TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/4 LVwG 53.28-2364/2019, LVwG 53.28-2365/2019

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Veröffentlicht am 04.12.2019
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Entscheidungsdatum

04.12.2019

Index

L66506 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke Flurbereinigung Steiermark

Norm

ZLG Stmk 1982 §47
ZLG Stmk 1982 §58 Abs1
EO §88 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch Richter Mag. Höcher über die Beschwerden der A GmbH, vertreten durch Dr. B C, Rechtsanwalt, Mgasse, Br, gegen den Bescheid der Agrarbezirksbehörde für Steiermark, Dienststelle Stainach vom 21.08.2019, GZ: 3-B454/4-2019 und GZ: 3-P805/4-2019,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2018/57 (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl 1985/10 idF BGBl I 2019/33 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.     Beschwerdevorbringen, Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß der §§ 57 Abs 1 und § 59 Abs 2 StZLG ausgesprochen, dass der Antrag auf zwangsweise Einverleibung des Pfandrechtes für die Beschwerdeführerin auf den Liegenschaften EZ xx, xy und xz je KG X, mit den bei ihr anhängigen Flurbereinigungsverfahren, GZ: 3-B454 und GZ: 3-P805 unvereinbar ist. Der Begründung der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass der mit der zwangsweisen Einverleibung eines Pfandrechtes verbundene Entzug der freien Verfügbarkeit der Grundstücke aus den Verfahren und die lastenfreie Eigentumsübertragung auf den Erwerber nicht miteinander vereinbar seien.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid ist sachbezogen ausgeführt, dass nicht alle in den betroffenen Grundbuchskörpern eingetragenen Grundstücke von der Flurbereinigung betroffen seien. Die einzelnen nicht von der Flurbereinigung betroffenen Grundstücke wurden aufgezählt. Soferne der belangten Behörde der Nachweis gelinge, dass nach dem grundbücherlichen Grundsatz der zeitlichen Priorität die Verfahrenseinleitung der Behörde im offenen Grundbuch vor ihrem Antrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung die Einlagezahl xx betreffend eingelangt ist, werde seitens der betreibenden Partei und grundbücherlichen Pfandgläubigerin gegen eine Abschreibung dieser Parzellen ohne Berücksichtigung des beschriebenen zwangsweisen Pfandrechtes kein Einwand zu erheben sein. Der Antrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung sei bereits am 12.07. um 12.06 Uhr, der Beschluss des Bezirksgerichtes Mürzzuschlag über die Anmerkung der Einleitung des Flurbereinigungsverfahren am 16.06.2019 zur Tagebuchzahl xx ersichtlich gemacht worden. Dies bedeute, dass das Flurbereinigungsverfahren erst vier Tage später grundbücherlich angemerkt worden sei. Beim zweiten Flurbereinigungsverfahren, die Einlagezahlen xy und xz betreffend, würde der Behörde mit der Verfahrenseinleitung die zeitliche Priorität zukommen. Diese ändere nichts daran, dass ja jeweils nicht die „gesamten Einlagezahlen“ von der Flurbereinigung betroffen seien, sondern nur einzelne Parzellen der jeweiligen Grundbuchskörper. Daraus resultiere jedoch in weiterer Konsequenz, dass gemäß § 59 StZLG die Eintragung des zwangsweisen Pfandrechtes sehr wohl mit dem Flurbereinigungsverfahren vereinbar sei. Der Liegenschaftseigentümer könne seine Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen. Im Rahmen der Vereinbarkeitsüberlegungen dürfe die Behörde die gesetzlichen Bestimmungen nicht dahingehend auslegen, dass sie sich womöglich zu einem Erfüllungsgehilfen oder gar Beitragstäter des Liegenschaftseigentümers im Sinne der §§ 162, 163 StGB mache, indem sie seine Liegenschaften zur Gänze einer zwangsweisen Pfandrechtsbegründung entziehe, obwohl lediglich einzelne Parzellen abverkauft werden sollen. Eine derartige Intention könne dem § 57 StZLG nicht entnommen werden. § 59 StZLG sehe sehr wohl Vereinbarkeit und Zulässigkeit der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung vor. Beantragt wurde den Bescheid der Agrarbezirksbehörde ersatzlos zu beheben, in eventu die Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen ergänzenden Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, dies alles bei den gesetzlichen Kostenfolgen. Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich beantragt und eine Kostenaufstellung eingefügt.

Aus dem offenen Grundbuch vom 02.10.2019, 07.54 Uhr ist Folgendes ersichtlich:

?    EZ xx KG X, A2lNr 5a: TZ xx Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens hinsichtlich Grundstück Nr. xx, xx, xx, xx, xx, xx, xx, xx (3-B454/2-2019),

?    EZ xy KG X, A2lNr 1a: TZ xx Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens hinsichtlich Grundstück xx (ABBST 3-P805/1-2019),

?    EZ xz KG X A2lNr 3a: TZ xx Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens hinsichtlich Grundstück xx, xx, xx (ABBST 3-P805/1-2019),

Zum Akt der belangten Behörde, GZ 3-B454 legte das Bezirksgericht Mürzzuschlag am 19.08.2019, AZ: 12E1845/19a-1 einen Beschlussentwurf betreffend zwangsweise Pfandrechtsbegründung und Fahrnisexekution und Forderungsexekution zu Flurbereinigungsverfahren in EZ xx, KG X (3-B454/2-2019), zu Flurbereinigungsverfahren in EZ xy, KG X (3-P805/1-2019), zu Flurbereinigungsverfahren in EZ xz KG X (ABBST 3-P805/1-2019) vor. Diese Eingabe wurde auch zum Akt der belangten Behörde GZ: 3-P805 genommen.

II.    Rechtslage:

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark entscheidet diese Rechtsache gemäß § 3 iVm § 28 Abs 1 VwGVG mit Erkenntnis.

Gemäß § 57 Abs 1 Steiermärkisches Zusammenlegungsgesetz, LGBl 1982/82 idF LGBl 2013/139 (StZLG) darf vom Einlagen der Mitteilung über die Einleitung des Verfahrens bis zum Abschluss des Verfahrens in den Grundbuchseinlagen über die das Zusammenlegungsgebiet bildenden Grundbuchskörper keinerlei bücherliche Eintragung vorgenommen werden, die mit der durchzuführenden Zusammenlegung unvereinbar ist. Nach Abs 2 hat das Grundbuchsgericht daher alle während dieses Zeitraums einlangenden sowie die schon vorher eingelangten aber noch nicht erledigten Grundbuchsgesuche samt allen Beilagen mit dem Entwurf des zu erlassenden Grundbuchsbeschlusses der Agrarbehörde zu übermitteln. Ausgenommen hiervon sind Grundbuchsstücke, die vom Gericht aus privatrechtlichen Grund abweislich erledigt werden (Abs 3). Sämtliche Entscheidungen des Grundbuchsgerichtes mit Ausnahme der Rangordnungsbeschlüsse sind nach Abs 4 auch der Agrarbehörde zuzustellen.

Nach § 58 Abs 1 leg cit hat das Grundbuchsgericht die Einleitung des Verfahrens unter Bezugnahme auf die Mitteilung der Agrarbehörde (§ 50 Abs 1) bei den betreffenden Grundbuchseinlagen anzumerken. Die Anmerkung hat die Wirkung, dass jedermann die Ergebnisse des Verfahrens gegen sich gelten lassen muss. Bei der Ab- und Zuschreibung einbezogener Grundstücke oder bei Eröffnung einer neuen Grundbuchseinlage aus einbezogenen Grundstücken hat das Grundbuchsgericht die Anmerkung der Einleitung des Verfahrens gemäß Abs 3 mitzuübertragen; es hat den Inhalt einer neu gebildeten Einlage der Agrarbehörde durch Übersendung eines amtlichen Grundbuchauszuges mitzuteilen. Wenn bei diesem Anlass eine Grundstückteilung durchgeführt wird, ist der Agrarbehörde überdies der mit dem Abtrennungsgesuch vorgelegte Teilungsplan mitzuteilen. Wenn die Agrarbehörde findet, dass die beantragte und nach dem entworfenen Grundbuchsbeschluss vom Gericht für zulässig gehaltene Eintragung mit der Zusammenlegung vereinbar ist, so hat sie gemäß § 59 Abs 1 leg cit ihre Zustimmung unverzüglich dem Grundbuchsgericht bekannt zu geben. Andernfalls hat sie durch Bescheid auszusprechen, dass die Eintragung mit der Zusammenlegung unvereinbar ist. Der Bescheid ist dem Gesuchsteller, dem bücherlichen Eigentümer und demjenigen zuzustellen, den das betreffende Grundstück als Abfindung zukommen soll. Die Entscheidung ist nach Eintritt der Rechtskraft dem Gericht unter Rückstellung des Gesuches und des Entwurfes des Grundbuchsbeschlusses mitzuteilen. Das Grundbuchsgericht ist an die Entscheidung der Agrarbehörde gebunden und hat sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen (Abs 2).

III. Erwägungen:

Die Beschwerdevorbringen sind nicht berechtigt und zeigen keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung auf. Vom umfangreichen Exekutionsantrag der Beschwerdeführerin als betreibende Partei ist lediglich der Antrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung in von den Flurbereinigungsverfahren betroffenen Liegenschaften vom angefochtenen Bescheid umfasst. Der Antrag auf Fahrnisexekution und Forderungsexekution ist hier nicht Verfahrensgegenstand.

In einem Flurbereinigungsverfahren gemäß § 48 StZLG stellt die eine Partei Grundstücke zur Verfügung, wogegen die andere Partei diese Grundstücke erwirbt. Der Eigentumsübergang im Flurbereinigungsverfahren als vereinfachtem Grundzusammenlegungsverfahren ist im Falle eines Flurbereinigungsüberein-kommens mit Rechtskraft des Bescheides gemäß § 48 Abs 1 StZLG bereits bewirkt; die Agrarbehörde hat nach Abs 2 lediglich die Richtigstellung des Grundbuches gemäß § 61 leg cit zu veranlassen (vgl VwGH 28.09.2006, 2005/07/0101).

Zur zwangsweisen Pfandrechtsbegründung auf in öffentlichen Büchern eingetragenen Liegenschaften bestimmt § 88 Exekutionsordnung, RGBl 1896/78 idF BGBl I 2019/105 (EO), dass, sofern die Liegenschaft in einem öffentlichen Buch eingetragen ist, die Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Einverleibung des Pfandrechtes erfolgt (Abs 1). Bei der bücherlichen Einverleibung des Pfandrechtes ist die Forderung, für die das Pfandrecht eingetragen wird, als vollstreckbare zu bezeichnen. Diese Einverleibung hat die Wirkung, dass wegen der vollstreckbaren Forderung auf die Liegenschaft oder den Liegenschaftsanteil unmittelbar gegen jeden späteren Erwerber derselben Exekution geführt werden kann (Abs 3).

Demgegenüber ordnet der gemäß § 47 StZLG im Flurbereinigungsverfahren sinngemäß anzuwendende § 58 Abs 1 StZLG an, dass die Anmerkung (hier: des Flurbereinigungsverfahrens) die Wirkung hat, dass jedermann die Ergebnisse des Verfahrens gegen sich gelten lassen muss. Diese Bestimmung steht mit der Anordnung in § 88 Abs 3 (EO) insofern in unauflöslichem Widerspruch als gegen die als Erwerber anzusehende Partei des Flurbereinigungsverfahrens Exekution geführt und damit der im öffentlichen Interesse erzielte Flurbereinigungserfolg vernichtet werden könnte. Das sich auch auf die einem Flurbereinigungsverfahren unterworfenen einzelnen Grundstücke einer Liegenschaft erstreckende zwangsweise Pfandrecht ist folglich mit der Durchführung der Flurbereinigung unvereinbar, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat.

Das Grundbuchsgericht war gemäß § 57 Abs 2 StZLG verpflichtet auch das bereits vor Anmerkung des Flurbereinigungsverfahrens eingereichte aber noch unerledigte Gesuch der Beschwerdeführerin betreffend die EZ xx, KG X der Agrarbehörde vorzulegen. Aufgrund dieser Bestimmung war die Entscheidung der Agrarbehörde über eine Unvereinbarkeit auch dieses Gesuches mit dem eingeleiteten Flurbereinigungsverfahren zulässig.

Die belangte Behörde hat daher zurecht die Unvereinbarkeit des vorgelegten Grundbuchsbeschlussentwurfes, mit dem eine zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf von den Flurbereinigungsverfahren betroffenen Liegenschaften bewirkt werden soll, ausgesprochen. Die dagegen erhobene Beschwerde ist somit unbegründet und daher abzuweisen.

Was den Vorwurf der Beitragstäterschaft zur Vollstreckungsvereitelung nach den §§ 162 und 163 StGB betrifft, ist darauf zu verweisen, dass die Agrarbehörde und im Rechtsmittelweg auch das Verwaltungsgericht gemäß § 48 Abs 1 StZLG einzig zur bescheidmäßigen Feststellung ermächtigt ist, ob ein im Parteienübereinkommen von den Vertragsparteien angestrebter Eigentumsübergang an land- bzw forstwirtschaftlichen Grundstücken den Zielen der Grundzusammenlegung entspricht (vgl VwGH 08.07.2004, 2003/07/0145). Ob der von den Vertragsparteien angestrebte Eigentumsübergang an den Grundstücken die Befriedigung eines Gläubigers vereitelt oder schmälert ist nicht Prüfungs- oder Entscheidungsgegenstand.

Diese Entscheidung konnte trotz entsprechenden Antrags ohne Durchführung einer verwaltungsgerichtlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG getroffen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

IV.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Flurbereinigungsverfahren, Pfandrecht, Exekution, Unvereinbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2019:LVwG.53.28.2364.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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