TE Lvwg Beschluss 2018/12/7 VGW-011/V/041/13188/2018

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Veröffentlicht am 07.12.2018
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Entscheidungsdatum

07.12.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §33 Abs1
AVG §71

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Suchomel über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Herrn Dipl.-Ing. A. B. vom 06.09.2018 wegen Versäumung der Verhandlung am 03.09.2018, die aufgrund der Beschwerde des Herrn Dipl.-Ing. A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 23.01.2018, Zl. …, wegen Übertretung des § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO für Wien), LGBl. für Wien Nr. 11/1930 idgF stattgefunden hat, den

BESCHLUSS

gefasst:

I.     Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

II.    Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B e g r ü n d u n g

Mit Eingabe vom 06.09.2018 (nach Zustellung des Verhandlungsprotokolls) brachte der Beschwerdeführer vor, dass es ihm aus gesundheitlichen Gründen unmöglich gewesen wäre, bei der Verhandlung am 03.09.2018 teilzunehmen. Er möchte dazu dringend aussagen und ersuche um Einsetzung in den vorigen Stand. In der Anlage legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung über einen Ambulanzbesuch am 3.9.2018 von 8.00 – 10.50 Uhr bei.

Die Ladung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 24.07.2018, GZ: … wurde vom Beschwerdeführer am 26.07.2018 übernommen.

In weiterer Folge fand die Verhandlung am 03.09.2018 um 09:00 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Wien statt, zu der der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschienen ist.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Ereignis ist dann „unvorhergesehen“, wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Es ist „unabwendbar“, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah. Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befinden hat (§ 33 Abs. 5 VwGVG).

Die Bestimmungen des § 33 VwGVG zur Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechen weitgehend den Bestimmungen der korrespondierenden Bestimmung des § 71 AVG (mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz; siehe dazu RV 2009 BlgNR 24. GP zu Art. 1 §§ 32 und 33; vgl. etwa auch VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113, zur Übertragbarkeit der korrespondierenden Rechtsprechung).

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unter anderem, dass der Wiedereinsetzungswerber durch die Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erlitten hat (vgl. etwa VwGH vom 14.12. 1994, Zl 94/01/0762). Ein solcher Rechtsnachteil tritt dann ein, wenn der Wiedereinsetzungswerber eine Prozesshandlung, die zur Wahrung seiner Rechte und rechtlichen Interessen notwendig und zweckmäßig nicht mehr vornehmen kann. Da die Wiedereinsetzung nur bei Rechtsnachteilen möglich ist, sind andere durch eine Versäumung einer Prozesshandlung eintretende Nachteile nicht umfasst (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 (Stand 1.4.2009, rdb.at) Rz 31 ff).

Der Beschwerdeführer macht als Wiedereinsetzungsgrund als unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis gesundheitliche Gründe geltend.

Eine Erkrankung stellt für sich alleine keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, lediglich dann, wenn die Erkrankung den Wiedereinsetzungswerber darin gehindert hätte, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen, Vertagungsersuchen, insbesondere aber durch Beauftragung eines Vertreters, abzuwenden. Entscheidend ist dabei, ob dem Wiedereinsetzungswerber beim Unterlassen der für die Wahrung der Interessen – insbesondere auch von Fristen in kurz zuvor anhängig gemachten Verfahren – notwendigen Schritte einschließlich präventiver Dispositionen, wie etwa der Bestellung eines Vertreters, auch die erforderliche Sorgfalt walten ließ (vgl. etwa VwGH vom 29.11.2007, Zl 2007/21/0308, oder vom 26.04.2001, Zl 2000/20/0336).

Neben der Bezeichnung der Wiedereinsetzungsgründe sind diese auch vom Wiedereinsetzungswerber glaubhaft zu machen. Dabei reicht eine reine Behauptung betreffend das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht aus. Vielmehr hat der Wiedereinsetzungswerber initiativ alle Umstände glaubhaft darzulegen und bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel zur ihrer Glaubhaftmachung anzuführen (vgl. etwa VwGH vom 24.02.1994, Zl 92/10/0392, vom 07.08.1992, Zl 92/14/0033, oder vom 07.08.1992, Zl 92/14/0058). Ziel der Glaubhaftmachung ist, beim Verwaltungsgericht Wien die Überzeugung der Wahrscheinlichkeit einer Tatsache hervorzurufen bzw. dass dieses zur Ansicht kommt, die Tatsachenbehauptung sei wahrscheinlich für wahr zu halten (vgl. etwa VfSlg. 17.159/2004).

Der Beschwerdeführer hat weder offen gelegt, welche gesundheitlichen Gründe des Beschwerdeführers vorlagen, noch legte er dar, weshalb er gerade am Tag und zur Uhrzeit einer bereits über einen Monat zuvor anberaumten Verhandlung eine Ambulanz aufsuchte, noch, dass dies alternativlos war. Auch legte er im Zuge seiner Ausführungen zum Wiedereinsetzungsgrund außer einer Bestätigung nichts offen. Damit ist auch nicht nachvollziehbar, dass es sich um ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis handelte, zumal ein Ambulanzbesuch von vornherein gerade nicht für ein derartiges Ereignis spricht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Verpflichtung des Wiedereinsetzungswerbers zur Konkretisierung aller Umstände, die es ermöglichen, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes zu beurteilen. Diese Konkretisierungspflicht umfasst auch die zeitlichen Komponenten, aus denen zum einen geschlossen werden kann, dass die Antragstellung rechtzeitig erfolgte und zum anderen, dass der Wiedereinsetzungswerber gehindert war, die versäumte Handlung rechtzeitig vorzunehmen, also Vorbringen dazu, welches konkrete Hindernis vorlag, wann das Hindernis in Form welches konkreten Ereignisses begonnen und wann es aufgehört hat. Der Wiedereinsetzungswerber hat von sich aus initiativ alles vorzubringen, was die Annahme eines die Rechtzeitigkeit der Vornahme einer Prozesshandlung hindernden Umstandes begründen kann (siehe ua. VwGH 2015/02/0209 vom 20.11.2015).

Da dies – wie ausgeführt – nicht erfolgte, war dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung daher kein Erfolg beschieden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; unvorhersehbares Ereignis; unabwendbares Ereignis; Wiedereinsetzungsgrund; Behauptung der Erkrankung ohne Vorlage einer tauglichen Bescheinigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.011.V.041.13188.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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