TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/28 G314 2220089-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.06.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G314 2220089-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina mit serbischer Muttersprache, ist seit XXXX.2015 mit der kroatischen Staatsangehörigen XXXX (zuvor XXXX) verheiratet. Am 30.03.2016 wurde ihm eine Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers ausgestellt. Seit April 2016 lebte er in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau, die ihre Scheidungsklage vom XXXX.2019 mittlerweile zurückgezogen hat. Der Ehe entstammt die am XXXX.2018 geborene XXXX, die die kroatische und die bosnisch-herzegowinische Staatsangehörigkeit hat.

Am XXXX.2019 wurde der BF im Bundesgebiet verhaftet; seither wird er in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungs- bzw. Strafhaft angehalten. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2019, XXXX, wurde er wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs 1 und 2 StGB) und des unerlaubten Waffenbesitzes (§ 50 Abs 1 Z 1 WaffG) zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt; davon wurde ein sechsmonatiger Strafteil für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen. Der Verurteilung liegt zugrunde, dass er am 09.03.2019 ca. zehn Besucher eines Lokals mit einer Faustfeuerwaffe, die er durch demonstratives Repetieren vor den Opfern durchlud und mit ausgestrecktem Arm gegen sie richtete, mit dem Tod bedrohte und unbefugt, wenn auch nur fahrlässig, eine Schusswaffe der Kategorie B besaß und führte.

Mit dem Schreiben vom 19.03.2019 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den BF auf, sich im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zur beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung zu äußern. Der BF erstattete eine entsprechende Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA gegen den BF aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung ein dreijähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Letzteres wurde damit begründet, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten sei, weil er nur durch seine Verhaftung an der Fortsetzung seiner Straftaten habe gehindert werden können und sein Verhalten die Grundinteressen der Gesellschaft massiv verletze. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Nach der Zustellung dieses Bescheids an den BF am 17.05.2019 wurde gegen ihn mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2019, XXXX, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG eine zwölfmonatige Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf die vorangegangene Verurteilung erlassen. Dies basiert darauf, dass er zwischen August 2018 und Jänner 2019 anderen insgesamt 250 g hochwertiges Kokain (beinhaltend rund 195 g reine Cocainbase), somit eine die Grenzmenge von 15 g Reinsubstanz mehrfach überschreitende Menge, verkaufte und überließ. Außerdem erwarb er im März 2019 2 g Kokain zum persönlichen Gebrauch und konsumierte es zum Teil. Ein Betrag von EUR 12.500, den er durch den Kokainverkauf erlöst hatte, wurde für verfallen erklärt. Bei der Strafzumessung wurden (in einer Gesamtbetrachtung mit der vorangegangenen Verurteilung) sein Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgifts als mildernd, die Zusammentreffen von mehreren Vergehen mit einem Verbrechen und die Vorstrafenbelastung dagegen als erschwerend berücksichtigt.

Mit seiner Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid strebt der BF dessen Behebung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Anberaumung einer Beschwerdeverhandlung an. Er bringt dazu vor, dass sein Privat- und Familienleben im Inland der Erlassung eines Aufenthaltsverbots entgegenstünde, zumal er für ein Kleinkind unterhaltspflichtig sei. Seine Ehefrau besuche ihn regelmäßig in der Justizanstalt. Nach seiner Haftentlassung wolle er wieder mit Frau und Kind in XXXX wohnen; er habe auch schon Arbeitsstellen in Aussicht.

Das BFA legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 17.06.2019 einlangte. Die Eingabe des BF vom 14.06.2017, mit der er über die Zurückziehung der Scheidungsklage informierte, wurde nachgereicht.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Frage der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister und dem Fremdenregister. Der BF legte die Heiratsurkunde, die Geburtsurkunde seiner Tochter und den Beschluss des Bezirksgerichts XXXX, mit dem die Zurückziehung der Scheidungsklage zur Kenntnis genommen wurde, vor. Eine Kopie aus seinem bosnisch-herzegowinischen Reisepass, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht, liegt ebenfalls vor. Mangels widersprüchlicher Beweisergebnisse erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Die Beschwerde richtet sich - zumindest implizit - auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat darüber gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei begünstigten Drittstaatsangehörigen wie dem BF die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, hat das BVwG diese gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG vom Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des oder der Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 oder Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn oder sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.

Solche konkreten Gründe liegen hier nicht vor. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Bosnien und Herzegowina) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 1 Z 1 HStV handelt.

Aufgrund der wiederholten Aggressions- und Suchtgiftdelinquenz des BF sind die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt, zumal er mit einer großen Menge eines gefährlichen Suchtgifts handelte und die deshalb verhängte Strafe noch nicht (vollständig) vollzogen wurde. Auch das vom BF ins Treffen geführte Familienleben mit seiner Frau und der gemeinsamen kleinen Tochter im Bundesgebiet führt nicht dazu, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK zuzuerkennen wäre, weil aufgrund seiner Straffälligkeit ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung besteht. Nach der Rechtsprechung des VwGH stellt Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. etwa VwGH 29.3.2012, 2011/23/0662; 20.8.2013, 2013/22/0082). In § 28a SMG werden qualifizierte Formen der Suchtgiftdelinquenz unter Strafe gestellt, sodass trotz der beachtlichen familiären Bindungen des BF im Bundesgebiet mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kein unverhältnismäßiger Eingriff in seine von Art 8 EMRK geschützten Rechte verbunden ist. Es ist ihm vielmehr zumutbar, den Verfahrensausgang nach seiner Haftentlassung in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2220089.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten