TE Vwgh Erkenntnis 1998/8/25 98/11/0157

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.08.1998
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

B-VG Art14;
B-VG Art81a;
FSG 1997 §5 Abs2;
KFG 1967 §67 Abs1 impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der M in Eggelsberg, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in Salzburg, Fürstenallee 17/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. März 1998, Zl. VerkR-392.997/2-1998/Sta, betreffend Übertragung der Zuständigkeit in einem Verfahren zur Erteilung einer Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. Dezember 1997, die Durch- und Weiterführung des Verfahrens zur Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse A auf die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zu übertragen, gemäß § 5 Abs. 2 Führerscheingesetz - FSG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin, die ihren Hauptwohnsitz in E. (politischer Bezirk Braunau a.I.) habe, stütze ihren Antrag darauf, daß ihre schulische Ausbildung in O. (politischer Bezirk Salzburg-Umgebung), nämlich in der Fahrschule O. erfolge. Dem sei zu erwidern, daß es sich bei der Ausbildung zu Kraftfahrzeuglenkern in Fahrschulen um eine Unterweisung in Fertigkeiten handle. Wesentlich für eine Schule sei aber die Verfolgung erzieherischer Ziele. Der Besuch der Fahrschule in O. stelle sohin keine schulische Ausbildung im Sinne des § 5 Abs. 2 FSG dar, weshalb der Antrag der Beschwerdeführerin auf Übertragung der Zuständigkeit auf die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 9. Juni 1998, B 861/98-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen

Gemäß § 5 Abs. 2 FSG hat über einen Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung die Behörde zu entscheiden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz hat. Auf Antrag hat diese Behörde die Durch- oder Weiterführung des Verfahrens auf die Behörde zu übertragen, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort der Beschäftigung, der schulischen, universitären oder beruflichen Ausbildung des Antragstellers liegt, wenn dadurch eine wesentliche Vereinfachung des Verfahrens oder eine erhebliche Erleichterung für den Antragsteller erzielt wird.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob der Besuch einer Fahrschule eine schulische Ausbildung im Sinne des § 5 Abs. 2 zweiter Satz FSG darstellt. § 67 Abs. 1 dritter Satz KFG 1967 hatte die Möglichkeit einer Übertragung der Zuständigkeit auf jene Behörde vorgesehen, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich der Ort der Beschäftigung des Antragstellers befindet. Der Ort, an dem der Antragsteller seine kraftfahrrechtliche Ausbildung genoß, kam für eine Zuständigkeitsübertragung nicht in Betracht (siehe das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/11/0173). § 5 Abs. 2 FSG hat die Möglichkeit der Zuständigkeitsübertragung insofern erweitert, als nunmehr auch der - außerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches der Hauptwohnsitzbehörde gelegene - Ort der schulischen, universitären oder beruflichen Ausbildung des Antragstellers in Betracht kommt.

Unter einer schulischen Ausbildung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch der Besuch einer Schule im Sinne des verfassungsrechtlichen Schulbegriffes (insbesondere Art. 14 und 81a B-VG) zu verstehen, nicht aber der Besuch von Einrichtungen, in denen Fertigkeiten auf bestimmten Gebieten vermittelt werden, auch wenn in der für den Betrieb der betreffenden Einrichtung maßgebenden Rechtsvorschrift das Wort Schule - allenfalls als Teil eines zusammengesetzten Hauptwortes - vorkommt (z.B. Fahrschule, Tanzschule, Schischule).

Auch der Zweck der oben zitierten Bestimmung spricht für dieses Verständnis. Die Möglichkeit der Übertragung der Zuständigkeit sollte nur für solche Fälle geschaffen werden, in denen sich jemand über einen längeren Zeitraum hindurch an Werktagen regelmäßig außerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches der Hauptwohnsitzbehörde aufhält, wie dies beim Besuch einer Schule im oben beschriebenen Sinn oder einer Universität regelmäßig zutrifft, nicht aber für den üblicherweise nur vergleichsweise kurze Zeit dauernden Besuch einer Fahrschule. Abgesehen davon ist zu beachten, daß der Ort der Beschäftigung oder der schulischen, universitären oder beruflichen Ausbildung nicht im Hinblick auf die Behördenzuständigkeit in einem Verfahren zur Erteilung einer Lenkberechtigung gewählt wird, sodaß die Einflußnahme der Partei auf die Behördenzuständigkeit durch Anträge auf Übertragung der Zuständigkeit nach § 5 Abs. 2 FSG nur in sehr beschränktem Maße gegeben ist. Würde hingegen schon der Besuch einer Fahrschule außerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches der Hauptwohnsitzbehörde für die Übertragung der Zuständigkeit ausreichen, würde man der Partei durch die gezielte Auswahl einer Fahrschule eine dem Grundgedanken des § 6 Abs. 2 AVG zuwiderlaufende Einflußnahme auf die Zuständigkeit der Behörde einräumen.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt (Hauptwohnsitz der Beschwerdeführerin in E., Besuch der Fahrschule in O.) ist nicht strittig. Die in der Verfahrensrüge behaupteten Begründungs- und Ermittlungsmängel sind daher nicht gegeben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. August 1998

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998110157.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten