TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/28 W191 2222593-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §33 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W191 2222593-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Vietnam, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2019, Zahl 1240742503-190789935, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 57 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein vietnamesischer Staatsangehöriger, reiste am 01.08.2019 mit der Fluglinie Air-China aus Peking kommend am Flughafen Wien-Schwechat an. Im Zuge der Überprüfung seines taiwanesischen Reisepasses durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes stellte sich heraus, dass es sich um eine Totalfälschung der Datenseite handelte.

Im Zuge dieser Amtshandlung, bei der sich herausstellte, dass der BF für die Flugbuchung seine Identitätsdaten aus seinem vietnamesischen Reisepass verwendet hatte, stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) mit der Begründung: "Ich kann nicht mehr nach Vietnam. Ich habe Angst. Zu Hause sind Proteste und Leute werden getötet." Die einstweilige Unterbringung im Sondertransit wurde angeordnet.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keine Übereinstimmung bezüglich der erkennungsdienstlichen Daten des BF.

1.2. In seiner Erstbefragung am 03.08.2019 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommando Schwechat Flughafen gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Vietnamesisch im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei am XXXX geboren, stamme aus XXXX , Vietnam, sei Angehöriger der Volksgruppe der Kinh und der Glaubensgemeinschaft der Christen und verheiratet. Zu Hause lebten noch seine Eltern. Er habe zehn Jahre die Mittelschule besucht und zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet.

Er sei von Vietnam ausgereist und habe sich einen Tag in Singapur und drei Tage in Peking aufgehalten. Eine Agentur habe seine Reise organisiert und ihm gegen seinen vietnamesischen Reisepass den nun vorgelegten Reisepass gegeben. Die Reise habe 2.000 US-Dollar gekostet.

Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, er habe an Demonstrationen teilgenommen, weil er gegen die vietnamesische Regierung sei. Die Regierung habe an China für 100 Jahre Land für die Stahlindustrie verpachtet, diese verursache Umweltverschmutzungen. In seinem Land gebe es Bestechungen. Er habe Angst, festgenommen und gefoltert zu werden. Angeblich bekämen Gefangene im Gefängnis nicht zu essen und kämen ums Leben. Er habe Angst, dass er verhaftet werde. Vielleicht werde er misshandelt. Es gebe sehr viele Fälle, wo Gefangene ohne Gründe sterben würden.

1.3. Bei seiner Einvernahme im Zulassungsverfahren am 06.08.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) in der Erstaufnahmestelle Flughafen, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Vietnamesisch und einer Rechtsberaterin, bestätigte der BF nach erfolgter Rechtsberatung die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben und wurde ausführlich zu seinen Lebensumständen und seinem Fluchtvorbringen befragt.

Der BF gab dabei an, nicht verheiratet gewesen zu sein, sondern eine Lebensgefährtin gehabt zu haben. Diese Verbindung sei nicht mehr aufrecht.

Mit seinen Angaben zu seinen Fluchtgründen hat sich die belangte Behörde in weiterer Folge ausführlich in ihrer Beweiswürdigung im gegenständlich angefochtenen Bescheid auseinandergesetzt (auszugsweise wiedergegeben unter Punkt 1.5.).

Im Verfahren vor dem BFA wurden seitens des BF keine Beweismittel oder Belege für sein Vorbringen in Vorlage gebracht oder weitere Beweisanträge gestellt.

1.4. Das Büro des Hohen Flüchtlingskommissärs der Vereinten Nationen in Österreich (UNHCR) teilte mit Schreiben vom 09.08.2019 mit, dass die Zustimmung zur Abweisung des Antrages gemäß § 33 Abs. 2 AsylG erteilt werde, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.

1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 09.08.2019 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 01.08.2019 gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Vietnam nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm auch keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Der BF habe keine gültigen Identitätsdokumente vorgelegt, seine Identität stehe nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Er sei geistig und körperlich gesund.

Die von ihm behaupteten Fluchtgründe seien nicht glaubhaft. Auch sonst hätte nicht festgestellt werden können, dass er in Vietnam Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen wäre oder solche in Zukunft zu befürchten hätte.

Im Falle seiner Rückkehr könne nicht festgestellt werden, dass er in Vietnam einer realen Gefahr der Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK bzw. der maßgeblichen Zusatzprotokolle oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt wäre.

In Österreich habe er keine Familienangehörigen oder Verwandten. Er habe keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und spreche nicht Deutsch. Seine Familie lebe in Vietnam.

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Vietnam wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.

Zu seinem Fluchtvorbringen führte das BFA beweiswürdigend aus (Auszug aus der Bescheidbegründung, Schreibfehler teilweise korrigiert):

"[...] Sie brachten als Fluchtgrund bei Ihrer Erstbefragung vor, dass Sie an Demonstrationen teilgenommen hätte, da Sie gegen die vietnamesische Regierung seien. Diese habe Land an China für die Stahlindustrie verpachtet. Diese verursache Umweltverschmutzungen in Ihrem Land. Ferner gäbe es Bestechung in Vietnam. Sie hätten Angst, festgenommen und gefoltert zu werden. Es gäbe Informationen, dass Gefangene ums Leben kämen und nichts zu essen bekämen.

Bei Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt gaben Sie, aufgefordert, Ihre Fluchtgründe ausführlich und unter Angaben von Details auszuführen, erneut an, an Demos teilgenommen zu haben, und Angst hätten, verhaftet zu werden. Sie hätten Informationen, dass im Gefängnis Misshandlungen stattfänden und Leute ohne Grund sterben würden. Dadurch dass Sie an den Demos teilgenommen hätten, befürchteten Sie nun Verhaftung und dass Sie sterben würden, wie die anderen.

Sie wurden aufgefordert, über die Demonstrationen genauer zu berichten, wie diese abgelaufen seien, wie Sie dazu gekommen seien, daran teilzunehmen, etc.

Daraufhin wiederholten Sie, dass Sie gegen die Regelungen der Regierung seien und deshalb an den Demos teilgenommen hätten. Sie wiederholten auch, dass Sie Angst hätten, festgenommen und misshandelt zu werden.

Sie wurden in der Folge noch zahlreiche Male aufgefordert, konkrete Angaben über diese Demonstrationen zu machen, etwa, wo diese stattgefunden hätten, worum es dabei genau gegangen wäre, wie viele Leute daran teilgenommen hätten, etc.

Sie erklärten zwar, äußerst umständlich und in Etappen, worum es bei den Demonstrationen gegangen sei, nämlich darum, dass Vietnam Land an China für die Stahlerzeugung verpachtet habe, und dass es dadurch zu Umweltverschmutzung käme. Auch ginge es um zwei Inseln, die China okkupiert habe, und Sie damit nicht einverstanden seien. Auch solle ein militärischer Stützpunkt auf einer Insel errichtet werden.

Sie wurden erneut aufgefordert, konkretere Angaben zu machen, schließlich gaben Sie an, drei oder vier Mal, endgültig vier Mal, an solchen Demos teilgenommen zu haben. Sie schilderten eine Demo, die vor zehn Jahren stattgefunden habe und einen Monat lang gedauert hätte. Sie hätten fünf Tage daran teilgenommen.

Damals hätte die Polizei Sie befragt, ob Sie an der Demo teilgenommen hätten, und Sie danach wieder freigelassen. Andere seien aber verhaftet und misshandelt worden. Deshalb hätten Sie Angst gehabt und hätten Vietnam verlassen.

Dazu muss ausgeführt werden, dass Sie keinesfalls Vietnam verlassen haben, sondern in den nachfolgenden zehn Jahren - gänzlich ohne Probleme - in Vietnam geblieben wären und angeblich noch weiter drei Male an solchen Demos teilgenommen hätten, wobei Sie nie festgenommen oder befragt worden seien oder sonstige Problem gehabt hätten. Wann genau diese stattgefunden hätten, konnten Sie nicht sagen, befragt, gaben Sie an, die letzte hätte vor ca. zwei Jahren stattgefunden.

Sie machten zu keiner dieser Demos von sich aus irgendwelche Angaben, weder wo diese waren, noch wie der Verlauf gewesen wäre, oder z.B. von wem diese organisiert wurden, wie viele Menschen daran teilgenommen hätten, was z.B. skandiert worden sei. Weder Details, noch Namen und Örtlichkeiten gaben Sie von sich aus an, lediglich über Befragen sagten Sie, dass die letzte Demo im Hafen von Ha Tinh gewesen sei. Nach der Demo seien Sie nach Hause gefahren.

Eine Seite des ORF (https://orf.at/v2/stories/2360468/) berichtete über eine Demo in Ha Tinh gegen ein - von einem taiwanesischen Konzern betriebenes - Stahlwerk und zwar im Oktober 2016. Dabei sei es jedoch nicht zu Zusammenstößen gekommen.

Anzumerken ist, dass wenngleich das Internet über Festnahmen anlässlich verschiedener Demonstrationen berichtet (Anm.:

https://www.dw.com/de/vietnamesen-demonstrieren-gegen-sonderwirtschaftszonen/a-44151974 vom 11.06.2018), es aufgrund Ihres Unvermögens, Daten anzugeben, weder festzustellen ist, ob es sich dabei um eine Demo gehandelt hat, an der Sie angeblich teilgenommen haben, zu anderen wird berichtet, dass es in Hanoi und Ho Chi Minh-Stadt weitgehend friedliche Proteste gab, während es in Südvietnam, Provinz Binh Thuan, zu gewalttätigen Ausschreitungen kam, da Demonstranten Regierungsgebäude gestürmt und Autos angezündet, sowie sich Straßenschlachten mit der Polizei geliefert hätten. Es sei zur Festnahme von 102 Demonstranten gekommen. Bei ähnlichen Vorfällen bei Demonstrationen kommt es auch in Westeuropa zu Festnahmen gewalttätiger Demonstranten, daraus nun eine Gefahr für Ihre Person abzuleiten, erscheint weit hergeholt, selbst wenn man davon ausginge, dass Sie tatsächlich dabei gewesen wären.

Am 01.05.2016 sowie 15.05.2016 kam es in Hanoi zu vorübergehenden Festnahmen von ca. 300 Personen, von denen einige über Misshandlungen während der Festnahme klagten.

https://taz.de/Fischsterben-in-Vietnam/!5305163/

Sie seien jedoch nie festgenommen oder inhaftiert gewesen, hätten auch sonst keine Probleme mit Behörden gehabt. Außer der einen Befragung - mit anschließender Freilassung und ohne Misshandlungen - vor zehn Jahren erwähnten Sie keine Vorfälle.

Praktisch musste jedes Detail von Gefertigter gesondert erfragt werden. Sie waren zwar in der Lage anzugeben, wogegen sich diese Demos gerichtet haben, angesichts der Bedeutung der Themen in der vietnamesischen Öffentlichkeit kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Sie diese Informationen den Medien entnommen haben.

Dafür, dass Sie angeblich an Demonstrationen teilgenommen hätten, was an sich politisches Interesse voraussetzt, bzw. Sie sich angeblich dafür engagiert hätten, konnten Sie wenig dazu ausführen. Es war offensichtlich, dass Sie den genaueren Sachverhalt, sofern man von einem Sachverhalt sprechen kann, während der Befragung erst konstruierten. Insbesondere wiederholten Sie auf jede Frage Ihre bereits zu Beginn angeführten Sätze, dass Sie an Demos teilgenommen hätten und sich nun vor Verhaftung fürchteten.

Es kam jedoch nicht hervor, aus welchem Grund Sie sich nun, nach Jahren nach der letzten Demonstrationsteilnahme, nach wie vor vor Verhaftung fürchten müssten.

Weder ist es so, dass jeder Teilnehmer an diesen Demos verhaftet oder gar anschließend verfolgt würde, noch haben Sie angedeutet, irgendeine exponierte Stellung bei diesen Demos eingenommen zu haben, die man Ihnen als Gegnerschaft gegen die Regierung auslegen könnte. Die Demos gegen China wurden z.B. von der Regierung 2014 erlaubt, auch 2018 konnten die Demonstrationen zumindest bewirken, dass die Regierung die Pachtdauer reduzieren will.

Es war Ihnen offensichtlich nicht möglich, einen kompletten Sachverhalt zu schildern, was doch von einem 25-jährigen, politisch engagierten Mann mit 10-jähriger Schulbildung erwartet werden könnte - wenn er diesen selbst erlebt hätte.

Wie bereits erwähnt, ist davon ausgehen, dass Ihnen der Umstand, dass es diese Proteste gab und gibt, und wogegen sich diese richten, bekannt [ist], jedoch konnten Sie nicht ansatzweise glaubhaft machen, dass Sie daran teilgenommen haben.

Sie versuchten, Ihre Unkenntnis damit zu erklären, dass es aufgrund der vielen Dinge, die seither passiert seien, die Daten nicht mehr wüssten, jedoch kamen Sie auf diese vielen Dinge in der Folge nicht zu sprechen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Sie nicht in der Lage waren, einen halbwegs nachvollziehbaren Sachverhalt zu schildern bzw. Ihre Teilnahme an politischen Demonstrationen glaubhaft darzulegen. [...]

Sie haben kein Vorbringen erstattet, sondern lediglich auf Fragen gewartet, die Sie entweder gar nicht oder nur rudimentär beantwortet haben, obwohl Sie manuduziert worden waren, Ihre Fluchtgründe ausführlich und aus Eigenem zu schildern. Schon gar nicht haben Sie versucht, Ihr Engagement der Gefertigten gegenüber zu erklären oder die politischen Hintergründe zu erläutern, die zu Ihrem Interesse geführt hätten.

Die Dürftigkeit Ihrer Aussagen, dazu das mangelnde Bemühen, irgendetwas nachvollziehbar darstellen zu wollen, macht es für die Behörde offensichtlich, dass hier nicht selbst Erlebtes geschildert wurde, sondern lediglich Behauptungen aufgestellt wurden, wobei Sie sich nicht einmal die Mühe machten, einen erfundenen Sachverhalt wiederzugeben, sondern diesen offenbar erst während der Einvernahme konstruierten. [...]

In einer Gesamtbetrachtung gelangt die erkennende Behörde hier jedenfalls zum Ergebnis, dass Sie zur behaupteten Gefährdungssituation völlig frei erfundene Sachverhaltselemente vorgetragen haben und diese Geschichte keine Entsprechung in der Realität hat. [...]

Dazu muss gesagt werden, dass selbst bei Wahrheitsunterstellung einer Demonstrationsteilnahme Ihre subjektive Angst vor Verfolgung nicht objektiv nachvollziehbar wäre, denn Sie hätten zwei Jahre nach der letzten Teilnahme keine Schwierigkeiten gehabt, Ihnen ist ein Reisepass ausgestellt worden und Sie haben legal das Land verlassen.

Da die von Ihnen behaupteten Verfolgungsgründe offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen, ist auch nicht davon auszugehen, dass Sie bei einer Rückkehr in die Heimat aus diesen Gründen mit Schwierigkeiten zu rechnen haben.

Ihnen wurde auch ein Reisepass ausgestellt, und Sie haben das Land legal mit einem Visum für China nach China verlassen.

Auch aus den Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsland ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass Sie im Falle einer Rückkehr nach Vietnam einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder als Zivilperson von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sind.

Sie sind ein junger gesunder Mann und sind daher in der Lage, nach einer Rückkehr nach Vietnam Ihren Lebensunterhalt dort wieder zu bestreiten.

Sie sind weder krank, sodass Sie aus gesundheitlichen Gründen an einer Berufstätigkeit gehindert würden, noch ist aufgrund der Lage in Ihrem Heimatland eine wirtschaftliche Notlage anzunehmen. Sie verfügen über familiäre Bezugspunkte in Vietnam, wo Sie Ihr gesamtes Leben bis zu Ihrer Ausreise im Juli 2019 verbrachten und sind daher als in der dortigen Kultur sozialisiert anzusehen. [...]"

Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG schon deshalb nicht Betracht käme, da sich der BF nicht im Bundesgebiet aufhalte. Auch eine Prüfung gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG und damit verbunden die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG komme aus diesem Grund - zumal im Flughafenverfahren über eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht abzusprechen sei - nicht in Betracht.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde dem BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater zur Seite gestellt.

1.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich das mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 14.08.2019 fristgerecht eingebrachte Rechtsmittel der Beschwerde, mit dem der Bescheid gesamtinhaltlich wegen "Ermittlungs- und Beweiswürdigungsfehlern" angefochten wurde.

In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen moniert, dass im vorliegenden Bescheid die Tatsache, dass der BF Christ sei, gar nicht gewürdigt und auch in der Einvernahme nicht thematisiert worden sei. Im Zuge des Beschwerdegesprächs habe der BF vorgebracht, dass er auch aufgrund seiner Religionszugehörigkeit immer wieder von den Behörden diskriminiert worden sei. Er sei sehr zurückhaltend und bei der Einvernahme verunsichert und nervös gewesen. Ihm sei zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, dass seine Religionszugehörigkeit für sein Asylverfahren relevant sein könnte.

Es stimme, dass der BF von sich aus nicht viel rede und ihm die freie Erzählung sehr schwer falle. Dies könne seinem Charakter oder seinen schlechten Erfahrungen mit Behörden entsprechen. Dass er sich an einige Vorkommnisse nicht mehr erinnern kann, könne durchaus auch andere Gründe haben, etwa das Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Dem BF wäre die Einreise zu gestatten gewesen, um seine Situation genauer ermitteln zu können.

Das Vorbringen des BF decke sich in großen Teilen mit den von der Behörde eingebrachten Länderberichten. Warum er bis jetzt nicht festgenommen worden sei, könne er sich selbst nicht genau erklären, zumal die vietnamesische Regierung in letzter Zeit viel härter gegen Demonstranten vorgehe und frühere Teilnehmer nun festnehme.

Beantragt wurde unter anderem, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und "die ausgesprochene Ausweisung aufzuheben".

1.7. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 20.08.2019 beim BVwG ein.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 03.08.2019 und der Einvernahme vor dem BFA am 06.08.2019, die Zustimmung von UNHCR vom 09.08.2019 zur Abweisung des Antrages sowie die Beschwerde vom 14.08.2019

* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Vietnam, Aktenseiten 203 bis 269, sowie diverse mit ihren Internet-Quellen angeführte Berichte zur Lage in Vietnam zu vom BF angesprochenen Vorfällen).

Der BF hat keinerlei Beweismittel oder sonstige Belege sein Fluchtvorbringen und auch keine gültigen Identitätsdokumente vorgelegt.

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.

3.1. Zur Person des BF:

3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , stammt nach seinen Angaben aus XXXX , XXXX , Provinz Nghe An, Vietnam, ist Angehöriger der Volksgruppe der Kinh und der Glaubensgemeinschaft der Christen und ledig. Er hat zehn Jahre die Schule besucht und verfügt über Berufserfahrung als Hilfsarbeiter (Träger von Säcken).

3.1.2. Der BF ist nach eigenen Angaben in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft und hatte auch sonst keine über das Antragsvorbringen hinausgehenden Probleme in seinem Herkunftsstaat.

3.1.3. Der BF hat sein Vorbringen, dass er von den vietnamesischen Behörden verfolgt werde, weil er gegen sie eingestellt sei und (vor Jahren) insgesamt viermal aus politischen und umweltpolitischen Gründen an Demonstrationen teilgenommen habe (laut seinen Angaben im erstbehördlichen Verfahren) sowie weil er Christ sei (laut Beschwerde) nicht glaubhaft gemacht.

Es konnte vom BF auch nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

Die Beurteilung seitens des BFA, dass das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, ist - wie auch die Stellungnahme des UNHCR, dass die Antragstellung als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne - zutreffend.

3.1.4. Der BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm im Falle seiner Verbringung in den Herkunftsstaat aufgrund seiner individuellen Situation (Lebensumstände wie soziales Netz und Familie, Gesundheit u. a.m.) im Zusammenhang mit der Lage in seiner Herkunftsregion ein reales Risiko einer Verletzung des Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), droht, und ist dies auch nicht von Amts wegen hervorgekommen.

Der BF ist jung, im erwerbsfähigen Alter und männlich. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat er im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonstwie bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er über Schulbildung und Berufserfahrung verfügt.

3.1.5. Es besteht kein reales Risiko, dass der BF im Herkunftsstaat einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen wird.

3.2. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen und in Punkt 2. dieses Erkenntnisses angeführten Feststellungen zur Lage in Vietnam decken sich mit dem Amtswissen des BVwG und werden im Folgenden diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 14.01.2019 (Schreibfehler teilweise korrigiert):

"[...] 2. Politische Lage

Die Sozialistische Republik Vietnam befindet sich in Südostasien und erstreckt sich mit einer Fläche von 329.560 km² vom Delta des Roten Flusses im Norden zum Mekong Delta im Süden. Sie grenzt an China, Laos und Kambodscha. Die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 95,3 Millionen geschätzt, Hauptstadt und Regierungssitz ist Hanoi (GIZ 10.2018). Das Staatsgebiet umfasst 59 Provinzen und fünf Städte (GIZ 12.2018a).

Vietnam befindet sich seit dem Beschluss des VI. Parteitags zur sogenannten "Doi-Moi"-Politik (Erneuerung) im Jahr 1986 in einem wirtschaftlichen Transformationsprozess Richtung marktwirtschaftliches System (AA 10.2018). Das politische System ist nach wie vor durch den alleinigen Machtanspruch der Kommunistischen Partei (KPV) geprägt, deren Führungsrolle für Staat und Gesellschaft in der 2014 in Kraft getretenen Verfassung unverändert festgeschrieben wird (AA 10.2018; vgl. GIZ 12.2018a; USDOS 20.04.2018). Pluralismus und eine formale Opposition existieren in Vietnam nicht. Opposition kommt, wenn überhaupt, aufgrund der Herausbildung innerparteilicher Interessengruppen, aus den eigenen Reihen (GIZ 12.2018a). Die in der am 01.01.2014 in Kraft getretenen Verfassung festgeschriebenen Prinzipien zu Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Grundrechtsschutz finden häufig keinen Niederschlag in den gesetzlichen Regelungen, im Verwaltungshandeln oder in der Rechtsprechung (AA 14.12.2018; vgl. GIZ 12.2018a).

Die politische Führung Vietnams besteht aus dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei (KPV), dem Premierminister, dem Präsidenten und dem Vorsitzenden der Nationalversammlung (NV) (USDOS 20.04.2018; vgl. KAS 14.12.2018).

Der Generalsekretär der KPV hat verfassungsgemäß zwar keine formelle Rolle, dennoch werden die wichtigsten politischen Entscheidungen im ihm unterstellten Zentralkomitee und im Politbüro getroffen. Das 19-köpfige Politbüro bestimmt die Richtlinien der Politik. Das 180-köpfige Plenum des Zentralkomitees als zweitwichtigstes Parteiorgan tagt in der Regel zweimal im Jahr (AA 10.2018). Die Amtszeit des Generalsekretärs ist auf maximal zwei Legislaturperioden zu je fünf Jahren begrenzt (KAS 14.12.2018). Seit 2011 ist Nguyen Phu Trong Generalsekretär (AA 10.2018).

Die Regierung, geführt vom Premierminister, ist die höchste Institution der Exekutive. Sie wird von der Nationalversammlung gewählt und ist ihr gegenüber rechenschaftspflichtig. Die Amtszeit des Premierministers ist auf maximal zwei Legislaturperioden zu je fünf Jahren begrenzt (KAS 14.12.2018). Seit Juli 2016 steht Premierminister Nguyen Xuan Phuc an der Spitze der Regierung (AA 10.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Seinem Kabinett gehören fünf stellvertretende Premierminister, 18 Fachminister und vier weitere Personen im Ministerrang an (AA 10.2018).

Der Präsident wird von der Nationalversammlung gewählt und vertritt den Staat auf nationaler und internationaler Ebene. Gemeinsam mit dem Premierminister bildet er eine doppelköpfige Exekutive. Gemäß der Verfassung ist der Präsident auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte und sitzt ausgewählten Ausschüssen des Zentralkomitees vor (KAS 14.12.2018). Der Präsident wird von der NV für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt und ist für die Ernennung des Premierministers verantwortlich, welcher wiederum von der Legislative bestätigt wird (FH 1.2018). Nach dem krankheitsbedingten Tod von Präsident Tran Dai Quang am 21.09.2018 übernahm Vizepräsidentin Dang Thi Ngoc Thinh interimistisch das Präsidentenamt. Am 23.10.2018 wurde der Generalsekretär der KPV, Nguyen Phu Trong, unter Beibehaltung seines Amts als Parteichef, zum neuen Präsidenten gewählt (KAS 14.12.2018; vgl. AA 10.2018). Es handelt sich dabei um die erste Doppelbesetzung und derartige Machtkonzentration an der vietnamesischen Führungsspitze seit dem Tod von Ho Chi Minh im Jahr 1969 (KAS 14.12.2018).

Die Nationalversammlung (NV) ist für die Gesetzgebung und die Kontrolle über alle staatlichen Aktivitäten zuständig. Sie tritt zweimal jährlich zusammen und wurde im Mai 2016 für die Legislaturperiode 2016 bis 2021 neu gewählt. Der aktuellen NV gehören 489 Abgeordnete an, deren Mitglieder, bis auf 21 Unabhängige, KPV-Mitglieder sind. Es durften nur wenige unabhängige Kandidaten antreten (AA 10.2018). Die NV wird alle fünf Jahre in geheimer Abstimmung gewählt (GIZ 12.2018a; vgl. USDOS 20.04.2018). Vorsitzende der Nationalversammlung ist seit März 2016 Nguyen Thi Kim Nga, die erste Frau in diesem Amt (UKHO 9.2018).

In der Praxis werden Legislative, Exekutive und Judikative weiterhin von der KPV-Führung angeleitet und kontrolliert (AA 10.2018; vgl. BTI 2018). In den letzten Jahren kann man beobachten, dass sich die KPV aus dem politischen "Alltagsgeschäft" zurückzieht und der Regierung damit eine größere Rolle zukommt (GIZ 12.2018a). Die Exekutive ist mit Volkskomitees in den Provinzen, den Distrikten und Dorfgemeinden vertreten. Daneben gibt es auf allen Verwaltungsebenen Parteikomitees (GIZ 12.2018a).

Die Möglichkeit der Bürger, ihre Regierung auf demokratischem Wege zu ändern ist stark eingeschränkt (USDOS 20.04.2018). Die Wahlgesetze und -rahmen stellen sicher, dass die KPV jede Wahl dominiert und das politische System kontrolliert. Die Vietnamesische Vaterlandsfront (VVF), die als Arm der KPV fungiert, ist für die Überprüfung aller Kandidaten für die NV zuständig. Bei den Wahlen von 2016 konnten auch unabhängige Kandidaten kandidieren. 100 unabhängigen, reformorientierten Kandidaten wurde vom Gremium die Kandidatur jedoch untersagt (FH 1.2018). Die letzten Wahlen zur Nationalversammlung im Mai 2016 waren trotz des begrenzten Wettbewerbs zwischen den von der KPV zugelassenen Kandidaten weder frei noch fair (USDOS 20.04.2018). Die Wahlbeteiligung lag laut Regierungsangaben bei 99 Prozent, wobei es Berichte über das Auffüllen von Wahlurnen gab (FH 1.2018).

Vietnam nimmt eine zentrale Position in der Region Südostasien ein und ist Mitglied der Staatengemeinschaft ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) (GIZ 12.2018a). Wichtigste außenpolitische Partner sind die ASEAN-Mitgliedstaaten, sowie China, Japan, Südkorea, Russland, die USA, in den vergangenen Jahren verstärkt auch Indien, Australien und die EU (AA 10.2018; vgl. GIZ 12.2018a).

Die vietnamesische Außenpolitik verfolgt drei Kernziele: Die Sicherheit Vietnams - jüngst vor allem mit Blick auf territoriale Streitigkeiten im Südchinesischen Meer, die Sicherung der wirtschaftlichen Entwicklung und eine verstärkte Einbindung in die Arbeit internationaler Organisationen (AA 10.2018). China ist der mit Abstand größte Handelspartner Vietnams, wobei sich die Beziehungen aufgrund der maritimen Gebietsstreitigkeiten weiterhin kompliziert gestalten (HRW 18.01.2018).

3. Sicherheitslage

Nachdem es mehrfach zu gewaltsamen Übergriffen Roter Khmer auf vietnamesisches Territorium gekommen war, marschierte Vietnam 1978 in Kambodscha ein und bekämpfte bis 1989 die Roten Khmer im Kambodscha. Auch nach der Lösung dieses Konflikts durch das Pariser Friedensabkommens 1991 kommt es immer wieder zu Spannungen und Grenzstreitigkeiten (GIZ 12.2018a).

Nicht explodierte Minen und Munition stellen eine anhaltende Gefahr auf ehemaligen Schlachtfeldern dar, insbesondere in Zentralvietnam und entlang der Laosgrenze, die früher vom Ho Chi Minh Pfad durchquert wurde (FCO 19.12.2018). Einige Proteste in den letzten Jahren sind gewalttätig geworden oder wurden von den Behörden gewaltsam unterdrückt (FCO 19.12.2018). Insbesondere bewaffneter Widerstand gegen Landraub bedrohte das Gewaltmonopol des Staates (BTI 2018).

4. Rechtsschutz / Justizwesen

Die Justiz ist nicht unabhängig, sondern steht unter der vollen Kontrolle der Partei (BTI 2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.01.2018). Richter werden von Parteikomitees für eine feste Amtszeit von fünf Jahren ernannt (BTI 2018). Die Justiz umfasst drei Ebenen: Bezirk-, Provinz- und Nationalgericht (Oberster Gerichtshof). Ebenso gibt es drei Berufungsgerichte in Vietnam. Gegen eine Entscheidung eines Amtsgerichts kann nur einmal Berufung eingelegt werden. Es gibt eine eigene Staatsanwaltschaft, die, nach sowjetischem Vorbild, parallel zum Gerichtssystem organisiert ist (BTI 2018).

Die in der Verfassung vom 01.01.2014 festgeschriebenen Prinzipien zu Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Grundrechtsschutz finden häufig keinen Niederschlag in den gesetzlichen Regelungen, im Verwaltungshandeln oder in der Rechtsprechungspraxis. Insbesondere mit Blick auf ein faires Verfahren bestehen erhebliche Defizite in puncto Rechtsstaatlichkeit. Das bezieht sich zum Teil auf Mängel der Strafprozessordnung, zum Teil auf Missachtung straf-prozessualer Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote durch Ermittlungsbehörden und Gerichte. So führt das Herbeiführen von Aussagen oder Geständnissen unter Zwang in den meisten Fällen nicht zu Beweisverwertungsverboten (AA 14.12.2018).

Das Justizministerium und seine lokalen Niederlassungen sind mit der Überwachung der juristischen Ausbildung, wichtigen Statistiken und der Ausarbeitung einiger Gesetze beauftragt (BTI 2018). Die Justizorgane können wegen häufig unzureichender Ausbildung, mangelhafter (Personal-) Ausstattung und politischer Vorgaben ihrem Auftrag der Zivil- und Strafrechtspflege sowie der Kontrolle exekutiver Entscheidungen nicht im verfassungsrechtlich gebotenen Maß nachkommen. Die Gerichte sind zwar laut Verfassung unabhängig, unterstehen aber praktisch der Exekutive und strategischen, manchmal sogar einzelfallbezogenen Anordnungen der Partei (AA 14.12.2018).

Laut Verfassung ist für die Verhaftung einer Person ein von einem Gericht oder Staatsanwalt ausgestellter Haftbefehl notwendig, außer im Fall einer "offenkundigen Straftat". Mehrere Personen wurden im Jahr 2017 gemäß Berichten aufgrund solch dringender Umstände ohne Haftbefehl verhaftet. Laut Gesetz können Personen aufgrund vager Bestimmungen des Strafgesetzbuches zur nationalen Sicherheit festgenommen und über einen längeren Zeitraum festgehalten werden (USDOS 20.04.2018) Die Behörden halten weiterhin viele Personen ohne Gerichtsverfahren fest, einschließlich Blogger und Menschenrechtsverteidiger (HRW 19.01.2018). Die Behörden verhängen gegen Aktivisten und mutmaßliche Straftäter regelmäßig Verwaltungshaft oder Hausarrest (USDOS 20.04.2018).

Landesweit sind nur ca. 11.000 Rechtsanwälte zugelassen, sodass die Verteidigungsmöglichkeiten im Strafverfahren für den Angeklagten schon mangels qualifizierten Rechtsbeistandes begrenzt sind. Kann ein Angeklagter sich keinen Anwalt leisten, besteht Anspruch auf einen (Pflicht-) Verteidiger nur dann, wenn eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren oder mehr droht, der Beschuldigte sich aufgrund einer Behinderung nicht selbst verteidigen kann, oder er das 18. Lebensjahr nicht vollendet hat (AA 14.12.2018).

Die Tatsache, dass das Justizsystem in Vietnam sehr langsam arbeitet, und das mangelnde Vertrauen in die Polizei und das Rechtssystem im Allgemeinen haben zur Folge, dass viele Vietnamesen das Recht in die eigene Hand nehmen. In extremen Fällen wird von Selbstjustiz gesprochen (GIZ 12.2018a).

Eine Diskriminierung nach bestimmten Merkmalen (Rasse, Religion etc.) ist bei der Strafverfolgung oder Strafzumessungspraxis nicht feststellbar (AA 14.12.2018).

5. Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden haben wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist für die innere Sicherheit zuständig und kontrolliert die nationale Polizei, eine spezielle nationale Ermittlungsbehörde für Sicherheit, und andere innere Sicherheitsabteilungen. Die Abteilung für Einwanderungsmanagement des Ministeriums für öffentliche Sicherheit ist für die Überwachung der Auswanderung zuständig (USDOS 20.04.2018). Mitglieder des Militärs und des Sicherheitsapparates sind zahlenmäßig sehr stark im Zentralkomitee und im Politbüro vertreten (GIZ 12.2018a).

Auf Provinz- und lokaler Ebene hat die Polizei bei ihren Aktivitäten oft einen erheblichen Ermessensspielraum. Volkskomitees (die Exekutive der lokalen Regierungen) haben auf Provinz-, Bezirks- und lokaler Ebene erheblichen Einfluss auf Polizeikräfte und Staatsanwälte (USDOS 20.04.2018).

Die Polizei schüchtert Personen, die versuchen, an Gerichtsprozessen gegen Aktivisten teilzunehmen regelmäßig ein, auch durch Drohungen gegen Familienmitglieder oder Freunde. Polizeibrutalität, die manchmal zu Todesfällen in Polizeigewahrsam führt, war im Laufe des Jahres 2017 üblich (HRW 18.1.2018). Vorwürfe des Missbrauchs durch Sicherheitskräfte werden durch die "Untersuchungsstelle der Obersten Volksstaatsanwaltschaft" untersucht. Vier der 18 Mitglieder des Politbüros waren oder sind selbst Beamte des Ministeriums für öffentliche Sicherheit. Trotz der Untersuchungsbefugnisse der Obersten Volksstaatsanwaltschaft operieren die Polizeiorganisationen mit erheblichem Ermessensspielraum, wenig Transparenz und begrenzter öffentlicher Aufsicht und handeln Polizeibeamte manchmal ungestraft. Auf Gemeindeebene unterstützen Schutztruppen, die sich aus Anwohnern oder Mitgliedern regierungsnaher sozialer Organisationen zusammensetzen, die Polizei und begingen manchmal Menschenrechtsverletzungen. Die Polizei ist im Allgemeinen effektiv bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, aber andere polizeiliche Fähigkeiten, insbesondere Ermittlungen, sind sehr begrenzt (USDOS 20.04.2018).

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Vietnam hat Ende 2014 die Anti-Folter-Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet und ratifiziert und im Februar 2015 das UNCAT Übereinkommen gegen Folter, unmenschliche Behandlungen und Strafvollzug ratifiziert, nicht jedoch das UNCAT-Fakultativprotokoll. Das bedeutet, dass etwa der Unterausschuss gegen Folter Vietnam nicht besuchen kann, um die UNCAT Implementierung zu überwachen. Folter ist auch nach Art. 20 der Verfassung ausdrücklich verboten. Es liegen keine Informationen über systematische oder regelhafte Anwendung von Folter oder bestimmte Foltermethoden vor (AA 14.12.2018). Folter und andere Misshandlungen, darunter längere Phasen der Einzelhaft, Schläge und das absichtliche Vorenthalten von medizinischer Behandlung gehören in Vietnam jedoch weiterhin zur gängigen Praxis (AI 15.11.2018; vgl. USDOS 20.04.2018; vgl. AA 14.12.2018) und es werden weiterhin Todesfälle in Polizeigewahrsam unter verdächtigen Umständen, mutmaßlich unter Foltereinwirkung, gemeldet (AI 22.02.2018).

Problematisch ist vor allem der nahezu rechtsfreie Raum in Polizeistationen oder Untersuchungshaftanstalten (AA 14.12.2018). Polizei, Staatsanwälte und staatliche Aufsichtsbehörden führten selten Untersuchungen zu Berichten über Misshandlungen durch. Einige Aktivisten berichten, dass sie Morddrohungen von Sicherheitsbeamten erhielten (USDOS 20.04.2018). Menschenrechtsorganisationen verurteilen das in Vietnam weit verbreitete brutale Vorgehen der Polizei gegenüber vielen Bürgern (GIZ 12.2018a).

Die Regierung bemüht sich, die Angehörigen der Sicherheitsbehörden im korrekten Umgang etwa mit Straftätern zu schulen (AA 14.12.2018).

7. Korruption

Vietnam scheint im Korruptionswahrnehmungsindex 2017 von Transparency International auf Platz 107 von insgesamt 180 Ländern auf (TI 21.2.2018), im Vergleich zu Rang 113 von 176 im Jahr 2016 (TI 25.01.2017).

Allgegenwärtige Korruption zerstört das Vertrauen in staatliches Handeln (AA 14.12.2018). Als besonders korruptionsanfällige Bereiche werden die Polizei, das Bildungssystem und das Gesundheitswesen genannt (GIZ 12.2018a). Der Zugang zu öffentlichen Ämtern wird in den meisten Fällen entweder durch Geld oder durch politische Verbindungen ermöglicht. Es ist üblich, dass Kinder die Büros ihrer Eltern erben, unabhängig von ihren Fähigkeiten (BTI 2018). Korruption ist auch bei Polizei und Militär weit verbreitet und stellt damit eine Herausforderung für das staatliche Gewaltmonopol dar (BTI 2018). Interne polizeiliche Aufsichtsstrukturen existieren zwar, sind aber politischem Einfluss unterworfen. Die Polizei handelt manchmal ungestraft (USDOS 20.04.2018).

Im Mai 1998 erließ die Regierung als Reaktion auf Bauernunruhen in der Provinz Thai Binh das sogenannte "Grassroots Democracy Decree" mit dem Ziel, die Verwaltung auf lokaler Ebene transparenter zu gestalten und Bürgern mehr Kontrollmöglichkeiten und Mitwirkungsrechte zu geben. Häufige Bauernproteste gegen illegale Inbesitznahme von Land durch lokale Beamte deuten nach wie vor auf weit verbreiteten Machtmissbrauch hin. Gleichzeitig mehren sich Bürgerbeschwerden über korrupte Kader. Manche Bürger wehren sich sogar offen gegen Polizisten, die bei Verkehrsdelikten die "üblichen" Bestechungszahlungen verlangen (GIZ 12.2018a).

Das Anti-Korruptionsgesetz von 2006 schreibt den Medien eine wichtige Rolle bei der Korruptionsbekämpfung zu, indem es sie aufruft, über den Kampf der Regierung gegen dieses "soziale Übel" zu berichten. Allerdings ist Kritik eingeschränkt, soweit Korruptionsursachen dem politischen System zugeschrieben werden (AA 14.12.2018). Auf ihrem 12. Parteitag im Jänner 2016 musste die Parteiführung eingestehen, dass trotz der verstärkten Anstrengungen in den letzten Jahren bei der Korruptionsbekämpfung wenige Fortschritte erzielt worden seien (GIZ 12.2018a).

Das Gesetz sieht Strafen für Korruption vor, jedoch wird es von der Regierung nicht immer effektiv umgesetzt und Beamte, die in Korruption verwickelt waren, bleiben manchmal ungestraft. Im Jahr 2017 führte die Regierung neue Antikorruptionsmaßnahmen ein. Das Anti-Korruptionsgesetz verlangt von hochrangigen Regierungsvertretern und Mitgliedern der Nationalversammlung, ihr Einkommen und Vermögen offenzulegen und Änderungen im Hinblick auf die vorjährige Offenlegung zu erklären (USDOS 20.04.2018).

In den Jahren 2015 bis 2017 wurden keine Informationen über die Zahl der Korruptionsfälle veröffentlicht. Mehrere hochkarätige Korruptionsfälle, die bekannt wurden, betreffen das Ministerium für Handel und Industrie und den staatlichen Ölkonzern (BTI 2018). Seit dem Frühjahr 2017 nehmen die korruptionsbezogenen Verhaftungen und Strafverfolgungen gegen leitende Beamte zu (AA 14.12.2018; vgl. FH 1.2018, USDOS 20.04.2018) und betrafen auch ein hochrangiges Politbüromitglied (AA 14.12.2018; vgl. FH 1.2018). Die Beamten wurden mit lebenslanger Haft oder der Todesstrafe teils hart bestraft (AA 14.12.2018). Diese Bestrafung eines hohen Mitgliedes des Politbüros ist äußerst ungewöhnlich (FH 1.2018). Im Allgemeinen ist die Durchsetzung von Antikorruptionsgesetzen selektiv und oft mit politischen Rivalitäten verbunden, und diejenigen, die versuchen, Korruption unabhängig aufzudecken, werden weiterhin mit Zensur und Verhaftung konfrontiert (FH 1.2018).

8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine regierungsunabhängige Zivilgesellschaft im westlichen Sinne existiert in Vietnam nicht. Inländische NGOs werden unter dem Dach der sogenannten "Vietnamesischen Vaterlandsfront" zusammengefasst und sind damit staatsnah (AA 14.12.2018). Die Gründung unabhängiger Menschenrechtsorganisationen ist nicht erlaubt (AA 14.12.2018; vgl. HRW 18.01.2018; USDOS 20.04.2018). Unabhängige NGOs müssen daher häufig aus der Illegalität heraus operieren (AA 14.12.2018). Behörden zeigten 2017 eine etwas größere Toleranz gegenüber unabhängigen NGOs (USDOS 20.04.2018).

Einige registrierte Organisationen berichteten von verstärkter Überwachung ihrer Aktivitäten nach Führungswechseln oder im Zusammenhang mit anhaltenden Protesten gegen Umweltverschmutzung (USDOS 20.04.2018). Ausländische bzw. internationale Menschenrechtsorganisationen sind in Vietnam nicht vertreten, und ihren Vertretern wird die Einreise zu Recherchezwecken regelmäßig verwehrt (AA 14.12.2018). Nur gelegentlich erlaubt die Regierung Vertretern internationaler Menschenrechtsorganisationen, das Land zu besuchen, kontrolliert aber deren Reiserouten streng (USDOS 20.04.2018).

Körperliche Übergriffe gegen Menschenrechtsaktivisten kommen häufig vor. Es gibt Berichte, dass uniformierte Polizisten bei Übergriffen gegen Aktivisten nicht einschritten (HRW 18.01.2018).

9. Wehrdienst und Rekrutierungen

In Vietnam besteht eine allgemeine Wehrpflicht für Männer zwischen 18 und 25 Jahren. Frauen können freiwillig Wehrdienst ableisten (AA 14.12.2018; vgl. CIA 04.12.2018). Die Einberufung erfolgt in der Regel zweimal jährlich, und die Wehrpflicht beträgt, je nach Waffengattung, 18 Monate (Armee, Luftverteidigung) oder zwei Jahre (Marine und Luftwaffe). Männer können sich im Alter von 17 an Militärschulen einschreiben (CIA 04.12.2018). Eine vorläufige Freistellung vom Wehrdienst ist möglich, beispielsweise aus Gesundheitsgründen oder wegen einer laufenden Ausbildung. Ein Ersatzdienst existiert nicht (AA 14.12.2018). Der Dienst in der Miliz oder in der Self Defence Force ist für Männer zwischen 18 und 45 Jahren und für Frauen zwischen 18 und 40 Jahren möglich (CIA 04.12.2018).

Wehrdienstverweigerung kann mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zwei Jahren bestraft werden. Die Überwachung der Einhaltung der Wehrpflicht ist derzeit nicht sehr streng, da die Armee aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, alle Wehrpflichtigen aufzunehmen (AA 14.12.2018).

10. Allgemeine Menschenrechtslage

Eine neue Verfassung ist am 01.01.2014 in Kraft getreten (AA 14.12.2018). In dieser wird den Menschenrechten erstmals ein eigener Abschnitt gewidmet, der das Recht auf Leben und Privatsphäre, frei von willkürlicher Verhaftung und Folter garantiert (BTI 2018). Die zahlreichen angeführten Grundrechte werden in der Regel jedoch durch eine restriktive Konkretisierung, durch umfassende Eingriffsrechte oder mangelhaften Schutz aufgrund von Umsetzungsdefiziten beschnitten (AA 14.12.2018). Artikel 258 des Strafgesetzbuches besagt, dass "jeder, der die Meinungs-, Presse-, Religions-, Vereinigungs-, Versammlungs- und sonstigen Freiheiten nutzt, um die Interessen des Staates und die Rechte und Rechtsinteressen anderer Organisationen und Bürger zu beeinträchtigen, bestraft wird". Die Bestrafung reicht von Verwarnungen über drei Jahre Umerziehung in einem Zwangsarbeitslager bis zu einer drei- bis siebenjährigen Haftstrafe. Dieses Gesetz ermöglicht es der Polizei, friedlichen Protesten mit übermäßiger Gewalt zu begegnen und politische Aktivisten zu verhaften, die sich friedlich für politische Rechte, Demokratie und Veränderungen in der Regierungspolitik gegenüber China einsetzen (BTI 2018). Um innenpolitische Kritik an ihrer Menschenrechtspolitik zu unterdrücken, wendet die Regierung Überwachung, Strafverfolgung und Inhaftierung, Eingriffe in die persönliche Kommunikation und Einschränkungen bei der Ausübung der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit an (USDOS 20.04.2018). Die Vorstellung von Grundrechten als Abwehr- und Schutzrechte gegenüber dem Staat beginnt sich nur zögerlich durchzusetzen (AA 14.12.2018).

Vietnam hat sieben der wichtigsten Menschenrechtskonventionen gezeichnet bzw. ratifiziert. Probleme gibt es vor allem bei der Umsetzung international eingegangener Verpflichtungen. So werden elementare, von den Menschenrechtskonventionen garantierte Menschenrechte wie Meinungs-, Versammlungs-, Religionsfreiheit weiterhin zum Teil stark eingeschränkt. Vietnam ist an folgende internationale Menschenrechtsabkommen gebunden:

•Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte;

•Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte;

•Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung;

•Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau;

•Übereinkommen über die Rechte des Kindes mit seinen beiden Zusatzprotokollen betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten und den Verkauf von Kindern sowie Kinderprostitution und Kinderpornographie.

•Anti-Folter-Konvention

•UN-Behindertenrechtskonvention (AA 14.12.2018).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsverletzungen gehören: willkürliche und rechtswidrige Tötungen; Folter und grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung; willkürliche Verhaftung und Inhaftierung von Personen; systemischer Missbrauch im Rechtssystem einschließlich der Verweigerung des Zugangs zu einem Anwalt, der Besuche von Familienangehörigen und eines fairen und schnellen Prozesses; Eingriffe der Regierung in die Privatsphäre, die Familie, das Zuhause und die Korrespondenz; Beschränkungen der Meinungs-, Versammlungs-, Vereinigungs-, Bewegungs- und Religionsfreiheit, einschließlich der Zensur der Presse und Beschränkungen der Internetfreiheit; Korruption; häusliche Gewalt; Kindesmissbrauch; und Beschränkungen des Rechts der Arbeitnehmer auf Gründung und Beitritt zu unabhängigen Gewerkschaften (USDOS 20.04.2018).

Die Regierung ergreift manchmal Korrekturmaßnahmen einschließlich Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Beamte, die gegen das Gesetz verstoßen haben, dennoch handeln Polizisten manchmal ungestraft. Es gibt auch Berichte über willkürliche oder rechtswidrige Tötungen, wobei Sicherheitsbeamte in einigen Fällen zur Verantwortung gezogen werden. Es gibt keine Berichte über das Verschwinden von Personen durch oder im Namen von Regierungsbehörden (USDOS 20.04.2018).

Die repressive Linie des vietnamesischen Sicherheitsapparates wird von der nationalistischen "Rote-Flaggen-Bewegung" unterstützt. Diese ist vor allem im Internet aktiv, scheut aber auch nicht vor physischen Einschüchterungsversuchen liberaler Regimekritiker zurück (GIZ 12.2018a).

Im Menschenrechtsbereich ist die vietnamesische Führung innerhalb enger Grenzen zu internationaler Zusammenarbeit bereit und führt mit der EU, Schweiz, Norwegen, Australien, Neuseeland und den USA Menschenrechtsdialoge (USDOS 20.04.2018). Mit der EU führt Vietnam seit 2001 einen jährlichen Menschenrechtsdialog. Der letzte Dialog fand im Dezember 2017 in Hanoi statt (AA 10.2018). Anfragen an die Regierung zu Menschenrechtsfällen werden nur in Einzelfällen beantwortet. Vietnam war von 2014 bis 2016 Mitglied des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen und hat sich 2014 dem Staatenüberprüfungsverfahren der Vereinten Nationen (Universal Periodic Review, UPR) unterzogen. Für Anfang 2019 steht Vietnam erneut zum UPR an (AA 14.12.2018). Im November 2017 erlaubte die Regierung den Besuch des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für das Recht auf Nahrung (USDOS 20.04.2018).

Mit der Entführung eines vietnamesischen Staatsangehörigen aus Berlin im Sommer 2017 durch vietnamesische staatliche Stellen hat das Bemühen um weitere internationale Integration und die Förderung des vietnamesischen Ansehens in der Welt einen Rückschlag erlitten (AA 10.2018; vgl. GIZ 12.2018a).

11. Meinungs- und Pressefreiheit

Vietnam befindet sich im Index der Pressefreiheit 2018, wie schon 2017, auf Platz 175 von 180 Ländern (RwB 2018).

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit. Unbestimmt gefasste und frei auslegbare Eingriffsnormen, vor allem die Straftatbestände zum Schutz der nationalen Sicherheit (Missbrauch demokratischer Rechte, Sabotage, Umsturzversuch) lassen von diesen Grundrechten allerdings nicht viel übrig (AA 14.12.2018; vgl. HRW 18.01.2018; USDOS 20.04.2018). Diese "politischen" Tatbestände blieben auch im Rahmen der jüngsten Strafrechtsnovelle inhaltlich unangetastet (AA 14.12.2018). Artikel 88 des Strafgesetzbuches zielt ausdrücklich auf die Meinungsfreiheit ab, indem "jeder, der Propaganda betreibt, um die Regierung des Volkes zu verleumden, psychologische Kriegsführung betreibt, Gerüchte verbreitet und kulturelle Produkte mit antisozialistischem Regierungsinhalt herstellt, speichert und verbreitet, mit Freiheitsstrafe von drei bis zwölf Jahren und in schweren Fällen von zehn bis zwanzig Jahren bestraft wird" (BTI 2018; vgl. AA 14.12.2018). Behörden und Gerichte machen von der Möglichkeit der Verhängung langjähriger Haftstrafen wieder verstärkt Gebrauch (AA 14.12.2018). Die Meinungsäußerung im privaten Kreis wird im Allgemeinen nicht bestraft (AA 14.12.2018). Regierungskritische Rede ist laut dem Strafgesetzbuch verboten (FH 1.2018). Kritik an Führungspersönlichkeiten der Regierung und der Partei, Forderungen nach politischem Pluralismus oder einer Mehrparteiendemokratie, sowie die Thematisierung sensibler Themen wie Menschenrechte, Religionsfreiheit oder Souveränitätsstreitigkeiten mit China werden eingeschränkt und versucht zu verhindern. Treffen von und Kommunikation zwischen Journalisten und Aktivisten, auch in akademischen Einrichtungen, werden überwacht (USDOS 20.04.2018). Die Behörden bringen kritische Journalisten und Blogger durch Verhaftungen und strafrechtliche Verurteilungen aktiv zum Schweigen (FH 1.2018). Es gibt weiterhin Berichte über Sicherheitsbeamte, die Journalisten und unabhängige Blogger wegen derer Berichterstattung über sensible Themen bzw. wegen der "Verbreitung von regierungsfeindlicher Propaganda" angegriffen, bedroht oder verhaftet haben (USDOS 20.04.2018; vgl. FH 1.2018). Im Jahr 2017 verhafteten die Behörden mindestens 21 Blogger und Aktivisten, denen die Regierung die Bedrohung der nationalen Sicherheit vorgeworfen hat. Im Jahr 2017 wurden mindestens 10 weitere Personen zu 5 bis 10 Jahren Haft verurteilt (HRW 18.01.2018; vgl. FH 1.2018).

Der Staat kontrolliert alle Print- und Rundfunkmedien und unterwirft sie der Zensur (FH 1.2018; vgl. AA 14.11.2018). Der Besitz oder Betrieb von privaten Pressekanälen ist weiterhin verboten. Unabhängige Medien, vor allem Blogs und Social Media, operieren nur begrenzt online (USDOS 20.04.2018). Die freie Rede in Blogs und Social Media wird vor allem durch das Ministerium für Information und Kommunikation unter der Gesamtleitung der KPV-Propaganda- und Bildungskommission beschränkt (USDOS 20.04.2018; vgl. FH 1.2018). Alle Veröffentlichungen müssen mit den grundlegenden Vorgaben der Partei im Einklang stehen. Das Pressegesetz ist äußerst restriktiv; Journalisten, die über sensible Themen kritisch berichten, werden zur Ordnung gerufen oder aus ihrem Tätigkeitsbereich entfernt (AA 14.11.2018). Unabhängige Journalisten wurden von der Regierung schikaniert (USDOS 20.04.2018).

Journalisten, Zeitungen und Online-Medien, welche "für das nationale Interesse schädliche Berichte" veröffentlichen oder ausstrahlen, ihre Quellen nicht preisgeben, oder "Dokumente und Materialien von Organisationen und persönliche Briefe und Materialien von Einzelpersonen verwenden", drohen Geldbußen (USDOS 20.04.2018).

Westliche Fernsehstationen sind in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt über die lokalen Kabelnetze zu empfangen, als zu kritisch eingestufte Beiträge werden jedoch bisweilen zensiert ("schwarzer Bildschirm") (AA 14.12.2018). Sender wie BBC und CNN werden zeitversetzt ausgestrahlt, um Vorlaufzeit zur Zensur zu haben (AA 14.12.2018; vgl. USDOS 20.04.2018; GIZ 12.2018a). Der Zugang zu Satelliten-TV ist per Gesetz auf hohe Beamte, Ausländer, Luxushotels und die Presse beschränkt (USDOS 20.04.2018). Trotz gewisser landesweiter Beschränkungen sind viele Bürger in der Lage, Satelliten-TV über Home-Receiver zu empfangen (AA 14.12.2018; vgl. USDOS 20.04.2018). Nach den neuen Richtlinien sollen die Sendungen vor Ausstrahlung von einer vietnamesischen Behörde ins Vietnamesische übersetzt werden (GIZ 12.2018a).

Die Regierung erlaubt den Zugriff auf das Internet nur über eine begrenzte Anzahl von Internet Service-Providern, die vollständig oder im Wesentlichen staatlich kontrollierte Unternehmen sind (USDOS 20.04.2018). Internetseiten mit missliebigen politischen, religiösen oder menschenrechtlichen Inhalten werden blockiert (AA 14.12.2018; vgl. USDOS 20.0

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten