TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/19 G313 2212257-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.06.2019
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Entscheidungsdatum

19.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

Spruch

G313 1213404-3/7E

G313 2212257-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerden des XXXX, geb. XXXX, (BF1), und des XXXX, geb. XXXX, (BF2), beide StA. Serbien, vertreten durch Verein für Menschenrechte, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2018, Zlen XXXX und XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde des BF1 wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt IV. die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf drei (3) Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde des BF2 wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA betreffend den BF1 wurde diesem gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF1 gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF1 ein Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen (Spruchpunkt IV.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt V.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, auszusprechen, dass den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zukomme, die gegen die BF erlassene Rückkehrentscheidung aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu das Einreiseverbot zu beheben oder wesentlich zu verkürzen.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA betreffend den BF2 wurde der vom BF1 für den BF2 gestellte Antrag auf internationalen Schutz vom 13.07.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 ivm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF2 gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des BF2 auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.)

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, dem BF2 den Status des Asyl-, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, in eventu die gegen den BF2 erlassene Rückkehrentscheidung aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

5. Am 07.01.2019 langten die verfahrensgegenständlichen Beschwerden samt dazugehörigen Verwaltungsakten beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

6. Mit Beschluss des BVwG vom 10.01.2019 wurde der Beschwerde des BF2 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF sind Staatsangehörige von Serbien. Der BF1, Vater und im gegenständlichen Asylverfahren des BF2 dessen gesetzlicher Vertreter, stammt aus XXXX, einer Stadt aus der Provinz "Vojvodina" im Norden Serbiens, und war vor seiner Ausreise aus dem ehemaligen Jugoslawien im Jahr 1999 auch in Belgrad registriert gewesen.

1.2. Der BF1 hält sich zumindest seit 02.05.1999 überwiegend im österreichischen Bundesgebiet auf.

1.3. Festgestellt werden konnte, dass die BF der Volksgruppe der Ashkali, einer Teilgruppe der Bevölkerungsgruppe der Roma, angehören.

1.4. Die Mutter des BF2, die bei ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.02.2018 mit dem BF2 schwanger war, ist Ehegattin des BF1 und hat diesen im Mai 2018 im Bundesgebiet geheiratet. Sie hielt sich bereits im Oktober 2016 für drei Wochen in Österreich auf - weist für diesen Zeitraum auch eine Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf - und reiste dann erneut am 27.02.2018 in Österreich ein.

1.4.1. Mit die Mutter des BF2 betreffendem Bescheid des BFA vom 07.08.2018 wurde dieser kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung und - wegen Mittellosigkeit - ein auf die Dauer von drei befristetes Einreiseverbot erlassen.

Nachdem gegen diese Entscheidung fristgerecht Beschwerde erhoben worden war, wurde mit Entscheidung des BVwG vom 09.04.2019 der Beschwerde teilweise stattgegeben und das vom BFA erlassene Einreiseverbot aufgehoben und die Beschwerde gegen die Spruchpunkte über Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung abgewiesen.

1.5. Der BF1 hat mit dem BF2 und der Mutter des BF2 bzw. seiner Ehegattin einen gemeinsamen Hauptwohnsitz und abgesehen von diesen Bezugspersonen noch weitere Verwandte im Bundesgebiet.

1.6. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 02.09.2002 wurde dem BF1 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. In diesem Asylverfahren hatte der BF1 Misshandlungen durch die jugoslawische Polizei sowie eine generelle Verfolgung von Angehörigen der Volksgruppe der Ashkali im Kosovo vorgebracht und sich darüber hinaus auch auf eine schlechte wirtschaftliche Lage bezogen.

Nach strafrechtlichen Verurteilungen, zuletzt vom 16.01.2017, wurde gegen ein BF1 ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet.

Mit Bescheid des BFA vom 14.11.2017 wurde dem BF1 der Status des Asylberechtigten aberkannt und ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Nach Erhebung einer Beschwerde dagegen wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 27.06.2018 die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen und in Erledigung der Beschwerde der angefochtene Bescheid im Umfang der Spruchpunkte III, IV. und V. aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wurde dem BF1 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung des BF1 nach Serbien zulässig ist, gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückehrentscheidung betrage.

1.7. Am 13.07.2018 stellte der BF1 für sein minderjähriges Kind, den BF2, einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab:

"Mein Kind hat keine eigenen Flucht- und auch keine eigenen subsidiären Schutzgründe."

Am 05.11.2018 gab der BF1 in seiner Einvernahme vor dem BFA zu den Fluchtgründen befragt an:

"Ich möchte nicht, dass meine Frau und mein Sohn nach Serbien müssen, da es dort keine Zukunft gibt. Nachgefragt, ich möchte, dass wir alle zusammen in Österreich bleiben."

Befragt, ob der einzige Grund dafür, dass sein Sohn nicht nach Serbien zurückkehren könne, sei, dass dieser in Serbien keine Zukunft habe, gab der BF1 an:

"Ja, da die Lebensqualität nicht die gleiche ist und die Ärzte nicht gut sind in Serbien. (...)."

Dass der BF2 in Serbien - etwa aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit der Ashkali, einer Teilgruppe der Minderheitengruppe der Roma - einer (staatlichen) Verfolgung ausgesetzt wäre, oder unzumutbaren lebenseinschränkenden Bedingungen ausgesetzt wäre, konnte nicht festgestellt werden.

1.8. Der BF1 wurde im Bundesgebiet insgesamt fünf Mal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar mit

* Urteil von April 2012 wegen Erpressung, dauernder Sachentziehung, Urkundenunterdrückung, versuchter Diebstahl, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im März 2013 die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und im April 2017 die gegen den BF1 verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen wurde, mit

* Urteil von März 2013 wegen Urkundenunterdrückung, Diebstahls und dauernder Sachentziehung zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen zu je EUR 4,- (EUR 480,-), im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, mit

* Urteil von Juni 2013 wegen teilweise versuchter und teilweise vollendeter Urkundenunterdrückung, dauernder Sachentziehung, versuchten Diebstahls und teilweise versuchter und teilweiser vollendeter Entfremdung unbarer Zahlungsmittel zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei diese Strafe als Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf das Vorurteil ergangen ist, im September 2015 die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und im August 2018 die Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen wurde, mit

* Urteil von September 2015 wegen Verleumdung und falscher Beweisaussage zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, und mit

* Urteil von Jänner 2017 wegen versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe zu drei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren.

1.8.1. Der strafrechtlichen Verurteilung von September 2015 liegen folgende strafbare Handlungen des BF1 zugrunde:

Der BF1 hat im Bundesgebiet am 14.11.2014

I. vor Beamten der PI (...) bei seiner förmlichen Vernehmung als Zeuge zur Sache falsch ausgesagt, indem er behauptete, (...) habe ihn durch nachgenannte Handlungen, mithin durch gefährliche Drohungen mit dem Tod, zur Rückgabe von nachgenannten Beträgen zu nötigen versucht, nämlich

1. am 12.11.2014 durch die Aufforderung, ihm das geliehene Geld in Höhe von EUR 100,- sofort zurück zu geben, wobei er ihm zur Untermauerung ein Messer an den Bauch gehalten habe sowie

2. am 13.11.2014 durch die Aufforderung, ihm den geliehenen Bargeldbetrag in Höhe von EUR 100,- samt Zinsen in Höhe von EUR 40,-

zurück zu geben, wobei er ihm zur Untermauerung ein Messer an die Hüfte, sowie an den Hals gehalten habe,

außerdem

II. durch die unter Punkt I. angeführten Aussagen (...) der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem er ihn jeweils des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB und damit von Amts wegen zu verfolgender, mit einem Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohter Handlungen verdächtigte, wobei er wusste, dass diese Verdächtigungen falsch waren.

Der BF hat dadurch das Verbrechen der Verleumdung (zu II.) und das Vergehen der falschen Beweisaussage (zu I.) begangen.

1.9. Der BF war im Bundesgebiet ab Juni 2001 jeweils nur kurze Zeit bzw. geringfügig erwerbstätig, bezog dazwischen immer wieder Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und beantragte am 19.03.2018 für sich und seine Ehegattin bedarfsorientierte Mindestsicherung.

1.10. Fest steht, dass der BF1 an "mittelgradiger Intelligenzminderung, multiplen psychosomatischen Störungen und Dysthymie (erg.: d.i. "langanhaltende depressive Verstimmung, wobei es sich um eine affektive Störung, die aus den gleichen kognitiven und psychischen Mustern besteht, wie die Depression handelt - allerdings mit Symptomen, die weniger ernst sind, aber stattdessen weitaus länger andauern") leidet und wegen dieser psychischen Störungen in Österreich nachweislich - medikamentös - behandelt wird.

2. Zur Lage in Serbien

2.1. Sicherheitslage

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat die kosovarischen Behörden beschuldigt, bei einem ersten Besuch des Präsidenten Hashim Thaci in dem mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo sowohl die UN-Resolution 1244 vom Juni 1999 als auch das im Normalisierungsdialog 2013 erzielte Brüsseler Abkommen verletzt zu haben. Die Vorwürfe Vucics bezogen sich auf den Einsatz der Sonderpolizeieinheit "Rosu" zur Sicherung des Besuches von Thaci. Nach Angaben von Vucic sei vor Jahren mit der Nato vereinbart worden, dass die "Rosu" im Nord-Kosovo nur mit Zustimmung der Nato und lokaler serbischer Behörden zum Einsatz kommen dürfe. Dies war am Samstag nicht der Fall. In seiner TV-Ansprache forderte Vucic am Samstagabend die Kosovo-Serben zur Zurückhaltung auf. Der Normalisierungsdialog zwischen Belgrad und Prishtina müsse fortgesetzt werden, meinte er weiters. Bei der letzten Runde des Normalisierungsdialogs in Brüssel hatte sich Vucic Anfang September allerdings geweigert, seinen kosovarischen Amtskollegen auch zu treffen. Eine neue Runde wurde von EU-Vermittlerin Federica Mogherini noch nicht einberufen. Unterdessen war es in der Vorwoche seitens einiger serbischer Minister zu hören, dass in den EU-initiierten Normalisierungsdialog, der mit einem rechtlich bindenden Abkommen abgeschlossen werden soll, künftig auch die USA, Russland und China eingebunden werden sollten (derStandard 30.9.2018).

Der von der EU geleitete Dialog zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina liegt seit Anfang September auf Eis. Einen neuen Termin für die Fortsetzung der Gespräche gibt es nach wie vor nicht. Im Sommer hatten die beiden Staatschefs eine mögliche Einigung auf "Grenzkorrekturen" ins Spiel gebracht, um den jahrelangen Streit zu lösen. Serbien lehnt es nach wie vor ab, die 2008 verkündete Unabhängigkeit seiner einstigen Provinz anzuerkennen. Die Vorschläge stießen aber sowohl im Ausland als auch innerhalb der beiden Länder auf Kritik. Befürchtungen wurden laut, dass eine Grenzänderung alte Wunden in der gesamten Region wieder aufreißen könnten (derStandard 6.11.2018).

In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) hat sich die Lage beruhigt. Trotz Bemühungen sind ethnische Albaner im Justizwesen, Polizei und öffentlichen Sektor in der Region weiterhin unterrepräsentiert. Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Wojwodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. Die Verfassung von 2006 schreibt die Autonomie der Wojwodina fest. Das erstmals am 30.11.2009 verabschiedete Wojwodina-Statut wurde am 22.5.2014 in einer neuen Fassung verabschiedet. Die Lage der ethnischen Bosniaken (Muslime), die überwiegend in der südwestserbischen Region Sandžak leben, entwickelt sich im Hinblick auf Rechtslage und politische Repräsentanz positiv. Hinweise auf gezielte staatliche Repressionen gegen Bosniaken gibt es nicht (AA 9.11.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

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derStandard (30.9.2018): International, Europa, Serbien, Schwere Anschuldigungen Vucics gegenüber Prishtina, https://derstandard.at/2000088359774/Schwere-Anschuldigungen-Vucics-gegenueber-Prishtina, Zugriff 16.10.2018

-

derStandard (6.11.2018): International, Kosovo, Kurz bremst bei Visa-Liberalisierung für den Kosovo, https://derstandard.at/2000090744312/Kurz-bremst-bei-Visa-Liberalisierung-fuer-den-Kosovo?ref=rec, Zugriff 6.11.2018

2.2. Ethnische Minderheiten

Die 2006 erlassende Verfassung garantiert allen in der Republik Serbien lebenden Menschen (insbesondere Minderheiten) alle Rechte, im Einklang mit den höchsten internationalen Standards (VB 3.11.2018).

Ethnische Minderheiten beklagen Diskriminierungen in Bereichen wie Bildung und Sprache (GIZ Geschichte & Staat 9.2018). Serbien hat das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten sowie die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats ratifiziert. Die serbische Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Minderheitengesetzgebung entspricht internationalem Standard. Die serbische Regierung hat Anfang März 2016 einen Aktionsplan für Minderheiten (als Teil des Aktionsplans zum EU-Verhandlungskapitel) verabschiedet (AA 9.11.2017).

Serbien ist trotz der Folgen der ethnischen Kriege der 1990er Jahre und des Verlustes des mehrheitlich albanisch besiedelten Kosovo ein Vielvölkerstaat geblieben. Der serbische Staat garantiert gewisse Minderheitenrechte hinsichtlich der offiziellen Verwendung von Minderheitensprachen, der Gründung von Minderheitenräten als nationale Vertretung sowie der Aufhebung der Sperrklausel für ethnische Minderheitenparteien im serbischen Parlament (GIZ Gesellschaft 9.2018).

Die nationalen Minderheitenräte vertreten die ethnischen Minderheiten des Landes und verfügen über eine breite Kompetenz in den Bereichen Bildung, Medien, Kultur und Minderheitensprachen. Ethnische albanische Führer in den südlichen Gemeinden Presevo, Medvedja und Bujanovac sowie Bosniaken in der südwestlichen Region Sandzak beklagen, dass sie in staatlichen Institutionen auf lokaler Ebene unterrepräsentiert seien. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat in seinem dritten regelmäßigen Bericht über Serbien seine Besorgnis über die geringe Vertretung von Minderheiten, einschließlich Roma, in Regierungsstellen und der öffentlichen Verwaltung geäußert (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/, Zugriff 16.10.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/serbien/gesellschaft/, Zugriff 18.10.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430288.html, Zugriff 16.10.2018

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VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

2.2.1.Roma

Beim Zensus 2011 haben in Serbien knapp 150.000 Personen erklärt, sie seien Angehörige der Roma-Minderheit. Die tatsächliche Zahl dürfte laut Schätzungen der OSZE zwischen 300.000 und 500.000 liegen (Schätzungen von Roma-Verbänden gehen teilweise von 700.000 bis 800.000 aus). Die Roma sind die drittgrößte Minderheit in Serbien. Es gibt ca. 600 Roma-Siedlungen in Serbien. Problematisch ist, dass die Roma-Minderheit in sich zerstritten ist (z.B. Zwist zwischen Roma-Minderheitenrat und Vorsitz Roma-Dekade etc.). Diese Thematik hat dazu beigetragen, dass seit der Parlamentswahl vom 16.03.2014 kein Angehöriger der Roma-Minderheit mehr im Parlament vertreten ist (vorherige Legislaturperiode: ein Abgeordneter) (AA 19.11.2017).

Roma sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich. In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republikebene (Ministerium für Menschen-und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Roma im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 3.11.2018).

Im März 2016 verabschiedeten die serbischen Behörden eine neue Strategie zur sozialen Eingliederung der Roma (2016 - 2025). Es ist das jüngste einer Reihe von strategischen Dokumenten zur Integration der Roma. ECRI begrüßt die Tatsache, dass das Dokument gut strukturiert ist, klare Analysen und Ziele enthält und wichtige Integrationsfragen wie Bildung, Beschäftigung, Wohnen und Gesundheit abdeckt. Die bestehenden Daten zeigen einen großen Fortschritt: Laut UNICEF ist die Zahl der nicht registrierten und undokumentierten Roma, die von Staatenlosigkeit bedroht sind, von 30.000 auf etwa 2.000 gesunken; bis heute sind nicht mehr als 700 ohne Geburtsurkunden. Da die Registrierung und Identität von Dokumenten eine Voraussetzung für den Zugang zu vielen öffentlichen Dienstleistungen und Sozialleistungen ist, haben diese Fortschritte zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensbedingungen der neu registrierten Roma geführt. Die Behörden weisen auch darauf hin, dass 30.000 Roma-Kinder geimpft wurden, dass 1.300 Roma-Kinder im Vorschulalter eingeschrieben sind und dass 16.330 Roma Krankenversicherungskarten erhalten (ECRI 22.3.2017).

Durch das Änderungsgesetz zum Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit vom 31.8.2012 wurde eine Grundlage geschaffen, eine nachträgliche Eintragung ins Personenstandsregister für bisher nicht registrierte Personen unter vereinfachten Bedingungen zu erwirken. Damit soll der rechtliche Status insbesondere von Angehörigen der Roma-Minderheit verbessert werden. Im neuen Meldegesetz, das seit Ende 2011 in Kraft ist, wurde darüber hinaus eine Regelung aufgenommen, um Personen, die nicht über einen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zu erleichtern. Mit der "Richtlinie über das Verfahren der Verwirklichung der Rechte aus der Sozialpflichtversicherung" ist geregelt, dass Angehörige der Roma-Minderheit im System der Sozialpflichtversicherung angemeldet sein können, auch wenn sie keinen angemeldeten Wohnsitz haben, wenn sie eine persönliche Erklärung abgeben, dass sie zur Roma-Minderheit gehören und wenn sie eine persönliche Erklärung über den Ort ihres vorläufigen Aufenthaltes abgeben. Es gibt keinerlei Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma (AA 19.11.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

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CoE-ECRI - Council of Europe - European Commission against Racism and Intolerance 22.3.2017): ECRI Report on Serbia (fifth monitoring cycle) [CRI(2017)21],

https://www.ecoi.net/en/file/local/1407184/1226_1494934689_srb-cbc-v-2017-021-eng.pdf, Zugriff 19.10.2018

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VB des BM.I in Serbien (3.11.2018): Auskunft des VB, per E-Mail

2.3.Grundversorgung / Wirtschaft

Trotz der nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Die Inflationsrate betrug 2016 1,6 %. Während in der Hauptstadt Belgrad und in Teilen der Wojwodina die Durchschnittseinkommen deutlich über dem nationalen Mittelwert liegen, befinden sie sich in Südserbien und im Sandžak darunter. Nach Angaben der serbischen Regierung lebten 2016 7,3 % der Bevölkerung Serbiens (rund 492.000 Personen) unterhalb der absoluten Armutsgrenze [Die Armutsgrenze bezeichnet ein Einkommen, unterhalb dessen der Erwerb aller lebensnotwendigen Ressourcen nicht mehr möglich ist, also Armut vorliegt. Die Weltbank legt die Armutsgrenze bei einem US-Dollar pro Tag fest. In der Realität variiert der Zahlenwert für die Armutsgrenze allerdings durch unterschiedliche Lebenserhaltungskosten von Land zu Land. - Quelle:

Lexas Information Network (2016): Länderdaten, https://www.laenderdaten.de/wirtschaft/armutsgrenze.aspx; Anm.]. Flüchtlinge, bestimmte Minderheiten (namentlich Roma) und Rückkehrer sind stärker von Armut betroffen als die serbische Durchschnittsbevölkerung. Die Arbeitslosigkeit in Serbien ist rückläufig: Die Arbeitslosenrate lag 2016 bei 15,3 % (2015 bei 17,7 %), wobei einerseits von weit verbreiteter Unterbeschäftigung, andererseits jedoch auch von zahlreichen nicht statistisch erfassten (illegalen) Beschäftigungsverhältnissen auszugehen ist. Bei Jugendlichen liegt die Arbeitslosenquote bei rund 30 %. Inoffiziellen Schätzungen zufolge liegen die Zahlen weit höher (25 % bzw. 50 % bei Jugendlichen). Vielen Bürgern Serbiens gelingt es nur durch Schwarzarbeit, ihre Existenz zu sichern (AA 9.11.2017).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen. Die serbischen Behörden hatten in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts beträchtliche Fortschritte bei der Armutsbekämpfung erzielt, zwischen 2006 und 2008 wurden 200.000 Menschen aus der Armut geholt. Die anschließende Wirtschaftskrise hat jedoch diese Erfolge zunichtegemacht, Ende 2010 lag die Armutsrate bei 9,2 %, höher als vor der Krise (2007: 8,3 %). Armut in Serbien ist vor allem ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma (GIZ Wirtschaft & Entwicklung 9.2018).

Die angestrebte Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die aktuellen Wirtschaftszahlen zeigen Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung. 2016 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,7 %. Das Nettodurchschnittseinkommen liegt bei rund 375 Euro monatlich. Mit einem Anteil von knapp 50 % am Bruttoinlandsprodukt kommt dem Dienstleistungssektor eine zentrale Rolle in der serbischen Wirtschaft zu (AA 5.2018b).

Die Durchschnittspension beträgt EUR 211, Mindestpension EUR 121 für selbstständig und unselbstständig Erwerbstätige, EUR 95 für Bauern. Durchschnittseinkommen beträgt EUR 634 brutto, EUR 460 netto. Mindesteinkommen beträgt EUR 286 brutto, EUR 213 netto. Existenzminimum/relative Armutsgrenze liegt bei EUR 126 und offizielle Armutsgefährdungsquote bei 25,4 % (Sozialattaché für Serbien 23.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Serbien, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/wirtschaft/207504, Zugriff 24.10.2018

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AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 24.10.2018

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Sozialattaché für Serbien (23.4.2018): Auskunft des Sozialattachés, per E-Mail

2.3.1.Sozialbeihilfen

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (GIZ Wirtschaft & Entwicklung 9.2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausbezahlt (AA 9.11.2017).

Das soziale Wohlfahrtssystem ist durch Sozialämter organisiert. Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Es ist für die finanzielle Unterstützung von Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderung, älteren Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, sich um sich selbst zu kümmern, Waisenkinder, Familien mit z.B. drogen- oder alkoholabhängigen Familienmitgliedern, im Gefängnis Einsitzende, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern und für Opfer häuslicher Gewalt. Zugang zu staatlichen Dienstleistungen (Krankenversicherung und Rente) wird durch das Sozialhilfezentrum gewährleistet. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich. Sozialhilfe kann beantragt werden, wenn man bei der lokalen Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet ist oder auf Mindestlohnniveau arbeitet (IOM Country Fact Sheet 2018).

Real sind bis zu 42 % der BürgerInnen armutsbedroht. Sozialhilfe beträgt EUR 68 für 1-köpfige Haushalte, EUR 87 für 2-köpfige Haushalte, EUR 103 für 3-köpfige Haushalte usw. (Sozialattaché für Serbien 23.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 24.10.2018

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IOM - International Organization for Migration (Autor), veröffentlicht von ZIRF - Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (2018): Serbia - Country Fact Sheet 2018, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Serbien_DE.pdf, Zugriff 29.10.2018

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Sozialattaché für Serbien (23.4.2018): Auskunft des Sozialattachés, per E-Mail

2.4.Medizinische Versorgung

Das serbische Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Die folgenden Kosten und Leistungen sind von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs

Jahren: volle medizinische Leistungen abgedeckt, einschließlich präventive und regelmäßige Chek-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege; Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19

Jahren: wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Wenn einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzt, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM Country Fact Sheet 2018).

In Serbien gibt es eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung. Ärztliche Notfallversorgung ist grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Nachgewiesene Fälle der Behandlungsverweigerung in öffentlichen Einrichtungen sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt. Kostenfrei behandelt werden, unabhängig vom Status des Patienten, grundsätzlich folgende Krankheitsbilder: Infektionskrankheiten (u.a. Aids), Psychosen, rheumatisches Fieber und dessen Auswirkungen, maligne Erkrankungen, Diabetes, Epilepsie, endemische Nephropathie, progressive Nerven- und Muskelerkrankungen, zerebrale Paralyse, multiple Sklerose, zystische Fibrose und Hämophilie, außerdem anerkannte Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz. Darüber hinaus sind lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen für alle Patienten kostenlos. "Obligatorische" Impfungen sowie gezielte präventive Untersuchungen (staatliches "Screening") sind ebenfalls kostenlos. In staatlichen Krankenhäusern entsprechen hygienische Standards und Verpflegung nicht immer westlichen Vorstellungen. Für Operationen gibt es oft Wartelisten, lebensbedrohliche Erkrankungen werden im Regelfall sofort behandelt. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden (AA 19.11.2017).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 15.10.2018c).

In der ersten Hälfte des zurückliegenden Jahrzehnts hat die serbische Regierung mithilfe der Weltbank eine Reform des Gesundheitswesens in Angriff genommen. So wurde die Transparenz im Gesundheitssystem, insbesondere im privaten Sektor wesentlich erhöht. Die Ausgaben des Versicherungsfonds konnten stabilisiert werden. Ein modernes Medizinkonzept, das den Schwerpunkt auf Vorsorge und Präventivmedizin setzt, wurde eingeführt. Die Strukturprobleme des serbischen Gesundheitswesens sind allerdings geblieben. Das bezieht sich vor allem auf die steigende Finanzierungslücke durch das öffentliche Krankenversicherungssystem, das auf eine alternde Bevölkerung und einen niedrigen Beschäftigungsgrad zurückgeht (GIZ Gesellschaft 9.2018).

Die folgenden Personengruppen ohne Einkommen sind gesetzlich krankenversichert: Kinder unter 15 Jahren, Schüler und Studenten bis zum Ende der regulären Ausbildung (maximal bis zum Erreichen des 26. Lebensjahres), Frauen während der Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft bis ein Jahr nach der Geburt, Personen über 65 Jahren, sozial bedürftige Personen, dauerhafte Bezieher von Sozialhilfe oder anderen materiellen Hilfen, Arbeitslose und Personen mit einem Einkommen unter einer gesetzlich festgelegten Grenze, Personen, die Nothilfe benötigen, Personen, die Volkszugehörige der Roma sind, Flüchtlinge und Vertriebene, Personen mit Behinderungen, Patienten mit chronischen Krankheiten: HIV/AIDS Patienten, Autoimmunerkrankungen, Infektionskrankheiten, bösartige/onkologische Erkrankungen, Dialysepatienten, Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 (insulinpflichtig), chronische Psychosen (Schizophrenie), bipolare Störungen, Epilepsie, multiple Sklerose (MS), Transplantationspatienten (SEM 17.5.2017)

Behandelbare Krankheiten:

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Insbesondere fehlt eine nationale Organspenderdatenbank. Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch krankengymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 19.11.2017).

Die Behandlung von bösartigen Erkrankungen einschließlich Chemotherapie und Strahlentherapie sowie Vorsorgeuntersuchungen ist von der gesetzlichen Krankenversicherung abgedeckt. Generell sind bei den meisten Krebsarten Behandlungen möglich (MedCOI Country Fact Sheet Serbia 2017).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujano- vac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden (AA 19.11.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

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AA - Auswärtiges Amt (15.10.2018c): Serbien, Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 29.10.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Serbien, Gesellschsft, https://www.liportal.de/serbien/gesellschaft/, Zugriff 18.10.2018

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IOM - International Organization for Migration (Autor), veröffentlicht von ZIRF - Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (2018): Serbia - Country Fact Sheet 2018, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_Serbien_DE.pdf, Zugriff 29.10.2018

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MedCOI (2017): Country Fact Sheet Serbia 2017, Summary

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SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (ehemals: Bundesamt für Migration) (17.5.2017): Focus Serbien; Medizinische Grundversorgung, insbesondere in Südserbien, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/europa-gus/srb/SRB-med-grundversorgung-d.pdf, Zugriff 29.10.2018

2.5.Rückkehr

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es bisher weder de iure noch de facto. Besondere staatliche Auffang- bzw. Aufnahmeorganisationen für zurückkehrende Bedürftige gibt es nicht; grundsätzlich sind die Sozialämter in den einzelnen Städten und Gemeinden mit der Wahrnehmung solcher Aufgaben betraut. Im Bedarfsfall kann bei rechtzeitiger Ankündigung (auf Zeit oder auf Dauer) eine Unterbringung in staatlichen Waisenhäusern erfolgen. Faktisch setzt die Regierung (inoffiziell) auf die im Allgemeinen funktionierenden verwandtschaftlichen Beziehungen der Betroffenen im Gastland. In Erfüllung der im Rahmen des im Jahr 2008 in Kraft getretenen Rückübernahmeabkommens mit der EU übernommenen Verpflichtungen verabschiedete die serbische Regierung im Februar 2009 die "Strategie zur Reintegration von Rückkehrern im Rahmen eines Rückführungsabkommens". Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält (AA 19.11.2017).

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein "Build Your Future"-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM Country Fact Sheet 2018).

In Zusammenarbeit mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen werden Hilfsleistungen und Unterstützung für intern Vertriebene (Kosovo), Flüchtlinge, Asylwerber, Staatenlose und andere hilfsbedürftige Personen bereitgestellt (USDOS 20.4.2018).

Die Situation der 200.000 innerhalb Serbiens lebenden Flüchtlinge (Kosovovertriebene) ist weiterhin nicht die Beste. Es gibt zwar nur mehr ein Erstaufnahmelager in Serbien selbst mit 52 dort aufhältigen Personen, aber noch fünf im Nordkosovo. Von den 200.000 Vertriebenen wird die Unterbringungs- und Wirtschaftssituation von ungefähr 1/3 - genannt wurde die Zahl 70.000 - als sehr schlecht beschrieben. Ihre Integration in Gemeinden in Serbien ist vor allem dann, wenn sie der ROMA Minderheit angehören, schwierig und langwierig (VB 3.11.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.11.2017): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG

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IOM - International Organization for Migration (Autor), veröffentlicht von ZIRF - Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (2018): Serbia - Country Fact Sheet 2018, http://files.returningfromgermany.de/fil

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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