TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/7 98/10/0061

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Veröffentlicht am 07.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §8;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §19 Abs5 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des R D in H, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming, Martin-Luther-Straße 154, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. November 1997, Zl. 18.326/08-IA8/97, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft Waldgenossenschaft A, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, Ritter-von-Gersdorff-Straße 619), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem gemäß § 170 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440, (ForstG) namens des Landeshauptmannes von Steiermark erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L. - Politische Expositur G. - vom 21. März 1997 wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Bewilligung zur Rodung einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 751/1 der KG A. im Ausmaß von insgesamt ca. 2 ha zum Zwecke der Sand- und Schottergewinnung erteilt. Die Gültigkeit der Rodungsbewilligung wurde mit 31. Dezember 2010 befristet. Weiters wurde eine Wiederaufforstung vorgeschrieben, welche mit Birke, Erle sowie mit Kiefer, Bergahorn, Fichte und Lärche vorzunehmen ist, wobei der Anteil der Lärche mindestens 30 % zu betragen hat.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er führte aus, er hätte als Einforstungsberechtigter dem Rodungsverfahren beigezogen werden müssen, was aber nicht geschehen sei; er sei daher übergangene Partei. Laut Regulierungsurkunde Nr. 239/1869 kämen ihm Einforstungsrechte (Holzbezugs-, Streubezugs- und Weiderechte) zu. Durch die Rodung würden nicht nur diese Rechte beschränkt, sondern es entstünden in erhöhtem Ausmaß unzumutbare Belästigungen durch Geruch, Staub und Lärm und es stelle die Rodung sogar eine Veränderung der kleinklimatischen Verhältnisse dar. Nördlich der Rodefläche grenze die Müllhygienisierungsanlage für 17 Gemeinden des vorderen Ennstales an und sei bisher der Waldbestand zum Schutz vor den angeführten Belästigungen erforderlich gewesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. November 1997 gab die belangte Behörde der Berufung betreffend die Zuerkennung der Parteistellung statt, wies aber im übrigen die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung heißt es, wie bereits die Forstbehörde erster Instanz in der Begründung ihres Bescheides festgestellt habe und wie auch vom Vertreter der Agrarbezirksbehörde (ABB) im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt worden sei, bestünden an der Rodefläche Einforstungsrechte für mehrere Liegenschaftseigentümer, darunter auch für den Beschwerdeführer. Dies bedeute, daß diesem im Rodungsverfahren Parteistellung zukomme. Seine Einwendungen gegen die Rodung seien aber unbegründet. Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, seine Einforstungsrechte würden durch die Rodung eingeschränkt, werde auf die Stellungnahme des im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Vertreters der ABB verwiesen, welcher dargelegt habe, daß die Agrargemeinschaft A. (die mitbeteiligte Partei) die Ablöse von Lärchenbezugsrechten (Bauholz und Brunnenröhren) in Geld beantragt habe und daß mit Bescheid der ABB vom 21. Mai 1996 die von den Parteien geschlossene Vereinbarung betreffend die Teilablösung der Lärchenbezugsrechte agrarbehördlich genehmigt worden sei. Zum Zeitpunkt der in erster Instanz abgehaltenen mündlichen Verhandlung sei dieser Bescheid der ABB auf Grund von Rechtsmitteln u.a. des Beschwerdeführers noch nicht rechtskräftig gewesen. Mittlerweile sei die Entscheidung der ABB betreffend die Teilablösung der Lärchenbezugsrechte auch bereits rechtskräftig. Der Vertreter der ABB habe im erstinstanzlichen Verfahren erklärt, daß nach erfolgter Teilablöse die nachhaltige Absicherung des verbleibenden Lärchenservitutsrechts gewährleistet ist, weshalb von der Seite der ABB auch keine Einwände gegen die Erteilung der Rodungsbewilligung erhoben werde und daß auf Grund der vorgeschriebenen Wiederbewaldungen nach Ablauf der befristeten Rodung u. a. mit einem Lärchenanteil von 30 % auch in Zukunft die Lärchenholzbezugsrechte sichergestellt seien. Den Einwänden hinsichtlich Geruch, Staub und Lärmbelästigung durch den Schotterabbau werde entgegengehalten, daß im Rodungsverfahren nur die Auswirkungen, die sich durch Rodung selbst ergäben, zu berücksichtigen seien. Zur Behauptung, daß eine Wiederherstellung des gerodeten Waldes nach Beendigung des Schotterabbaues in seiner ursprünglichen Form nicht mehr möglich sei, werde auf die fachlichen Ausführungen des forsttechnischen Amtssachverständigen und auf die vorgeschriebenen Auflagen verwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 23. Februar 1998, B 54/98-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei dem erstinstanzlichen Verfahren nicht beigezogen worden und habe keine Möglichkeit gehabt, zu den Ausführungen des Vertreters der ABB und zum Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen Stellung zu nehmen. Das Gutachten des Amtssachverständigen sei unrichtig. Tatsächlich werde nämlich bei Durchführung der Rodung der in Aussicht gestellte Lärchenanteil von 30 % nicht verbleiben. Die belangte Behörde habe auch keine objektive Prüfung dahingehend vorgenommen, ob das öffentliche Interesse an der Sand- und Schottergewinnung das Interesse des Beschwerdeführers an der Ausübung der Einforstungsrechte überwiege.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Nach § 17 Abs. 2 ForstG kann unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

§ 19 Abs. 5 lit. b ForstG räumt dem an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigten Parteistellung im Sinne des § 8 AVG im Rodungsverfahren ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen Einforstungsberechtigte zu den dinglich Berechtigten im Sinne des § 19 Abs. 5 lit. b ForstG, denen im Rodungsverfahren Parteistellung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1992, 91/10/0024, u.a.).

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid kommen dem Beschwerdeführer Einforstungsrechte (Holzbezugsrechte) an der Rodungsfläche zu. Er hatte daher im Rodungsverfahren Parteistellung.

Die Parteistellung im Rodungsverfahren ermöglicht es dem an der Rodungsfläche dinglich Berechtigten, aus dem Titel der mit seinen Interessen verbundenen öffentlichen Interessen das öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend zu machen. Die Forstbehörde hat festzustellen, welches Gewicht dem Interesse an der Walderhaltung (auch) unter dem Gesichtspunkt der damit verbundenen subjektiven Rechte der dinglich Berechtigten an der ungeschmälerten Ausübung ihrer Rechte zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1996, 94/10/0064).

Die belangte Behörde gelangte zu der Auffassung, daß durch die bewilligte Rodung die Ausübung der Einforstungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt wird. Sie konnte sich dabei auf die Ausführungen des Vertreters der ABB im erstinstanzlichen Verfahren stützen. Der Beschwerdeführer hatte die Möglichkeit, in der Berufung darzulegen, aus welchen Gründen bei einer Verwirklichung der bewilligten Rodung seine Einforstungsrechte beeinträchtigt würden. Eine solche Begründung findet sich aber weder in der Berufung noch in der Beschwerde. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde, gestützt auf die Ausführungen des Vertreters der ABB, zur Auffassung gelangt ist, daß die Einforstungsrechte des Beschwerdeführers auch im Fall einer Rodung gesichert sind, zumal das Verhältnis von Rodungsfläche, gesamter zur Bedeckung der Einforstungsrechte zur Verfügung stehender Fläche und Ausmaß der Einforstungsrechte des Beschwerdeführers es von vornherein unwahrscheinlich macht, daß die Rodung die Einforstungsrechte beeinträchtigt, sofern nicht besondere Verhältnisse gegeben sind, die aber vom Beschwerdeführer darzulegen gewesen wären. Nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid beträgt die Fläche des mit den Einforstungsrechten belasteten Grundstückes Nr. 751/1 rund 41,3 ha. Davon werden bereits derzeit - befristet bis 31. Dezember 1999 - 2 ha zur Schottergewinnung genützt. Die verbleibende Fläche mußte bisher - wie den Ausführungen des Vertreters der ABB im erstinstanzlichen Verfahren zu entnehmen ist - ein Lärchenbezugsrecht im Ausmaß von ca. 10,10 fm abdecken. Nach der mittlerweile rechtskräftigen Teilablösung dieses Lärchenbezugsrechtes bleibt noch ein zu bedeckendes Lärchenbezugsrecht von ca. 1 fm/Jahr. Die Ausführungen des Vertreters der ABB, wonach dieses verbleibende Lärchenbezugsrecht auch im Fall einer Durchführung der Rodung ungeschmälert erhalten bleibt, sind angesichts der für die Bedeckung dieses Lärchenbezugsrechtes selbst nach Abzug der schon bestehenden und der nunmehr neu bewilligten Rodungsfläche verbleibenden Fläche plausibel.

Die Kritik des Beschwerdeführers am Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen geht ins Leere, weil sie sich gegen eine Aussage richtet, die sich in dieser Form im Gutachten gar nicht findet. Der forsttechnische Amtssachverständige hat nicht einen bei Durchführung der Rodung verbleibenden Lärchenanteil von 30 % in Aussicht gestellt; er hat vielmehr der Forstbehörde für den Fall der Erteilung der Rodungsbewilligung eine Auflage des Inhalts vorgeschlagen, daß der Anteil der Lärchen an der Wiederaufforstung mindestens 30 % zu betragen hat. Diese Auflage wurde in die Rodungsbewilligung aufgenommen. Sie stellt - worauf der Vertreter der ABB hingewiesen hat - eine zusätzliche Sicherung der Einforstungsrechte des Beschwerdeführers dar.

Daß der Beschwerdeführer - wie in der Berufung angeführt - an der Rodungsfläche noch andere Einforstungsrechte als die Lärchenbezugsrechte habe, wird in der Beschwerde nicht mehr behauptet.

Auch die Regulierungsurkunde Nr. 239/1869 und der Grundbuchsauszug weisen nur Lärchenbezugsrechte aus.

Da die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, daß die Einforstungsrechte des Beschwerdeführers durch die Rodung nicht beeinträchtigt werden, erweist sich die Behauptung des Beschwerdeführers, es habe eine Interessensabwägung im Sinne des § 17 Abs. 2 ForstG nicht stattgefunden, als unzutreffend.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der mitbeteiligten Partei waren keine Stempelgebühren zu entrichten (§ 2 Z. 3 des Gebührengesetzes 1957). Die Umsatzsteuer ist im Schriftsatzaufwand enthalten. Das über den Betrag von S 12.500,-- hinausgehende Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war daher abzuweisen.

Wien, am 7. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100061.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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