Plannummer ...0 (Beilage 1);

Plan über Massnahmen für temporäre Zwecke vom Juni 2017, Plannummer ...1 (Beilage 2);

Plan über Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen für temporäre Zwecke vom Juni 2017, Plannummer ...2, Index A, mit Änderung vom 28.06.2018 (Beilage 3);

Unterlagen Hausertüchtigungsmaßnahmen, GZ. 1345.16, vom Jänner 2018 bestehend aus Blatt 3.1., 3.2., 3.3., 3.3.1., 3.4. 3.5, 3.6., 3.7. und 3.8 (Beilage 4).

II.  Gemäß § 17 Abs. 2 EisbEG wird die Höhe der Entschädigung für die zwangsweise Einräumung der unter Spruchpunkt I. genannten Servitute zum Stichtag 25.07.2018 mit EUR 9.088,00 festgesetzt. Hiervon entfallen auf die beiden Enteignungsgegnerinnen Frau C. D. und Frau A. B. hälfteanteilig jeweils EUR 4.544,00.

Die E. GmbH & Co KG ist gemäß § 33 EisbEG verpflichtet, diesen Betrag binnen 14 Tagen an die Enteignungsgegnerinnen zu bezahlen oder bei Gericht zu hinterlegen. Die Frist beginnt mit dem ungenützten Ablauf der dreimonatigen Frist zur Anrufung des Gerichtes (§ 18 Abs. 1), mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Entschädigung oder - sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben - mit dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Kommt das Eisenbahnunternehmen seiner Verpflichtung nicht innerhalb der Leistungsfrist nach, so hat es die gesetzlichen Verzugszinsen vom Beginn der Leistungsfrist an zu vergüten.

Das Gutachten von Frau G. H., I. vom 01.07.2018 samt Ergänzungs-Gutachten vom 06.08.2018 (Bewertungsstichtag 25.07.2018) bildet einen Bestandteil dieses Bescheides (Beilage 5).

III. Gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F., wird die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen.

IV. Gemäß § 77 Abs. 1 i.V.m. § 76 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 i.d.g.F. werden der E. GmbH & Co KG für die Ortsaugenscheinsverhandlung am 10.07.2018 in Wien, J.-straße/K.-gasse bzw. L.-gasse an Kommissionsgebühren EUR 76,30 vorgeschrieben.

V.  Gemäß § 78 AVG i.V.m. Tarifpost 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 - BVwAbgV, BGBl. Nr. 24/1983 i.d.g.F., wird der E. GmbH & Co KG für die Verfügung der Enteignung eine Verwaltungsabgabe von EUR 6,50 vorgeschrieben.

Die Beträge zu IV. und V. sind binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides mittels des beiliegenden Zahlscheines an die Stadt Wien einzuzahlen.“

Der angefochtene Bescheid ist nach Darstellung des Verfahrensablaufes hinsichtlich des hier zu behandelnden angefochtenen Punktes in Erwiderung der im Verfahren erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführerinnen dahingehend begründet, dass die Enteignungsgegnerinnen hinsichtlich des eisenbahnbaurechtlichen Verfahrens bei der Magistratsabteilung 64 zur
Zl. ... keine übergangenen Parteien seien, da es im Hinblick auf die Vorschriften der Ediktskundmachung, denen entsprochen worden sei, als unerheblich anzusehen sei, dass die Enteignungsgegnerinnen ihren Wohnsitz in Niederösterreich hätten. Mangels Erhebung von Einwendungen hätten die Enteignungsgegnerinnen in diesem Verfahren ihre Stellung als Partei verloren. Die Prüfung von Alternativprojekten sei nicht Gegenstand des Enteignungsverfahrens und sei die eingewendete Optimierung zu Gunsten der Enteignungsgegnerinnen nicht zu prüfen gewesen. Die Hilfsmaßnahmen und Fundamentverstärkungen seien von eisenbahnbautechnischen Amtssachverständigen als notwendig für die Grundbruchsicherheit der gegenständlichen Liegenschaft beurteilt worden. Die Setzungen im Bauabschnitt U.../...-M., deren Auswirkungen auf die Oberfläche sowie die notwendigen Ertüchtigungsmaßnahmen/Haussicherungen seien Bestandteil der Überprüfung im Fachgebiet Geotechnik der eisenbahnbaurechtlichen Einreichung und seien im Enteignungsverfahren nicht gegenständlich. Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung sei seit 8.3.2018 rechtskräftig und für die Behörde im gegenständlichen Enteignungsverfahren bindend. Einwendungen, die sich auf diese Genehmigung oder auf die im Bauverfahren wahrzunehmenden Interessen bezögen, hätten daher nicht berücksichtigt werden können. Da eine rechtskräftige eisenbahnrechtliche Baugenehmigung vorliege, sei davon auszugehen, dass die Inanspruchnahme der Teilflächen des im Spruch angeführten Grundstücks im überwiegenden öffentlichen Interesse läge. Die Notwendigkeit der Enteignung ergäbe sich aus der Stellungnahme des eisenbahnbautechnischen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 37 – U, wonach die beantragten Maßnahmen für die Realisierung des eisenbahnrechtlich genehmigten Bauvorhabens erforderlich seien. Die Planbeilagen 1 bis 3 seien trotz Angabe von „Cirka“- Maßen klar, deutlich und ausreichend bestimmt, da es bei einem Großbauvorhaben wie der gegenständlichen U...-Verlängerung nachvollziehbar sei, dass es bei der Bauausführung zu Flächendifferenzen kommen könne. Die Enteignungswerberin sei bzw. habe sich in der Verhandlung verpflichtet, allfällige hervorkommende Differenzen nach Projektumsetzung zu ersetzen. Die Fundamentverbreiterung sei in der Beilage 3 und in der Beilage 4 genau spezifiziert, beide Beilagen seien Bescheidbestandteil. Weiters seien die Zeiträume für die Grundinanspruchnahmen präzise bzw. bestimmbar ausgeführt. Schließlich habe sich im Ermittlungsverfahren ergeben, dass zum Erwerb der erforderlichen Rechte mit den Enteignungsgegnerinnen bereits vor Einbringung des Enteignungsantrages Verhandlungen geführt worden seien, die aber bis zuletzt erfolglos geblieben seien. Mangels privatrechtlicher Einigung sei es unmöglich, die für die Errichtung der im öffentlichen Interesse gelegenen Eisenbahn erforderlichen Grundstücke und Rechte auf andere Weise als im Wege der Enteignung zu erlangen. In diesem Sinne sei die Enteignung auch das gelindeste zum Ziel führende Mittel.

Dagegen richten sich die verfahrensgegenständlichen, im Wesentlichen wortidenten Beschwerden der Beschwerdeführerinnen, mit denen Folgendes vorgebracht wird:

„Ich bin Hälfteeigentümerin der von der Enteignung betroffenen Liegenschaft. Fruchtgenussberechtigt war meine mittlerweile verstorbene Mutter. Ich hatte keine Verfügungsgewalt über die Liegenschaft (nudum ius). Von einem Ediktalverfahren hatte weder ich noch meine Mutter Kenntnis. Ich war daher von dem Enteignungsverfahren überrascht. Das Ausmaß der Enteignung war ungenau und wurde von der Antragstellerin öfters modifiziert. Im Zuge des Verfahrens kam hervor, dass eine dauernde Enteignung im Ausmaß von nur 3 m an einer Ecke meiner Liegenschaft in Anspruch genommen wird. Die Inanspruchnahme wäre bei einer geringfügigen Verlegung der Röhre jederzeit zu vermeiden gewesen. Die einzuräumende Zwangsservitut bringt erhebliche Nachteile bei einem Ausbau des Dachbodens mit sich. Weiters ist mit laufenden Immissionen durch den Betrieb zu rechnen.

Die mir angebotene Entschädigung, die im Zuge des Verfahrens erhöht wurde, bietet keinen adäquaten Ersatz. Die Höhe der Entschädigung wird gesondert beeinsprucht.

Mangels Vorliegens eines öffentlichen Interesses an der Enteignung wegen der Möglichkeit einer geringfügigen Änderung der Trasse erfolge die Aberkennung.

III. ZULÄSSIGKEIT DER BESCHWERDE.

Die Zustellung der Beschwerde erfolge am 7.12.2018. Die Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien ist daher zulässig.

IV. BESCHWERDEGRÜNDE:

Ich wurde in meinen Rechten insofern verletzt, als

der Spruch des Bescheides zu ungenau ist,

-      sich der Umfang der Enteignung und die Dauer der Inanspruchnahme aus. dem Bescheid nicht genau entnehmen lässt,

kein öffentliches Interesse an der Enteignung vorliegt, da sich die Trassenführung um 3 Meter jederzeit ändern lässt, und

die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, obwohl eine Wiederherstellung nicht möglich ist.

Rechtswidriqkeit des Inhaltes:

1.  Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Höhe der Entschädigung gesondert angefochten werden. Die Beschwerde bezieht sich daher auf den Grund der Enteignung.

2.  Spruch zu ungenau:

Unter Punkt I.B. des Bescheides wird für die Dauer der Tunnelvortriebsarbeiten von einem Tag pro 1,8 Laufmeter eine Grundinanspruchnahme ausgesprochen. In diesem Bescheid ist nicht angeführt, ab wann die Grundinanspruchnahme erfolgen soll. Das gleiche gilt für die übertragene zeitliche Inanspruchnahme.

3.  Zur übergangenen Partei:                                                                             

Ich habe ausgeführt, dass ich mich an einem Ediktalverfahren deshalb nicht beteiligen konnte, weil ich keine Kenntnis von dem Verfahren hatte, da ich in Niederösterreich wohnhaft bin.

Weiters war ich zum Zeitpunkt des Ediktalverfahrens zwar Liegenschaftseigentümerin, es war aber meine Mutter fruchtgenussberechtigt. Auch diese hatte vom Ediktalverfahren keine Kenntnis.

4.  Kein öffentliches Interesse:

Die Inanspruchnahme und Enteignung betrifft eine Ecke meines Gebäudes im Ausmaß von 3 Metern. Ich habe dazu ausgeführt, dass eine geringfügige Verlegung der Tunnelröhre ausgereicht hätte, dass meine Liegenschaft nicht in Anspruch genommen wird. Die Bahntrasse verläuft in meinem Bereich so, dass eine geringfügige Verschiebung der Röhre ohne weiteres möglich gewesen wäre Die Geringfügigkeit ergibt sich aus der Begründung der Beschwerde, wonach dort Zirkamaße angegeben werden und dies als gerechtfertigt dargestellt wird. Bei einem Bauwerk in der vorgesehenen Art ist eine Verschiebung um 3 Meter jederzeit möglich. Es ergibt sich daher, dass kein öffentliches Interesse an der Enteignung vorgelegen ist.

5. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird mit der Dringlichkeit des Projektes begründet. Andererseits ist durch die Vornahme der Enteignung eine unwiederbringliche Maßnahme gesetzt. Eine geringfügige Verschiebung, wie von mir gefordert, kann nicht mehr stattfinden, auch wenn sich herausstellen sollte, dass ein öffentliches Interesse nicht vorliegt. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfolgte somit zu Unrecht.

6. Mangelnder Kostenzuspruch:

Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, dem Enteignungswerber die Kosten meiner Vertretung im Betrag von EUR 250,- aufzutragen. Dies ist nicht erfolgt.

Es wurden daher die Anträge gestellt, den Antrag auf Enteignung abzuweisen und den Beschwerdeführerinnen einen Kostenersatz im Ausmaß von 250 Euro zuzusprechen, nach Aufhebung des Bescheides die Angelegenheit an die Behörde zurückzuverweisen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung erging bereits ein rechtskräftiges Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 18.2.2019, zu den Geschäftszahlen VGW-101/V/020/1504/1505/2019. Mit dieser Entscheidung fand auch der Antrag, der Beschwerde gesondert eine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen seine Erledigung.

Die Punkte IV) und V) des angefochtenen Bescheides sind vom Beschwerdeumfang nicht umfasst, hinsichtlich Punkt II) liegt keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien vor.

Zu dem verbleibenden Punkt I des angefochtenen Bescheides wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführt, in deren Zuge folgende Aussagen ergingen:

Der Vertreter der Beschwerdeführerinnen:

„Hinsichtlich des Punktes öffentliches Interesse wird ausgeführt, dass das Ediktalverfahren nicht so genau war, dass die geplante Inanspruchnahme unseres Grundstückes ersichtlich gewesen wäre. Bei einer Inanspruchnahme von 3 m kann nicht das Unbill der Planung bei den BF verbleiben. Es ergibt sich, dass bei einer Verschiebung um wenige Meter keine Inanspruchnahme des gegenständlichen Grundstücks sondern nur öffentlichen Grundes erforderlich gewesen wäre. Zum Punkt Ungenauigkeit des Spruches wird ausgeführt, dass allein das Abstellen auf dem Tunnelvortrieb im Ausmaß von 1,8 m den tatsächlichen Zeitraum offen lässt, so ist für die BF ein Ende schon deshalb nicht absehbar, weil beispielsweise im Falle, dass die Tunnelarbeiten stecken bleiben, es zu einer unvorhersehbaren Verzögerung und damit einer Verlängerung der Inanspruchnahme kommen könnte. Die daraus resultierende Last darf nicht auf die BF überwälzt werden. Auch der Beginn der Inanspruchnahme ist dem Spruch der Beschwerde nicht zu entnehmen.“

Der Vertreter der E.:

„Zur Lage ist auf den Baugenehmigungsbescheid und auf die in diesem Verfahren erfolgte technische Prüfung zu verweisen. Diesbezüglich ist dies einer weiteren Prüfung entzogen. Die unterschiedliche Breite des Tunnels ergibt sich einerseits aus dem notwenigen Kurvenradius und andererseits aus der Lage der Stationen.“

Seitens des Vertreters der BF wird die tatsächliche Erforderlichkeit der Einbeziehung des Grundstückes stark angezweifelt.

Die Behördenvertreterin:

„Von meiner Seite kann nur auf den rechtskräftigen Baugenehmigungsbescheid verwiesen werden. Die gegenständliche Enteignung findet darin ihre Deckung. Es hat im Enteignungsverfahren keine Prüfung von Alternativprojekten mehr stattzufinden. Entsprechend dem Baugenehmigungsbescheid war gegenständliches Grundstück für die Verwirklichung des Bauprojektes in Anspruch zu nehmen.“

Der Vertreter der Beschwerdeführerinnen:

„Zu den bisherigen Vorbringen wird erwidert, dass es sich bei einer Verschiebung von 3 m um kein Alternativprojekt sondern um eine geringfügige Verschiebung handelt, die in den üblichen Ungenauigkeiten begründet werden kann. Weiters wäre von einer solchen Verschiebung eben ausschließlich öffentlicher Grund betroffen.“

Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 1 des EisbEG:

§ 1. Die Ausübung des Enteignungsrechtes steht in dem vollen durch § 365 ABGB. zugelassenen Umfange jedem Eisenbahnunternehmen insoweit zu, als die Gemeinnützigkeit des Unternehmens von der hiezu berufenen staatlichen Verwaltungsbehörde anerkannt ist.

§ 2 Abs. 1 und 2 des EisbEG:

§ 2. (1) Das Enteignungsrecht kann zu einer dauernden oder vorübergehenden Enteignung nur insoweit ausgeübt werden, als es die Herstellung und der Betrieb der Eisenbahn notwendig machen.

(2) Es umfasst insbesondere das Recht:

1. auf Abtretung von Grundstücken;

2. auf Überlassung von Quellen und anderen Privatgewässern;

3. auf Einräumung von Servituten und anderen dinglichen Rechten an
unbeweglichen Sachen, sowie auf Abtretung, Einschränkung oder Aufhebung

derartiger und solcher Rechte, deren Ausübung an einen bestimmten Ort

gebunden ist;

4. auf Duldung von Vorkehrungen, die die Ausübung des Eigentumsrechtes oder

eines anderen Rechtes an einem Grundstück oder an einem Bergbau ein

schränken.

§ 3 Abs. 1 des EisbEG:

§ 3. (1) Unter der im § 2 bezeichneten Voraussetzung kann die dauernde oder vorübergehende Abtretung von Grundstücken insoweit begehrt werden, als es zur Herstellung der Bahn, der Bahnhöfe, der an der Bahn und an den Bahnhöfen für Zwecke des Eisenbahnbetriebes zu errichtenden Gebäude oder zu sonstigen Anlagen, deren Herstellung dem Eisenbahnunternehmen obliegt, dann zur Unterbringung des beim Bau zu entfernenden Erdmateriales und Schuttes, endlich zur Gewinnung des notwendigen Schüttungs-, Rohstein- und Schottermateriales erforderlich ist.

§ 11 des EisbEG:

§ 11. (1) Der Gegenstand und der Umfang der Enteignung sowie die Höhe der Entschädigung werden auf Grund der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer mündlichen Verhandlung festgesetzt.

(2) Zuständig für das Enteignungsverfahren ist die nach § 12 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60, für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung zuständige Behörde. Wenn über die eisenbahnrechtliche Baubewilligung in einem konzentrierten Genehmigungsverfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, entschieden wird, ist jene Behörde zuständig, die ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung nach § 12 des Eisenbahngesetzes 1957 zuständig wäre.

§ 13 Abs. 1 und 2 des EisbEG:

§ 13. (1) Die Behörde hat die Einleitung des Verfahrens dem zuständigen Grundbuchsgericht anzuzeigen. Das Grundbuchsgericht hat die Einleitung des Verfahrens im Grundbuch anzumerken. Diese Anmerkung hat zur Folge, dass der Enteignungsbescheid gegenüber jeder Person wirkt, zu deren Gunsten im Rang nach der Anmerkung ein bücherliches Recht eingetragen wird.

(2) Die Behörde hat mindestens 14 Tage vor der Enteignungsverhandlung durch Anschlag in der betreffenden Gemeinde, in mindestens einer im Bundesland weitverbreiteten Tageszeitung sowie im Internet folgende Angaben kundzumachen:

1. die durch die beantragte Enteignung berührten Katastralgemeinden;

2. den Ort und die Zeit der möglichen Einsichtnahme in die

Grundeinlösungspläne und die Verzeichnisse der in Anspruch genommenen Grundstücke und Rechte;

3. den Ort und den Zeitpunkt der Enteignungsverhandlung und

4. einen Hinweis auf die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme.

§ 14 des EisbEG:

§ 14. (1) Zur mündlichen Verhandlung sind die Parteien und die Gemeinden, in deren Sprengeln die in Anspruch genommenen Grundstücke und Rechte liegen, zu laden.

(2) Das den Gemeinden in Abs. 1 eingeräumte Recht fällt in deren eigenen Wirkungsbereich.

§ 17 des EisbEG:

§ 17. (1) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid den Gegenstand und den Umfang der Enteignung festzusetzen. Der Enteignungsbescheid bezieht sich auf die im Enteignungsplan dargestellten Flächen, deren Ausmaße im zugehörigen Verzeichnis (§ 12), unbeschadet der genaueren Vermessung in der Natur, ausgewiesen sind.

(2) Im Enteignungsbescheid ist auch über die Entschädigung unter Hinweis auf die Leistungsfrist (§ 33) abzusprechen. Liegt darüber ein zulässiges Übereinkommen (§ 22 Abs. 2 und 3) vor, so ist die Entschädigung nach diesem Übereinkommen festzusetzen. Andernfalls ist die Entschädigung auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Erhebungen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festzusetzen. Die §§ 27 und 32 über den Vorbehalt verschiedener Ausführungen der Anlage sowie § 30 Abs. 2 über die gesonderte Bestimmung der Nachteile dritter Personen sind anzuwenden. Soweit die Entschädigung nicht im Vorhinein festgesetzt werden kann (§ 9 Abs. 1), ist auch dies im Bescheid auszusprechen.

Gegenstand des Enteignungsverfahrens ist laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr, ob die Enteignung im öffentlichen Interesse stattgefunden hat, dies wird schon mit der rechtskräftigen eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung ausgesprochen (vgl. dazu VwGH vom 19. Dezember 2005, Zl. 2003/03/0196 sowie vom 27. Jänner 2010, 2010/03/0005).

Der Umfang der Enteignung muss sich aus dem Spruch des Enteignungsbescheides klar entnehmen lassen. Handelt es sich nur um Grundstücksteile, dann muss dies durch den Bezug auf einen angeschlossenen oder zumindest dem Enteignungsverfahren zugrunde liegenden, näher bezeichneten Plan geschehen. Der Spruchteil „unbeschadet der genaueren Vermessung in der Natur“ entspricht der Bestimmung des § 17 Abs. 1 EisbEG (VwGH 18.2.1997, 96/05/0246). Im diesen Sinne auch VwGH vom 15.10.1996, 94/05/0005.

Aus dem Spruch eines Enteignungsbescheides muss eindeutig hervorgehen, welche Grundflächen konkret in Anspruch genommen wurden. Diesem Bestimmtheitsgebot eines Ausspruches über eine Enteignung kann, wenn nicht ganze Grundparzellen enteignet werden, nur durch den Hinweis auf entsprechende, den Verfahren zugrunde gelegene planliche Unterlagen, die dann einen integrierenden Bestandteil des Bescheides darstellen, oder zumindest durch Zustellung einer mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Ausfertigung des Projektplanes entsprochen werden (VwGH 27.6.1996, 95/06/0172). Im Enteignungsverfahren ist die Behörde an einem rechtskräftigen eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheid ungeachtet dessen gebunden, dass gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht wurde (VwGH 12.11.1986, 85/03/0054).

Der Grundeigentümer, der im Baugenehmigungsverfahren nach dem Eisenbahngesetz Parteistellung hatte, kann die dort bescheidmäßig erfolgte Festlegung einer neuen Trasse im Enteignungsverfahren nicht mehr bekämpfen (VwGH 19.6.1979, 0267/77).

Im Wesentlichen unbestritten geblieben ist der im angefochtenen Bescheid durch die belangte Behörde wie folgt festgestellte Sachverhalt, der auch gegenständlicher Entscheidung zugrunde gelegt wird:

„Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30.01.2018, ZI. MA 64 - .../2017, wurde der Enteignungswerberin die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den Neubau der U-Bahnlinie U..., Bauabschnitt U.../... - M. erteilt.

Der Antrag der E. GmbH & Co KG auf Erteilung der genannten eisenbahnrechtlichen Baubewilligung für den gegenständlichen Bauabschnitt U.../... - M. wurde gemäß § 44a AVG mittels Edikt im redaktionellen Teil in den Tageszeitungen „Kronen Zeitung“ und „Kurier“ sowie im Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“ veröffentlicht, da auf Grund der Einreichunterlagen davon auszugehen war, dass voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt sind-. Die Auflage des Antrags, der Antragsunterlagen und der vorliegenden Gutachten der Sachverständigen erfolgte vom 23.11.2017 bis zum 12.01.2018 und somit über sechs Wochen lang. Die Enteignungsgegnerinnen haben sich an diesem Verfahren nicht beteiligt.

Mit Schreiben vom 20.04.2018, eingeschränkt auf Grund ihres Schreibens vom 03.07.2018 (Verringerung der Flächennutzung für den Arbeitsbereich von ursprünglich ca. 98 m2 auf ca. 77 m2) beantragte die E. GmbH & Co KG zur Realisierung des mit angeführtem Bescheid genehmigten Bauvorhabens die Enteignung durch Einräumung von Zwangsrechten gemäß Spruchpunkt I.

Dem Antrag des Eisenbahnunternehmens waren Unterlagen gemäß § 12 EisbEG (3 Grundeinlösepläne, jeweils vom Juni 2017, Nr. ...0, Nr. ...1 und Nr. ...2, aktualisiert bzw. ausgetauscht mit Plan Nr. ...2, Index A mit Änderung vom 28.06.2018; Grundbuchauszug des Grundstückes Nr. ..., EZ ..., Kat.Gem. ...) angeschlossen, aus denen sich der in Anspruch zu nehmende Bereich für die Errichtung, den Bestand und den Betrieb der Eisenbahnanlage in seiner exakten räumlichen Lage und Ausdehnung eindeutig und nachvollziehbar ergibt.

Weiters wurde im Antrag ausgeführt, dass die Beanspruchung der Liegenschaft dem Ergebnis der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung entspricht und die Enteignungsgegnerinnen dem Abschluss der erforderlichen Verträge über die Grundinanspruchnahme nicht zugestimmt haben.

Die MA 64 forderte die Enteignungswerberin mit Schreiben vom 26.04.2018 auf, den 2fach im Original eingebrachten Antrag um ein Antragsoriginal zu ergänzen sowie Belege für die Verhandlungen mit den Antragsgegnerinnen (Punkt 4. des Antrages) binnen 1 Woche vorzulegen. Dieser Aufforderung wurde von der Enteignungswerberin fristgerecht am 2.5.2018 entsprochen und insbesondere Korrespondenz mit den Enteignungsgegnerinnen (Einschreiben der Enteignungswerberin vom Dezember 2017 an die Enteignungsgegnerinnen) sowie dem Anwalt der Enteignungsgegnerinnen (Schreiben der Enteignungswerberin vom 16.03.2018) vorgelegt.

Die beiden anwaltlich vertretenen Enteignungsgegnerinnen räumten ein Entschädigungsangebot der Enteignungswerberin von EUR 6.838,00 in ihrer Äußerung vom 23.05.2018 (s. Punkt 8.) ein und sprachen sich zusammengefasst in acht Punkten wie folgt gegen die Enteignung sowie den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde aus:

1.  übergangene Partei

Auf Grund ihres Wohnortes in Niederösterreich hätten die Enteignungsgegnerinnen vom eisenbahnrechtlichen Bauverfahren keine Kenntnis erlangt und wären sie übergangene Parteien.

2.  mangelhafter Versuch einer einvernehmlichen Lösung

Die Enteignungswerberin sei nicht in der Lage die Grundinanspruchnahme zu definieren und eine entsprechende Entschädigung anzubieten. Auch die Behörde habe die Enteignungswerberin im Verfahren anleiten müssen, die Lage der Grundinanspruchnahme präzise zu definieren.

3.  Beweissicherung

Das Ergebnis der von der Enteignungswerberin durchgeführten Beweissicherung wurde den Enteignungsgegnerinnen nicht übermittelt.

4., 5. und 6. Ungenaue Definition der Grundinanspruchnahme im Flächenausmaß und der zeitlichen Dauer der jeweiligen Arbeiten

Die angeführten Ca.-Ausmaße seien zu ungenau und ermöglichen eine unbeschränkte Ausweitung der Nutzung.

7.  keine Vereinbarung über einen Zeitraum der Arbeiten

Von den Enteignungsgegnerinnen wurde gerügt, dass im Antrag im Punkt C.1.b. von der Enteignungswerberin auf einen vereinbarten Zeitraum für Arbeiten verwiesen wurde, wobei es keine Vereinbarung zwischen den Parteien gäbe.

8.  zu geringe Entschädigung

Es wurde insbesondere auf die (Nichtausbau)Möglichkeit eines Dachbodenausbaus und den möglichen Mietzinsentgang durch unzumutbare Lärmbelästigung der Mieterinnen hingewiesen.

Auf Grund des Enteignungsantrags wurde am 10.07.2018 eine mündliche Ortsaugenscheinverhandlung durchgeführt und der Antrag erörtert. Auf die Besichtigung der enteignungsgegenständlichen Liegenschaft in Wien, J.-straße ident K.-gasse (Grundstück Nr. ..., EZ ..., Kat.Gem. ...) wurde durch die Parteien verzichtet.

Diese Verhandlung wurde unter Angabe der durch die beantragte Enteignung berührten Katastralgemeinde, des Ortes und der Zeit der möglichen Einsichtnahme in die bezughabenden Unterlagen sowie mit Hinweis auf die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme am 16.05.2018 in einer in Wien weit verbreiteten Tageszeitung („Kurier“) sowie im Internet kundgemacht. Die beiden Enteignungsgegnerinnen wurden zur Verhandlung persönlich geladen.

In der Verhandlung wurde zur Antragspräzisierung der Enteignungswerberin vom 03.07.2018 (verbesserte Bescheidbeilage 3) vorgebracht, dass sich bei der Befundaufnahme durch die Sachverständige vor Ort herausgestellt hat, dass der Zugang zum Arbeitsbereich in der Natur nicht mit den Plänen bei der Baubehörde übereinstimmt, woraufhin die Fläche im Antrag von ca. 98 m2 auf ca. 77 m2 eingeschränkt wurde.

Die Enteignungswerberin teilte in der Verhandlung mit, dass dem Vertreter der Enteignungsgegnerinnen das Ergebnis der Hauszustandsfeststeilung (Beweissicherung) am 03.07.2018 elektronisch übermittelt wurde. Weiters wurden den Enteignungsgegnerinnen in der Verhandlung von der Enteignungswerberin Unterlagen für das Ausschreibungsprojekt J.-straße - Hausertüchtigungsmaßnahmen zur genauen Beschreibung der Fundamentverbreiterung, übergeben und zum integralen Bestandteil des Antrags erhoben.

Die Enteignungswerberin erklärte in der Verhandlung ihre Bereitschaft zum Ausgleich von Vermessungsdifferenzen nach Projektumsetzung.

Weiters wurde der Antrag im Punkt C.1.b im Hinblick auf den Einwand einer fehlenden Vereinbarung von der Enteignungswerberin modifiziert, sodass er lautet: Mitbenützung als Zugangs-/Zufahrtsbereich zum unter Punkt C.1.a) des Antrags beschriebenen Bereich und für den dort genannten Zeitraum, innerhalb des Bereichs, welcher im-Lage- und Querschnittsplan grün-schraffiert dargestellt ist.

Der eisenbahnbautechnische Amtssachverständige der MA 37-U stellte in der Verhandlung am Anfang seiner Stellungnahme das Eisenbahnvorhaben an Hand des Grundbeanspruchungsplans, Nr. ... (Bestandteil der eisenbahnbaurechtlichen Einreichung, ZI. MA 64 - .../2017) und des Plans NÖT Vortrieb Setzungsprognose Iso Linien (Teil 3), Plan Nr. ..., dar.

Weiters führte er aus, dass die enteignungsgegenständlichen Flächen für die Verwirklichung des angeführten Vorhabens im beantragten Ausmaß erforderlich sind und-in der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung Deckung finden: Sie sind für den Bau und den Betrieb der U-Bahn erforderlich. Ebenso ist die gegenständliche Inanspruchnahme für die Grundbruchsicherheit des Gebäudes in Wien, J.-straße erforderlich.

Im Auftrag der Behörde wurde in Folge der Verhandlung den Enteignungsgegnerinnen von der Enteignungswerberin der Grundbeanspruchungsplan, Nr. ... (Bestandteil der eisenbahnbaurechtlichen Einreichung, ZI. MA 64 - .../2017) und der Plan NÖT Vortrieb Setzungsprognose Iso Linien (Teil 3), Plan Nr. ... am 26.07.2018 direkt übermittelt. Aus dem in der Verhandlung gemeinsam mit dem eisenbahnbautechnischen Amtssachverständigen der MA 37-U eingesehenen Grundeinlöseverzeichnis sowie dem Grundbeanspruchungsplan (Anführung der Grundstücksnummer, der Einlagezahl sowie der Eigentümerinnen, aus Platzgründen unter Hinweis auf weitere Eigentümerinnen) sind die vom gegenständlichen Bauabschnitt U.../... betroffenen 103 Liegenschaften ersichtlich. Bei mehreren Liegenschaften (z.B. EZ ..., EZ ... und EZ ..., alle Kat.Gem. ...) gibt es - wie im innerstädtischen Bereich üblich - eine Vielzahl von Miteigentümerinnen sowie dinglich Berechtigte, sodass die geforderte Anzahl von 100 Beteiligten bei Weitem überschritten wird, von der Enteignungswerberin wurde sie in der Verhandlung mit ungefähr 300 Personen (also weit über der Untergrenze von 100 Personen) beziffert.

Die Enteignungsgegnerinnen haben sich gegen die Enteignung ausgesprochen und im Wesentlichen die eingangs dargestellten acht Einwendungen erhoben sowie in der Verhandlung ergänzt, dass bei einer Optimierung der Trasse zu Gunsten der Enteignungsgegnerinnen eine Inanspruchnahme der gegenständlichen Liegenschaft nicht notwendig gewesen wäre. Weiters haben sie mit Stellungnahme vom 17.08.2018 vorgebracht, dass ihre Liegenschaft durch Setzungen erheblich beeinträchtigt werde und die Verschwenkung der Gleise um lediglich 3 Meter nach Norden eine dauernde Grundinanspruchnahme der gegenständlichen Liegenschaft verhindern würde.“

1.

1. Übergangene Partei und eisenbahnbaurechtliche Genehmigung:

Mit der belangten Behörde ist davon auszugehen, dass im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren im Hinblick auf die gesetzlichen Vorschriften der zugrunde liegende Antrag durch ein Edikt kundzumachen war. Dies wird auch seitens der Beschwerdeführerinnen nicht in Abrede gestellt. Ebenso wenig wird bestritten, dass die Verlautbarung der Bestimmung des § 44a Abs. 3 AVG entspricht. Da die Beschwerdeführerinnen auch nicht vorbringen, rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben zu haben und sich auch sonst kein Anhaltspunkt im Akt befindet, solches anzunehmen, hatte dies zur Folge, dass sie eisenbahnbaurechtlichen Genehmigungsverfahren ihre Stellung als Partei verloren haben. Damit liegt hier auch kein Fall von übergangenen Parteien im eisenbahnbaurechtlichen Genehmigungsverfahren der Magistratsabteilung 64 vor. Dieser Bescheid ist jedenfalls hinsichtlich der Beschwerdeführerinnen mit keinem Verfahrensmangel behandelt und daher der entsprechende Genehmigungsausspruch auch für die Behörde im die Beschwerdeführerinnen betreffenden Enteignungsverfahren bindend.

2. Öffentliches Interesse und Enteignungsvoraussetzungen:

Wie sich dem Enteignungsakt entnehmen lässt, wurden die Beschwerdeführerinnen über das Ausmaß der Enteignung in Kenntnis gesetzt und hatten auch ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine vertragliche Einigung über die beantragten Rechtseinräumungen zugunsten der Enteignungswerberin kam trotz Übermittlung von Vertragsangeboten an die Beschwerdeführerinnen nicht zustande. Im über Antrag eingeleiteten Enteignungsverfahren, das gegenständlich angefochtenem Bescheid vorangegangen ist, fand am 13.07.2018 eine Enteignungsverhandlung statt. In dieser wurden die Beschwerdeführerinnen über das Ausmaß der Enteignung sowie über die Notwendigkeit der beantragten Schritte in Kenntnis gesetzt. Aufgrund des Enteignungsverfahrens kam es auch zu einer einschränkenden Modifikation des zugrunde liegenden Antrages der E.. In der Enteignungsverhandlung wurde ein eisenbahnbautechnischer Sachverständiger, Herr DI N. beigezogen. Dieser erstattete unter Berücksichtigung der bis dahin vorliegenden Verfahrensergebnisse sowie gestützt auf den Verhandlungsinhalt ein Gutachten, mit welchem die Notwendigkeit der Maßnahmen bestätigt wurde. Die Beschwerdeführerinnen konnten von einem Fragerecht gegenüber dem Sachverständigen Gebrauch machen. Diesen Sachverständigenäußerungen, die als klar, schlüssig und nachvollziehbar erscheinen und aufgrund einer ausführlichen Befundaufnahme ergingen, sind die Beschwerdeführerinnen im weiteren Verfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die bloße Behauptung im Beschwerdevorbringen, es wäre möglich, die Trasse um ein paar Meter zu verlegen stellt keine entsprechende Gegendarstellung auf gleicher fachlicher Ebene dar.

3. Ungenauigkeit des Spruches:

Der Spruch verweist auf angeschlossene, zum Bestandteil des Bescheides erklärte Planunterlagen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Angabe des örtlichen Ausmaßes der Inanspruchnahme von Grundstücken unter Zuhilfenahme von ca. Angaben unter gewissen Voraussetzungen zulässig. Dies ändert nichts am Bestimmtheitsgebot des Bescheides, steht aber fest, welches Grundstück oder welche Grundstücksteile in Anspruch genommen werden sollen, so ist es zulässig, da ein zentimetergenaues Arbeiten bei einer umfangreichen Baustelle nicht möglich ist, gewisse Bereiche entsprechend unscharf zu formulieren. Wird auf Pläne oder Skizzen verwiesen, so muss immer nachvollziehbar sein, ob sich die Inanspruchnahme in dem vom Bescheid vorgegebenen Rahmen hält. Ausgehend vom den dem Bescheid angefügten Plänen, auf die verwiesen wurde erweist sich diese Voraussetzung als gegeben, da anhand der jeweils färbigen Darstellung das in Anspruch genommene Ausmaß des Grundstückes nachvollzogen werden kann und die Möglichkeit besteht, die entsprechende Einhaltung zu überprüfen und bei Überschreitung allenfalls auch entsprechende Forderungen gerichtlich durchzusetzen. Hinsichtlich der zeitlichen Inanspruchnahme ist gleichfalls von einer hinreichenden Konkretisierung auszugehen, weil angesichts des nicht vorhersehbaren Baufortschrittes lediglich die Dauer der Inanspruchnahme, nicht aber Beginn und Ende vorhersehbar sind. Die sich aus dem Verlauf der Bauarbeiten zwangsweise ergebenden Ungenauigkeiten der zeitlichen Inanspruchnahme bewegen sich daher auch im Rahmen des bestehenden Konkretisierungsgebotes und wird von den Beschwerdeführerinnen auch nicht konkret dargetan, inwieweit der Spruch unter den Voraussetzungen und rechtlichen Gegebenheiten eines durchzuführenden umfangreichen eisenbahnrechtlichen Bauverfahrens präziser gefasst hätte werden können.

Es ist somit davon auszugehen, dass die im angefochtenen Bescheid vorgesehenen Maßnahmen erforderlich und die Rechtseinschränkungen der Beschwerdeführerinnen nicht als überschießend einzustufen sind und sich in Abwägung mit den rechtskräftig festgestellten öffentlichen Interesse als notwendig erweisen.

4. Zum Antrag auf Kostenersatz:

Gemäß § 44 Abs. 1 EisbEG sind die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei habe hervorgerufen werden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.

Auf diese Norm stützen die Beschwerdeführerinnen den erst mit der Beschwerde erhobenen Kostenersatzantrag. Nach VwGH 2002/04/0028, vom 2.6.2004 gilt im Geltungsbereich des AVG der Grundsatz der Selbsttragung, ein Kostenersatz zwischen den Beteiligten findet nur dort statt, wo in den Verwaltungsvorschriften davon die Rede ist. § 44 EisbEG ist eine derartige Vorschrift über die Verpflichtung des Enteigners zur Tragung der den Enteignungsgegner erwachsenen Parteikosten im Allgemeinen bzw. der Kosten rechtsfreundlicher Vertretungen im Besonderen. Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in seinem Erkenntnis vom 18.1.2005, 2002/05/0760 ausgesprochen hat, ist ein gesonderter Bescheid über die Kosten zulässig.

Da der gegenständliche Kostentragungsantrag erst in der Beschwerde gestellt wurde, somit im Bescheid noch nicht darüber abgesprochen werden konnte, war dieser Antrag zuständigkeitshalber an die belangte Behörde weiterzuleiten.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Übergangene Partei; eisenbahnbaurechtliche Genehmigung; Großverfahren; Edikt; Enteignung; öffentliches Interesse; Ungenauigkeit des Spruches; Bestimmtheitsgebot; Kostenersatzantrag

Anmerkung

VfGH v. 11.6.2019, E 2027/2019; Ablehnung
VwGH v. 4.5.2020, Ra 2019/03/0109 bis 0110; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.101.020.946.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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