TE Vwgh Erkenntnis 2019/12/16 Ra 2017/11/0141

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Veröffentlicht am 16.12.2019
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Index

L94059 Ärztekammer Wien
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §109
ÄrzteG 1998 §2 Abs2
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr Abschn1 Abs3
EStG 1988 §24
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, den Hofrat Dr. Grünstäudl, die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator sowie die den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Dr. S M in W, vertreten durch die Knirsch Gschaider & Cerha Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Wipplingerstraße 5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. März 2017, Zl. VGW-162/V/027/11472/2016-6, betreffend Beitrag zum Wohlfahrtsfonds für das Jahr 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist Ärztin in Wien. In ihrer "Erklärung des Einkommens aus ärztlicher Tätigkeit des Jahres 2011 zur Festsetzung des Fondsbeitrages und der Kammerumlage für das Jahr 2014" war ein Gewinn für das Jahr 2011 aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit in Höhe von EUR 128.140,38 ausgewiesen. Der Einkommensteuerbescheid der Revisionswerberin für das Jahr 2011 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 128.140,38 sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 20.329,05 aus.

2 Mit Bescheid vom 30. März 2016 hatte ihr die belangte Behörde auf Basis der Einkünfte im Jahr 2011 den Beitrag zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2014 gemäß Abschnitt I der Beitragsordnung mit EUR 20.167,47 vorgeschrieben. Da für das Jahr 2014 keine vorläufigen Fondsbeiträge entrichtet worden seien, bestehe ein Beitragsrückstand in diesem Ausmaß. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, die belangte Behörde habe mit der Position "Gewinn 2011 EUR 128.140,38" Einnahmen in die Bemessungsgrundlage einbezogen, die nicht aus ärztlicher Tätigkeit stammten. Dabei handle es sich um Einnahmen aus dem Verkauf der von der Revisionswerberin im Jahr 2008 erworbenen und ab 2010 teilweise als Ordination genutzten Wohnung. Die Anschaffungskosten des gegenständlichen Objekts seien, inklusive Nebenkosten, mit ausgeschiedenem Anteil der privaten Räume sowie Grund und Boden, mit EUR 421.973,76 (Basis für Abschreibungsberechnung) ermittelt worden. An Adaptierungskosten seien 2010 EUR 13.781,15 angefallen und an Abschreibungen 2011 EUR 13.980,21. Unter Berücksichtigung dieser Beträge ergebe sich für das Jahr ein 2011 ein Gewinn von EUR 133.339,38, in welchen allerdings der Gewinn aus dem Verkauf der Ordinationsräume in Höhe von EUR 189.448,19 eingerechnet sei. Richtigerweise habe die Revisionswerberin mit ärztlicher Tätigkeit im Jahr 2011 einen Verlust in Höhe von EUR 56.108,81 erzielt. Die Einkünfte aus dem Ordinationsverkauf seien nicht für die Berechnung der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds maßgeblich, da der Gewinn nicht aus ärztlicher Tätigkeit stamme. Der Verkauf einer teilweise als Ordination genutzten Wohnung sei keine ärztliche Tätigkeit. Da die Wohnung überdies bereits zwei Jahre vor der Ordinationseröffnung angekauft worden sei, sei auch der damit zusammenhängende Aufwand nicht durch ärztliche Honorare gedeckt worden.

3 Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde der Revisionswerberin mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Es stellte fest, dass die Revisionswerberin Fachärztin für plastische Chirurgie und im Bemessungszeitraum angestellte Ärztin im Krankenhaus S gewesen sei. Im Jahr 2008 habe sie näher bezeichnete Räumlichkeiten in Wien erworben. Nach einer Adaptierung habe die Revisionswerberin dort im Jahr 2011 eine private Ordination eröffnet, die sie neben ihrer Angestelltentätigkeit betrieben habe. Nach knapp einem Jahr habe sie diese Ordination wieder aufgegeben und am 4. Dezember 2011 neue Ordinationsräumlichkeiten bezogen. Die Ordination in Wien habe sich im Betriebsvermögen befunden und sei mit einem Veräußerungsgewinn von EUR 189.448,19 verkauft worden. Dieser Gewinn sei in der Einkommensteuererklärung als Einnahme aus selbständiger Tätigkeit erklärt worden. Insgesamt habe die Revisionswerberin im Jahr 2011 (nach Berücksichtigung ihrer Verluste) einen für die Bemessungsgrundlage des Fondsbeitrags 2014 relevanten Gewinn aus ärztlicher Tätigkeit in Höhe von EUR 128.140,38 erzielt.

Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, zur Klärung der strittigen Frage, ob der Veräußerungsgewinn aus dem Jahr 2011 in die Bemessungsgrundlage für den Wohlfahrtsfondsbeitrag 2014 einzubeziehen sei, ob dieser Gewinn somit als Einnahme aus ärztlicher Tätigkeit zu werten sei, sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen. Danach seien auch wirtschaftende und organisatorische Tätigkeiten eines Arztes als ärztliche Tätigkeiten anzusehen, wenn sie nicht auf eine inhaltlich anders geartete Haupttätigkeit gerichtet seien (Hinweis auf VwGH 24.2.2005, 2002/11/0080). Es würden daher auch Tätigkeiten wie das Anschaffen, Einrichten und Ausstatten von Ordinationsräumlichkeiten zur ärztlichen Tätigkeit gezählt, wenn deren Aufwand durch ärztliche Honorare abgedeckt werden könne (Hinweis auf VwGH 29.1.2008, 2006/11/0059).

Abgesehen davon, dass somit die Anschaffung und der Verkauf von Ordinationsräumlichkeiten zur ärztlichen Tätigkeit zählten, seien auch Veräußerungsgewinne iSd. § 24 EStG 1988 steuerliche Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Wenn also, wie im vorliegenden Fall, Räumlichkeiten, die überwiegend (hier zu 80 %) für die Ausübung von selbständiger ärztlicher Tätigkeit genutzt worden seien, aus dem Betriebsvermögen heraus veräußert würden, zähle der Erlös daraus zu Einkünften aus selbständiger (ärztlicher) Tätigkeit. 4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

5 Zur Zulässigkeit der Revision wurde vorgebracht, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu fehle, ob der Erlös aus dem Verkauf einer Immobilie, die von der Revisionswerberin vorübergehend auch als Ordination genutzt wurde, Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit darstellen würde. Die vorhandene Rechtsprechung beziehe sich auf ärztliche Tätigkeiten und auf organisatorische und wirtschaftende Tätigkeiten eines Arztes, nicht jedoch auf die Wertsteigerung einer Immobilie, die unabhängig von der ärztlichen, organisatorischen und wirtschaftenden Tätigkeit erfolge und unabhängig davon, aus welchen Quellen der betreffende Arzt den Aufwand dafür abdecke.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision ist zulässig im Sinne ihrer

Zulässigkeitsbegründung; sie ist auch begründet.

8 Die maßgeblichen Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, idF BGBl. I Nr. 26/2017 (ÄrzteG 1998), lauten auszugsweise:

"Der Beruf des Arztes

§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere

1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;

2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;

3.

die Behandlung solcher Zustände (Z 1);

4.

die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut;

5.

die Vorbeugung von Erkrankungen;

6.

die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der

medizinischen Fortpflanzungshilfe;

         7.       die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln;

         8.       die Vornahme von Leichenöffnungen.

...

§ 109. (1) Die Kammerangehörigen sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. ...

(2) Bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge ist auf die

1.

Leistungsansprüche,

2.

wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand der Einnahmen

(Umsätze) und/oder Einkünfte sowie

         3.       Art der Berufsausübung

der beitragspflichtigen Kammerangehörigen Bedacht zu nehmen. Die Höhe der Beiträge kann betragsmäßig oder in Relation zu einer

Bemessungsgrundlage festgesetzt werden. ... Näheres ist in der

Beitragsordnung zu regeln. ...

(3) Die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds darf 18 vH der jährlichen Einnahmen aus ärztlicher und/oder zahnärztlicher Tätigkeit einschließlich der Umsatzanteile an Gruppenpraxen nicht übersteigen.

..."

9 Die vorliegend maßgeblichen Regelungen der Beitragsordnung

für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2014

lauten auszugsweise:

"I. Fondsbeitrag

(1) Der Fondsbeitrag beträgt, soweit in dieser Beitragsordnung nicht anders festgelegt, 14,2 v.H. der Bemessungsgrundlage.

(2) Bei Fondsmitgliedern, die den ärztlichen Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben, besteht die jährliche Bemessungsgrundlage aus der Summe der monatlichen Bruttogrundgehältern abzüglich der anteilig darauf entfallenden Werbungskosten. Der monatliche Bruttogrundgehalt ist der am Monatsgehaltszettel ausgewiesene Grundgehalt. Sofern die Gehaltszettel nicht oder nicht vollständig und zeitgerecht gemäß Abschnitt IV Abs. 5 übermittelt werden, erfolgt die Ermittlung des Bruttogrundgehalts aus dem Lohnzettel wie folgt: Bruttobezüge (Pos. 210) minus steuerfreie Bezüge (Pos. 215) minus sonstige Bezüge vor Abzug der SV-Beiträge (Pos. 220). Hiezu kommen Einkünfte (Anteile) aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, die Beiträge für die Krankenunterstützung und die Beiträge für die Todesfallbeihilfe hinzuzurechnen.

(3) Bei jenen Fondsmitgliedern, die ihren Beruf als niedergelassener Arzt oder als Wohnsitzarzt ausüben, ist die Bemessungsgrundlage der Überschuss aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit, ermittelt nach den Bestimmungen des EStG 1988. Die Einkommens- bzw. Lohnsteuer ist bei der Ermittlung des Überschusses nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Überschusses sind jedenfalls die Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit sowie jene aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung zu berücksichtigen. Zum Überschuss gehören auch Gewinnanteile aus Gruppenpraxen und Gewinnanteile aus Gesellschaften, deren Geschäftszweck nur unter der

verantwortlichen Leitung eines zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Arztes verwirklicht werden kann. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, die Beiträge für die Krankenunterstützung und die Beiträge für die Todesfallbeihilfe hinzuzurechnen.

(3a) Bei Fondsmitgliedern, die Gesellschafter einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind, ist Bemessungsgrundlage der jeweilige Gewinnanteil am Bilanzgewinn der Gesellschaft, ermittelt nach den Bestimmungen des UGB und ohne Berücksichtigung von Gewinn- und Verlustvortrag.

(4) Wird der ärztliche Beruf gleichzeitig in verschiedenen Rechtsformen ausgeübt, so sind die Bemessungsgrundlagen gemäß Abs. 2 bis 3a zusammenzurechnen.

(5) Der Fondsbeitrag beträgt höchstens EUR 28.000,- im Jahr. Auf die Bestimmung des § 109 Abs. 3 ÄG ist Bedacht zu nehmen.

(6) Ein Ausgleich mit dem Ergebnis aus anderen Einkunftsquellen und Einkunftsarten sowie ein Abzug oder anteiliger Abzug von Sonderausgaben oder wegen außergewöhnlicher Belastung ist nicht zulässig.

...

IV. Verfahren

...

(5) Zum Zwecke der endgültigen Festsetzung des Fondsbeitrages sind die ordentlichen Fondsmitglieder verpflichtet, falls nicht Abs. 8a zur Anwendung kommt, die von der Kammer zugesandte Beitragserklärung über die Bemessungsgrundlage gem. Abschnitt I Abs. 2-4 und 7 vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen. Die Zusendung der Unterlagen an das Fondsmitglied hat bis spätestens 31. März des laufenden Kalenderjahres zu erfolgen, die Vorlage der Unterlagen durch das Fondsmitglied hat bis spätestens 15. Juni des laufenden Kalenderjahres zu erfolgen. Als Bemessungsgrundlage wird das Einkommen des dem laufenden Jahr drittvorangegangenen Kalenderjahres herangezogen, die Zahlen des drittvorangegangenen Kalenderjahres sind in der Erklärung anzugeben. Der Erklärung sind, soweit zutreffend, der (die) Lohnzettel und der Einkommensteuerbescheid, jeweils des drittvorangegangenen Jahres, in Ablichtung beizuschließen. Fondsmitglieder, die Gesellschafter einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind, haben darüber hinaus den Jahresabschluß der Gesellschaft des drittvorangegangen Jahres sowie jene Firmenbuchauszüge und sonstigen Belege vorzulegen, aus denen die Geschäfts- und Gewinnanteile ersichtlich sind. Erforderlichenfalls kann die Ärztekammer die Vorlage weiterer Unterlagen verlangen.

..."

10 In den Revisionsgründen wird ausgeführt, das angefochtene Erkenntnis sei rechtswidrig, weil damit die in der Position "Gewinn 2011" angeführten Einkünfte in die Bemessungsgrundlage für den Fondsbeitrag einbezogen worden seien, obwohl diese Einkünfte nicht aus ärztlicher Tätigkeit stammten. Der einzige Anknüpfungspunkt für die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds seien laut eindeutiger gesetzlicher Regelung die Einnahmen des Kammerangehörigen aus ärztlicher Tätigkeit, wovon die Wertsteigerung einer Immobilie nicht umfasst sei. Die Einnahmen aus dem Verkauf der teilweise als Ordination genutzten Räumlichkeiten seien in die Berechnung der Beiträge einbezogen worden, obwohl diese Wohnung von der Revisionswerberin im Jahr 2008 privat angeschafft und adaptiert und ab 2011 nur teilweise als Ordination genutzt worden sei. Der Revisionswerberin sei bewusst, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch organisatorische und wirtschaftende Tätigkeiten des selbständig praktizierenden Arztes in die Bemessungsgrundlage für die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds einzubeziehen seien, soweit der damit in Verbindung stehende Aufwand durch ärztliche Honorare abgedeckt werde. Dies sei aber insoweit nicht der Fall, als das gegenständliche Objekt, dessen Veräußerungserlös nunmehr rechtswidrig in die Bemessungsgrundlage für die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds einbezogen werden solle, zwei Jahre vor der Eröffnung der Ordination durch die Revisionswerberin angekauft worden sei. Schließlich sei der Veräußerungserlös der Immobilie aber generell nicht das Ergebnis der ärztlichen Tätigkeit der Revisionswerberin, sondern das Ergebnis einer Wertsteigerung der Immobilie, die mit der Tätigkeit der Revisionswerberin nichts zu tun habe. Weiters sei das angefochtene Erkenntnis insofern verfehlt, als § 24 EStG angewendet worden sei. Dieser beziehe sich auf die Betriebsaufgabe, die Revisionswerberin habe ihren Betrieb aber nicht aufgegeben, sondern lediglich den Standort der Ordination verändert. Im Übrigen knüpfe § 109 Abs. 3 ÄrzteG 1998 nicht an das EStG an, sondern an Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit. Eine Anknüpfung an das EStG wäre theoretisch möglich gewesen, der Gesetzgeber habe jedoch eine solche nicht geschaffen.

Im Ergebnis zeigt die Revision damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

11 Einleitend ist auszuführen, dass die Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in Punkt I. Abs. 3 anordnet, dass für selbständig tätige Ärzte die Bemessungsgrundlage der Überschuss aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit, ermittelt nach den Bestimmungen des EStG 1988, ist. Bei der Ermittlung des Überschusses sind jedenfalls die Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit sowie jene aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung zu berücksichtigen. Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht liegt somit durch die in § 109 ÄrzteG 1998 vorgesehene Beitragsordnung eine Anknüpfung an die Bestimmungen des EStG 1988 vor.

12 Die Revisionswerberin ist insofern im Recht, als es sich bei dem durch den Verkauf der Ordinationsräume erzielten Gewinn - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - nicht um einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 EStG 1988 handelt. Ein solcher läge nur vor, wenn die Revisionswerberin ihren Betrieb veräußert bzw. aufgegeben hätte (vgl. dazu VwGH 9.11.2016, Ro 2014/11/0092, mwN). Im Revisionsfall war der Betrieb der Ordination jedoch an einen anderen Standort verlegt worden. Lediglich die Ordinationsräume waren aus dem Betriebsvermögen heraus veräußert worden.

13 Es ist daher zu prüfen, ob der den Anschaffungswert der Ordinationsräume übersteigende Betrag, der bei deren Verkauf erzielt wurde, als Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit zu qualifizieren ist.

14 Soweit das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf VwGH 29.1.2008, 2006/11/0059, ausführte, es würden auch Tätigkeiten wie das Anschaffen, Einrichten und Ausstatten von Ordinationsräumlichkeiten zur ärztlichen Tätigkeit gezählt, wenn deren Aufwand durch ärztliche Honorare abgedeckt werden könne, ist auf den Wortlaut des im zitierten Erkenntnis verwiesenen Erkenntnisses vom 18. Februar 1997, 96/11/0016, hinzuweisen, wo es heißt:

"Daß sich ein Arzt etwa Ordinationsräumlichkeiten verschafft, diese einrichtet und ausstattet, Personal anstellt und dieses leitet, Partnerschaften mit anderen Ärzten eingeht, Kraftfahrzeuge anschafft etc., welchen Aufwand er durch seine ärztlichen Honorare abdeckt, macht diese auch nicht teilweise zu Einnahmen aus nicht ärztlicher Tätigkeit (vgl. Verwaltungsgerichtshof 19.12.1996, 96/11/0121)."

Damit wird entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ärztliche Honorare unabhängig von ihrer Verwendung Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit bleiben, nicht jedoch, dass das Anschaffen, Einrichten und Ausstatten von Ordinationsräumlichkeiten von vornherein zur ärztlichen Tätigkeit zählt.

15 Punkt I. Abs. 3 der Beitragsordnung stellt auf die Einkünfte aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit ab. Worin "ärztliche Tätigkeit" besteht, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998, zu dem bereits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt (vgl. etwa die Nachweise in VwGH 29.1.2018, Ra 2017/11/0303; 11.10.2016, Ra 2016/11/0126, 0127). Im Revisionsfall entscheidend ist aber, dass der in die Bemessungsgrundlage einbezogene Gewinn aus dem Wohnungsverkauf weder aus einer ärztlichen noch aus einer sonstigen "Tätigkeit" resultiert:

Die Revisionswerberin nutzte ihre vor Gründung der Ordination erstandene Privatwohnung vorübergehend als Ordination. Diese Immobilie hat in der Zeit zwischen An- und Verkauf ausweislich der Feststellungen eine Wertsteigerung erfahren. Obgleich die Einkünfte als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit versteuert wurden, sind sie doch nicht als Einkünfte aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit zu erachten, weil kein Zusammenhang zwischen der Wertsteigerung der Räumlichkeiten und dem darin bestehenden Ordinationsbetrieb erkennbar ist. Da der Gewinn aus dem Verkauf der Wohnung somit nicht aus ärztlicher Tätigkeit stammt, ist er auch nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. 16 Dies hat das Verwaltungsgericht verkannt, weshalb das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

17 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 16. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017110141.L00

Im RIS seit

07.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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