TE Bvwg Beschluss 2019/9/11 W218 2212912-1

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Veröffentlicht am 11.09.2019
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Entscheidungsdatum

11.09.2019

Norm

BBG §42
BBG §45
BBG §46
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W218 2212912-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom 19.11.2018, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 19.11.2018 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gem. §§ 42 und 45 BBG (Bundesbehindertengesetz) abgewiesen.

In ihrer Begründung traf die belangte Behörde die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung nicht vorlägen

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Nichte der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Beschwerde wurde keine Vertretungsvollmacht oder Zustellvollmacht beigelegt.

3. Die Beschwerdeführerin wurde vom Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens, eine entsprechende Vollmacht vorzulegen oder eine von der Beschwerdeführerin persönlich unterzeichnete Beschwerdeeingabe zu übermitteln. Das Schreiben wurde am 11.02.2019 persönlich zugestellt.

4. Am 05.03.2019 langte eine von der Beschwerdeführerin persönlich unterschriebene Beschwerde beim Bundesveraltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 19.11.2018 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gem. §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Der Bescheid vom 19.11.2018 wurde am Donnerstag, dem 22.11.2018 versendet und gilt mit Dienstag, dem 27.11.2018 als zugestellt.

Die Frist für die Einbringung der Beschwerde endete am Dienstag, dem 08.01.2019.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Die Beschwerde wurde jedoch von der Nichte der Beschwerdeführerin erhoben und wurde der Beschwerde keine Vertretungsvollmacht oder Zustellvollmacht beigelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht erteilte der Beschwerdeführerin daher einen Verbesserungsauftrag und setzte eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung. Der Verbesserungsauftrag wurde am 11.02.2019 persönlich zugestellt.

Die Frist für die Verbesserung der Beschwerde endete somit am 25.02.2019.

Die verbesserte Beschwerde langte erst am 05.03.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Beschwerde gilt somit am 05.03.2019 als ordnungsgemäß eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt und dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde.

Die Zustellung des Bescheides vom 19.11.2018 am 27.11.2018 ergibt sich aus den im Akt vorliegendem Versendungsnachweis.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin den Verbesserungsauftrag am 05.03.2019 einbrachte ergibt sich aus dem Eingangsstempel des Bundesverwaltungsgerichtes am Schreiben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 12 VwGVG schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen.

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen.

Im vorliegenden Fall wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides vom 19.11.2018 zutreffend darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid binnen sechs Wochen nach Zustellung schriftlich Beschwerde beim Sozialministeriumserive eingebracht werden kann. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht auch sonst den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 21 AVG iVm § 17 VwGVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen, mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Gemäß § 33 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertag nicht behindert.

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist gemäß § 33 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

§ 9 Abs. 1 VwGVG legt die Anforderungen an eine Beschwerde fest.

Eine solche hat demnach zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.09.2010, 2010/11/0108; 13.11.2012, 2012/05/0184) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Nichtvorlage einer schriftlichen Vollmacht gemäß § 10 Abs. 2 AVG ein iSd § 13 Abs. 3 AVG behebbares Formgebrechen dar (vgl. etwa VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Fehlen einer Vollmacht kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (VwGH 19.02.2014, 2011/10/0014).

Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153; 14.10.2013, 2013/12/0079).

Die vorliegende Beschwerde vom 02.01.2019 wurde von der Nichte der Beschwerdeführerin ohne Nachweis einer Vollmacht eingebracht.

Der Beschwerdeführerin wurde sohin vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 04.02.2019, laut RSb-Rückschein zugestellt am 11.02.2019 durch persönliche Übernahme, ein entsprechender Mängelbehebungsauftrag binnen zwei Wochen ab Zustellung mit Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde bei fruchtlosem Verstreichen der Frist erteilt. Die Frist zum Einbringen des Verbesserungsauftrages endete somit am 25.02.2019.

Dem Verbesserungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Beschwerdeführerin nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist nachgekommen.

Erst am 05.03.2019, sohin acht Tage nach Ablauf der Frist, einlangend brachte die Beschwerdeführerin postalisch die verbesserte Beschwerde ein.

Kommt die Partei dem Verbesserungsauftrag erst nach Ablauf der gemäß § 13 Abs. 3 AVG von der Behörde gesetzten Frist, aber vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides nach, so gilt der Antrag als zu diesem Zeitpunkt - also unter Umständen nach Ablauf einer (Rechtsmittel-)Frist (VwGH 04.09.2008, 2007/17/0105) - ordnungsgemäß eingebracht (§ 73 Rz 52; Schlögl/Zeinhofer, ZfV 2009, 21) und darf daher nicht mehr wegen Mangelhaftigkeit gemäß § 13 Abs. 3 AVG (aber etwa gemäß § 66 Abs. 4 AVG) zurückgewiesen werden (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 13, mit Hinweisen auf die Judikatur; VwGH 19.09.1990, 90/01/0043; 22.09.1998, 98/05/0116; 31.03.2005, 2003/05/0225; VfSlg. 5170/1965).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 04.09.2008, 2007/17/0105, festgehalten, dass die Rechtsprechung für den Fall der Verbesserung einer Berufung (als eines fristgebundenen Anbringens) nicht bedeute, dass die verspätete Erfüllung des Verbesserungsauftrages zum Vorliegen einer fristgerecht eingebrachten, vollständigen Berufung führe. Die Rechtsprechung bezüglich fristgebundener Anbringen ist nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 auf Beschwerden iSd VwGVG übertragbar.

Im Lichte der wiedergegebenen Rechtsprechung ist daher festzuhalten, dass die verbesserte Beschwerde mit 05.03.2019 - und damit nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist - als eingebracht galt.

Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument gemäß § 26 Abs. 1 ZustG zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung

(§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Abweisungsbescheid vom 19.11.2018 wurde ohne Zustellnachweis zugestellt. Er wurde am Donnerstag, dem 22.11.2018 von der belangten Behörde versendet und gilt am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan, somit am Dienstag, dem 27.11.2018 als zugestellt und somit als erlassen.

Im vorliegenden Fall erfolgte die verspätete Erfüllung des Verbesserungsauftrages vor Erlassung des Zurückweisungsbeschlusses, weshalb eine Zurückweisung wegen Mangelhaftigkeit gemäß § 13 Abs. 3 AVG zwar nicht mehr in Betracht kam, jedoch die Verspätung der Beschwerde festzustellen war.

Da die am 05.03.2019 - somit nach Ablauf der gemäß § 13 Abs. 3 AVG vom Bundesverwaltungsgericht gesetzten Frist - erfolgte Verbesserung der Beschwerde nicht zurückwirkt, erweist sich die nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebrachte (verbesserte) Beschwerde als verspätet.

Im Übrigen ist dem Bundesverwaltungsgericht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

Die Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W218.2212912.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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