TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/16 98/09/0185

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Veröffentlicht am 16.09.1998
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des RK in D, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 20. April 1998, Zl. KUVS-K1-1429/8/97, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. April 1998 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe am 28. August 1996 in seinem Gasthof in Diex die kroatische Staatsangehörige M. als Küchenhilfe (beim Salatwaschen in der Küche angetroffen) beschäftigt, obwohl ihm für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt, noch eine Anzeigenbestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei.

Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 20.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitstrafe von vier Tagen, verhängt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat führte eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde der bisherige Verlauf der Sache vorgetragen. Gestützt auf das durchgeführte Beweisverfahren stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt als erwiesen fest:

"Am 28.8.1996 führten die Organe der Arbeitsinspektion und der Fremdenpolizei K. und Kre. eine Kontrolle im Gasthaus des Beschuldigten, in Diex, , durch. Der Beschuldigte war zu diesem Zeitpunkt in Italien. Die Mutter des Beschuldigten, die ihn vertrat, weilte jedoch ebenfalls zum Tatzeitpunkt nicht im Gastbetrieb, sondern war zu Besuch bei ihrem Sohn in Wien. Am 28.8.1996 waren drei Gäste anwesend, wobei zwei im Appartementhaus sich selbst versorgten und die dritte Person Halbpension mit Abendessen im Gasthaus hatte. Die Nichte J. betreute diesen Gast. Beim Eintreffen der Beamten war in der Küche außer J. noch die Ausländerin M. anwesend, die im Spülbecken Salat gewaschen hat. Es hat sich dabei um größere Mengen von Salat gehandelt. Die Ausländerin trug dabei einen weißen Arbeitsmantel. Außerdem war in der Küche noch ein Service-Mann anwesend, der etwas reparierte. Die Ausländerin wurde von den Beamten aufgefordert, ihren Reisepaß vorzuweisen, worauf sie durch eine Seitentür verschwand. Da sie längere Zeit nicht mehr zurückkehrte, ging der Zeuge Kre. ihr nach. Da er sie nicht fand, begab sich der Arbeitsinspektor K. auf Nachsuche. Im Keller konnte die Ausländerin hinter der Türe in einem Lagerraum angetroffen werden. In der Folge wurde sie zur Bezirkshauptmannschaft gebracht und in Anwesenheit eines Dolmetschers, ein Protokoll aufgenommen. Die Ausländerin gab an, daß sie seit 26.8.1996 für Unterkunft und Verpflegung tätig ist. Über die Ausländerin wurde ein Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt."

Die Zeugin K. und Kre. hätten glaubhaft und nachvollziehbar im Rahmen ihrer Amtshandlung festgestellt, daß die Ausländerin in der Küche des Betriebes des Beschwerdeführers mit Salatwaschen beschäftigt gewesen sei. Zudem habe die Ausländerin versucht, sich der Amtshandlung zu entziehen. Dem entgegen stünden die Angaben der Zeugin J., die nicht bestreite, daß die Ausländerin am Tattag und an zwei Tagen zuvor im Gastbetrieb gewesen sei. Die Zeugin J. habe angeführt, daß sie mangels Sprachkenntnissen sich mit der Ausländerin "mehr oder weniger" mit den Händen unterhalten habe. Sie habe der Ausländerin Essen gegeben, weil diese darum gebeten hätte. Die Ausländerin habe, nachdem sie bereits gegessen gehabt habe, noch in der Küche Salat gewaschen. Warum, wisse sie nicht. Diese Angaben schienen der belangten Behörde nicht glaubwürdig, zumal es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, daß sich in einem Gastbetrieb, auch wenn er wenig frequentiert sei, fremde Personen in die Küche begeben und von sich aus Tätigkeiten wie Salatwaschen entfalten. Eine Übertragung der Verantwortlichkeit des in Italien weilenden Beschwerdeführers an seine Mutter, welche zur Tatzeit ebenfalls nicht anwesend gewesen sei, sei rechtsgültig nicht erfolgt, zumal eine förmliche Meldung bzw. Übertragung nicht bestehe. Der objektive Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei durch die Beschäftigung der Ausländerin im Gastbetrieb erfüllt. Eine interne Delegierung von Verantwortungsbereichen entlaste den Arbeitgeber nur dann, wenn er glaubhaft dartue, daß er Maßnahmen ergriffen habe, um die Einhaltung der von ihm erteilten Anordnungen zu gewährleisten. Gegenständlich sei intern die Verantwortlichkeit an die nicht anwesende Mutter delegiert worden. Diese Maßnahme reichte keinesfalls um sicherzustellen, daß den normierten Pflichten des AuslBG nachgekommen werde. Der Beschwerdeführer habe nicht darzutun vermocht, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, daß das Verschulden des Beschwerdeführers nicht geringfügig sei, da er hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG keine Kontrolltätigkeit ausgeübt habe. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit werde als Milderungsgrund in die Strafbemessung einbezogen. Bei einem gesetzlichen Strafrahmen von S 10.000,-- bis S 60.000,-- sei unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und unter Bedachtnahme auf den objektiven und subjektiven Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung die über den Beschuldigten verhängte Strafe von S 20.000,-- nicht unangemessen hoch.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Indem der Beschwerdeführer seine bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Version wiederholt, übersieht er, daß gerade diese Version von der belangten Behörde als unglaubwürdig verworfen wurde.

Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Beweiswürdigung ein Denkprozeß ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 549 ff abgedruckte hg. Judikatur). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen.

Der Beschwerdeführer rügt, daß entgegen der Feststellung der belangten Behörde kein Zeuge "einen weißen Arbeitsmantel" erwähnt habe und die Menge Salat, welche die Ausländerin gewaschen habe, nicht erfragt worden wäre. Diesbezüglich genügt es, den Beschwerdeführer auf das Protokoll der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 7. Jänner 1998, Seite 4 ("hat sie einen weißen Arbeitsmantel angehabt"; "... den weißen Mantel ausgezogen"; "... ein weißes Kleidungsstück trug"; Zeugenaussage K.) sowie auf Seite 9 des genannten Protokolls ("die Ausländerin hat eine größere Menge Salat gewaschen"; Zeuge Kre.) hinzuweisen. Die behaupteten Feststellungsmängel liegen demnach nicht vor.

Der Beschwerdeführer rügt auch, daß die Ausländerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht einvernommen worden sei. Der Beschwerdeführer übersieht, daß die Ausländerin nach ihrer Betretung am 28. August 1996 ins Ausland ausgereist ist, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zwei Jahren erlassen wurde und keine ladungsfähige Adresse bekannt ist. Demgemäß durfte die belangte Behörde gemäß § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG die infolge der Betretung am 28. August 1996 mit der Ausländerin aufgenommene Niederschrift sowohl in der öffentlichen mündlichen Verhandlung verlesen als auch dem angefochtenen Bescheid zugrundelegen. Damit liegt auch dieser behauptete Verfahrensmangel nicht vor.

Der Beschwerdeführer rügt des weiteren, im angefochtenen Bescheid werde nicht in hinreichender Weise ausgeführt, ob zwischen dem Beschwerdeführer und der Ausländerin M. tatsächlich ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis vorgelegen sei. Außer ihm sei niemand zur Aufnahme von Arbeitskräften zuständig gewesen, sodaß auch aus diesem Grund während seiner Abwesenheit durch seine Nichte J. keine Beschäftigung der Ausländerin habe erfolgen können.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist zu erwidern, daß die belangte Behörde auf Grund des zur Ausgestaltung der Tätigkeit der Ausländerin im Betrieb des Beschwerdeführers nicht unschlüssig festgestellten Sachverhaltes und der darin enthaltenen typischen Merkmale wirtschaftlicher Unselbständigkeit das Tatbestandselement einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung nach dem AuslBG als erwiesen annehmen konnte. Der Begriff der Beschäftigung ist - soweit dies für den Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, daß die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit. a) oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit. b), sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, daß die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit (§ 2 Abs. 4 erster Satz AuslBG) zu beurteilen. Liegt eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0338 und vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0321 mwN.). Die belangte Behörde hat aus dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt, insbesondere den Umständen, daß die Ausländerin im Betrieb des Beschwerdeführers arbeitend angetroffen wurde und angegeben habe, daß sie für Unterkunft und Verpflegung (dies ist als Naturalentgelt zu werten) tätig sei, auf das Vorliegen einer Beschäftigung der Ausländerin im Betrieb des Beschwerdeführers geschlossen. Diese von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltselemente reichen jedoch im gegenständlichen Fall hin, die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde zu tragen und ein - wenn auch kurzfristiges - Beschäftigungsverhältnis im Sinne des AuslBG darzutun.

Ebensowenig kommt es darauf an, ob eine in der Abwesenheit des Beschwerdeführers den Betrieb - offenkundig mit seinem Einverständnis - weiterführende Person im Innenverhältnis zur Arbeitskräfteaufnahme befugt ist. Letzteres ist keine Frage der Erfüllung des objektiven Tatbildes, sondern unterliegt der Beurteilung, ob den Beschwerdeführer an der Begehung der Tat ein Verschulden trifft.

Die belangte Behörde ist auch damit im Recht, daß die Beschäftigung dem Beschwerdeführer schuldhaft zuzurechnen ist, denn der Beschwerdeführer beauftragte intern für die Zeit seiner Abwesenheit seine Mutter mit der Weiterführung des Betriebes, die ihrerseits zwei bis drei Tage abwesend war und sohin der Betrieb durch die in den Ferien anwesende Nichte J. - nach ihren Angaben aushilfsweise - aufrechterhalten wurde. Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, daß seine Nichte nicht zur Weiterführung berechtigt gewesen wäre. Er hat keine Maßnahmen behauptet, um eventuell von ihm erteilte Anordnungen im Hinblick auf die Einhaltung des AuslBG zu gewährleisten. Da der Beschwerdeführer sohin kein Kontrollsystem dargelegt hat, ist mit der belangten Behörde davon auszugehen, daß ihm nicht gelungen ist darzulegen, daß ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.

Der Beschwerdeführer rügt zuletzt die Strafbemessung der belangten Behörde und weist auf seine - unterdurchschnittlichen - Einkommens- und Vermögensverhältnisse hin. Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers sei nicht entsprechend berücksichtigt worden.

Die belangte Behörde hat die Strafe ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens angesetzt. Sie hat sowohl auf die allseitigen Verhältnisse des Beschwerdeführers als auch auf dessen verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit Bedacht genommen. Die gegen die Strafhöhe gerichteten Beschwerdeausführungen sind daher nicht geeignet, die nachvollziehbar begründeten Erwägungen der belangten Behörde zur Strafbemessung im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Ermessensprüfung als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998090185.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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