TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/12 W229 2203289-1

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Veröffentlicht am 12.11.2019
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Entscheidungsdatum

12.11.2019

Norm

AlVG §24
AlVG §25
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W229 2203289-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag.a Gabriele STRAßEGGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Günther KRAPF als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_innen GmbH, Alserstraße 21, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 02.11.2017, VN XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 10.01.2018, GZ: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Spruch des Bescheides zu lauten hat:

"Gemäß § 24 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in geltender Fassung, wird der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 01.04.2016 bis 06.04.2016 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 25 Abs.1 AlVG werden Sie zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 191,34,- verpflichtet."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Johnstraße (im Folgenden: AMS) vom 02.11.2017 wurde der Bezug von Arbeitslosengeld der nunmehrigen Beschwerdeführerin für den Zeitraum 01.02.2016 bis 10.03.2016 und 13.03.2016 bis 06.04.2016 widerrufen und die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von € 2040,96 verpflichtet.

2. In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin vor, zu keiner Zeit für den Arbeitgeber Vollzeit beschäftigt gewesen zu sein. Sie sei nur geringfügig beschäftigt gewesen und entsprechend bezahlt worden. Dies könne sie durch ihren Arbeitsvertrag und die Lohnzettel belegen.

3. Das AMS erließ gemäß § 14 VwGVG iVm. § 56 AlVG eine Beschwerdevorentscheidung, mit welcher die Beschwerde abgewiesen wurde. In der rechtlichen Würdigung führt das AMS nach Wiedergabe des Sachverhaltes aus, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit von 01.02.2016 bis 29.02.2016 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand und daher in diesem Zeitraum nicht als arbeitslos galt. Zudem sei der Tatbestand der Sonderbestimmung des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG im Zeitraum vom 01.03.2016 bis 30.04.2016 erfüllt, da die Beschwerdeführerin von 01.02.2016 bis 29.02.2016 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen, über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnten Dienstverhältnis beschäftigt gewesen sei und einen Tag nach dieser Beendigung nämlich am 01.03.2016 das geringfügige Dienstverhältnis beim gleichen Dienstgeber angetreten und bis einschließlich 30.04.2016 aufrecht erhalten habe. Die Beschwerdeführerin habe das Bestehen ihrer vollversicherten Tätigkeit bei der näher bezeichneten Dienstgeberin (bzw. das Leisten von Mehrarbeitsstunden, welche ihre geringfügige Tätigkeit in eine vollversicherte Tätigkeit umwandelte) nicht ordnungsgemäß gemeldet und somit maßgebliche Tatsachen verschwiegen. Die Wirkung der Verletzung der Meldepflicht erstrecke sich nach der höchstgerichtlichen Judikatur auch auf die daraus folgende Anwendung der Sonderbestimmung des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG und sei die Beschwerdeführerin daher zum Rückersatz verpflichtet.

4. Mit Schreiben vom 25.01.2018, beim AMS eingegangen am 26.01.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag an das AMS. Im hierzu eingebrachten ergänzenden Schriftsatz vom 02.02.2018 führt die Beschwerdeführerin wie folgt aus:

"(...) Ich war vom 19.8.2015 bis 30.04.2016 geringfügig bei der XXXX beschäftigt. Die von meinem Arbeitgeber angeordneten Mehrstunden wurden nicht ausbezahlt, sondern, wie vertragliche festgelegt, als Zeitausgleich konsumiert. Durch die frist- und terminwidrige Arbeitgeberkündigung wurde mir die Möglichkeit genommen das geringe Zeitausgleichguthaben zu verbrauchen.

Ich habe die Aufnahme der Beschäftigung ordnungsgemäß gemeldet. Ich wurde von meiner Beraterin nicht darüber informiert, dass ich jede einzelne Mehrstunde melden muss. Sie hat mich nur danach gefragt, ob im Unternehmen auch eine vollversicherte Beschäftigung möglich ist. Das ausbezahlte Entgelt hat während des Dienstverhältnisses die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten. Erst nachträglich kam es wegen der Abrechnung des ZA-Guthabens bzw. der Auszahlung des Insolvenz-Entgelts zu einer Vollversicherung.

Ich bestreite jedoch die Richtigkeit der Vollversicherung im Februar 2016.

Das Entgelt für das offene Zeitausgleichsguthaben wurde erst mit am 30.4.2016 Vom Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmerlnnen, dieser hat Rechtsanwältin XXXX mit meiner Vertretung im Insolvenzverfahren beauftragt, wurde ich darüber informiert, dass der Antrag auch entsprechend an die IEF-Service GmbH übermittelt wurde. Die Zuordnung der Mehrstunden zum Monat Februar erfolgte nur zum Nachweis der Sicherung gemäß IESG.

§ 3a Abs 1 IESG idF vor dem IRÄG 2017 hat bei der Sicherung von ZA-Guthaben auf das Entstehen Leistung der MStd) und nicht die Fälligkeit abgestellt. Die Zuordnung zum Monat der Leistung (zum Nachweis der Sicherung) gemäß IESG ändert jedoch nichts an der arbeitsrechtlichen Fälligkeit und bleibt damit der April 2016, der beim Antrag auf Insolvenz-Entgelt korrekt als Zeitpunkt der Fälligkeit angeführt wurde, der Beitragszeitraum gemäß ASVG.

Da die Vollversicherung korrekterweise erst im April 2016 vorliegen sollte, sind der Widerruf und die Rückforderung der Leistung gemäß §§ 24 Abs 2 und 25 Abs 1 AIVG im Zeitraum 1.2.2016 bis 10.3.2016 sowie 13.3.2016 bis 31.3.2016 nicht gerechtfertigt.

Selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht vom Vorliegen eines vollversicherten Dienstverhältnisses im Februar 2016 ausgehen sollte, liegt im Zeitraum 1.3.2016 bis 30.4.2016 lediglich ein geringfügiges Dienstverhältnis vor. Die Rechtsgrundlage für Widerruf und Rückforderung der Leistung in diesen beiden Monaten ist die Bestimmung des § 12 Abs 3 lit h AIVG: Demnach gilt nicht als arbeitslos, wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wenn zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung nicht ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

Gemäß § 25 Abs 1 AIVG ist der Empfänger einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bei Widerruf einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat: Ich habe die Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung ordnungsgemäß gemeldet. Da ich bei diesem Unternehmen lediglich geringfügig gearbeitet habe, habe ich keine falschen Angaben gemacht und auch keine maßgebenden Tatsachen verschwiegen. Es war für mich nicht zu erkennen, dass (wenn das rechtlich korrekt sein sollte) im Februar 2016 eine Vollversicherung eingetreten ist.

Noch weniger konnte ich erkennen, falls in den Folgemonaten aufgrund des § 12 Abs 3 lit h AIVG Arbeitslosigkeit nicht gegeben sein sollte: Denn bei der Beurteilung, ob eine arbeitslose Person allenfalls erkennen muss, dass bzw falls ihm die Leistung nicht gebührte, ist zu prüfen, ob der Übergenuss dem Leistungsbezieher nach seinen Lebens- und Rechtsverhältnissen vorwerfbar ist (VwGH 3.4.2001, 2000/08/0016). Die Bestimmung des § 12 Abs 3 lit h AIVG ist so speziell, dass es mir keinesfalls vorwerfbar ist, diese nicht gekannt zu haben. Zudem habe ich während des Dienstverhältnisses nur die monatliche Geringfügigkeitsgrenze ausbezahlt bekommen, sohin konnte ich nicht einmal erkennen, dass (bzw warum) ich nachträglich für Februar 2016 vollversichert angemeldet wurde.

Sollte sich das Bundesverwaltungsgericht meiner Ansicht anschließen und zu dem Ergebnis gelangen, dass die Vollversicherung im April 2016 und nicht im Februar 2016 vorliegt, so bringe ich vor, dass ich der belangten Behörde gegenüber keine unwahren Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen habe. Ich wurde von der belangten Behörde nicht darüber informiert, dass einzelne Mehrstunden gemeldet werden müssen. Außerdem habe ich nur eine geringe Anzahl von Mehrstunden geleistet. Da Zeitausgleich vereinbart wurde, kam es erst nachträglich zu einer Vollversicherung und ich konnte diesen Umstand der belangten Behörde gar nicht melden, weil ich erst von dieser davon in Kenntnis gesetzt wurde. (...)"

5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens samt Stellungnahme vorgelegt.

6. Mit Schreiben vom 13.09.2018 wurde die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin durch Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_innen GmbH, Alserstraße 21, 1080 Wien, bekannt gegeben.

7. Am 31.07.2019 langte ein Fristsetzungsantrag der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.08.2019, Fr 2019/08/0009-2, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 26.08.2019, wurde der Fristsetzungsantrag dem Bundesverwaltungsgericht gem. § 38 Abs. 4 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten die Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie des selben, sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) an die antragstellende Partei, dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen, oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

9. Am 10.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin mit ihrer Rechtsvertretung sowie eine Vertreterin des AMS teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin bezog zuletzt seit 01.08.2015 Arbeitslosengeld und stellt mit Geltendmachung ab dem 07.04.2016 einen Antrag auf Notstandshilfe.

Die Beschwerdeführerin meldete dem AMS am 19.08.2015 die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung bei der XXXX ab 19.8.2015 (im Ausmaß von 10 Wochenstunden).

Am 28.04.2016 meldete die Beschwerdeführerin dem AMS via eAMS die Beendigung des Dienstverhältnisses zur oben genannten Dienstgeberin mit 30.04.2016. Die Beschwerdeführerin meldete dem AMS weder, dass sie im Zuge dieses Dienstverhältnisses Mehrarbeit erbracht hat, noch, dass Forderungen betreffend Mehrleistungen gegenüber der Dienstgeberin offen sind noch, dass sie Forderungen gegenüber der IEF Service GmbH angemeldet hat.

Aufgrund einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes vom 09.05.2016 wurde zunächst für den Monat April 2016 eine vollversicherungspflichtige Beschäftigung ersichtlich.

Das monatliche Grundgehalt für die (an sich geringfügige) Beschäftigung betrug in den Jahren 2015 € 400,00 und im Jahr 2016 €

415,00 brutto monatlich.

Die Beschwerdeführerin erbrachte während der Beschäftigung zur oben genannten Dienstgeberin regelmäßig Mehrleistungen. Diese Mehrleistungen sollten nach dem Arbeitsvertrag in Form von Zeitausgleich im Verhältnis 1:1,5 abgegolten werden. Die Beschwerdeführerin konsumierte während des Dienstverhältnisses regelmäßig Zeitausgleich.

Bei Beendigung des Dienstverhältnisses war ein Zeitausgleichsguthaben von 14,5 Stunden offen.

Das Dienstverhältnis wurde durch den Arbeitgeber fristwidrig wegen Insolvenz gekündigt.

Am 13.06.2016 wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien zu XXXX über das Vermögen der XXXX der Konkurs eröffnet, dieser Konkurs wurde am 21.04.2017 nach Schlussverteilung aufgehoben, der bezughabende Beschluss ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit rechtskräftigem Teilbescheid der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH vom 07.09.2016 wurde der Beschwerdeführerin antragsgemäß (unter anderem) für die Zeit von 01.02.2016 die Entlohnung für ein Zeitausgleichsguthaben von 1,5 Stunden im Ausmaß von € 21,56 brutto bzw. € 16,00 netto ausbezahlt.

Aufgrund einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes vom 22.12.2016 ist ersichtlich, dass die Qualifikation für das Dienstverhältnis zur oben genannten Dienstgeberin im Februar 2016 in ein vollversicherungspflichtiges Dienstverhältnis geändert wurde.

Die ursprünglich (aufgrund der im April 2016 erstellten Endabrechnung) eingetragene Vollversicherungspflicht nur für die Zeit von 01.04.2016 bis 30.04.2016 wurde auf Betreiben der Steuerberatung des Dienstgebers geändert und stattdessen wegen einer zeitbezogenen Zuordnung der Mehrleistungsstunden zum Monat Februar 2016 eine Vollversicherungspflicht für die Zeit von 01.02.2016 bis 29.02.2016 eingetragen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts. Dass die Beschwerdeführerin weder die erbrachten Mehrleistungen noch die ausständigen Forderungen meldete, ergibt sich bereits aus ihren Angaben in der Niederschrift vom 12.12.2017 und wurde dies von ihr in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt.

Die Feststellung, dass zunächst eine vollversicherungspflichtige Beschäftigung im April 2016 eingetragen war, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes vom 09.05.2016.

Die Feststellungen hinsichtlich des monatlichen Grundhalts ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren.

Dass die Beschwerdeführerin regelmäßig Mehrleistungen erbrachte, ist in den im Akt einliegenden Stundenaufzeichnungen ersichtlich und wurde von ihr auch in der Niederschrift vom 12.12.2017 sowie in der mündlichen Verhandlung entsprechend angegeben. Die festgestellte Abgeltung von Mehrleistungen durch Zeitausgleich ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Arbeitsvertrag. Der Umstand, dass von der Beschwerdeführerin regelmäßig Zeitausgleich konsumiert wurde, zeigt sich in den Stundenaufzeichnungen und findet seine Bestätigung in den Angaben der Beschwerdeführerin in der Niederschrift vom 12.12.2017 sowie in der mündlichen Verhandlung.

Das festgestellte offene Zeitausgleichsguthaben ergibt sich aus der Beschreibung der Höhe der angemeldeten Forderung bei der Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH.

Die fristwidrige Kündigung ergibt sich aus den gleichbleibenden Angaben der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren und ist das AMS dem auch nicht entgegengetreten.

Die Feststellung betreffend den Konkurs der Dienstgeberin ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus der Ediktsdatei.

Die Feststellung betreffend die Auszahlung durch den IEF-Fonds ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Teilbescheid.

Die Feststellung betreffend eine erneute Überlagerungsmeldung aus der eine geänderte Qualifikation des Dienstverhältnisses im Monat Februar ersichtlich ist, ergibt sich aus der Meldung vom 22.12.2016.

Die Feststellung, dass die Änderung auf Betreiben des Steuerberaters erfolgt ist, ergibt sich aus den Angaben der Vertreterin in der mündlichen Verhandlung, wonach ihr dies von der Wiener Gebietskrankenkasse auf Rückfrage entsprechend mitgeteilt worden sei, in Zusammenschau mit dem diesbezüglich in der Verhandlung vorgelegten Schreiben (vgl. VH BVwG S 9).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

3.2. Der Behörde steht es gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Abweichend von der Bestimmung des § 14 Abs. 1 VwGVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle gemäß § 56 Abs. 2 zweiter Satz AlVG zehn Wochen. Die vorliegende Beschwerdevorentscheidung wurde innerhalt dieser Frist von 10 Wochen erlassen.

Gegenstand des Verfahrens des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid des AMS. Dieser ist Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

3.3. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) BGBl. Nr. 609/1977 idgF lauten:

Arbeitslosigkeit

§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt. [...]

(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:

a) wer in einem Dienstverhältnis steht; [...]

(6) Als arbeitslos gilt jedoch,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben; [...]

Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes

§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.

(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. Wird die Berichtigung vom Leistungsempfänger beantragt, ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise.

§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.

(2) - (5) [...]

(6) Eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich der Aberkennung des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß Abs. 2 besteht nur, wenn eine solche innerhalb von drei Jahren nach dem jeweiligen Leistungszeitraum verfügt wird. Eine Verfügung zur Nachzahlung ist nur für Zeiträume zulässig, die nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Wird eine Nachzahlung beantragt, so ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die nicht länger als drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Antragstellung liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise. [...]

Anzeigen

§ 50. (1) Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung. Bei Bezug von Weiterbildungsgeld oder Bildungsteilzeitgeld trifft die Anzeigepflicht auch den Arbeitgeber.

[...]

3.4. Die Beschwerdeführerin begehrt vorliegend, dass die Zuordnung des Zeitausgleichsguthabens zum Monat der Leistung gem. § 3a Abs. 1 IESG nichts an der arbeitsrechtlichen Fälligkeit geändert habe und der April, der beim Antrag auf Insolvenz-Entgelt korrekt als Zeitpunkt der Fälligkeit angeführt worden sei, der Beitragszeitraum gem. ASVG bleibe. Der Widerruf und die Rückforderung der Leistung im Zeitraum 01.02.2016 bis 10.03.2016 und 13.03.2016 bis 31.03.2016 seien nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus habe sie keine unwahren Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen und konnte bzw. habe nicht erkennen können, dass ihr die Leistung im Zeitraum 01.04.2016 bis 06.04.2016 nicht zustehe. Der Beschwerde wird aus folgenden Gründen teilweise Folge gegeben.

3.4.1. Zum Widerruf des Arbeitslosengeldes:

3.4.1.1. Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob ein vollversicherungspflichtiges Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Tätigkeit für die XXXX bereits im Februar 2016 oder erst im April 2016 vorgelegen ist.

Insoweit sich das AMS bei der Beurteilung dieser Frage auf die Überlagerungsmeldung vom 12.12.2016 und auf den Versicherungsdatenauszug sowie auf die diesbezügliche Auskunft der WGKK bezieht, wonach die Ummeldung aufgrund der Meldung des Steuerberaters des Dienstgebers erfolgte, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Behörden des Arbeitsmarktservice zwar an rechtskräftige Bescheide gebunden wären, die das Vorliegen von versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeiten für die fraglichen Zeiträume bejahen. Eine sonstige Bindung, insbesondere an die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger geführten Versicherten-Daten kann dem Gesetz, insbesondere auch § 45 AlVG, ebenso wenig entnommen werden, wie ein Verbot der Beurteilung des Vorliegens der Versicherungspflicht eines Beschäftigungsverhältnisses als Vorfrage (vgl. VwGH 11.12.2013, 2013/08/0167, VwGH 24.07.2013, 2011/08/0221, VwGH 05.05.2014, Ro 2014/08/0028, 29.01 2014, 2011/08/0321, und 14.01.2013, 2010/08/0094, jeweils mwN).

Im vorliegenden Fall hätte das AMS das Vorliegen einer Beschäftigung iSd § 12 Abs. 3 lit. a AlVG auf der Grundlage geeigneter Tatsachenfeststellungen über alle relevanten Umstände der in Frage kommenden Erwerbstätigkeit nach den Kriterien des § 4 Abs. 2 ASVG selbst beurteilen müssen (vgl. VwGH 22.07.2014, 2012/08/0136).

3.4.1.2. Zur Frage des Beitragszeitraumes:

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind (u.a.) Dienstnehmer, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt, von der Vollversicherung nach § 4 ASVG ausgenommen.

Nach § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 415,72 € (Wert für das Kalenderjahr 2016) gebührt.

Gem. § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.

Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verfahren VwGH 17.03.2004, 2000/08/0220 hinsichtlich der Abgeltung von Überstunden durch Zeitausgleich festgehalten:

Die Vergütung von Überstunden zählt zum laufenden Entgelt, wofür allgemeine Beiträge anfallen (vgl. § 44 iVm § 49 Abs. 1 ASVG). Das beitragspflichtige Entgelt ist grundsätzlich jenem Beitragszeitraum zuzuordnen, in welchem der Arbeitnehmer die Überstunde, für die er die Vergütung erhält, geleistet hat (vgl. VwGH 17.03.2004, 2000/08/0220 mHa VwGH 22.10.1987, Zl. 83/08/0245).

Bei einer Vereinbarung über die Abgeltung der Überstunden durch Zeitausgleich, deren Auswirkungen sich darin erschöpfen, dass die durch Akkumulierung der Beitragsgrundlagen für geleistete Überstunden bewirkte Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage für eine weitgehende Beitragsfreiheit genützt werden kann und die danach verbleibende Beitragslast auf einen späteren Beitragszeitraum verschoben wird, spricht die Vermutung dafür, dass sie nur zu Zwecken der Beitragsvermeidung, also missbräuchlich abgeschlossen wurde; einer solchen Vereinbarung versagt § 539a Abs. 2 ASVG die rechtliche Relevanz (vgl. VwGH 17.03.2004, 2000/08/0220).

Zu Zeitguthaben aus einer Gleitzeitvereinbarung hat der Verwaltungsgerichtshof betont, dass eine nach § 49 Abs. 1 ASVG zu beurteilende Ablöse für ein im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung entstandenes Zeitguthaben als rechnerisches Ergebnis von Gutstunden und Fehlstunden keinem bestimmten Beitragszeitraum zugeordnet werden ("Arbeitszeitkontokorrent") kann. Beitragsrechtlich ist eine solche Abgeltung daher jenem Beitragszeitraum zuzuordnen, in welchem die Abgeltung ausbezahlt wird (mwA) (vgl. VwGH 21.04.2004, 2001/08/0048).

Im Unterschied zu dem dem Verfahren VwGH 17.03.2004, 2001/08/0220 zugrundeliegenden Sachverhalt, wurde im vorliegenden Fall von der Beschwerdeführerin regelmäßig Zeitausgleich konsumiert. Dass am Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitausgleichsguthaben offen war, ist - wie die Beschwerdeführerin ausführt - auf die fristwidrig erfolgte Kündigung zurückzuführen, welche den Verbrauch des Zeitausgleichsguthabens letztlich verunmöglichte. Vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin - wie in der mündlichen Verhandlung angeführt - stets darauf Bedacht genommen hat, dass sie den ihr zustehenden Zeitausgleich konsumiert, kann - auch wenn sie angibt, dass der Konsum aufgrund der Arbeitslast nicht immer einfach war - nicht davon ausgegangen werden, dass die vorliegende Regelung betreffend die Abgeltung von Mehrarbeit durch Zeitausgleich allein zur Reduktion der Beitragslast und damit missbräuchlich iSd § 539 Abs. 2 ASVG getroffen wurde.

Im vorliegenden Fall wurde eine Vereinbarung über die Abgeltung der Mehrarbeit durch Zeitausgleich getroffen. Ist die Inanspruchnahme von Zeitausgleich wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich, sieht § 19e Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (AZG) in der Fassung BGBl. I Nr. 46/1997 unter anderem folgendes vor:

"Besteht im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Guthaben des Arbeitnehmers an Normalarbeitszeit oder Überstunden, für die Zeitausgleich gebührt, ist das Guthaben abzugelten, soweit der Kollektivvertrag nicht die Verlängerung der Kündigungsfrist im Ausmaß des zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Zeitguthabens vorsieht und der Zeitausgleich in diesem Zeitraum verbraucht wird."

Damit wird die Fälligkeit von Zeitguthaben mit dem Austrittsmonat normiert, sofern es nicht zu einer Verlängerung der Kündigungsfrist kommt.

Gem. § 44 Abs. 7 ASVG gilt im Falle einer abweichenden Vereinbarung der Arbeitszeit das Entgelt für jene Zeiträume als erworben, die der Versicherte eingearbeitet hat.

Ein Aufrollen des Zeitausgleichsguthabens kommt aufgrund der dargestellten Umstände des vorliegenden Falles somit nicht in Betracht und ist die Auszahlung des Zeitausgleichsguthabens - wie von der Wiener Gebietskrankenkasse zunächst angenommen (vgl. Überlagerungsmeldung vom 09.05.2016) - aufgrund der Fälligkeit gem. § 19e AZG beitragsrechtlich dem Monat April zuzuschlagen. Aufgrund der damit bewirkten Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze lediglich im Zeitraum 01.04.2016 bis 30.04.2016 ist das Dienstverhältnis in diesem Zeitraum als vollversichertes Beschäftigungsverhältnis zu werten.

3.4.1.3. Vor diesem Hintergrund erweist sich der im Bescheid ausgesprochene Widerruf für den Zeitraum 01.02.2016 bis 10.3.2016 sowie 13.03.2016 bis 31.03.2016 als nicht rechtmäßig, während der Widerruf für den Zeitraum 01.04.2016 bis 06.04.2016 gem. § 24 Abs. 2 AlVG zu Recht erfolgte, weil sich aufgrund des Bestehens eines Dienstverhältnisses gem. § 4 Abs. 2 ASVG in diesem Zeitraum die Zuerkennung gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 AlVG nachträglich als nicht begründet herausstellte.

3.4.2. Zur Rückforderung des Arbeitslosengeldes:

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Der erste Rückforderungstatbestand umfasst eine Rückforderung aufgrund Erschleichung einer Leistung durch unwahre Angaben. Hierbei wird vom Leistungsempfänger zumindest ein mittelbarer Vorsatz (dolus eventualis) benötigt. Von einer Erschleichung durch unwahre Angaben kann im konkreten Fall jedoch nicht ausgegangen werden.

Der zweite Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG betrifft das Verschweigen maßgebender Tatbestände. Dieser Tatbestand wird in der Regel durch die Verletzung der Meldepflicht nach § 50 AlVG erfüllt. Gemäß § 50 Abs. 1 AlVG ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 AlVG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

Der Zweck des § 50 Abs 1 AlVG ist es, die Behörde in die Lage zu versetzen, jede Änderung in den Verhältnissen des Arbeitslosen, die zu einer Änderung des Leistungsanspruches führen könnte, daraufhin zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist. Daher hat die Arbeitslose eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch dann dem Arbeitsamt zu melden, wenn sie ihrer Auffassung nach den Anspruch auf eine Leistung der Arbeitslosenversicherung nicht zu beeinflussen vermag (vgl. VwGH 23.05.2012, 2010/08/0119 mHa 08.05.1987, 86/08/0069, 12.02.1988, 87/08/0090, 13.10.1988, 88/08/0226).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin zwar die Beendigung des Dienstverhältnisses, nicht jedoch die während des Dienstverhältnisses regelmäßig geleistete Mehrarbeit und das damit im Zusammenhang stehende offene Zeitausgleichsguthaben bzw. darauf gegründete Forderungen gegenüber dem Dienstgeber bzw. die Forderungsanmeldung bei der IEF Service GmbH gemeldet. Dies obwohl die Beschwerdeführerin - wie sie in der mündlichen Verhandlung angegeben hat - unverzüglich gegenüber dem Dienstgeber die offenen Forderungen angesprochen und rasch Rücksprache bei der Arbeiterkammer gehalten hat, um etwaige Forderungen fristgerecht geltend zu machen. Da ihr auch vor dem Hintergrund der allgemeinen Lebenserfahrung sowie ihres Ausbildungsstandes bewusst gewesen sein muss, dass damit grundsätzlich eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Situation eintritt, hat sie eine Meldepflichtverletzung zumindest in Kauf genommen (vgl. VwGH vom 19.12.2007, Zl. 2004/08/0129 mwN). Wenn die Beschwerdeführerin anführt, sie habe nicht erkennen können, dass sie über die Geringfügigkeitsgrenze komme, so ist darauf hinzuweisen, dass es darauf nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ankommt (vgl. zuletzt zur Nichtmeldung von Mehrarbeit VwGH 23.12.2014, Ra 2014/08/0061 mHa 23.05.2012, Zl. 2010/08/0119, mwN).

Die Rückforderung erfolgte damit dem Grunde nach zu Recht.

Da im vorliegenden Fall der Widerruf des Arbeitslosengeldes lediglich für den April und somit für den Zeitraum 01.04.2016 bis 06.04.2016 rechtmäßig war, ist lediglich der in diesem Zeitraum unberechtigt empfangene Betrag von € 191,34 (= 31,89 € täglich x 6 Tage) rückzufordern.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Das Bundesverwaltungsgericht orientiert sich an den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.03.2004, 2000/08/0220 sowie vom 21.04.2004, 2001/08/48, jedoch fehlt eine Rechtsprechung zur Frage der beitragsrechtlichen Zuordnung von offenen Zeitausgleichsguthaben bei Beendigung eines Dienstverhältnisses, denen eine gültige Zeitausgleichvereinbarung zugrunde liegt, auf deren Basis erkennbar Zeitausgleich konsumiert wurde.

Schlagworte

Arbeitslosengeld, Geringfügigkeitsgrenze, Meldepflicht, Revision
zulässig, Rückforderung, Teilstattgebung, Widerruf, Zeitausgleich,
Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W229.2203289.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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