TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/23 W237 2164038-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2019
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Entscheidungsdatum

23.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W237 2164038-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Äthiopien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2017, Zl. 1111695809/160550145, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.06.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1, § 57 und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG sowie § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein äthiopischer Staatsangehöriger, gelangte im April 2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte am 18.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten asylrechtlichen Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, der Volksgruppe Oromo zugehörig, protestantischer Christ und ledig zu sein. Er habe die universitären Studien Human Resources und Accouting abgeschlossen. Nach seinem Fluchtgrund befragt gab er an, er habe sein Heimatland wegen der staatlichen Unterdrückung der Oromo verlassen. Als Angehöriger dieser Volksgruppe könne man jederzeit verhaftet oder getötet werden.

1.1. Bei seinen Befragungen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.09.2016 und 26.05.2017 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er sein Heimatland wegen ethnischer Verfolgung verlassen habe. Die Menschen würden in zwei Klassen eingeteilt, wobei Angehörige der Volksgruppe Oromo getötet werden würden. Er persönlich sei zweimal verhaftet worden, weil er ein Angehöriger dieser Volksgruppe sei. Er sei auch im Unternehmen, in welchem er gearbeitet habe, deswegen diskriminiert worden. Zwar sei er nicht politisch aktiv gewesen, jedoch habe er sich als Personalverantwortlicher für die Leute in seinem Unternehmen eingesetzt. Einmal habe er einen Streik initiiert und sei in der Folge drei Wochen inhaftiert worden. Anlässlich von Neuwahlen hätten sich Arbeitskollegen bei einer Veranstaltung beschwert, dass die Regierung ihre Versprechen nicht einhalte. Der Beschwerdeführer sei wieder verdächtigt worden, die Unruhen angestiftet zu haben, und für etwa vier Monate inhaftiert worden. Anschließend sei er versetzt worden, doch habe ihn eine Kollegin vor einer weiteren Verhaftung gewarnt, weshalb er geflohen sei.

Der Beschwerdeführer brachte bei den Befragungen seinen Personalausweis sowie Dokumente über seine Schul- und Universitätsausbildung in Vorlage. Zur Frage der behaupteten Ausbildung des Beschwerdeführers stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.10.2016 eine Anfrage an die Staatendokumentation, die mit Schreiben vom 22.03.2017 beantwortet wurde.

1.2. Mit Bescheid vom 21.06.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu, erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Äthiopien zulässig sei (Spruchpunkt III.); schließlich hielt die Behörde fest, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

In der Begründung des Bescheids führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, seine personenbezogenen Daten und seine Fluchtgeschichte glaubhaft darzulegen. Der Personalausweis habe einer Unbedenklichkeitsprüfung nicht standgehalten und stehe auch in Widerspruch zu den anderen vorgelegten Dokumenten. Die Angaben über die Firma, bei welcher er gearbeitet hätte, seien äußerst vage und über die Homepage im Internet abrufbar gewesen.

2. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid in vollem Umfang am 29.06.2017 Beschwerde.

2.1 Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 12.07.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.

2.2. Der Beschwerdeführer gab dem Bundesverwaltungsgericht am 11.02.2019 bekannt, dass er seinen (ihm unter einem mit der Erlassung des angefochtenen Bescheids zugewiesenen) Rechtsberater mit seiner Vertretung im weiteren Beschwerdeverfahren bevollmächtigt habe.

2.3. Am 03.06.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter sowie ein Dolmetscher und ein Vertreter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl teilnahmen.

Der Beschwerdeführer gab an, dass im Heimatland seine Eltern und Geschwister aufhältig seien und dass er zu einer Schwester noch Kontakt habe. Seine Eltern und sechs Geschwister würden ihren Lebensunterhalt als äthiopische Kleinbauern bestreiten; zwei weitere Geschwister arbeiteten in Addis Abeba.

Der Beschwerdeführer beantwortete auf Deutsch Fragen zu seinem Tagesablauf. Der Rechtsvertreter brachte ein Konvolut an Unterstützungsschreiben und Ausbildungszeugnissen bzw. Kursbesuchsbestätigungen und mehreren Fotos, die von einzelnen Tätigkeiten des Beschwerdeführers in Österreich zeugen sollen, in Vorlage.

Zu seinen persönlichen Hintergründen befragt gab der Beschwerdeführer an, nach Absolvierung der achten Schulklasse von seiner Heimatortschaft XXXX nach Addis Abeba gezogen zu sein und dort ungefähr 16 Jahre gelebt zu haben. Er sei ledig und habe keine Kinder.

Nach Vorhalt, dass der Beschwerdeführer bereits ausführlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen befragt worden sei, gab er nachgefragt an, zwei Mal festgenommen und eingesperrt worden zu sein. Das erste Mal sei er festgenommen worden, weil er einen Antrag auf Auszahlung von Weihnachtsgeld für die Arbeiter seines Unternehmens gestellt hätte. Weil das Ansuchen vom Management abgelehnt worden sei, sei protestiert worden. Er sei als Human Ressource Manager als Verantwortlicher für diesen Aufstand gesehen und festgenommen worden. Nach etwa drei Wochen auf einer Polizeistation sei er entlassen worden, weil ein Freund für ihn gebürgt habe.

Nach seiner Entlassung habe er wieder zu arbeiten begonnen, sei aber nach etwa vier Monaten erneut inhaftiert worden. Der Beschwerdeführer sei im Zuge von bevorstehenden Wahlen in einem Dokument als Regierungsgegner bezeichnet worden, weil er sich als jemand von außerhalb der Region für die Rechte der Arbeiter eingesetzt hätte. Er sei gefragt worden, wer ihn unterstütze und welche Oppositionspartei er kenne. Bei mangelnder Beantwortung der ihm gestellten Fragen habe man ihn misshandelt. Er sei etwa vier Monate in Haft gewesen, dann habe ein Gericht über seine Freilassung entschieden.

Nach seiner Freilassung habe er sich noch drei Monate in Äthiopien aufgehalten. Er sei von seiner Firma einem anderen Projekt in einer Wüstengegend zugeteilt worden und habe von zwei Mitarbeitern erfahren, dass er neuerlich verhaftet werden sollte. Er sei angeschwärzt worden, weil er sich gegen die Entlassung von sieben Personen ausgesprochen hätte. Da der Beschwerdeführer vom Gericht nicht verurteilt worden sei, habe es auch von Firmenseite keinen Grund zur Entlassung gegeben. Nachgefragt erzählte der Beschwerdeführer über die Haftbedingungen. Er sei unmenschlich behandelt, gefoltert und sexuell belästigt worden. Der Rechtsvertreter brachte in diesem Zusammenhang einen Bericht von Human Rights Watch vor, der von dem Umgang mit Folteropfern in Äthiopien handelt.

Der Behördenvertreter legte die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 09.07.2018 zur Lage der Oromo seit den Wahlen in Äthiopien im Jahr 2018 vor. Er stellte den Schlussantrag, die Beschwerde in allen Punkten abzuweisen, weil der Beschwerdeführer nicht wegen einer asylrelevanten Verfolgung aus Äthiopien ausgereist sei. Der nunmehr amtierende Premierminister gehöre der Volksgruppe der Oromo an. Es könne nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre. Auch sei nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Äthiopien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Verletzungsschwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, zumal der Beschwerdeführer über familiären Rückhalt verfüge und bereits vor der Ausreise für seinen Lebensunterhalt selbst Sorge habe tragen können. Es könnten auch Rückkehrhilfen in Anspruch genommen werden. Hinsichtlich eines anderen Aufenthaltstitels sei in der Verhandlung ersichtlich geworden, dass die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers nicht einem dreijährigen Aufenthalt entsprächen. Auch sei ein dreijähriger Aufenthalt noch zu kurz, um von einer Aufenthaltsverfestigung im Sinne der Judikatur zu sprechen.

Der Rechtsvertreter beantragte hingegen, der Beschwerde stattzugeben, weil aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers erwiesen sei, dass er im Falle seiner Rückkehr staatlicher Verfolgung ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer sei zweimal inhaftiert und schwersten Folterungen ausgesetzt worden. In eventu sei dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, weil er über keinerlei familiäre Unterstützung in Äthiopien verfüge. Es seien derzeit zwei Millionen Binnenflüchtlinge in Äthiopien unversorgt oder nur unzureichend versorgt. In eventu erfolgte Antrag, dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen zuzuerkennen: Die Dauer seines Aufenthalts in Österreich sei mit drei Jahren zwar nur kurz bemessen, doch lägen die von der Judikatur geforderten außergewöhnlichen Umstände, die eine solche Zuerkennung rechtfertigen, vor. In diesem Zusammenhang wurde ein Konvolut an den Beschwerdeführer betreffenden Unterstützungserklärungen, Fotos und (Kurs-)Bestätigungen vorgelegt.

2.4. Mit Schriftsatz vom 17.06.2019 legte der Beschwerdeführer ein weiteres Empfehlungsschreiben sowie zwei Bestätigungen betreffend die Ausübung gemeinnütziger Tätigkeiten vor. Des Weiteren nahm der Beschwerdeführer zu den ihm bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung vorgehaltenen Länderbereichten zur Lage in Äthiopien Stellung.

2.5. Am 16.08.2019 legte der Beschwerdeführer ein Zertifikat über eine bestandene Deutschprüfung auf dem Niveau A2 sowie eine Bestätigung über seine Teilnahme an einem B1-Kurs vor. Dem schloss er eine Kopie eines "Certificate of Baptism" des " XXXX " an, wonach er am 28.07.2019 getauft worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der unter Pkt. I dargelegte Verfahrensgang wird zum Inhalt der Feststellungen erhoben.

1.2. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist äthiopischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Oromo und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er wurde in der Ortschaft XXXX in der Nähe der zentraläthiopischen Stadt XXXX geboren, wo er bis zu seinem 18. Lebensjahr mit seinen heute dort noch lebenden und arbeitenden Eltern auf einer Landwirtschaft aufwuchs. Danach zog er nach Addis Abeba und setzte dort seine Ausbildung fort. Am XXXX absolvierte der Beschwerdeführer von 2006 bis 2010 einen Lehrgang in Human Ressources, anschließend studierte er Buchhaltung an der XXXX von 2012 bis 2015.

1.2.2. Seit dem Jahr 2010 war der Beschwerdeführer bei einem größeren XXXX unternehmen namens " XXXX " als Human Ressource Manager angestellt und in unterschiedlichen Projekten dieses Unternehmens in verschiedenen Orten Äthiopiens eingesetzt. Zuletzt war er für einen Personalstand von ca. 250 Mitarbeitern im Bereich Recruiting, Gehaltsabrechnung und Arbeitsplatzsicherheit verantwortlich. Als Oromo fühlte er sich in seinem Unternehmen häufig diskriminiert und manchmal wurde sein Lohn nicht in voller Höhe ausbezahlt.

Im Dezember 2014 war der Beschwerdeführer für sein Unternehmen in XXXX im Rahmen eines Projekts für die dortige XXXX eingesetzt. Als Personalverantwortlicher stellte er für seine Mitarbeiter einen Antrag auf Auszahlung von Weihnachtsgeld. Nach anfänglicher Zusicherung wurde die Auszahlung des Weihnachtsgelds allerdings verweigert, worauf es unter Beteiligung des Beschwerdeführers zu Protesten und Demonstrationen kam. Einer seiner Vorgesetzten machte den Beschwerdeführer gegenüber den örtlichen Sicherheitsbehörden als Verantwortlichen für die Unruhen namhaft, was zur Verhaftung des Beschwerdeführers am 02.01.2015 führte. Er war daraufhin ungefähr drei Wochen auf einer Polizeistation in XXXX inhaftiert und wurde gegen Abgabe einer - durch einen Kollegen verbürgten - Erklärung, sich dem Behördenzugriff nicht zu entziehen, freigelassen. Anschließend konnte der Beschwerdeführer seine Arbeit erneut aufnehmen, zumal der Vorgesetzte, der ihn angezeigt hatte, bereits versetzt worden war.

Am 16.04.2015 wurde der Beschwerdeführer erneut verhaftet, weil er im Zuge von örtlichen Wahlkampfveranstaltungen in einem kursierenden Dokument ob seines Einsatzes für die Arbeiter als Unruhestifter vermerkt war. Der Beschwerdeführer verbrachte knapp vier Monate in einem Gefängnis in XXXX , wo er wiederholt Befragungen, Schlägen und auch sexuellen Missahndlungen ausgesetzt war. Ein Gericht ordnete dann seine Entlassung an, worauf der Beschwerdeführer am 07.08.2015 wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Der Beschwerdeführer kehrte anschließend zum Head Office seines Unternehmens in Addis Abeba zurück und verbrachte dort eine Woche.

Er wurde daraufhin einem neuen Projekt namens " XXXX " in einer fernab gelegenen Wüstengegend zugeteilt, wo er noch zwei Monate arbeitete. Als ihm eine Büromitarbeiterin und ein Firmenchauffeur erzählten, dass er womöglich erneut verhaftet werden könnte, entschloss sich der Beschwerdeführer zur Flucht nach Europa; am 24.12. verließ er Äthiopien.

1.2.3. Neben den Eltern des Beschwerdeführers leben in Äthiopien noch seine acht Geschwister (vier Brüder und vier Schwestern). Mit einer Schwester, die in Addis Abeba als Teeverkäuferin arbeitet, steht der Beschwerdeführer in regelmäßigem telefonischen Kontakt. Ein weiterer Bruder arbeitet als Wachmann ebenso in Addis Abeba; die übrigen Geschwister sind - wie seine Eltern - Landwirte in der Heimatregion des Beschwerdeführers und vermögen als solche ihre Existenz zu sichern. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder; es leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich. Er ist gesund und mimmt keine Medikamente zu sich.

1.2.4. Der Beschwerdeführer lebt seit April 2016 in Österreich und wohnt seit Dezember 2017 in einer Flüchtlingsunterkunft in XXXX . Während seiner Zeit im Bundesgebiet, insbesondere in XXXX , baute er sich durch Mitwirkung bei sozialen Aktivitäten, höfliche Umgangsformen und Hilfsbereitschaft bei Veranstaltungen seiner Wohnsitzgemeinde ein soziales Umfeld an österreichischen Bekannten und Freunden auf, die sich für seinen Verbleib in Österreich aussprechen. Bei ihm zugutekommenden ehrenamtlichen Projekten, insbesondere auf freiwilliger Basis angebotenen Deutschkursen, wirkte er engagiert mit und vermochte auf diese Weise, die deutsche Sprache auf alltagstauglichem Niveau zu erlernen. Zuletzt absolvierte er am 02.07.2019 die ÖSD-A2-Prüfung und besuchte einen B1-Deutschkurs. Der Beschwerdeführer ist in kirchlichen Gemeinden (Pfingstgemeinden) aktiv und ließ sich zuletzt am 28.07.2019 im " XXXX " taufen.

Seit Herbst 2017 besucht der Beschwerdeführer im Ausmaß von 20 Wochenstunden vorbereitende Kurse für seinen Pflichtschulabschluss, den er im Herbst 2019 zu erreichen plant. Lägerfristig beabsichtigt er die Zulassung zum Bachelorstudium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Äthiopien:

Politische Lage

Entsprechend der Verfassung ist Äthiopien ein föderaler und demokratischer Staat. Die Grenzen der Bundesstaaten orientieren sich an sprachlichen und ethnischen Grenzen sowie an Siedlungsgrenzen. Seit Mai 1991 regiert in Äthiopien die Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF), die sich aus vier regionalen Parteien zusammensetzt: Tigray People's Liberation Front (TPLF), Amhara National Democratic Movement (ANDM), Oromo People's Democratic Organisation (OPDO) und Southern Ethiopian Peoples' Democratic Movement (SEPDM). Traditionellen Führungsanspruch in der EPRDF hat die TPLF, die zentrale Stellen des Machtapparates und der Wirtschaft unter ihre Kontrolle gebracht hat (AA 17.10.2018).

Auf allen administrativen Ebenen werden regelmäßig Wahlen durchgeführt, zu denen Oppositionsparteien zugelassen sind. Bei den Parlamentswahlen im Mai 2015 gewannen die regierende EPRDF und ihr nahestehende Parteien nach Mehrheitswahlrecht alle 547 Parlamentssitze. Auf allen administrativen Ebenen dominiert die EPRDF. Auch in den Regionalstaaten liegt das Übergewicht der Politikgestaltung weiter bei der Exekutive. Staat und Regierung bzw. Regierungspartei sind in der Praxis nicht eindeutig getrennt (AA 17.10.2018).

Äthiopien ist politisch sehr fragil (GIZ 9.2018). Zudem befindet sich das Land derzeit unter Premierminister Abiy Ahmed in einem politischen Wandel (GIZ 9.2018a). Abiy Ahmed kam im April 2018 nach dem Rücktritt von Hailemariam Desalegn an die Macht. Seitdem hat er den Ausnahmezustand des Landes beendet, politische Gefangene freigelassen, umstrittene Kabinettsmitglieder und Beamte entlassen, Verbote für Websites und sozialen Medien aufgehoben und ein Friedensabkommen mit dem benachbarten Eritrea geschlossen (RI 14.11.2018; vgl. EI 12.12.2018, JA 23.12.2018). Bereits seit Anfang des Jahres waren noch unter der Vorgängerregierung erste Schritte einer politischen Öffnung unternommen worden. In der ersten Jahreshälfte 2018 wurden ca. 25.000 teilweise aus politischen Gründen inhaftierte bzw. verdächtige Personen vorzeitig entlassen. Oppositionsparteien wurden eingeladen, aus dem Exil zurückzukehren, und wurden entkriminalisiert. Abiy Ahmed hat eine Kehrtwende weg von der repressiven Politik seiner Vorgänger vorgenommen. Er bemüht sich seit seinem Amtsantritt mit Erfolg für stärkeren zivilgesellschaftlichen Freiraum und hat die Praxis der Kriminalisierung von Oppositionellen und kritischen Medien de facto beendet. Im Mai 2018 gab es mehrere Dialogformate in Addis Abeba und der benachbarten Region Oromia, unter Beteiligung von Vertretern der Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft. Abiy hat zudem angekündigt, dass die für 2020 angesetzten Wahlen frei und fair und ohne weitere Verzögerungen stattfinden sollen (AA 17.10.2018).

Unter der neuen Führung begann Äthiopien mit dem benachbarten Eritrea einen Friedensprozess hinsichtlich des seit 1998 andauernden Konfliktes (JA 23.12.2018). Im Juni 2018 kündigte die äthiopische Regierung an, den Friedensvertrag mit Eritrea von 2002 vollständig zu akzeptieren (GIZ 9.2018a). Mithilfe der USA, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate begann Abiy Ahmed Gespräche und begrüßte den eritreischen Präsidenten Isaias Afeworki im Juli 2018 in Addis Abeba (JA 23.12.2018). Nach gegenseitigen Staatsbesuchen sowie der Grenzöffnung erfolgte Mitte September 2018 die offizielle Unterzeichnung eines Freundschaftsvertrages zwischen den beiden Ländern (GIZ 9.2018a). Die Handels- und Flugverbindungen wurden wieder aufgenommen, und die UN-Sanktionen gegen Eritrea wurden aufgehoben (JA 23.12.2018).

Am 7.8.2018 unterzeichneten Vertreter der äthiopischen Regierung und der Oromo Liberation Front (OLF) in Asmara ein Versöhnungsabkommen und verkündeten am 12.8.2018 einen einseitigen Waffenstillstand (BAMF 13.8.2018). Am 15.9.2018 kehrten frühere Oromo-Rebellen aus dem Exil in die Hauptstadt Addis Abeba zurück. Die Führung der OLF kündigte an, nach der Aussöhnung mit der Regierung fortan einen friedlichen Kampf für Reformen führen zu wollen. Neben OLF-Chef Dawud Ibsa und anderen Funktionären kamen auch etwa 1.500 Kämpfer aus dem benachbarten Eritrea zurück. Obwohl die Feier von einer massiven Sicherheitspräsenz begleitet wurde, kam es zu Ausschreitungen (BAMF 17.9.2018). Nach offiziellen Angaben wurden nach den Ausschreitungen rund 1.200 Personen inhaftiert (BAMF 1.10.2018).

Abiy Ahmeds Entscheidung Frauen in Führungspositionen zu befördern, wurde weitgehend begrüßt. Die Hälfte der 20 Ministerposten der Regierung wurden an Frauen vergeben, darunter Schlüsselressorts wie das Ministerium für Handel und Industrie und das Verteidigungsministerium. Abiy hat u. a. die renommierte Menschenrechtsanwältin Meaza Ashenafi zur ranghöchsten Richterin des Landes ernannt, die ehemalige UNO-Beamtin Sahle-Work Zewde wurde einstimmig vom Parlament zur Präsidentin gewählt (BAMF 29.10.2018; vgl. BBC 18.11.2018, EZ 25.10.2018, GIZ 9.2018a). Die Präsidentin hat vor allem eine repräsentative Funktion, da die politische Macht beim Ministerpräsidenten liegt (BAMF 29.10.2018; vgl. BBC 18.11.2018). Aisha Mohammed ist nun Verteidigungsministerin, Muferiat Kamil Friedensministerin. Letzterer sind Polizei und Geheimdienste unterstellt. Die Ernennung der beiden Frauen ist auch deshalb historisch, weil es sich um Muslime aus ethnischen Minderheiten (Oromo) handelt, die noch nie zuvor so mächtige Ämter bekleideten. Ihre Anwesenheit im Kabinett hilft Abiy Ahmed nicht nur, Geschlechterparität zu erreichen, sondern auch, seine Unterstützungsbasis unter ethnischen Minderheiten und Muslimen zu erweitern, die sich manchmal über politische Ausgrenzung beklagen (BBC 18.11.2018).

Darüber hinaus ging die Regierung gegen Offizielle vor, die der Korruption und Rechtsverletzungen verdächtigt wurden. 60 Personen wurden verhaftet, darunter der ehemalige Leiter eines militärisch geführten Geschäftskonzerns und ehemalige stellvertretende Leiter des Geheimdienstes, Getachew Assefa. Dieser wurde wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen verhaftet (BBC 18.11.2018; vgl. EI 12.12.2018). Assefa war ein führendes Mitglied des Tigray-Flügels der regierenden EPRDF. Vertreter der EPRDF - darunter die Führung der TPLF - haben erklärt, dass es einen allgemeinen Konsens darüber gibt, dass Kriminelle vor Gericht gestellt werden sollten. Ältere Vertreter der TPLF fordern, dass derartige Verhaftungen nicht politisch motiviert und nur auf Tigray abzielen dürfen. Aktivisten von Tigray erachten die Verhaftungen allerdings als politisch motiviert - mit dem Ziel, die Tigray zu schwächen. Auf einen Protest in neun Großstädten in Tigray folgte am 8.12. und 9.12.2018 eine große Kundgebung in Mekele, bei der Zehntausende teilnahmen. Die Spannungen zwischen der Bundesregierung und der Region Tigray haben sich verschärft (EI 12.12.2018). Es bleibt abzuwarten, ob diese Säuberungen den Staat nicht zu destabilisieren drohen. Zudem sind die Gewaltkonflikte in den Regionen nach wie vor nicht unter Kontrolle, und Abiy weigert sich, Gewalt anzuwenden. Sein Ruf nach Ruhe und Einheit bleibt jedoch ungehört. Die Zahl der IDPs ist gestiegen, und die Gefahr einer Teilung des Landes bleibt nicht ausgeschlossen (JA 23.12.2018).

Seit seinem Amtsantritt im April 2018 als äthiopischer Premierminister, hat Abiy Ahmed tiefgreifende Reformen angeschoben. Trotzdem bleiben die Herausforderungen zahlreich. Die Restriktionen gegen Bürgerrechtsorganisationen sind noch nicht aufgehoben und das Antiterrorismusgesetz muss noch reformiert werden. Für seinen Umgang mit diesen fundamentalen Problemen steht der neue Premierminister in Kritik. Das Versprechen von freien Wahlen stößt auf die Realität eines Landes, das von einer Koalition von Rebellen kontrolliert wird - der EPRDF. Diese ist seit 1991 an der Macht und behält sämtliche Institutionen im Griff (SFH 5.12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452858/4598_1543583225_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aethiopien-stand-september-2018-17-10-2018.pdf, Zugriff 11.12.2018

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (13.8.2018): Briefing Notes vom 13. August 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442567/1226_1536220409_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-13-08-2018-deutsch.pdf, Zugriff 28.12.2018

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (17.9.2018): Briefing Notes vom 17. September 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445520/1226_1539001493_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-17-09-2018-deutsch.pdf, Zugriff 28.12.2018

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.10.2018): Briefing Notes vom 1. Oktober 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445533/1226_1539002314_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-01-10-2018-deutsch.pdf, Zugriff 28.12.2018

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BBC News (18.11.2018): The women smashing Ethiopia's glass ceiling, https://www.bbc.com/news/world-africa-46110608, Zugriff 17.12.2018

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EI - Ethiopia Inside (12.12.2018): Rebranded show trials are exactly what remodeled Ethiopia does not need, https://www.ethiopia-insight.com/2018/12/12/rebranded-show-trials-are-exactly-what-remodeled-ethiopia-does-not-need/, Zugriff 17.10.2018

-

EZ - Ezega (25.10.2018): Ethiopia Names First Woman President, https://www.ezega.com/News/NewsDetails/6729/Ethiopia-Names-First-Woman-President, Zugriff 6.12.2018

-

GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018):

Äthiopien, Überblick,

https://www.liportal.de/aethiopien/ueberblick/, Zugriff 11.12.2018

-

GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Deutschland (9.2018a): Äthiopien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aethiopien/geschichte-staat/, Zugriff 10.12.2018

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JA - Jeune Afrique (23.12.2018): Éthiopie: Abiy Ahmed, le négus du changement,

https://www.jeuneafrique.com/mag/692770/politique/ethiopie-abiy-ahmed-le-negus-du-changement/?utm_source=newsletter-ja-actu-abonnes&utm_medium=email&utm_campaign=newsletter-ja-actu-abonnes-24-12-18, Zugriff 27.12.2018

-

RI - Refugees International in Reliefweb.int (14.11.2018): The Crisis Below the Headlines: Conflict Displacement in Ethiopia, https://reliefweb.int/report/ethiopia/crisis-below-headlines-conflict-displacement-ethiopia, Zugriff 11.12.2018

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (5.12.2018): Sind Rückführungen von äthiopischen Asylsuchenden wirklich dringend?, https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2018/sind-rueckfuehrungen-von-aethiopischen-asylsuchenden-wirklich-dringend.html, Zugriff 13.12.2018

Sicherheitslage

Nach der Wahl eines neuen Premierministers hat sich die Sicherheitslage derzeit wieder beruhigt. Der im Februar 2018 ausgerufene Notstand wurde am 5.6.2018 vorzeitig beendet (AA 4.1.2019). Derzeit gibt es in keiner äthiopischen Region bürgerkriegsähnliche Zustände; die Konflikte zwischen Ethnien (z.B. Gambella, SNNPR, Oromo/Somali) haben keine derartige Intensität erreicht (AA 17.10.2018). Laut österreichischem Außenministerium gilt in Addis Abeba und den übrigen Landesteilen ein erhöhtes Sicherheitsrisiko (BMEIA 12.12.2018). Ein Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land (EDA 10.12.2018; vgl. BAMF 1.10.2018, BAMF 24.9.2018).

Im ganzen Land kann es bei Demonstrationen zu Ausschreitungen kommen und Gewaltanwendung nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 12.12.2018). Die politischen und sozialen Spannungen können jederzeit zu gewalttätigen Demonstrationen, Plünderungen, Straßenblockaden und Streiks führen. Auch in Addis Abeba können gewalttätige Demonstrationen jederzeit vorkommen. Zum Beispiel haben Mitte September 2018 gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten verschiedener Lager sowie zwischen Demonstranten und Sicherheitskräfte zahlreiche Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 10.12.2018; vgl. BAMF 1.10.2018, BAMF 24.9.2018). Ende September 2018, sollen bei Protesten in Addis Abeba, 58 Menschen getötet worden sein, staatliche Stellen berichteten von 23 Toten. Die meisten Todesopfer habe es gegeben, als jugendliche Banden der Volksgruppe der Oromo am 16.9.2018 andere Ethnien angriffen. Zu weiteren Todesopfern kam es, als tausende Menschen gegen diese Gewaltwelle protestierten (BAMF 1.10.2018; vgl. BAMF 24.9.2018).

Zusammenstöße zwischen den Gemeinschaften in den Regionen Oromia, SNNPR, Somali, Benishangul Gumuz, Amhara und Tigray haben sich fortgesetzt. Dort werden immer mehr Menschen durch Gewalt vertrieben. Aufgrund der Ende September 2018 in der Region Benishangul Gumuz einsetzenden Gewalt wurden schätzungsweise 240.000 Menschen vertrieben (FEWS 29.11.2018).

Spannungen zwischen verschiedenen Volksgruppen und der Kampf um Wasser und Weideland können in den Migrationsgebieten der nomadisierenden Viehbesitzer im Tiefland zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führen, die oft erst durch den Einsatz der Sicherheitskräfte beendet werden (EDA 10.12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.1.2019): Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aethiopien-node/aethiopiensicherheit/209504, Zugriff 4.1.2019

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AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452858/4598_1543583225_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aethiopien-stand-september-2018-17-10-2018.pdf, Zugriff 11.12.2018

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.10.2018): Briefing Notes vom 1. Oktober 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445533/1226_1539002314_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-01-10-2018-deutsch.pdf, Zugriff 28.12.2018

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (24.9.2018): Briefing Notes vom 24. September 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445536/1226_1539002669_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-24-09-2018-deutsch.pdf, Zugriff 28.12.2018

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BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (12.12.2018): Äthiopien, Reise & Aufenthalt - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 12.12.2018

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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.12.2018): Reisehinweise für Äthiopien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/aethiopien/reisehinweise-aethiopien.html, Zugriff 10.12.2018

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FEWS - Famine Early Warning System Network / World Food Programme, in Reliefweb.int (29.11.2018): Ethiopia Key Message Update, November 2018,

https://reliefweb.int/report/ethiopia/ethiopia-key-message-update-november-2018, Zugriff 11.12.2018

Somali Regional State (SRS / Ogaden) und Oromia

Für den SRS gilt laut österreichischem Außenministerium eine partielle Reisewarnung (BMEIA 6.12.2018). Das deutsche Außenministerium warnt vor Reisen südlich und östlich von Harar und Jijiga (AA 4.1.2019). Die Sicherheitslage ist in diesem Landesteil volatil. Lokale Gefechte zwischen der äthiopischen Armee und verschiedenen Rebellengruppen kommen vor. Zum Beispiel forderten bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der Armee und einer lokalen Miliz im August 2018 in Jijiga zahlreiche Todesopfer und Verletzte (AA 4.1.2019; vgl. EDA 6.12.2018, DW 8.8.2018). Es kam damals zu interkommunaler Gewalt zwischen ethnischen Somalis und in der Stadt lebenden Hochländern (UNOCHA 25.11.2018) und zur Plünderung von Besitztümern ethnischer Minderheiten (DW 8.8.2018). Angriffe richteten sich gezielt gegen ethnische Nicht-Somalis und gegen orthodoxe Kirchen, darunter auch Priester (AA 17.10.2018). Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie zwischen verfeindeten Ethnien können auch weiterhin vorkommen. Auch besteht das Risiko von Anschlägen. Zudem besteht Minengefahr und das Risiko von Entführungen (EDA 6.12.2018; vgl. BMEIA 6.12.2018).

Rund um den Grenzübergang Moyale kam es mehrfach, zuletzt Mitte Dezember 2018, zu gewaltsamen

Zusammenstößen zwischen den Volksgruppen der Somali- und Oromia Region sowie den Sicherheitskräften, bei denen zahlreiche Todesopfer zu beklagen waren (AA 4.1.2019). Auch am 12.11.2018 führte Gewalt zwischen den Gemeinschaften Gebra und Garre dazu, dass etwa 15.000 Menschen in der Stadt Moyale, einer Stadt, die sowohl zu Oromia als auch zu Somalia gehört, vertrieben wurden (UNOCHA 25.11.2018).

Im Süden Äthiopiens hatte es in jüngster Vergangenheit mehrfach blutige Zusammenstöße zwischen Angehörigen der Ethnien der Oromo und der Somali gegeben. Hintergrund ist der Streit um Weideland und andere Ressourcen (WZ 16.12.2018). Im Grenzgebiet der Oromo- und Somali-Regionen kommt es schon seit Anfang 2017 verstärkt zu gewaltsamen und teilweise tödlichen Zusammenstößen beider Volksgruppen. Betroffen sind vor allem die Gebiete Moyale, Guji, Bale, Borena, Hararghe und West Guji (AA 4.1.2019). Der Grenzkonflikt zwischen den Regionen Oromia und dem SRS hat sich verschärft (AA 17.10.2018).

Für die Region Oromia wurde ein hohes Sicherheitsrisiko ausgerufen. In den Regionen Oromia und Amhara kann es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung und der Polizei kommen. Zudem kommt es häufiger zu Entführungen an der somalisch-kenianischen Grenze, sowie grenzüberschreitender Stammesauseinandersetzungen (BMEIA 6.12.2018). In den Oromo-und Amhara-Regionen kommt es des Öfteren zu teils gewalttätigen Demonstrationen und Protestaktionen (AA 4.1.2019). Über 200.000 Menschen sind seit Juli 2018 vor ethnischen Konflikten im SRS geflohen. Damit steigt die Gesamtzahl auf über 700.000, die in den letzten Jahren vor interkommunaler Gewalt geflohen sind, so die neueste Displacement Tracking Matrix für Äthiopien. Die meisten kamen aus der Region Oromia. Insgesamt wurden im SRS fast 1,1 Millionen Menschen vertrieben, wenn auch andere Ursachen wie Dürre und Überschwemmungen berücksichtigt werden (NRC 20.11.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.1.2019): Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aethiopien-node/aethiopiensicherheit/209504, Zugriff 4.1.2019

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AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452858/4598_1543583225_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aethiopien-stand-september-2018-17-10-2018.pdf, Zugriff 11.12.2018

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BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (6.12.2018): Äthiopien, Reise & Aufenthalt - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 6.12.2018

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DW - Deutsche Welle (8.8.2018): Äthiopien: Ethnische Konflikte schwelen weiter,

https://www.dw.com/de/%C3%A4thiopien-ethnische-konflikte-schwelen-weiter/a-45011266, Zugriff 10.12.2018

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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.12.2018): Reisehinweise für Äthiopien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/aethiopien/reisehinweise-aethiopien.html, Zugriff 6.12.2018

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NRC - Norwegian Refugee Council in Reliefweb (20.11.2018): 700,000 people flee conflict to seek safety in Somali region of Ethiopia, https://www.nrc.no/news/2018/november/700000-people-flee-conflict-to-seek-safety-in-somali-region-of-ethiopia/, Zugriff 10.12.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (25.11.2018): Ethiopia Humanitarian Bulletin Issue 68 | 11 - 25 November 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1452480/1788_1543330695_2511.pdf, Zugriff 11.12.2018

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WZ - Wiener Zeitung (16.12.2018): Äthiopien - Mehr als 20 Tote bei ethnischen Zusammenstößen,

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltchronik/1008111_Mehr-als-20-Tote-bei-ethnischen-Zusammenstoessen.html, Zugriff 17.12.2018

Andere Regionen

An der Grenze zwischen der Region Oromia und der Southern Nations Nationalities and Peoples Region (SNNPR) gibt es bewaffnete Auseinandersetzungen. Insgesamt erhöhte sich die Zahl an IDPs in Äthiopien deswegen zwischen Jänner und Juli 2018 um etwa 1,4 Millionen Menschen (GIZ 9.2018a). Seit Juni 2018 sind bei Zusammenstößen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Ethnien zahlreiche Personen getötet worden (EDA 10.12.2018). Es kam bereits in der Vergangenheit zu Zusammenstößen und zu Kämpfen zwischen zwei ethnischen Gruppen: den Gedeo, einer ethnischen Minderheit mit Sitz hauptsächlich in der SNNPR, und den Guji, einer Untergruppe der Oromo, der größten ethnischen Gruppe Äthiopiens. Die Gedeo sind in erster Linie Landwirte, und die Guji sind traditionell Pastoralisten. Die Spannungen zwischen den beiden Gruppen konzentrieren sich auf Land, Grenzziehung und Rechte ethnischer Minderheiten (RI 11.2018). Die interkommunale Gewalt, die am 13.4.2018 begann und bis Juni 2018 an den Grenzen der Zonen Gedeo (SNNPR) und West Guji (Region Oromia) anhielt, hat fast eine Million Menschen vertrieben. Etwa 142.000 Menschen wurden unmittelbar nach dem 4.8.2018 in der somalischen Region vertrieben (UNOCHA 25.11.2018). Nach zwei Jahrzehnten relativer Ruhe brachen im April 2018 Kämpfe über die benachbarten Verwaltungszonen Gedeo und West Guji aus. Bewaffnete Banden und Jugendgruppen griffen Dörfer an und zwangen rund 300.000 Menschen, ihre Häuser zu verlassen. Während der genaue Auslöser noch unklar ist, haben die Regierungsbehörden nach einer kurzen Untersuchung einige Verhaftungen vorgenommen und die Situation für gelöst erklärt, so dass die Menschen mit der Rückkehr nach Hause beginnen konnten. Wenige Monate später, im Juni 2018, brach die Gewalt erneut aus, in noch stärkerem Ausmaß. Über 800.000 Menschen wurden zur Flucht gezwungen. Viele Menschen erlebten Gewalt, einschließlich Vergewaltigung und Mord. Ganze Dörfer wurden niedergebrannt (RI 11.2018).

Der Konflikt, der am stärksten von interkommunaler Gewalt betroffen ist, hat sich in den letzten Monaten verschärft (BAMF 17.12.2018; vgl. RI 11.2018). Das österreichische Außenministerium nennt für die Region Amhara sowie für das Gebiet Konso in der SNNPR ein hohes Sicherheitsrisiko (BMEIA 12.12.2018). Zuletzt kam es am 13. und 14.12.2018 zu gewalttätigen Zusammenstößen. Bei Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener Volksgruppen sind im Süden Äthiopiens nach Angaben staatlicher Stellen mindestens 21 Menschen getötet und mehr als 60 verletzt worden. Viele Menschen sind über die Grenze nach Kenia geflohen (WZ 16.12.2018; vgl. BAMF 17.12.2018).

Quellen:

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (17.12.2018): Briefing Notes vom 17. Dezember 2018

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BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (12.12.2018): Äthiopien, Reise & Aufenthalt - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 12.12.2018

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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.12.2018): Reisehinweise für Äthiopien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/aethiopien/reisehinweise-aethiopien.html, Zugriff 12.12.2018

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GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Deutschland (9.2018a): Äthiopien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aethiopien/geschichte-staat/, Zugriff 10.12.2018

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RI - Refugees International in Reliefweb.int (11.2018): The Crisis Below the Headlines: Conflict Displacement in Ethiopia https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/FINAL%2BEthiopia%2BReport%2B-%2BNovember%2B2018%2B-%2BFinal.pdf, Zugriff 17.12.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (25.11.2018): Ethiopia Humanitarian Bulletin Issue 68 | 11 - 25 November 2018,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1452480/1788_1543330695_2511.pdf, Zugriff 11.12.2018

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WZ - Wiener Zeitung (16.12.2018): Äthiopien - Mehr als 20 Tote bei ethnischen Zusammenstößen,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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