TE Lvwg Erkenntnis 2019/7/11 405-4/2754/1/2-2019

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Veröffentlicht am 11.07.2019
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Entscheidungsdatum

11.07.2019

Index

90/02 Kraftfahrgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

KFG 1967 §98a Abs3
VStG §17
KFG 1967 §98a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike Seidel über die Beschwerde der AA AB GesmbH, AE-Straße, AC, vertreten durch Rechtsanwälte AG AF, AH-Straße, AC, gegen den Verfallsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (belangte Behörde) vom 05.06.2019, Zahl XXX-2019.1,

zu R e c h t:

I.     Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

II.    Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Verfahrensgang

1.1.    Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 98a Abs 3 KFG der am 09.04.2019 um 15:00 Uhr vorläufig beschlagnahmte Radar- oder Laserblocker der Marke „RR“ (samt 1 Steckkarte und 1 Steuergerät), welcher im Kraftfahrzeug BMW X5 mit dem behördlichen Kennzeichen ZZZ (A) verbaut war - für verfallen erklärt.

In der Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass dieses auf die Beschwerdeführerin zugelassene Fahrzeug einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle im Gemeindegebiet Eugendorf, A 1 Autobahnabfahrt Wallersee/Eugendorf unterzogen worden sei, da zuvor trotz wiederholter Versuche bei diesem Fahrzeug keine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt habe werden können. Es habe dienstlich wahrgenommen werden können, dass im Kraftfahrzeug vorne hinter dem Kühlergrill ein Laserblocker der Marke „RR“ und im Fahrzeuginnenraum bei der Mittelkonsole ein Bedienteil verbaut gewesen sei. Dadurch sei eine Verwaltungsübertretung gemäß § 98a KFG begangen worden. Unter Anführung der Rechtsgrundlagen des § 98a Abs 1 bis Abs 3 KFG sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

1.2.    Gegen diese Entscheidung wurde fristgerecht rechtsfreundlich vertreten von der Zulassungsbesitzerin Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Als Beschwerdegründe wurde nach Darlegung des Sachverhaltes aus Sicht der Beschwerdeführerin zusammengefasst vorgebracht, dass primär die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht werde. Die belangte Behörde begründe den Verfallsbescheid unter Verweis auf § 98a Abs 3 KFG. Sachlich zuständig für die Vollziehung des KFG sei die Bezirksverwaltungsbehörde. Die örtliche Zuständigkeit hänge davon ab, ob es sich bei diesem Verfall um ein Verwaltungsstrafverfahren oder ein administratives Sicherungsverfahren handle. Im letzteren Fall richte sich die Zuständigkeit gemäß § 3 Z 3 AVG nach dem Hauptsitz des Beteiligten bzw. im Falle eines Unternehmens nach dessen Sitz.

Die Strafbestimmungen im KFG seien konzentriert in § 134 KFG geregelt, der Verfall von Gegenständen, mit denen gegen kraftfahrrechtliche Bestimmungen verstoßen werde, sei in den Bestimmungen des KFG nicht vorgesehen.

Daraus ergäbe sich, dass der Verfall von Radar- und/oder Laserblockern nicht als Nebenstrafe, sondern als administrative Sicherungsmaßnahme konzipiert sei (Verweis auf Entscheidungen des LVwG OÖ LVwG-651234/2/ZO/KA und LVwG-651229/3/Sch/Bb). Der Bescheid sei der Beschwerdeführerin als Zulassungsbesitzerin unter der Adresse laut Firmenbuch AE-Straße, AC zugestellt worden. Der Firmensitz des Unternehmens befinde sich somit nicht im Sprengel der belangten Behörde, sondern im Sprengel des Magistrats der Landeshauptstadt AC. Der angefochtene Bescheid sei daher - unabhängig von der Frage, ob es sich beim gegenständlichen Gerät um eines iSd § 98a KFG handle - aufzuheben.

Vorsichtshalber werde weiters ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid ohne vorherige Möglichkeit zur Stellungnahme bzw ohne technische Überprüfung des Geräts ergangen sei. Das Verfahren leide daher unter einem wesentlichen Verfahrensmangel, woraus eine unzureichende Sachverhaltsermittlung und materielle Rechtswidrigkeit des Bescheides resultiere. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Beweisverfahrens, insbesondere bei technischer Überprüfung der sichergestellten Karte, hätte die Behörde erkannt, dass der Ausspruch des Verfalls unzulässig sei. Dieser sei zudem übereilt erfolgt, als der sichergestellte Laserblocker bzw. die zugehörige Steckkarte und das Steuergerät auch in den weiters anhängigen Verwaltungsstrafverfahren zu GZ XXX-2019 (MM AA) und GZ YYY-2019 (NN AA) der belangten Behörde zur Beweisführung unabdingbar und erforderlich seien. Der vorzeitige Ausspruch des Verfalls samt anschließender Vernichtung würde dazu führen, dass den Beschwerdeführern der Freibeweis nicht mehr möglich wäre, wodurch diesen ein unverhältnismäßiger Nachteil entstehen würde. Es sei ein Verstoß gegen das Gebot der Erforschung der materiellen Wahrheit zu erblicken, weil der Behörde lediglich eine einseitige Sachverhaltsermittlung möglich wäre. Als Beschwerdeanträge wurde die ersatzlose Behebung des Bescheides und die Aushändigung des Gerätes, in eventu die Behebung und Zurückweisung an die belangte Behörde gestellt.

Weiters wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

1.3.

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 04.07.2019 dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt zur Entscheidung vor und teilte in einem mit, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf eine Teilnahme an dieser verzichtet wird.

2.       Nachstehender

S a c h v e r h a l t

wird als erwiesen festgestellt und der nachfolgenden Entscheidung zu Grunde gelegt:

Im Zuge einer Verkehrskontrolle mit Geschwindigkeitsmessungen mittels Lasermessgerät LTI 20/20 TrueSpeed am 24.03.2019 um 14:15 Uhr auf der A1 bei Salzburg Nord, Strkm 287,4 auf der Richtungsfahrbahn Wien konnte bei dem herannahenden Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ZZZ, Marke BMW X5, trotz mehrmaliger Versuche keine gültige Messung erreicht werden (Fehlermessung Code „E 01“). Bei der nachfolgenden Anhaltung der Fahrzeuglenkerin MM AA bei der Autobahnabfahrt Wallersee/Eugendorf und einer durchgeführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle wurde von den Polizeiorganen vorne hinter dem Kühlergrill ein Laserblocker der Marke „RR“ und im Fahrzeuginnenraum ein bei der Mittelkonsole verbautes Bedienteil festgestellt. Diese Geräte/Gegenstände wurde anschließend bei einer nahegelegenen Fachwerkstätte ausgebaut (1 Laserblocker, 1 Steckkarte, 1 Steuergerät) und polizeilich beschlagnahmt. Die Lenkerin rechtfertigte sich laut Anzeige dahingehend, dass sie von ihrem Mann die Information hatte, dass dieser vor ca. drei Jahren den Laserblocker hat einbauen lassen, was sie aber vergessen hatte. Gegen die Lenkerin sowie gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist jeweils ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig.

Zur

B e w e i s w ü r d i g u n g

ist auszuführen, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus der klaren und eindeutigen Aktenlage ergibt.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu erwogen:

I.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles … und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- und Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 98a Abs 1 Kraftfahrgesetz - KFG, BGBl Nr. 267/1967 idgF dürfen Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können, weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden.

Gemäß Abs 2 leg cit sind Verstöße gegen Abs 1 sowohl dem Lenker als auch dem Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs anzulasten, es sei denn der Lenker hat diese Geräte ohne Wissen des Zulassungsbesitzers im Fahrzeug mitgeführt oder in diesem angebracht.

Werden die in Abs 1 beschriebenen Geräte oder Gegenstände an oder in Fahrzeugen entdeckt, so sind gemäß Abs 3 leg cit die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht berechtigt, Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterfahrt zu setzen, bis diese Geräte oder Gegenstände ausgebaut sind. Diese Geräte oder Gegenstände sind für verfallen zu erklären.

Wesentliches Beschwerdevorbringen ist, dass der angefochtene Verfallsbescheid von der örtlich unzuständigen (Verwaltungsstraf)Behörde erlassen worden ist, da es sich bei dem Ausspruch des Verfalls gemäß § 98a Abs 3 letzter Satz KFG um eine administrative Sicherungsmaßnahme und nicht um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt.

Die Bestimmung des § 17 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; BGBl Nr. 52/1991 idgF regelt Verfallsbestimmungen, wobei in den Abs 1 und Abs 2 leg cit der Verfall auch als Strafe, in Abs 3 alleine als Sicherungsmaßnahme normiert ist.

Der Verfall von Gegenständen tritt somit in zwei unterschiedlichen Formen in Erscheinung. Zum einen kann der Verfall als Strafe für ein deliktisches Verhalten und zum anderen als bloße Sicherungsmaßnahme zur Abwehr von Gefahren ausgesprochen werden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Erscheinungsformen besteht darin, dass der Verfall als bloße Sicherungsmaßnahme anders als der Verfall als Strafe das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung nicht voraussetzt, sondern ausschließlich einer objektiv bestehenden Gefahrenlage bedarf (VwGH 21.11.2000, 2000/05/0240). Ob der Verfall als Strafe oder als Sicherungsmaßnahme vorgesehen ist, ist anhand der jeweiligen Verwaltungsvorschrift zu ermitteln (Siehe Lewisch/Fister/Weilguni, Kommentar Verwaltungsstrafgesetz, Wien 2017, 2. Auflage § 17 RZ 1).

Der Ausspruch des Verfalls als Strafe setzt aber jedenfalls voraus, dass der Verfall in der anzuwendenden Rechtsvorschrift ausdrücklich als Strafe angedroht ist wie zB in § 369 GewO oder § 52 WaffenG (RZ 3 zu § 17).

Die Bestimmung des § 98a KFG wurde mit der 34. KFG-Novelle BGBl I Nr. 9/2017 eingeführt und ist seit 14.01.2017 in Kraft. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 98a Abs 1 bis 3 KFG ergibt sich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer Verwaltungsübertretung des Lenkers als auch des Zulassungsbesitzers und dem Verfall der Geräte oder Gegenstände. Auch die Gesetzesmaterialien (1359 der Beilagen XXV. GP Regierungsvorlage - Erläuterungen) treffen keine Aussage dazu, ob der Gesetzgeber den Verfall als Strafe, Nebenstrafe oder als administrative Sicherungsmaßnahme regeln wollte (siehe Ausführungen im Erkenntnis LVwG Oberösterreich 25.02.2019).

Welche objektiv bestehende Gefahrenlage durch einen eingebauten Rader- und Laserblocker besteht und welche Gefahr abgewehrt wird, durch einen ausgesprochenen Verfall erscheint zwar hinterfragenswert, sodass sich eher der Gedanke ergibt, dass der Verfall dieser Geräte schon als (Neben)Strafe einerseits und allenfalls zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen andererseits gedacht war. Im KFG finden sich aber in aller Regel keine gesetzlichen Regelungen eines Verfalls von Gegenständen oder Geräten, mit welchen gegen kraftfahrrechtliche Bestimmungen verstoßen wird. Eine Ausnahme betrifft Manipulationseinrichtungen an einem Kontrollgerät, wobei der Verfall von diesen ausdrücklich im Strafkatalog des § 134 KFG respektive § 134 Abs 7 KFG geregelt ist.

Hätte der Gesetzgeber tatsächlich eine vergleichbare Regelung gewollt, wäre dies entsprechend gesetzlich klar zu regeln.

Zusammengefasst ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts - auch im Lichte der vorliegenden Judikatur anderer Landesverwaltungsgerichte (LVWG Steiermark vom 30.11.2017; LVWG Niederösterreich vom 10.07.2018; LVwG Oberösterreich vom 16.10.2018, vom 12.02.2019, und vom 25.02.2019) - dem Beschwerdevorbringen Recht zu geben, dass es sich bei einem ausgesprochenen Verfall gemäß § 98a Abs 3 KFG um eine administrative Sicherungsmaßnahme handelt.

Daraus ergibt sich für die Frage der örtlichen Zuständigkeit der Behörde in der Folge, dass diese nach § 3 Z 3 AVG (Hauptwohnsitz/Sitz des Beteiligten) und nicht nach § 27 VStG (Tatort) zu beurteilen ist.

Unstrittig ist der Sitz der Beschwerdeführerin als Unternehmen in AC, sodass die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig war. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Durch die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, zumal dieser ohnedies unzulässig ist, da einer Beschwerde gemäß § 13 Abs 1 VwGVG schon ex lege aufschiebende Wirkung zukommt. Von der belangten Behörde wurde die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVGtrotz eines Antrags der Beschwerdeführerin ebenfalls entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

II. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (§ 25a VwGG):

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt zwar noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Bestimmung des § 98a Abs 3 KFG vor, jedoch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Verfalls wie in der Begründung dargelegt nicht ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die Entscheidung zur Frage der örtlichen Zuständigkeit einer Behörde für einen Ausspruch des Verfalls ergab sich letztlich aus dem Gesetzestext des § 98a KFG, der keinen Interpretationsspielraum offengelassen hat.

Schlagworte

Verkehrsrecht, KFG, VStG, örtlich unzuständige Behörde, Verfallsbescheid, Laserblockgerät, Verfall, administrative Sicherungsmaßnahme, gesetzliche Regelung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.4.2754.1.2.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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