TE Vwgh Beschluss 2019/9/19 Ra 2019/14/0425

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Veröffentlicht am 19.09.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §55
VwGG §26 Abs1 Z1
VwGG §26 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §61

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2019, I411 1314905-2/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt A) 1.) des angefochtenen Erkenntnisses richtet, zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte erstmals am 20. Juli 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, politische Probleme in Nigeria zu haben. 2 Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. September 2007 wurde der Antrag abgewiesen, dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten und der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt sowie ausgesprochen, dass er nach Nigeria ausgewiesen werde.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28. Juni 2013 als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung wurde rechtskräftig.

4 Am 1. Juni 2015 stellte der Revisionswerber einen Antrag nach § 55 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.

5 Am 12. November 2015 stellte der Revisionswerber einen Folgeantrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005, den er im Wesentlichen damit begründete, auf die offizielle Bestätigung seiner Partei, dass es in Nigeria für ihn nicht sicher sei, gewartet zu haben.

6 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. September 2016 wurde der (Folge-)Antrag des Revisionswerbers vom 12. November 2015 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen, dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, sowie ausgesprochen, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe nicht.

7 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27. September 2016 wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 1. Juni 2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.

8 Gegen beide Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde vom Revisionswerber jeweils gesondert Beschwerde erhoben.

9 Mit Spruchpunkt A) 1.) des nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnisses wurde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerde gegen den Bescheid vom 8. September 2016 als unbegründet abgewiesen. Mit Spruchpunkt A)

2.) dieses Erkenntnisses wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. September 2016 als unbegründet abgewiesen. Unter einem wurde ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei. 10 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zu Spruchpunkt A) 2.) im Wesentlichen aus, die Behörde habe den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu Recht als unzulässig zurückgewiesen, zumal der Revisionswerber aufgrund seiner Folgeantragstellung gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei und somit ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz im Sinne des § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 vorliege.

11 Das Erkenntnis wurde der damaligen Vertretung des Revisionswerbers am 13. Mai 2019 zugestellt.

12 Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2019 richtete der Revisionswerber an den Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, den er damit begründete, er wolle Revision erheben, weil das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis aktenwidrig davon ausgehe, dass dem Revisionswerber im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 27. September 2016 ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 zugestanden sei. Er habe jedoch kein Aufenthaltsrecht gehabt, da sein Folgeantrag zurückgewiesen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden sei.

13 Diesem Schriftsatz wurde eine Kopie der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27. September 2016 angeschlossen.

14 Mit Beschluss vom 19. Juni 2019, Ra 2019/21/0174-2, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof dem Revisionswerber die Verfahrenshilfe für die Verfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision im erkennbar beantragten Umfang, nämlich nur gegen Spruchpunkt A) 2.) des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2019 (betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005).

15 In der vorliegenden, beim Bundesverwaltungsgericht am 19. August 2019 eingebrachten und gegen die Spruchpunkte A) 1.) und A) 2.) des Erkenntnisses gerichteten Revision wird zu ihrer Rechtzeitigkeit zusammengefasst vorgebracht, aus dem Umstand, dass im Antrag vom 6. Juni 2019 die Begründung auf Argumente beschränkt worden sei, die sich ausschließlich auf Spruchpunkt A) 2.) des Erkenntnisses beziehen, könne nicht abgeleitet werden, dass es der Wille des Verfahrenshilfewerbers gewesen wäre, nur bezüglich dieses Teiles des Erkenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe zu beantragen. Ein dahingehendes Begehren könne aus dem Antrag nicht explizit herausgelesen werden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 2019 sei dahingehend zu deuten, dass damit der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen Spruchpunkt A) 1.) des Erkenntnisses abgewiesen oder noch gar nicht behandelt worden sei. Daher sei auch gegen Spruchpunkt A) 1.) des Erkenntnisses die Revisionsfrist noch offen.

16 Ausgehend von diesem Sachverhalt erweist sich die vorliegende Revision, soweit sie sich gegen Spruchpunkt A) 1.) des angefochtenen Erkenntnisses richtet, als verspätet:

17 Die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) beträgt sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung (§ 26 Abs. 1 Z 1 VwGG).

18 Hat die Partei innerhalb der Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61 VwGG), so beginnt gemäß § 26 Abs. 3 VwGG für sie die Revisionsfrist (von sechs Wochen) mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwalts an diesen.

19 Im vorliegenden Fall verwendete der Revisionswerber für die Einbringung seines Verfahrenshilfeantrages zwecks Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Erhebung einer Revision gegen das Erkenntnis vom 13. Mai 2019 das entsprechende Formular. Soweit er dieses vollständig ausfüllte und dabei unter anderem in der dafür vorgesehenen Rubrik den Sachverhalt und die Gründe, auf die er die beabsichtigte Rechtsverteidigung stützte, schilderte, ist daraus abzuleiten, dass sich das Antragsvorbringen ausschließlich auf den zu bekämpfenden Spruchpunkt A) II.) des Erkenntnisses bezieht und dies auch durch die dem Antrag beigelegte Beschwerde betreffend den Bescheid hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 untermauert ist.

20 Parteienerklärungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen; es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage verstanden werden muss (vgl. VwGH 28.3.2018, Ra 2017/07/0027, mwN). Mit dem genannten Antrag wendete sich der Revisionswerber angesichts des klaren und deutlichen Vorbringens nur gegen den Spruchpunkt A) II.), so dass hinsichtlich des Spruchpunktes A)

1.) des in Revision gezogenen Erkenntnisses kein Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt worden ist. Aus dieser, schon aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 2019, Ra 2019/21/0174, explizit angesprochenen Beurteilung folgt, dass die Revisionsfrist hinsichtlich der Bekämpfung des Spruchpunktes A) 1.) des in Revision gezogenen Erkenntnisses sohin am 24. Juni 2019 endete.

21 Die erst am 19. August 2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachte Revision war daher, soweit sie sich gegen Spruchpunkt A) 1.) des angefochtenen Erkenntnisses richtet, verspätet und deshalb in diesem Umfang wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 22 Die Entscheidung über den in Revision gezogenen Spruchpunkt A) II.) des angefochtenen Erkenntnisses wird der dafür zuständige Senat des Verwaltungsgerichtshofes zu treffen haben.

Wien, am 19. September 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140425.L00

Im RIS seit

28.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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