TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/19 L521 2221371-1

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Veröffentlicht am 19.08.2019
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Entscheidungsdatum

19.08.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

L5212221371-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde der XXXX in 4850 XXXX , gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 25.06.2019, 14-2019-BE-VER10-0000Z, betreffend Haftung für Beiträge zur Sozialversicherung gemäß § 67 Abs. 10 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin war vom 17.01.2014 an alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin der XXXX (nunmehr XXXX in Liquidation) mit Sitz in XXXX , XXXX des Landesgerichtes Wels, und auch im Ausmaß von 50% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 26.03.2018 zu XXXX wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet und Mag. Dominik Maringer zum Masseverwalter bestellt. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 26.03.2018 wurde die Gesellschaft aufgelöst (§ 84 Abs. 1 Z. 4 GmbHG).

Nach Bewilligung der Schließung des Unternehmens über Antrag des Masseverwalters und Genehmigung der Schlussrechnung wurde das Konkursverfahren mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 10.04.2019 mangels Kostendeckung gemäß § 123a IO aufgehoben. Die Beschwerdeführerin vertritt die XXXX in Liquidation seither als Abwicklerin. Die Firma wurde am 25.07.2019 wegen Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht.

2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Gewährung rechtlichen Gehörs - die Beschwerdeführerin äußerte sich dazu im Ermittlungsverfahren nicht - wurde der Beschwerdeführer mit dem hier angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 25.06.2019, 14-2019-BE-VER10-0000Z, als vertretungsbefugtes Organ der XXXX verpflichtet, Beitragsrückstände dieser Gesellschaft zur Sozialversicherung samt Nebengebühren und Verzugszinsen im Betrag von EUR 5.793,90 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zu bezahlen.

3. Gegen den vorstehend angeführten, dem Beschwerdeführer am 01.07.2019 zugestellten Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse richtet sich die eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher erkennbar die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

In der Sache bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie habe als Geschäftsführerin der XXXX "laufend alle Gläubiger entsprechend den vorhandenen Mitteln im gleichen Verhältnis befriedigt". Das Warenlager habe zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Buchwert von EUR 130.000,00 aufgewiesen. Aufgrund der Betriebsschließung sei der beabsichtigte Abverkauf des Warenbestandes nicht möglich gewesen. Die Beschwerdeführerin beziehe derzeit ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 891,10, wovon die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse bereits monatlich EUR 86,23 abziehe. Weiters Vermögen sei nicht vorhanden.

Ein darüber hinaus gehendes Vorbringen enthält die Beschwerde nicht, der Beschwerde sind auch keine Beilagen angeschlossen.

4. Die Beschwerdevorlage der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse wurde am 15.07.2019 zur Post gegeben und langte am 17.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

5. Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste in der Folge die Beischaffung des Insolvenzaktes XXXX des Landesgerichtes Wels und nahm in diesen Einsicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin XXXX , geb. 08.06.1948, war vom 17.01.2014 an bis zum 10.04.2019 alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin der XXXX (nunmehr XXXX in Liquidation) mit Sitz in der politischen Gemeinde XXXX , XXXX des Landesgerichtes Wels, und auch im Ausmaß von 50% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt.

1.2. Unternehmensgegenstand der XXXX war der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Textilien und die Erbringung von Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung.

1.3. Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 26.03.2018 zu XXXX wurde aufgrund eines Antrages der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Mag. Dominik Maringer zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 10.06.2016 wurde die Gesellschaft aufgelöst (§ 84 Abs. 1 Z. 4 GmbHG).

1.4. Der Masseverwalter beantragte am 09.04.2018 im Einvernehmen mit der Beschwerdeführerin die Schließung des Unternehmens, da eine gewinnbringende Fortführung des Unternehmens nicht möglich war. Der Antrag wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 09.04.2018 bewilligt und erwuchs in Rechtskraft.

1.5. Mit ebenfalls in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 10.04.2019 wurde das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung gemäß § 123a IO aufgehoben. Die Beschwerdeführerin vertritt die XXXX in Liquidation in Liquidation seither als Abwickler. Die Firma wurde am 25.07.2019 wegen Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht.

1.6. Die XXXX hat im Zeitraum Dezember 2016 bis Februar 2018 Sozialversicherungsbeiträge nicht entrichtet. Da die Forderung im Insolvenzverfahren auch nicht teilweise hereingebracht werden konnte, haften für diesen Zeitraum restliche und bei der XXXX uneinbringliche Beiträge laut Rückstandsausweis vom 25.06.2019 im Gesamtbetrag von € 5.793,90 zuzüglich Verzugszinsen zugunsten der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse aus (im Insolvenzverfahren wurden noch EUR 20.267,00 angemeldet und auch anerkannt).

1.7. Die Beschwerdeführerin hat im verwaltungsbehördlichen Verfahren trotz Aufforderung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse kein entsprechendes (rechtlich relevantes) Vorbringen erstattet und keine Beweise dahingehend vorgelegt, dass sie im fraglichen Zeitraum über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet hat bzw. dass sie zwar über Mittel verfügt hat, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten nicht oder nur zum Teil beglichen und die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse somit nicht benachteiligt hat.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass es im Hinblick auf die nicht entrichteten Beiträge zur Sozialversicherung im fraglichen Zeitraum Dezember 2016 bis Februar 2018 zu einer Gläubigergleichbehandlung gekommen ist.

1.8. Der weitere Verfahrensgang gestaltete sich wie unter Punkt I. dieser Erledigung dargestellt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vorgelegten Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens.

2.2. Die Feststellungen zu den gesellschaftsrechtlichen Vorgängen sowie zum Insolvenzverfahren betreffend die XXXX gründen sich auf die bezughabenden Eintragungen im offenen Firmenbuch. Die organschaftliche Stellung der Beschwerdeführerin wurde von ihr selbst nicht bestritten.

2.3. Die von der XXXX nicht beglichenen Beiträge zur Sozialversicherung ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt aufliegenden und inhaltlich übereinstimmenden Rückstandsausweisen vom 02.05.2019 bzw. vom 25.06.2019, wobei die Höhe des Beitragsrückstandes in der Beschwerde nicht bestritten wird.

Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zufolge ist ein Rückstandsausweis eine öffentliche Urkunde und begründet gemäß § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld; die gegenständliche Aufschlüsselung entsprach zudem den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstands samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind (VwGH 12.01.2016, Ra 2014/08/0028). Schon deshalb war die unter Punkt 1.6. angeführte Feststellung zu treffen.

2.4. Was die unter Punkt 1.7. getroffene Feststellung anbelangt wird aufgrund des diesbezüglich engeren Zusammenhangs auf die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verwiesen und ergibt sich ferner in diesem Zusammenhang aus dem Akteninhalt eindeutig, dass die Beschwerdeführerin auf die ihr nachweislich am 06.05.2019 zugestellte Aufforderung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 02.05.2019 zur Vorlage von Beweismitteln zur Prüfung der Gläubigergleichbehandlung bzw. zur persönlichen Vorsprache nicht reagierte. Der Beschwerde waren ebenfalls keine Unterlagen zur Prüfung der Gläubigergleichbehandlung beigefügt, obwohl die Beschwerdeführerin nach wie vor als Abwickler der Gesellschaft ausgewiesen ist.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der Insolvenzakt des Landesgerichtes Wels zu XXXX beigeschafft, die Beschwerdeführerin war an diesem Verfahren als Geschäftsführerin der Schuldnerin beteiligt. Daraus ergibt sich zunächst, dass die angemeldeten Forderungen insgesamt EUR 212.419,84 betrugen, davon wurden EUR 210.442,27 anerkannt. Die Beschwerdeführerin sei als handels- und gewerberechtliche Geschäftsführerin der XXXX in Erscheinung getreten, das Unternehmen sei tatsächlich in der Gemeinde Lenzing betrieben worden und am Markt als Einzelhandel für Stoffe und Nähzubehör tätig gewesen. Die XXXX habe dabei über vier Mitarbeiter verfügt, die Arbeitsverhältnisse wären nach der Betriebsschließung durch begründeten vorzeitigen Austritt aufgelöst worden.

Die Beschwerdeführerin sei bereits mit einem Einzelunternehmen und einer Kommanditgesellschaft in den Jahren 1996 und 2013 in Insolvenz geraten. Die nach der Beendigung dieser Verfahren gegründete XXXX habe sich nie von den Anlaufverlusten, insbesondere einem "ungeplant teuren Messebesuch in Asien" erholen können, darüber hinaus habe das gemietete Geschäftslokal die wirtschaftlichen Verhältnisse der XXXX überschritten. Eine Fortführung des Unternehmens sei mangels liquider Mittel und wegen fehlenden Aussichten auf einen positiven Fortführungserfolg nicht möglich gewesen. Der Verkauf der Masse komme aufgrund des Vermieterpfandrechtes nicht der Konkursmasse zugute, eine Quote für die Gläubiger nicht zu erwarten (ON 10 des Insolvenzaktes).

Vom Masseverwalter konnten EUR 30.995,32 an Erlösen einbringlich gemacht werden. Davon unterlagen EUR 17.000,00 dem Vermieterpfandrecht, die Massekostenbetrugen insgesamt EUR 32.190,71, sodass sich eine Unterdeckung von EUR 1.195,39 ergab. Von einem Schlussverteilungsentwurf wurde daher abgesehen. Die letztlich vorhandenen liquiden Mittel von EUR 945,57 wurden anteilig an Massegläubiger ausgeschüttet, eine Ausschüttung an die Insolvenzgläubiger erfolgte nicht (ON 17 des Insolvenzaktes).

Der Inhalt des Insolvenzaktes des Landesgerichtes Wels zu XXXX lässt somit - in Ermangelung näherer Informationen über die Gebarung der XXXX bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht erkennen, dass es im Hinblick auf die nicht entrichteten Beiträge zur Sozialversicherung zu einer Gläubigergleichbehandlung gekommen ist. Ausgehend davon kann in Ermangelung eines konkreten sachverhaltsbezogenen Vorbringens und vorliegender geeigneter Beweismittel (Auszüge aus der Buchhaltung) nicht festgestellt werden, dass es zu einer Gläubigergleichbehandlung gekommen ist. Aus diesem Grund war die Beschwerdeführerin auch nicht zu einer (weiteren) Konkretisierung seins Vorbringens aufzufordern.

Wiewohl mangels eines konkreten sachverhaltsbezogenen Vorbringens nicht entscheidungswesentlich ist ergänzend festzuhalten, dass die Berichterstattung des Masseverwalters und die angemeldeten Insolvenzforderungen nahelegen, dass keine Gläubigergleichbehandlung stattgefunden hat. Die XXXX verfügte nämlich zuletzt über vier Dienstnehmer. Ausweislich der Forderungsanmeldungen wurden die laufenden Entgelte der vor Konkurseröffnung beschäftigen Dienstnehmer bis einschließlich Februar 2018 vollständig beglichen. Darüber hinaus liegt die Forderungsanmeldung eines Kreditkartenunternehmens vor, wonach noch in den ersten Tagen des Monats März 2018 einzelne Forderungen mittels Kreditkartenzahlung zur Gänze beglichen wurden (Forderungsanmeldung der Easybank AG vom 25.05.2018). Die Forderungsanmeldung der XXXX vom 20.04.2018 lässt erkennen, dass im Abrechnungszeitraum 01.08.2017-26.03.2018 für den Bezug von elektrischer Energie am Standort XXXX in XXXX Teilbeträge von EUR 1.012,20 entrichtet wurden (sodass die Rechnungsforderung letztlich nur EUR 16.25 betrug) und am Standort XXXX in Lenzing im Abrechnungszeitraum 01.10.2017 bis 26.03.2018 für den Bezug von elektrischer Energie Teilbeträge von EUR 2.295,00 entrichtet wurden (sodass die Rechnungsforderung letztlich nur EUR 911,71 betrug). Entsprechendes gilt hinsichtlich der Forderungsanmeldung der XXXX vom 20.04.2018 betreffend den Bezug von Erdgas, auch hier wurden Vorauszahlungen von EUR 1.178,16 noch im Abrechnungszeitraum 20.12.2017 bis 26.03.2018 entrichtet. Forderungsanmeldungen für Energiebezüge vor dem 01.08.2017 liegen gar nicht vor, sodass davon auszugehen ist, dass diese vollständig beglichen wurden.

Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Entgelte der Dienstnehmer bzw. die Forderungen in Zusammenhang mit Energiebezügen bis zuletzt bedient wurden, während die XXXX der Sozialversicherung (und auch anderen Gläubigern) bereits im Dezember 2016 fällige Beträge schuldig blieb. Eine Gläubigergleichbehandlung lässt der Inhalt des Insolvenzaktes des Landesgerichtes Wels zu XXXX somit jedenfalls nicht erkennen. Vielmehr ist evident, dass die zur Fortführung der Geschäfte unbedingt erforderlichen Ausgaben - die Löhne der Dienstnehmer und Energiebezüge - bis zuletzt getätigt wurden, während die XXXX anderen Gläubigern gegenüber offenen Forderungen zur Gänze schuldig blieb. Eine Gläubigergleichbehandlung hat sohin nicht stattgefunden. Dass die vorgelegten Kreditkartenabrechnungen auch erkennen lassen, dass privat veranlasst erscheinende Aufwendungen wie ein Abonnement eines Streamingdienstes für Filme und Serien sowie ein Abonnement für ein Online-Computerspiel zu Lasten der XXXX abgerechnet wurden, sei nur am Rande erwähnt.

Der Insolvenzakt des Landesgerichtes Wels lässt schließlich erkennen, dass die Beschwerdeführerin den Masseverwalter bei seiner Geschäftsführung unterstützte (ON 10 des Insolvenzaktes) und ihr die wesentlichen gerichtlichen Erledigungen im Konkursverfahren vom Insolvenzgericht zugestellt wurden, sodass der Inhalt des Insolvenzaktes des Landesgerichtes Wels nicht zu Gehör gebracht werden musste.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 67 Abs. 10 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 84/2019, haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.

Gemäß § 56 Abs. 5 ASVG haben VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Durch das SRÄG 2010 wurde der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 10 ASVG dahingehend erweitert, dass durch die Einfügung des § 58 Abs. 5 ASVG den dort angeführten Vertretern die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen der von ihnen Vertretenen übertragen wurde. Eine Verletzung der diesbezüglichen Pflichten ist daher nunmehr Anknüpfungspunkt der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (VwGH 15.11.2017, Ro 2017/08/0001).

3.2. Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ist der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge ohne rechtliche Grundlage insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Sozialversicherungsanstalt Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039 mwN).

Die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG setzt die Uneinbringlichkeit der Beiträge, die Stellung des Haftenden als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters und dessen Verschulden an der Pflichtverletzung, deren Ursächlichkeit für die Uneinbringlichkeit sowie den Rechtswidrigkeitszusammenhang voraus (VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038 mwN).

Die Uneinbringlichkeit der Beiträge sowie die Stellung der Beschwerdeführerin als Vertreterin der XXXX stehen in Anbetracht des dargestellten Sachverhaltes unzweifelhaft fest.

Eine die Haftung begründende Pflichtverletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Vertreter die fälligen Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (VwGH 07.10.2015, Ra 2015/08/0040). In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).

3.3. In prozessualer Hinsicht trifft nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Dabei muss der Vertreter nicht nur allgemein dartun, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat, sondern insbesondere die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen (VwGH 11.4.2018, Ra 2015/08/0038 mwN; 25.03.2019, Ra 2019/08/0059). Kommt er dem nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070). Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (VwGH 21.09.1999, Zl. 99/08/0065; 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

3.4. Die Beschwerdeführerin wurde im gegenständlichen Fall seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse mit ihr nachweislich zugestellter Note vom 02.05.2019 nach Darlegung der gesetzlichen Bestimmungen und Übermittlung des bezughabenden Rückstandsausweises aufgefordert, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen bzw. persönlich vorzusprechen. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nicht nach.

Im angefochtenen Bescheid vom 25.06.2019 wurden die zur Haftung der Beschwerdeführerin führenden gesetzlichen Bestimmungen neuerlich dargelegt und explizit darauf hingewiesen, dass es eine Obliegenheit des Beschwerdeführers darstellen würde, die Gründe darzulegen, dass er ohne Verschulden an der Erfüllung seiner Pflichten als Geschäftsführer (wobei § 58 Abs. 5 ASVG erwähnt wird) gehindert war und ein solcher Nachweise (bislang) nicht erbracht wurde.

In der Beschwerde wird daraufhin lediglich wörtlich vorgebracht, dass "laufend alle Gläubiger entsprechend den vorhandenen Mitteln im gleichen Verhältnis befriedigt" worden wären. Ein über diese allgemeine Behauptung hinausgehendes Vorbringen kann der Beschwerde nicht entnommen werden, es wurden auch keine Unterlagen vorgelegt.

Wenn in der Beschwerde weiters noch ausgeführt wird, das Warenlager hätte einen gewissen Buchwert aufgewiesen, mag dieses Vorbringen zutreffen, es erweist sich jedoch im gegebenen Kontext als nicht relevant. Haftungsbegründend ist die Ungleichbehandlung der Gläubiger zu Lasten der Sozialversicherung sowie die im gegenständlichen Verfahren ausweislich der zitierten Rechtsprechung bestehende Mitwirkungspflicht, zumindest konkrete sachbezogene Behauptungen aufzustellen. Die Frage, ob im Insolvenzverfahren eine bestmögliche Verwertung der Masse stattgefunden hat, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, sondern geht es vielmehr darum, ob die Beschwerdeführerin als organschaftliche Vertreterin der XXXX ein Verschulden an der nicht ordnungsgemäßen (rechtzeitigen) Beitragsentrichtung vor Insolvenzeröffnung trifft. Es ist somit nicht die Schuldlosigkeit des Vertreters an den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft oder an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens relevant, sondern die Gleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge mit den anderen Verbindlichkeiten in Bezug auf ihre Bezahlung (vgl. Derntl in Sonntag [Hrsg.], ASVG9 § 67 Rz 80c). Aus diesem Grund ist auch unerheblich, wie sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt gestattet.

Konkrete sachbezogene Behauptungen etwa des Inhalts, dass ab einem gewissen Zeitpunkt fällige Forderungen nur mehr anteilsmäßig bedient wurden oder ab dem Monat Dezember 2016 gar keine fälligen Forderungen mehr bedient wurden, lassen sich der Beschwerde nicht entnehmen. Der pauschale Verweis in der Beschwerde auf die angebliche Gleichbehandlung der Gläubiger in diesem Zusammenhang ausweislich der zitieren Rechtsprechung nicht als konkrete sachbezogene Behauptung angesehen werden, zumal nicht ausgeführt wird, durch welche konkreten Maßnahmen die Beschwerdeführerin eine Gläubigergleichbehandlung tatsächlich hergestellt hat. Insbesondere unterblieb - entgegen der zitierten Rechtsprechung - die Darlegung der im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen.

Der Beschwerdeführerin musste in Anbetracht der Ausführungen im Schreiben der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 02.05.2019 und im angefochtenen Bescheid vom 25.06.2019 auch bewusst gewesen sein, auf welchen haftungsbegründenden Tatbestand die gegenständliche Inanspruchnahme gestützt wird. Einerseits ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin als organschaftlicher Vertreter einer Kapitalgesellschaft die Vorschriften über ihre Pflichten als Geschäftsführerin kennen muss. Andererseits lässt der Insolvenzakt erkennen, dass die Beschwerdeführerin bereits zuvor zweimal in Insolvenzverfahren verwickelt war und bereits im Rahmen dieser Verfahren persönliche Haftungen der Beschwerdeführerin zum Tragen kamen, sodass eine Privatinsolvenz erfolgte. Ausgehend davon wäre ein gesteigertes Maß an Sorgfalt in diesem Verfahren zu erwarten.

Da der Beschwerdeführer somit - trotz mehrfacher Gelegenheit - keinerlei Beweismittel betreffend Gläubigergleichbehandlung in Vorlage brachte und auch keine konkreten sachbezogenen Behauptungen aufgestellt hat, haftet sie wie im bekämpften Bescheid zutreffend ausgesprochen für die von der Haftung betroffenen Beitragsschuldigkeiten zur Gänze.

3.5. Der Beschwerde kommt aufgrund der vorstehenden Erwägungen keine Berechtigung zu, sodass diese gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 67 Abs. 10 ASVG als unbegründet abzuweisen ist.

3.6. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und dem beigeschafften Insolvenzakt des Landesgerichtes Wels, sodass von einer mündlichen Erörterung - die im Übrigen nicht beantragt wurde - keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Strittig sind lediglich Rechtsfragen, weshalb von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Haftung des Vertreters gemäß § 67 Abs. 10 ASVG, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung, Nachweismangel,
Pflichtverletzung, Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L521.2221371.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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