TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/29 96/07/0110

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.1998
beobachten
merken

Index

L66203 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrVG §1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
GSGG §2 Abs2 Z3;
GSLG NÖ §3 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des HR in S, vertreten durch Dr. Hans Kaska und Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in St. Pölten, Kremser Gasse 26, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 6. März 1996, Zl. 710.887/02-OAS/96, betreffend Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes (mitbeteiligte Partei: JK in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, 92/07/0054, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Obersten Agrarsenates (OAS) vom 6. November 1991, Zl. 710.887/02-OAS/91, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hat.

Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Entscheidung insbesondere dahingehend, daß die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen habe, inwieweit ein die Einräumung eines Bringungsrechtes rechtfertigender Bringungsnotstand für die Grundstücke der mitbeteiligten Partei (des seinerzeitigen und auch des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) tatsächlich vorliege. Es sei der Aktenlage nicht zu entnehmen, ob und inwieweit die zweckmäßige Bewirtschaftung der Grundstücke der mitbeteiligten Partei (MP) im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 NÖ GSLG dadurch erheblich beeinträchtigt werde, daß für die Bringung der auf den Grundstücken gewonnenen und gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Möglichkeit bestehe. Aufgrund des (seinerzeit) festgestellten Sachverhalts erscheine es durchaus möglich, daß eine zweckmäßige Bewirtschaftung und der Transport geringer Mengen von landwirtschaftlichen Produkten aufgrund der Steilheit und Langgezogenheit der Grundstücke der MP ausschließlich händisch durchgeführt werden könne. Die Behörde habe es unterlassen, schlüssig zu begründen, weshalb die Grundstücke der MP maschinell zu bewirtschaften seien und daher eine befahrbare Zufahrt unabdingbar notwendig sei. Bei kleinen landwirtschaftlichen Nutzflächen, wie der vorliegenden, sei ein erhöhtes Maß an Begründungsaufwand nach § 60 AVG i.V.m. § 1 AgrVG notwendig, um eine Zufahrtsmöglichkeit auch für landwirtschaftliche Maschinen zu rechtfertigen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom 6. März 1996 wurde der Berufung des Beschwerdeführers insoweit Folge gegeben, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides der NÖ Agrarbezirksbehörde vom 25. April 1989 wie folgt abgeändert wurde:

"Gemäß §§ 1, 2 und 3 NÖ GSLG wird zugunsten der Grundstücke Nr. 2410/1 und 2410/2, KG. A., (derzeitiger Eigentümer: die MP) und zu Lasten des Grundstückes Nr. 2411, KG. A., (derzeitiger Eigentümer: der Beschwerdeführer) ein landwirtschaftliches Bringungsrecht eingeräumt. Dieses Recht besteht darin, im Zeitraum vom März bis Oktober eines jeden Jahres zum Zwecke der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung zu gehen, landwirtschaftliche Produkte zu bringen und der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung dienende Sachen zu befördern. Der Bringungsrechtsweg hat eine Breite von 3 Metern; sein Verlauf ist in der einen wesentlichen Bestandteil bildenden Situationsskizze dargestellt."

In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, die Grundstücke der MP bildeten einen riemenförmigen, rund 12 m schmalen und 200 m langen Besitzkomplex in extremer Südlage, wobei die Hangneigungen im wesentlichen 25 bis 30 % betragen würden und erst im Nordteil auf ca. 10 % verlaufe. Der Besitzkomplex weise insgesamt ein Flächenausmaß von rund 2617 m2 auf.

Der südliche Teil des Grundstücks 2410/1 sei verbaut oder als Gemüsegarten und "Gehfläche" genutzt. Daran anschließend befinde sich ein neu errichteter Holzbau mit einer überbauten Fläche von ca. 50 m2, bestehend aus Abstellraum (aktuell sei der Traktor garagiert), Hasenstall (mit sieben Tieren) und einem Heulager im Dachraum. Der restliche Teil des Grundstücks 2410/1 und das Grundstück 2410/2 würden als Wiese und zunehmend für Streuobstbau genutzt (30 überwiegend kleinwüchsige Bäume der Arten Apfel, Birne, Marille, Pfirsich, Zwetschke, Maroni und Nuß). Eine landwirtschaftliche Nutzung liege daher vor.

Die MP besitze auch das landwirtschaftliche Grundstück 2415/2 (ca. 0,3 ha) und das dem Wohnhaus gegenüberliegende Grundstück 2409 (ca. 4 Ar). Beide Grundstücke seien über öffentliche Wege erschlossen. Auf Grundstück 2409 befänden sich direkt anschließend an den öffentlichen Weg Abstellplätze und eine Garage. Auf Eigengrund der MP, welche über öffentliche Wege erschlossen sei, könne die Garagierung bzw. das Abstellen von Maschinen und Geräten sowie die Lagerung von Brennholz etc. erfolgen. Insbesondere sei es möglich, auf dem Grundstück 2409 einen Abstellplatz für den Traktor zu schaffen bzw. diesen in der dort schon situierten Garage unterzubringen. Dafür sei ein landwirtschaftliches Bringungsrecht nicht erforderlich.

Für die landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke 2401/1 und 2401/2 würden nach Abzug der anderweitig genutzten Flächen rund 0,2 Hektar verbleiben. Diese Fläche sei jedoch aufgrund der ungünstigen Neigungs-, Wasser- und Bodenverhältnisse lediglich zu extensiver landwirtschaftlicher Nutzung geeignet. Aufgrund der Steigungen überwiegend von 25 bis 30 % und der Bepflanzung mit Obstbäumen sowie der Grundstücksbreite von rund 12 m sei der maschinelle Einsatz auf den Grundstücken selbst zwar nur beschränkt, aber insbesondere bei Verwendung eines Allradtraktors, der vorhanden sei, dennoch möglich. Auch eine derartige landwirtschaftliche Nutzung - wie sie aktuell praktiziert werde - bedürfe für eine "zeitgemäße Bewirtschaftung" einer Zufahrtsmöglichkeit - wenn auch nur in beschränktem Umfang - mit Maschinen und Geräten zur Pflege und Bearbeitung sowie zum Transport von Betriebsmitteln (z.B. Düngemitteln) oder Ernteprodukten (z.B. Heu, Obst).

Derzeit bestehe zu den Grundstücken 2410/1 und 2410/2 zwar eine Zugangsmöglichkeit über Eigengrund (ausgehend vom öffentlichen Weg 3347, in einer Breite von knapp 1 m am Wohnhaus vorbei, über mehrere Stiegen), jedoch keine Zufahrtsmöglichkeit. Die Schaffung einer Zufahrt von Süden her sei daher ausgeschlossen.

Eine ausschließlich händische Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Fläche sowie der händische Transport von Betriebsmitteln und Erntegut sei insbesondere "aufgrund der Größe und Ausformung der Grundstücke nicht zumutbar".

Es werde aber nicht verkannt, daß der erreichbare Vorteil aus dem Bringungsrecht "vergleichsweise niedrig" sei. Die mit dem Bringungsnotstand verbundenen Nachteile seien daher entsprechend gering zu halten. Aus diesem Grund scheide die hofnahe Variante für ein Bringungsrecht (entlang der Grenze zwischen den Grundstücken 2411 und 2412 der MP) gegenüber der hoffernen Variante (an der Nordgrenze von Grundstücke 2411) aus. Bei der hofnahen Variante müßten nämlich kostenaufwendige bauliche Maßnahmen gesetzt werden und Bauland in Anspruch genommen werden, ohne daß aufgrund der unvermeidlichen Enge eine für den Transport geeignete Trasse hergestellt werden könnte. Demgegenüber werde bei der hoffernen Variante nur eine waldnahe, ertragsschwache landwirtschaftliche Fläche in geringem Ausmaß beansprucht, ohne bauliche Begleitmaßnahmen setzen zu müssen. Die Zufahrt sei dann allerdings nur über den 25 bis 30 % steil verlaufenden Weg 3340 möglich.

Die MP habe aber die gleiche Zufahrt ohnehin auch bei ihrem kürzlich erworbenen Grundstück 2415/2 "zu überwinden".

Aus der Sachlage ergebe sich, daß ein Bringungsrechtsweg entlang der Nordgrenze von Grundstück 2411 in einer Breite von 3 m ausreichend sei. Die Einmündung könne ohne Verbreiterung erfolgen, weil das öffentliche Gut (offensichtlich gemeint: der Weg) in dem Bereich ca. 15 m breit und eben sei und daher genügend "Manipulationsfläche" vorhanden sei. Damit ließe sich die für das Bringungsrecht in Anspruch genommene Fläche um 12 m2 gegenüber der im erstinstanzlichen Bescheid verfügten Fläche von 40 m2 reduzieren.

Während der Vegetationsruhe seien Arbeiten, die ein Bringungsrecht erfordern, nicht zu erwarten. Das Bringungsrecht ließe sich daher zeitlich auf die Monate März bis Oktober beschränken.

Eine Zufahrt zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen sei nur zur Bewirtschaftung, das heißt nur für bestimmte Zwecke und nur zu bestimmten Zeiten erforderlich.

Es sei daher ein landwirtschaftliches Bringungsrecht nur im folgenden Umfang erforderlich:

-

entlang der Nordgrenze von Grundstück 2411 in der Breite von 3 m;

-

für die erforderlichen Fahrten im obigen Sinne zur landwirtschaftlichen Nutzung, nicht jedoch z.B. für die Garagierung oder für das Abstellen von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, für die Hasenhaltung, die Bewirtschaftung des Gemüsegartens oder für den Transport von Heizmaterial etc.;

-

die Durchführung der erforderlichen Fahrten nur von März bis Oktober.

Insbesondere dürfe das eingeräumte Bringungsrecht nicht zum Auf- oder Ausbau einer Hofstelle für den Antragsteller herhalten. Es diene nur der Ermöglichung der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen und könne keinen darüber hinausgehenden Zwecken zugrundegelegt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wurde. Von der MP langte keine Stellungnahme ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 des Niederösterreichischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1973 (kurz: GSLG), LGBl. Nr. 6620, hat die Agrarbehörde ein Bringungsrecht auf Antrag eines Eigentümers von Grundstücken, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind,

1.

die zweckmäßige Bewirtschaftung der Grundstücke oder die Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch beeinträchtigt wird, daß für die Bringung der auf den Grundstücken im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Möglichkeit besteht und

2.

dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann, das öffentliche Interessen, insbesondere auf dem Gebiet des Forstwesens, des Bergwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumordnung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft, der öffentlichen Versorgung ( z.B. mit Energie), des öffentlichen Verkehrs, der Landesverteidigung oder der Sicherheit des Luftraumes nicht verletzt und den in § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht.

Gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. hat die Agrarbehörde Art, Inhalt und Umfang so festzusetzen, daß

1.

die durch die Einräumung und Ausübung eines Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen;

2.

weder Menschen noch Sachen gefährdet werden;

3.

fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und

4.

möglichst geringe Kosten verursacht werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. sind Bringungsrechte, denen ein dauerndes oder regelmäßig wiederkehrendes Bedürfnis zugrundeliegt, zeitlich unbegrenzt, andere nur für einen bestimmten Zeitraum einzuräumen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, es liege ein Verfahrensmangel deshalb vor, weil sein ausgewiesener Vertreter im Verfahren nicht beigezogen worden und insbesondere von der "Verhandlung" am 2. Februar 1996 nicht verständigt worden sei.

Eine formelle Vollmachtsvorlage bei der belangten Behörde sei zwar nicht erfolgt, im Hinblick auf die Bevollmächtigung seines Vertreters im Rahmen der Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde hätte die belangte Behörde das aufrechte Vollmachtsverhältnis beachten müssen. Erst dann wäre eine eingehende Befragung des landwirtschaftlichen Sachverständigen zu ungelösten Fragen möglich gewesen.

Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift dazu zutreffend ausführte, ist die Behörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. April 1955, Slg. Nr. 3726/A) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 23. Juni 1971, VfSlg. 6474) nicht einmal dazu berechtigt, durch Vorlage einer Vollmacht in einem bestimmten Verfahren davon auszugehen, daß die Partei auch in einem anderen, bereits anhängigen Verfahren vertreten sein will, es sei denn, daß die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Rechtsvertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hat. Die Tatsache allein, daß in der einen Rechtsangelegenheit eine Vollmacht vorgelegen sei, die eine Bevollmächtigung zur Vertretung in allen Angelegenheiten beurkundet, reicht hiezu nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1985, 85/06/0006, u.a.).

Der belangten Behörde war es aufgrund einer fehlenden Vollmachtsvorlage für das Verwaltungsverfahren somit nicht möglich, das Vorliegen eines solchen Verhältnisses zu erkennen, weshalb sie bei der Aussendung der Verständigung von der örtlichen Erhebung, bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung und bei Zustellung des Erkenntnisses nicht von einer Rechtsvertretung des Beschwerdeführers auszugehen hatte.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, eine tatsächliche landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des Gesetzes liege nicht vor, so wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 92/07/0054, verwiesen, worin festgestellt wird, daß die sachlichen Anwendungsvoraussetzungen für das GSLG im Beschwerdefall gegeben seien.

Auf die vom Beschwerdeführer angezogene Frage der "ausschließlichen" Selbstversorgung der Familie der MP und einer etwaigen Gewinnerzielung aus der landwirtschaftlichen Nutzung kam es in diesem Zusammenhang nicht an.

Auch auf den vom Beschwerdeführer in der nunmehrigen Beschwerde erneut vorgebrachten "Bringungsnotstand", der durch Baumaßnahmen der MP verursacht worden sei, wurde bereits im hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, 92/07/0054, ausführlich eingegangen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1977, VwSlg. 9454/A, nur RS).

Der Beschwerdeführer erblickt weiters einen Verfahrensmangel darin, daß der landwirtschaftliche Sachverständige bei der örtlichen Erhebung am 2. Februar 1996 zwar Feststellungen über die Art der Bewirtschaftung getroffen, jedoch nicht erörtert habe, aus welchen Gesichtspunkten gerade bei der vorliegenden Nutzung ein Befahren mit Fahrzeugen zur Bewirtschaftung notwendig sei. Hiebei handle es sich um eine Sachverständigenfrage, zu welcher dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben werden müssen. Es werde zwar im angefochtenen Bescheid dargelegt, daß die vorliegende landwirtschaftliche Nutzung für eine zeitgemäße Bewirtschaftung einer Zufahrtsmöglichkeit in beschränktem Umfang bedürfe, die diesbezüglichen Erwägungen würden sich jedoch nicht im Gutachten des Sachverständigen finden. Der Beschwerdeführer habe zu den diesbezüglichen Erwägungen keine Stellungnahme abgeben können. Es wäre insbesondere zu vergleichen gewesen, welcher Aufwand an Arbeitskraft für die händische Verbringung des Obstes bzw. für die allfällig notwendigen Dünger- und Heuschneidemaßnahmen anfalle. Außerdem würden ohnedies alle Produkte im darunter liegenden Haus verbraucht, sodaß der Einsatz von Maschinen, mit denen die Ernte zunächst auf dem Grundstück zum oberen Ende, sodann einen steilen Weg wieder herunter und dann wieder hinauf auf das Grundstück bis zum Haus geführt werde, nicht rationeller sei als der Einsatz einer Scheibtruhe.

Es seien im vorliegenden Bringungsrecht keine überwiegenden Vorteile der MP zu erblicken; die MP müsse auf schwierigem Gelände und höchst kompliziert mit Fahrzeugen fahren, um eine relativ geringe Menge zu führen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis zu Recht die Wesentlichkeit von der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmängeln auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im zitierten Vorerkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 92/07/0054, insbesondere unter dem Aspekt des § 3 Abs. 1 Z. 3 GSLG ausführte, ist bei kleinen landwirtschaftlichen Nutzflächen - wie im Beschwerdefall - ein erhöhtes Maß an Begründungsaufwand nach § 60 AVG i. V.m. § 1 AgrVG notwendig, um eine Zufahrtsmöglichkeit auch für landwirtschaftliche Maschinen zu rechtfertigen. Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung im wesentlichen mit einer "zeitgemäßen Bewirtschaftung" sowie mit der fehlenden Zumutbarkeit einer ausschließlich händischen Bewirtschaftung dieser von der MP landwirtschaftlich genutzten Flächen. Der Beschwerdeführer rügt zutreffend, daß diesbezüglich nähere Ausführungen durch die von der belangten Behörde beigezogenen sachkundigen Mitglieder auf dem Gebiet der Agrartechnik und der Landwirtschaft etwa im Rahmen der Augenscheinsverhandlung am 2. Februar 1996 im mündlich erstatteten "Gutachten" nicht enthalten seien. Es ist daher für den Verwaltungsgerichtshof nicht schlüssig nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu diesen für die Einräumung eines Bringungsrechtes maßgeblich gewesenen Begründungsausführungen gekommen ist, insbesondere welche Art der Bewirtschaftung dieser Flächen "zeitgemäß" und weshalb eine "händische Bewirtschaftung" dieser Flächen "unzumutbar" wäre. Es wird in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Argument des Beschwerdeführers bezüglich der Ernte von geringen Mengen an landwirtschaftlichen Produkten hingewiesen.

Darüber hinaus läßt der angefochtene Bescheid - abgesehen von der allgemeinen Aussage, daß "der erreichbare Vorteil aus dem Bringungsrecht vergleichsweise niedrig" sei - keine Interessenabwägung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 GSLG erkennen. Gerade aber auf das nachvollziehbar dargestellte, eindeutige Überwiegen der Vorteile durch die Einräumung und Ausübung des Bringungsrechtes gegenüber den damit verbundenen Nachteilen wäre es aber im Beschwerdefall angekommen. In welcher Weise und mit welchem Gewicht ein Eigenverschulden der MP am Fehlen einer Zufahrtsmöglichkeit in der Interessenabwägung berücksichtigt wurde, wird im angefochtenen Bescheid auch nicht überprüfbar dargelegt.

Auch die nach § 3 Abs. 1 Z. 2 GSLG maßgebliche Frage einer allfälligen Gefährdung von Menschen oder Sachen durch die Einräumung des gegenständlichen Bringungsrechtes blieb - wie der Beschwerdeführer zutreffend unter Hinweis auf die starke Neigung des Geländes im Bereich der Bringungstrasse und die damit verbundene Unfallsgefahr hinweist - unerörtert.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. Oktober 1998

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBeginn Vertretungsbefugnis VollmachtserteilungVertretungsbefugnis Inhalt Umfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996070110.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten