TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/5 G306 2214439-2

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Veröffentlicht am 05.08.2019
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Entscheidungsdatum

05.08.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G306 2214439-2/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehöriger Serbien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids

wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), der aktuell über keinen Aufenthaltstitel verfügt, befindet sich seitdem (spätestens) 28.02.1986 im Bundesgebiet (zumindest 33 Jahre). Am 16.05.2018 stellte er beim Magistrat XXXX einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Angehöriger. Der BF weist im Bundesgebiet 6 strafrechtliche Verurteilungen auf. Wobei die ersten 5 Verurteilungen mehr als 8 Jahre zurückliegen und die letzte Verurteilung bereits mehr als 4 Jahre zurückliegt. Im Bundesgebiet lebt die Mutter, welche die österr. Staatsbürgerschaft besitzt sowie eine Schwester die ebenfalls um die österr. Staatsbürgerschaft angesucht hat. Ob der BF in Serbien Verwandte hat, hat die belangte Behörde nicht ermittelt. Ob der BF die serbische Sprache spricht, hat die belangten Behörde nicht ermittelt.

Mit dem oben angeführten Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde dem BF kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG wurde gegen den BF ein Einreiseverbot in der Dauer von 7 Jahren erlassen (Spruchpunkt VI.).

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass sich der BF seit längerem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Er sei auch nicht bereit, in seinen Herkunftsstaat auszureisen, woraus eine entsprechend schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abzuleiten sei. Der BF mehrmals strafrechtlich im Bereich SMG in Erscheinung getreten sei. Aus seinem bisheriger Verhalten sei abzuleiten, dass er auch weiterhin Delikte gegen fremdenrechtliche Vorschriften begehen werde. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des BF, in der er vorbringt, er habe in Österreich die Schule besucht und spreche kaum serbisch. Alle seine Angehörigen würden in Österreich, leben; er habe keine Verwandten und keine Wohnmöglichkeit in Serbien.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 01.08.2019 einlangten.

Die belangte Behörde hat zuvor bereits am 10.01.2019 gegen den BF einen negativen Bescheid erlassen und wurde dieser vom BVwG durch Beschluss vom 21.02.2019, wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlung, behoben und an die belangte Behörde zurückverwiesen. Eine Einvernahme des BF fand nicht statt. Ebenso wenig wurden die nächsten Angehörigen befragt. Ebenso wurden wiederum keine ausreichenden Erhebungen betreffend den tatsächlichen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet geführt. Abfragen über das Zentrale Melderegister sind dazu zu wenig.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt die Verwaltungsakte des BFA und des Gerichtsakts des BVwG. Ein dem BF erteilter Aufenthaltstitel ist nicht aktenkundig.

Eine Kopie des Reisepasses des BF liegt vor, aus dem seine Identität und das Datum seiner Die Wohnsitzmeldung und der gemeinsame Haushalt mit der Familie werden anhand des Zentralen Melderegisters (ZMR) festgestellt. Da der BF im gesamten Verfahren angab, Serbisch mehr kaum zu verstehen, sondern Deutsche seine Sprach wäre, geht das Gericht davon aus, dass der BF Deutsch versteht.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise der BF geboten sei.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 58 Abs 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dem gesetzlichen Gebot, Bescheide zu begründen, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens besondere Bedeutung beizumessen. Ein Begründungsmangel kann eine wesentliche Mangelhaftigkeit darstellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 417 ff).

Da hier angesichts der bereits seit mehreren Jahren zurückliegenden Straftaten, der Aufenthalt seid der letztmaligen Entlassung aus der Strafhaft im Juni 2018 auch schon wieder mehr als ein Jahr zurückliegt, der BF bei seiner Mutter gemeldet ist, sind aktuell keine Gründe ersichtlich sind, warum seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Der Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher rechtswidrig und daher ersatzlos aufzuheben, zumal keine Hinweise aktenkundig sind, dass der BF aktuell um die Legalisierung seines Aufenthalts bemüht ist. Außerdem ist nach dem derzeitigen Verfahrensstand im Rahmen der vorzunehmenden Grobprüfung nicht auszuschließen, dass er sich bereits seit längerem kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält, sodass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung möglicherweise Art 8 EMRK verletzt.

Der Umstand, dass das BFA davon ausging, dass vom BF eine maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, zeigt sich, dass gegen ihn gleichzeitig mit der Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen wurde. Das BFA hat es im Bescheid jedoch unter Spruchpunkt V. nicht dargelegt, warum aktuell - gegenwärtig - eine solche ausgehen soll. Die letzte Verurteilung des BF liegt mittlerweile über 4 Jahre zurück.

Der Beschwerde wird daher die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2214439.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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