TE Vwgh Beschluss 2019/10/22 Ra 2019/10/0025

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Veröffentlicht am 22.10.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs6
B-VG Art133 Abs6 Z1
B-VG Art133 Abs6 Z2
B-VG Art133 Abs8
B-VG Art133 Abs9
VwGG §21 Abs1 Z1
VwGG §21 Abs1 Z2
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §18
VwGVG 2014 §9 Abs2
VwGVG 2014 §9 Abs2 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Schwaz gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 29. Jänner 2019, Zl. LVwG- 2018/13/1579-4, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Heimgesetz (mitbeteiligte Partei: I J in V, vertreten durch Ullmann - Geiler und Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 17-19), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Tirol hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29. Jänner 2019 gab das Verwaltungsgericht der von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde Folge und behob den angefochtenen Bescheid der Revisionswerberin vom 4. Mai 2018 infolge sachlicher Unzuständigkeit. Begründend wurde ausgeführt, mit 1. Jänner 2019 sei aufgrund der Novellierung des § 14 Abs. 1 Tiroler Heimgesetz 2005 mit LGBl. Nr. 144/2018 die Landesregierung zur Aufsicht über Heime und Heimträger zuständig geworden. Mangels entsprechender Übergangsbestimmungen sei daher im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts eine Zuständigkeit der Revisionswerberin zur Heimaufsicht nicht mehr vorgelegen, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben gewesen sei.

2 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision.

3 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit

dem Antrag, die Revision zurück-, in eventu abzuweisen und ihr Kostenersatz zu leisten.

4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts kann wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 6 B-VG Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (Z 1), die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Z 2) sowie der zuständige Bundesminister in den im Art. 132 Abs. 1 Z 2 genannten Rechtssachen (Z 3). Wer in anderen als den in Abs. 6 leg. cit. genannten Fällen wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben kann, bestimmen die Bundes- oder Landesgesetze (Art. 133 Abs. 8 B-VG). Gemäß Abs. 9 leg. cit. sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden.

5 Wer belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist, regelt die Verfassung nicht. Maßgeblich ist daher § 9 Abs. 2 VwGVG. Nach Z 1 dieser Bestimmung ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit) jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. 6 Der Status als "belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht" ändert sich nicht, wenn nach den - unverändert gebliebenen - Bestimmungen über die Zuständigkeit inzwischen eine andere Behörde für die Führung des Verwaltungsverfahrens zuständig wäre. Anders liegt der Fall hingegen, wenn sich die Zuständigkeitsvorschriften geändert haben (VwGH 30.4.2019, Ro 2018/12/0012; 16.9.2015, Ra 2015/22/0110; jeweils unter Bezugnahme auf VwGH 19.2.2015, Ra 2015/21/0014).

7 Gemäß § 14 Abs. 1 Tiroler Heimgesetz 2005, LGBl. Nr. 23/2005 in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung hatten die Bezirksverwaltungsbehörden die Aufsicht über die Heime und die Heimträger dahingehend auszuüben, dass die Verpflichtungen nach diesem Gesetz erfüllt werden.

8 Mit dem Tiroler Datenverarbeitungs- Anpassungsgesetz, LGBl. Nr. 144/2018, wurde das Tiroler Heimgesetz u.a. dahingehend geändert, dass in dessen § 14 Abs. 1 das Wort "Bezirksverwaltungsbehörde" durch das Wort "Landesregierung" ersetzt wurde. Diese Änderung trat - ohne Übergangsbestimmungen - gemäß Art. 121 dieser Novelle mit 1. Jänner 2019 in Kraft. 9 Da sich im vorliegenden Fall während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht die Zuständigkeitsvorschriften geändert haben, wäre dieser Umstand vom Verwaltungsgericht dahingehend zu berücksichtigen gewesen, dass ab dem 1. Jänner 2019 seinem Verfahren die Landesregierung (anstelle der Revisionswerberin) als belangte Behörde und damit als Partei gemäß § 18 VwGVG beizuziehen gewesen wäre. Dies hätte auch eine Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 29. Jänner 2019 an die Landesregierung erfordert. 10 Nach dem Gesagten war die Revisionswerberin (ab dem 1. Jänner 2019) umgekehrt nicht mehr belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, sodass ihr die Legitimation zur Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 iVm Abs. 9 B-VG fehlt.

11 Im maßgeblichen Zeitpunkt der - ausdrücklich auf Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG gestützten - Revisionserhebung (März 2019) begründeten im Übrigen auch andere Bestimmungen keine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft, eine auf Art. 133 Abs. 8 und 9 B-VG gestützte Revision zu erheben. Auch eine Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) kommt nicht in Betracht.

12 Daraus folgt, dass die Bezirkshauptmannschaft Schwaz zur Erhebung der vorliegenden Revision nicht legitimiert ist, worauf in der Revisionsbeantwortung im Ergebnis zutreffend hingewiesen wurde.

13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

14 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Oktober 2019

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019100025.L00

Im RIS seit

05.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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