TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/6 W252 2169925-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2019
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Entscheidungsdatum

06.08.2019

Norm

AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W252 2169925-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., IV., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattgegeben und werden die Spruchpunkte I., II., IV., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und wird aufgrund des Antrags von XXXX vom 17.12.2018 die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter um zwei weitere Jahre gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 verlängert.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 23.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wurde am gleichen Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 06.07.2017 durch das Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

2. Das Bundesamt wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheiden sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

3. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht.

4. Mit Erkenntnis vom 27.02.2018 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zu (Spruchpunkt II.) und erteilte dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.02.2019 (Spruchpunkt III.).

Hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts festgehalten, dass sich aus den Berichten zur Dürrekatastrophe in Somalia nach wie vor eine prekäre Versorgungslage ergebe, wobei sich die humanitäre Lage in Somalia weiter verschlechtere. Überdies verfüge der BF über keine Unterstützungsmöglichkeiten durch Familienangehörige. Deshalb müsse angenommen werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit einen notdürftigsten Lebensunterhalt erwirtschaften könne. In Zusammenschau dieser Faktoren sei davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung entgegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Feststellungen zur Lage in Somalia würden auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom April 2016 beruhen.

5. Am 17.12.2018 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

6. Am 08.01.2019 wurde der BF vom Bundesamt gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 niederschriftliche einvernommen. Der BF wurde zu seinen Deutschkenntnissen, Arbeits- und Integrationsbemühungen und Wohnumständen befragt. Auf Vorhalt der Behörde, dass beabsichtigt sei, ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, gab der BF an, dass er dazu nichts sagen wolle. Nachgefragt warum, gab der BF an, dass er einmal einen Schutz bekommen habe, wenn die Behörde das prüfen müsse und ihm den Schutz wegnehmen wolle, was solle er dazu sagen.

7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 11.01.2019 wurde dem BF mit Erkenntnis vom 27.02.2018 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II.). Der Antrag des BF vom 17.12.2018 auf Verlängerung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde abgewiesen (Spruchpunkt III.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt VI.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VII.).

Folgende Feststellungen wurden im Wesentlichen dem Bescheid zugrunde gelegt:

Der BF heiße XXXX und sei am XXXX geboren. Er stamme aus Somalia, und sei gesund und arbeitsfähig. Der BF gehöre der Volksgruppe der Sheikhal an und sei sunnitischer Moslem.

Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Situation des BF im Fall seiner Rückkehr wurde festgestellt, dass der BF die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorlägen. Es liege eine wesentliche, dauerhafte und für den BF relevante Änderung der damaligen Umstände in seinem Heimatland vor. Der damalige subsidiäre Schutz sei aufgrund der damaligen Lage und Dürresituation gewährt worden. Aufgrund der dem Bundesamt zugegangenen Situationen erscheine jedoch eine Rückkehr nach Somalia, speziell nach Mogadischu nicht mehr unmöglich.

Unter Berücksichtigung aller bekannter Umstände könne nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für diesen als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr eine konkrete Verfolgung oder Bedrohung in Somalia zu befürchten hätte. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Somalia im Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht zu sein. Es könne nicht erkannt werden, weshalb konkret der BF einem größeren Risiko einer realen Gefahr ausgesetzt sein würde, als die restliche Bevölkerung von Somalia.

Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der BF bei einer Rückkehr in seiner Existenz bedrohenden Notlage gedrängt würde oder den Verlust seiner Lebensgrundlage zu erleiden hätte.

Der BF sei im arbeitsfähigen Alter und könne in Somalia einer Arbeit nachgehen. Es stehe fest, dass der BF in seiner Heimat Berufserfahrung gehabt habe. Es stehe fest, dass die Erwirtschaftung des Lebensunterhaltes des BF durch seine Arbeitsfähigkeit gewährleistet sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat Gefahr laufen würde, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse nicht befriedigen zu können und in einer ausweglosen beziehungsweise existenzbedrohende Notsituation zu geraten.

Es stehe fest, dass der BF aufgrund seiner Arbeitserfahrung durch eigene Anstrengungen eine Arbeitsstelle in seiner Heimat finden werde, sei es auch eine Gelegenheitsarbeit. Es könne somit festgestellt werden, dass der BF seinen Lebensunterhalt durch selbstständige Arbeit decken und somit auch seine Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft befriedigen könne.

Eine Rückkehr nach Somalia sei dem BF zumutbar.

Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass der BF arbeitsfähig, gesund und im erwerbsfähigen Alter sei. Er verfüge über Berufserfahrung. Überdies gebe es für Rückkehrer laut der Staatendokumentationsanfrage vom 11.05.2018 organisierte Berufsausbildungskurse, wirtschaftliche Starthilfe oder Berufsberatung. Der BF verfüge bereits über Berufserfahrung in Somalia, dies sei seinem Lebenslauf zu entnehmen, den der BF im Aberkennungsverfahren vorgelegt habe. In diesem Lebenslauf scheine auf, dass der BF in Somalia bereits als Reinigungskraft, Lagerarbeiter und Malerhelfer gearbeitet habe. Der BF habe das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht über seine eigentliche Berufserfahrung getäuscht, weil er diese Angaben im Verfahren über den internationalen Schutz verschwiegen habe.

Überdies sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der zwischenzeitig unterbrochene Kontakt zu den weiteren Verwandten im Heimatland nicht wiederhergestellt werden könne.

Den Länderinformationsblättern ist zu entnehmen, dass die Volksgruppe (Anmk. BVwG: wohl gemeint "Clan") der Sheikhal traditionell respektiert und von den Clans bei denen sie leben geschützt werden. Der Clan der Sheikhal sei eng mit dem der Hawiye/Hirab assoziiert und sei demnach könne ein Sheikhal auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte in Mogadischu aufgenommen werden.

Dass der BF bei seiner Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ergebe sich aus eine Zusammenschau der Länderinformationen und den Angaben des BF.

In der rechtlichen Beurteilung stützte sich die belangte Behörde auch ausdrücklich darauf, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden (§ 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG). Die Lage in Somalia habe sich nachhaltig geändert. Es liege eine wesentliche, dauerhafte und für den BF relevante Änderung der damaligen Umstände im Heimatland des BF vor. Dem BF sei aufgrund der damaligen Dürre- und Versorgungssituation in Verbindung fehlender familiärer Anknüpfungspunkte, sowie dem Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative der Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt worden.

Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die Gründe für den subsidiären Schutz insofern nicht mehr gegeben seien, als sich inzwischen die Dürre- und Versorgungslage in Somalia wesentlich verändert habe.

7. Mit Schriftsatz vom 12.02.2019 (am selben Tag eingebracht) erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des Bescheides und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Behörde zu Unrecht annehme, dass sich die Verhältnisse in Somalia dauerhaft geändert hätten, es stehe fest, dass es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gebe, speziell bei IDPs in Mogadischu. Zu Unrecht gehe das Bundesamt davon aus, dass der BF einen Arbeitsplatz finden würde, insbesondere in Mogadischu. Die Gründe weshalb ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, seien somit nicht weggefallen.

8. Mit Schriftsatz vom 19.02.2019 (eingelangt am 21.02.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.02.2019 eine Strafregisterabfrage durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Dem BF wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.02.2018 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ist diese Entscheidung rechtskräftig. Begründet wurde festgestellt, dass dem BF die Rückkehr nach Somalia aufgrund der prekären Versorgungslage, die aufgrund der Dürrekatastrophe entstanden ist, nicht zumutbar ist. Überdies verfüge der BF über keine Unterstützungsmöglichkeiten durch Familienangehörige. Eine innerstaatlichen Fluchtalternative liegt nicht, weil der BF weder in Mogadischu noch in Nordsomalia über Familie verfügt, bzw. die prekäre Versorgungslage auch Mogadischu bzw. Nordsomalia betrifft. . Die Länderfeststellungen sind im Bescheid wiedergegeben.

1.2. Die allgemeine Lage in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.

1.3. Die persönliche Situation des BF hat sich nicht wesentlich geändert. Es wird festgestellt, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk oder einen Bekanntenkreis in Somalia, insbesondere in Mogadischu, verfügt. Deshalb kann nicht festgestellt werden, dass er von der allgemein schlechten Lage im Falle einer Rückkehr weniger intensiv betroffen wäre.

Er ist Angehöriger des Clans der Sheikhal. Er kann im Falle einer Rückkehr nach Somalia, konkret nach Mogadischu, keine ausreichende Hilfe durch dem Clan der Sheikhal und/oder dem dort vorherrschenden Clan der Hawiye/Hirab erwarten.

1.4. Die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.

1.5. Die Lage in Somalia hat sich auch aus anderen Gründen nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen.

1.6. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zur Frage der Gewährung subsidiären Schutzes ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.02.2018, W211 XXXX . Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Somalia und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich des dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.02.2018, W211 XXXX und dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 11.01.2019 zugrundeliegenden Länderberichte, nämlich der Länderinformationsblätter (in der Folge: LIB) der Staatendokumentation zu Somalia vom April 2016 (in der Folge LIB 2016) bzw. vom 12.01.2018 (aktualisiert am 17.09.2018, in der Folge LIB 2018).

2.1. zu 1.1. Dass bzw. aus welchen Gründen dem BF mit dem näher angeführten Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.02.2018, W211 XXXX . Dass das Erkenntnis, mit dem dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, rechtskräftig wurde, ergibt sich daraus, dass der BF gegen dieses keine Beschwerde erhoben hat. Das Erkenntnis ist somit betreffend den Spruchpunkt über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten für die Parteien bindend.

2.2. zu 1.2. Die Feststellung, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia, insbesondere in Mogadischu im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der dem Erkenntnis vom 27.0.2018 und dem angefochtenen Bescheid vom 11.01.2019 zugrundeliegenden Länderberichte wie oben angeführt.

Was die Sicherheitslage in Süd- und Zentralsomalia wie auch in Mogadischu anbelangt, kann nicht von einer wesentlichen Verbesserung ausgegangen werden, weil auch die aktuellen Länderberichte zeigen, dass es kaum Schutz gegen Übergriffe gibt, der Einfluss von AMISOM häufig nur auf die Stadtzentren beschränkt ist und Gebiete auch unter der Kontrolle der al Shabaab stehen. Gerade was die Situation der Zivilisten anbelangt zeichnen die Länderberichte ein schlechtes Bild und wird von Menschenrechtsverletzungen und gezielten Anschlägen gegen Zivilisten berichtet. Durch die Dürresituation verschärfte sich die Lage. Die Zahl von Gewalt gegen Zivilisten ist seit 2013 konstant, doch steigt die Anzahl der Todesopfer. Auch für Mogadischu wird von zahlreichen Anschlägen mit zivilen Opfern berichtet und ist etwa der Einsatz von Artillerie im Steigen begriffen. Eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage kann somit nicht festgestellt werden.

Hinzu kommt, dass Somalia von einer großen, notorisch bekannten Dürreperiode betroffen war und es zwar zwischenzeitig zu Regenfällen kam, die allgemeine Versorgungslage aber - wie sich aus den im Rahmen der Verhandlung eingeführten Länderberichten ergibt - noch nicht nachhaltig gebessert hat. Dazu wird näher ausgeführt wie folgt:

Im Kapitel "Grundversorgung/Wirtschaft" wird im LIB 2018 neu angeführt: "Generell hätte Somalia großes wirtschaftliches Potential..." (S. 122). In der Folge wird aber festgehalten, dass dieses Potential die aktuelle Lage nicht reflektiert: "Doch noch gehört Somalia zu den ärmsten Ländern der Erde. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung kann sich nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen (Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017; vgl. Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017)." (LIB 2018, S. 122)

Hinsichtlich der Dürresituation wird im LIB 2018 zusätzlich Folgendes ausgeführt:

"Vier aufeinanderfolgende Regenzeiten sind ausgefallen. Diese Dürre hat nahezu zu einem Gesamtausfall der Ernte geführt und zur Reduzierung der Arbeitsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten beigetragen. Die Dürre hat zu Engpässen bei Wasser und Weideland geführt - und in der Folge zur Verendung von Viehbestand. Insbesondere ärmere Haushalte haben Probleme, die stark angestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel bezahlen zu können; und andererseits können sie durch den Verkauf von Vieh kaum Einkommen erwerben (World Bank, Somalia Economic Update, 18.7.2017). Drei Jahre Dürre haben zu einer humanitären Krise geführt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Nahrungsmittelknappheit, von Kindersterblichkeit und Unterernährung betroffen. Rund 60% des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Dabei hat die Dürre Auswirkungen auf alle ökonomischen Aktivitäten in Somalia, darunter Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei. Mittlerweile machen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Dürre auch substantiell im Bundesbudget bemerkbar (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 05.09.2017). Allerdings ist der Schaden an Leben und Lebensbedingungen - vor allem von Frauen, Kindern und Benachteiligten - enorm (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017). (...) Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017). Die Versorgungslage ist durch geringe Ernteerträge und Trockenperioden anhaltend schlecht. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage und Einschränkungen durch die Aktivitäten diverser Milizen, ist es für humanitäre Organisationen eine Herausforderung benachteiligte Bevölkerungsteile zu erreichen (Österreichische Botschaft Nairobi, Asylländerbericht Somalia, September 2016).

Zu Beginn des Jahres 2017 hatte sich die humanitäre Lage in Somalia mit alarmierender Geschwindigkeit verschlechtert. Der somalische Präsident hat am 28.02.2017 den nationalen Notstand ausgerufen und um verstärkte Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebeten (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017). Am 02.02.2017 wurde für Somalia eine Alarm-Erklärung hinsichtlich einer bevorstehenden Hungersnot ("pre-famine alert") ausgegeben. Danach wurden humanitäre Aktivitäten weiter hochgefahren (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...) Die somalische Regierung hat aufgrund der Lage in Zusammenarbeit mit humanitären Kräften die Planung von einer Reaktion auf die Dürre ("drought response") bereits auf die Prävention einer Hungersnot ("famine prevention") umgestellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Nur die rasche Unterstützung internationaler humanitärer Partner und somalischer Organisationen hat eine Hungersnot verhindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...)

Das Risiko einer Hungersnot besteht jedoch auch weiterhin (Famine Early Warning System Network, Somalia Food Security Outlook Update December 2017, 30.12.2017; vgl. United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017; UN High Commissioner for Refugees, Fact Sheet, Somalia, 1-30 November 2017, 30.11.2017)." (S. 127f.)

"70% der Menschen, die unmittelbar auf Hilfe angewiesen sind, befinden sich in Süd-/Zentralsomalia, wo der Zugang durch Sicherheitsprobleme und die al Shabaab behindert wird (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017); dies betraf sowohl Gebiete außerhalb der als auch unter Kontrolle von al Shabaab. (...) [Al Shabaab hat] humanitäre Hilfe von außen auch diesmal behindert oder blockiert; die Einhebung von Steuern verstärkt; humanitäre Bedienstete entführt; und Hilfslieferungen an Straßensperren besteuert. Immerhin wurde diesmal vor der Dürre Flüchtenden in manchen Fällen die Weiterreise gewährt. Auch Behörden haben die Arbeit humanitärer Kräfte auf unterschiedliche Art behindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017; vgl. US Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, 03.03.2017). (...) Dabei behindert al Shabaab nach wie vor den Zugang zu Menschen in Not auf dem Gebiet unter Kontrolle dieser Gruppe (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018, S. 129)

"Insgesamt erreichen Hilfsprojekte der UN oder von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel aber nicht die gesamte Bevölkerung. (...) Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018, S. 132)

Am 17.09.2018 wurde im LIB 2018 eine neue Kurzinformation betreffend "positiver Trend bei Versorgungslage" eingefügt (S. 6ff.), die sich vor allem auf eingetretene Regenfälle und Prognosen hinsichtlich einer Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung bezieht: "Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018; vgl. UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). (...) Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Food security improving but recovery remains fragile, 02.09.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden. (...) Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018; vgl. FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network, FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release, 01.09.2018)

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (Worldbank, World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia, 06.09.2018)."

Die Feststellung, die Versorgungslage habe sich grundlegend verbessert, hat die belangte Behörde nicht näher begründet. Auch ein Vergleich der Länderberichte hat dies - wie oben dargelegt - nicht ergeben. Aus diesen ist vielmehr ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. Einerseits erreicht die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Einerseits mögen die einsetzenden Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits führen sie auch vermehrt zu Überschwemmungen, was wiederum die Versorgungslage beeinträchtigt. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und hat die belangte Behörde eine wesentliche Verbesserung auch sonst nicht näher begründet oder nachgewiesen.

2.4. zu 1.3. Die Feststellung, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk in Somalia verfügt, ergibt sich aus den Aussagen des BF in der Einvernahme vom 08.01.2019 (AS 29). Wie bereits im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der BF an, dass er das letzte Mal 2017 Kontakt zu seiner Familie gehabt habe und auch ihren momentanen Aufenthaltsort nicht kenne. Die Aussagen bezüglich dem Verbleib der Familie waren im ganzen Verfahren gleichbleibend und deshalb hat die erkennende Richterin keinen Zweifel die Angaben für wahr zu erachten.

Aus der Einvernahme, dem Bescheid oder der Beschwerde ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Verwandte zum Unterhalt des BF beitragen könnten.

Wenn das Bundesamt in seinem Bescheid auf die Arbeitsmöglichkeiten des BF Bezug nimmt, so ist darauf zu verweisen, dass das Bundesamt auch damit keine Änderung der Voraussetzungen, unter denen dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, darstellt, schließlich wurde die Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung über den subsidiären Schutz nicht in Frage gestellt. Indem die belangte Behörde eine abweichende Beweiswürdigung dieses Umstandes vornimmt, versucht sie vielmehr die Rechtskraft des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides zu durchbrechen, um eine abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes durchzusetzen.

Das Bundesamt geht im angefochtenen Bescheid jedoch davon aus, dass dem BF nunmehr eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mogadischu offenstehe und begründet dies damit, dass der BF aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Clan der Sheikhal auf Unterstützung des in Mogadischu angesiedelten Mehrheitsclan der Hawiye/Hirab zurückgreifen könne. Dieser Annahme kann angesichts des Umstandes, dass in den Länderberichten diesbezüglich keine Aussagen getroffen werden, nicht gefolgt werden. So führt das LIB hierzu an:

"Generell gilt, dass eine Einzelperson immer dann in der "Minderheiten"-Rolle ist, wenn sie sich auf dem Gebiet eines anderen Clans aufhält. Sie verliert so die mit ihrer Clanzugehörigkeit verbundenen Privilegien. Sie gilt als "Gast" in dem Territorium, was sie in eine schwächere Position bringt als die "Gastgeber". In diesem System von "hosts and guests" sind also Personen, die sich außerhalb des eigenen Clanterritoriums niederlassen, gegenüber Angehörigen des dort ansässigen Clans schlechter gestellt.

Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem BF bei einer Rückkehr eine derartige Unterstützung durch einen fremden Clan (Hawiye) zu Teil wird, die mit der Unterstützung durch den Jilib innerhalb der eigenen Clanfamilie vergleichbar wäre.

Eine Änderung der persönlichen Situation des BF ist insofern nicht eingetreten, als der BF weiterhin, wie bereits bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes, kein familiäres unterstützendes Netzwerk in Somalia hat und ihm auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Clan Sheikhal keine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mogadischu zukommt. Auch sind sonst keine Umstände hervorgekommen, welche zu einer maßgeblich verbesserten Situation des BF im Fall einer Rückkehr führen würden.

2.5. zu 1.4. Die Feststellung, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich des Kapitels "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge" des LIB 2012 und des LIB 2018, das in dieser Hinsicht nicht wesentlich geändert wurde und jedenfalls nicht darauf schließen lässt, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hätte. Vielmehr wurde es um die Informationen ergänzt, dass al Shabaab mitverantwortlich dafür ist, dass von der Dürre betroffene Personen aus ihrer Heimat fliehen mussten, da die Gruppe humanitäre Hilfe behindert und Blockaden betreibt (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017), es vor allem in Mogadischu weiterhin zur Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IDPs kommt (Amnesty International, Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia 22.02.2017) und IDPs in Somalia zu den am meisten gefährdeten Personengruppen gehören (Ministerie von Buitenlandse Zaken, Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië November 2017), sowie dass IDPs über die Maßen von der Dürre betroffen sind (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017). (LIB 2018, S. 120f.) Die aktuellen Länderberichte lassen einen solchen Schluss also nicht zu und wurde eine solche Änderung von der belangten Behörde auch nicht vorgebracht.

2.6. zu 1.5. Die Feststellung, dass sich auch aus sonstigen Gründen die Lage in Somalia im Vergleich nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert hat, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass sich solche Gründe aus den aktuellen Länderberichten (LIB der Staatendokumentation zu Somalia, 12.01.2018, am 17.09.2018 aktualisiert) nicht ergeben und auch sonst nicht hervorgekommen sind. Schließlich weist auch die Staatendokumentation selbst in ihrer dem inhaltlichen Teil des Länderinformationsblatts zu Somalia vorangehenden "vergleichenden länderkundlichen Analyse i.S. § 3 Abs. 4a AsylG" darauf hin, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in Somalia gekommen ist.

2.7. zu 1.6. Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Weder ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte, noch das Vorbringen des BF in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde vom 09.01.2019, dass diese für ihre Entscheidung herangezogen hat, lassen einen solchen Schluss zu. Auch die belangte Behörde hat eine Änderung von diesem Ausmaß in ihrem Bescheid in keinster Weise nachgewiesen, sondern lediglich unsubstantiiert behauptet, die Lage habe sich verbessert, oder sich auf Prognosen und Stehsätze beschränkt. Der Umstand, dass heftige Regenfälle zu den schlimmsten Überflutungen seit 60 Jahren führen (was zwar im Vergleich zur langjährigen Dürre als Veränderung, jedoch keinesfalls als Verbesserung der Lage gesehen werden kann) lässt nicht darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF nicht mehr vorliegen; andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Spruchpunkt I. Stattgabe und ersatzlose Behebung

3.1.1. Einleitend wird festgehalten, dass sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 12.10.2018 bezüglich des Aberkennungstatbestendes explizit auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützt hat und begründend ausführt, dass die Gründe für die Erteilung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen. Auch der Spruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich ausschließlich auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 AsylG. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG handelt (vgl. Bescheid S. 137f.: " Die zweite Variante für den Aberkennungstatbestand der Ziffer 1 leg. cit das ‚nicht mehr Vorliegen ' stellt auf eine Änderung der Umstände (in Bezug auf den Zeitpunkt der ersten Entscheidung ab."

3.1.2. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.

3.1.3. Zur richtlinienkonformen Interpretation:

Artikel 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:

"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."

Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:

"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."

In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des

6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).

3.1.4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.02.2018 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt. Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass sich aus den Berichten zur Dürrekatastrophe in Somalia nach wie vor eine prekäre Versorgungslage ergebe, wobei sich die humanitäre Lage in Somalia weiter verschlechtere. Überdies verfüge der BF über keine Unterstützungsmöglichkeiten durch Familienangehörige. Deshalb müsse angenommen werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit einen notdürftigsten Lebensunterhalt erwirtschaften könne. In Zusammenschau dieser Faktoren sei davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung entgegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Soweit die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, es könne nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Vielmehr hat sich neben der Sicherheitslage auch die Versorgungslage durch die unmittelbar auslaufende Dürreperiode verschlechtert. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des BF wurde von der belangten Behörde nicht schlüssig dargetan. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des BF ist weiterhin als volatil anzusehen, und kommt entgegen der Annahme im angefochtenen Bescheid auch weiterhin eine innerstaatliche Fluchtalternative des BF nach Mogadischu mangels Vorliegen eines familiären Unterstützungsnetzwerkes respektive einer Unterstützung durch das Clansystem nicht in Betracht. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt ist nicht davon auszugehen, dass der BF als Angehöriger des Clans der Sheikhal auf eine Unterstützung des dort vorherrschenden Hawiye Clans zurückgreifen kann.

Das Bundesamt hat somit auf Grundlage eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts eine andere Beweiswürdigung vorgenommen bzw. andere (rechtliche) Schlüsse gezogen als das das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 27.02.2018.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

3.1.5. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war.

3.2. Zu A) Spruchpunkt II. Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Wie oben bereits ausführlich dargelegt, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF weiterhin vor, da insbesondere nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Gründe, aus denen dem BF der Status zuerkannt wurde, nachhaltig und wesentlich geändert hätten. Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF für die Dauer von zwei weiteren Jahren zu verlängern war.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor, und lässt die mündliche Erörterung eine weiterer Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung, subsidiärer Schutz, Voraussetzungen,
Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W252.2169925.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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