Entscheidungsdatum
05.11.2019Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W165 2191664-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der österreichischen Botschaft Islamabad vom 02.08.2018, Zl. Islamabad-OB/KONS/3313/2016, aufgrund des Vorlageantrages der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der österreichischen Botschaft Islamabad vom 15.11.2017, GZ: Islamabad-ÖB/KONS/3313/2016, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, brachte am 20.09.2016 bei der österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.
Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF, ebenso Staatsangehöriger Afghanistans, angegeben, welchem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.05.2014, GZ: W113 1428495-1/15E, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Dem Antrag waren diverse Unterlagen (in Kopie) angeschlossen: Unter anderem eine Reisepasskopie der BF, eine Identitätskarte der BF, eine Geburtsurkunde der BF, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an die Bezugsperson vom 27.05.2014, eine Geburtsurkunde der Bezugsperson, der Konventionsreisepass der Bezugsperson, ein Auszug aus dem ZMR betreffend die Bezugsperson, eine E-Card der Bezugsperson und diverse Gehaltsbestätigungen der Bezugsperson.
Weiters war dem Antrag eine Heiratsurkunde (marriage certificate), ausgestellt durch ein Gericht in Afghanistan am 22.06.2016, (in Originalsprache und englischer Übersetzung), angeschlossen, worin bescheinigt wird, dass drei namentlich genannte Zeugen in Anwesenheit zweier weiterer namentlich genannter Zeugen vor Gericht erschienen seien und bestätigt hätten, dass sie die - jeweils nur mit Vornamen genannte - BF und die Bezugsperson wie auch die zwei weiteren Zeugen gut kennen würden und die BF und die Bezugsperson am 08.02.2018 in der Provinz Farah geheiratet hätten.
In ihrem Interview vor der ÖB Islamabad gab die BF an, dass sie im Jahr 2008 in ihrem Elternhaus in Tevusk, in Farah geheiratet hätte und damals kein Heiratszertifikat ausgestellt worden sei. Sie hätten ihre Ehe vor zwei bis drei Monaten registrieren lassen. Sie habe mit ihrem Ehemann sechs Monate nach der Hochzeit zusammengelebt und ihn seither nicht mehr gesehen. Sie habe die letzten drei Jahre bei ihrem Onkel in Kabul gelebt. Sie habe sich entschieden, bei ihrem Onkel zu leben, da sie ihre Schulbildung betreiben habe wollen.
Zu dem seitens der ÖB Islamabad an das BFA samt Unterlagen übermittelten Einreiseantrag der BF teilte das BFA der ÖB Islamabad mit Stellungnahme vom 10.05.2017 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Voraussetzung im Sinne des Art. 8 EMRK liege nicht vor, da seit dem Jahr 2008 kein aufrechtes Familienleben mit der in Österreich aufhältigen Bezugsperson bestanden habe bzw. nicht von einem schützenswerten Familienleben gemäß Art. 8 EMRK ausgegangen werden könne. In der angeschlossenen Stellungnahme wurde näher ausgeführt, dass die Bezugsperson in ihrer Einvernahme angegeben habe, dass sie mit ihrer Ehefrau zwischen Februar 2008 und ihrer Ausreise aus Afghanistan nur gelegentlich Kontakt gehabt habe. ("Manchmal habe ich für 20 Tage oder für zwei Wochen Urlaub bekommen. Diese Zeit habe ich dann mit meiner Frau verbracht"). Die Behörde komme aufgrund der glaubhaften Angaben der in Österreich lebenden Bezugsperson zur Überzeugung, dass es sich gegenständlich um kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK handle, da die Beziehung zwischen den angeblichen Eheleuten nur sporadisch bzw. tageweise geführt worden sei. Die Lebensgemeinschaft der beiden angeblichen Eheleute habe sich in den letzten neun Jahren auf einige wenige Tage beschränkt. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die BF nach Zuerkennung des Asylstatus an die Bezugsperson im Juni 2014 erst zwei Jahre später den gegenständlichen Einreiseantrag gestellt habe. Dies sei ein weiteres Indiz für das Nichtbestehen eines schützenswerten bzw. fortzuführenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK. Bei den vorgelegten Unterlagen könne auch nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich um unbedenkliche Dokumente handle.
Mit Schreiben der ÖB Islamabad vom 11.05.2017, dem bevollmächtigten Vertreter der BF zugestellt am 31.05.2017, wurde der BF unter Anschluss der Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 11.05.2017 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Mit E-Mail des bevollmächtigten Vertreters der BF vom 06.06.2017 wurde eine Stellungnahme eingebracht, in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sich die Bezugsperson zuerst in Österreich etablieren habe wollen, bevor sie ihre Ehefrau nachhole. Im Jahr 2016 habe sich die Bezugsperson so weit etabliert, um auch für ihre Ehefrau sorgen zu können. Daraufhin habe diese den Antrag nach § 35 AsylG 2005 gestellt. Es erkläre sich somit mit der besonderen Sorgfalt der Bezugsperson, dass längere Zeit zugewartet worden sei, um die BF nach Österreich nachzuholen. Ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasse nach der Rechtsprechung des EGMR jedenfalls die Beziehung, die aus einer rechtmäßigen und aufrichtigen Eheschließung entstehe. Dies sei auch dann der Fall, wenn das Eheleben noch nicht in vollem Umfang geführt werden habe können. Allein die Tatsache, dass eine rechtsgültige Ehe eingegangen worden sei - wie es hier der Fall sei - spreche sehr wohl für ein Familienleben nach Art. 8 EMRK. Des Weiteren sei der Begriff des Familienlebens nicht auf eheliche Verbindungen beschränkt, sondern könne auch uneheliche Lebensgemeinschaften umfassen. Wie die Bezugsperson in ihren Einvernahmen angegeben habe, habe das Ehepaar jede freie Minute zusammen verbracht, wenn der Ehemann von seiner Beschäftigung nach Hause gekommen sei. Weiters habe bereits ein voreheliches Verhältnis zwischen den Eheleuten bestanden. Die BF und die Bezugsperson seien bereits ca. acht Monate vor ihrer Hochzeit verlobt gewesen. Das Familienleben sei somit nie unterbrochen, sondern nur den Umständen angepasst worden.
Mit Schreiben vom 14.11.2017 teilte das BFA der ÖB Islamabad mit, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose vom 11.05.2017 festgehalten werde und auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der BF vom 06.06.2017 kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK festgestellt werden habe können. Zur näheren Begründung sei auf die bereits übermittelte Wahrscheinlichkeitsprognose zu verweisen.
Mit Bescheid der ÖB Islamabad vom 15.11.2017 wurde der Einreiseantrag gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen.
Gegen den Bescheid wurde am 05.12.2017 fristgerecht Beschwerde eingebracht. Die Behörde habe sich mit den Ausführungen in der Stellungnahme der BF nicht auseinandergesetzt, was nicht nur eine Verletzung des Parteiengehörs, sondern willkürliches Verhalten der Behörde bedeute. Im Übrigen wurde wie bereits bisher vorgebracht.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 02.02.2018 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde mit der bisherigen Begründung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Am 08.02.2018 wurde bei der ÖB Islamabad ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht und begründend auf die Beschwerde verwiesen.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 03.04.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 09.04.2018, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.
Mit E-Mail vom 13.02.2019 übermittelte der Rechtsvertreter der BF einen Befund eines afghanischen Krankenhauses betreffend die BF mit der Diagnose (Diagnosis: Major depressive disorder) vom 27.10.2018.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt werden der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.
Eine vor der Einreise der Bezugsperson nach Österreich erfolgte Eheschließung zwischen der BF und der Bezugsperson kann nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, den vorgelegten Unterlagen und dem Verfahrensakt der Bezugsperson.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:
Familienverfahren im Inland
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten:
Form der Eheschließung:
§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.
(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Vorbehaltsklausel (ordre public)
§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:
§ 17 Form der Eheschließung
(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.
(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.
§ 21 Mangel der Form
(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch
§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.
(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt der Vertretungsbehörde keine eigene Prüfungskompetenz zu (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis. Die Prognose des BFA und die in der Folge darauf gestützte Auffassung der Vertretungsbehörde, dass Familienangehörigeneigenschaft zwischen der BF und der Bezugsperson nicht vorliegt, ist im Ergebnis zutreffend:
Gemäß § 16 Abs. 2 IPR-G ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Im vorliegenden Fall ist somit die Gültigkeit der behaupteten Ehe nach afghanischem Recht zu beurteilen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des afghanischen Zivilgesetzbuches (Madani Qanun) vom 05.01.1977, Amtsblatt der Republik Afghanistan Band 19 (1977) Nr. 353, lauten in der unverändert in Geltung stehenden Stammfassung folgendermaßen:
Der Eheschließungsvertrag wird nach der Registrierung der in Art. 46 dieses Gesetzes vorgesehenen zuständigen Personenstandsbehörde mitgeteilt. Wenn die Registrierung des Eheschließungsvertrages in dieser Weise nicht möglich ist, findet sie in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise statt.
Nach Art. 61 Abs. 2 afghanisches Zivilgesetzbuch ist demnach für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages seine Registrierung vorgeschrieben, und zwar zumindest "in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise". Ohne den Nachweis durch eine öffentliche Urkunde ist die Ehe nach staatlichem afghanischem Recht ungültig (vgl. Bergman/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Afghanistan, 1990, S. 16). Nur bei registrierten Ehen handelt es sich um nach staatlichem Recht gültige Ehen.
Im verfahrensgegenständlichen Fall mangelt es jedoch bereits an der im afghanischen Recht vorgeschriebenen staatlichen Registrierung der Ehe, womit der Auffassung der Vertretungsbehörde, dass das behauptete Familienverhältnis nicht besteht, im Ergebnis nicht entgegengetreten werden kann.
Die vorgelegte Heiratsurkunde eines afghanischen Gerichtes, ausgestellt am 22.06.2016, enthält nämlich lediglich die Aussagen dreier namentlich genannter Zeugen, in Anwesenheit zweier weiterer namentlich genannter Zeugen, dass die BF und die Bezugsperson am 08.02.2018 in der Provinz Farah (ohne Angabe einer näheren Örtlichkeit der Eheschließung) geheiratet hätten.
Eine traditionelle Eheschließung vor entsprechender staatlicher Registrierung vermag keine Rechtswirkungen zu entfalten. Die Rechtsfolgen der Eheschließung werden erst durch Eintragung im Zivilregister durchsetzbar, sodass nur der staatlichen Registrierung der Ehe Bedeutung beigemessen werden kann.
Die Verneinung der Familienangehörigeneigenschaft durch die Vertretungsbehörde ist daher bereits im Hinblick darauf, somit im Ergebnis zu Recht erfolgt.
In Anbetracht dessen, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Ehe, Einreisetitel, Familienleben, Gültigkeit, RegistrierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W165.2191664.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.01.2020