TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/23 W163 2128787-2

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Veröffentlicht am 23.08.2019
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Entscheidungsdatum

23.08.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §57
VwGVG §22 Abs3

Spruch

W163 2128787-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) hat mit Bescheid vom 13.05.2016, zugestellt durch Hinterlegung am 23.05.2016, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

3. Die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.06.2016, zugestellt am 04.07.2016, GZ W163 2128787-1/2E, als unbegründet abgewiesen.

4. Mit Mandatsbescheid vom 17.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der folgenden Betreuungseinrichtung zu nehmen, dieser Verpflichtung habe er binnen drei Tagen nachzukommen: Betreuungsstelle Tirol RÜBE Trixlegg 12, 6391 Fieberbrunn.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung. Der Vorstellungswerber sei indischer Staatsangehöriger, sei unbescholten, lebe in Wien in einer ortsüblichen Unterkunft und sei behördlich gemeldet. Er beziehe keine Grundversorgung oder andere staatliche Hilfe und sei gegenüber der Behörde kooperativ und habe allen Ladungsterminen stets Folge geleistet. Es sei kein Bedarf dafür ersichtlich, den Beschwerdeführer in Fieberbrunn in einer Betreuungseinrichtung unterzubringen, die sich auf 1.400 Meter Seehöhe befinde. Um vom Ort Fieberbrunn in die Betreuungsstelle zu gelangen sei ein mehrstündiger Fußmarsch erforderlich, der im Winter nicht bewältigbar sei. Ein Taxi sei unzumutbar kostspielig und es gelte ein allgemeines Fahrverbot.

Die Behörde habe den Vorstellungswerber nie eingeladen, um ihn zu seinen persönlichen Verhältnissen sowie zu seinem Privat- und Familienleben zu befragen. Er sei auch nicht zur Regulierung der Ausreise befragt worden. Aus diesem Grund stelle sich die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr derzeit nicht. Die Wohnsitzauflage stelle tatsächlich keinen bloß geringfügigen Eingriff, sondern eine große Änderung im Leben des Beschwerdeführers dar. Ein Heimreisezertifikat sei keines vorhanden. Es liege somit nicht in der Sphäre des Fremden, dass es zu keiner Abschiebung gekommen sei und eine solche auch nicht in Aussicht stehe. Festzuhalten sei, dass der Beschwerdeführer jeder Ladung des BFA Folge geleistet habe und rechtmäßig gemeldet sei. Die Behörde hätte aus eigenem eine Duldungskarte ausstellen müssen. Das soziale und kulturelle Umfeld des BF befinde sich in Wien. Er habe sich stets bemüht, sich zu integrieren und die deutsche Sprache zu erlernen. Die freie Wahl des Aufenthaltsortes sei nicht nur im EU-Recht ein besonders geschütztes Gut. Die Wohnsitzauflage sei somit unverhältnismäßig.

6. Am 27.06.2019 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2019 wurde gemäß § 57 Abs. 1 FPG dem Beschwerdeführer aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der folgenden Betreuungseinrichtung zu nehmen. Diese Verpflichtung habe er unverzüglich nachzukommen: BS Tirol Trixlegg 12 6391 Fieberbrunn. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

8. Gegen diese Entscheidung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass sich der BF bereits seit 5 Jahren im Bundesgebiet befinde. Er sei dem entsprechend gut integriert. Er wohne in einer ortsüblichen Unterkunft, besitze gute Deutschkenntnisse und beabsichtigte, eine Prüfung für das AS-Zertifikat zu absolvieren. Er sei gegenüber der Behörde kooperativ und hat Ladungsterminen stets Folge geleistet. Er habe selbst mit der indischen Botschaft Kontakt aufgenommen und das "HZ-Formular" ausgefüllt. Er wohne an seiner privaten Adresse und sei dort auch behördlich gemeldet. Er beziehe keine Grundversorgung oder andere staatliche Hilfen.

Dass er nicht erreichbar oder flüchtig wäre, würde von der Behörde nicht behauptet. Es sei kein Bedarf ersichtlich, den in Wien wohnhaften Beschwerdeführer in Fieberbrunn in einer Betreuungseinrichtung unterzubringen. Die Betreuungseinrichtung sei nicht an öffentliche Verkehrsmittel angebunden. Die Behörde habe keine Angaben zu gegeben, für wie lange die Maßnahme der Wohnsitzauflage geplant sei. Die Wohnsitzauflage stelle keinen bloß geringfügigen Eingriff, sondern eine unzumutbare große Änderung im Leben des Beschwerdeführers dar. Für einen derartig schweren Eingriff gebe es keinen Grund. Ein Wohnsitzwechsel für den Beschwerdeführer, der über eine private Unterkunft und daher über einen entsprechenden Hausrat und Fährnisse besitze, sei innerhalb von nur drei Tagen nicht zumutbar. Der BF sei sozial, kulturell, sprachlich, beruflich und religiös in Österreich, konkret in Wien, verwurzelt.

Da das Rechtsmittel gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung entfalte, diese sei aberkannt worden, habe der Beschwerdeführer kein effektives Rechtsmittel in der Hand, sich gegen die Entscheidung zu wehren, die die Behörde innerhalb von drei Tagen durchsetzen wolle. In die Betreuungsstelle in Trixlegg, Fieberbrunn zu gehen, würde bedeuten, dass der Beschwerdeführer sein eigenständiges Leben samt Versicherung und seiner Integrationsbemühungen aufgeben müsste. Die Wohnsitzauflage bedeute einen Freiheitsentzug im Sinne des Rechts auf Freiheit und Sicherheit.

9. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten langten beim Bundesverwaltungsgericht am 20.08.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Festgestellt wird der oben dargestellte Verfahrensgang.

2. Der BF hält sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom 30.06.2016, zugestellt am 04.07.2016, besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen den BF. Seiner Ausreiseverpflichtung nach Indien ist der BF bislang nicht nachgekommen.

3. Der Beschwerdeführer ist nicht willens, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und entsprechende behördliche Entscheidungen zu befolgen.

4. Der Beschwerdeführer kam der mit Mandatsbescheid verfügten Auflage zur Unterkunftnahme in der näher bestimmten Betreuungseinrichtung nicht nach.

5. Der BF hat keinen Nachweis darüber erbracht, dass er seiner Verpflichtung, aus eigenem ein Reisedokument bei der für ihn zuständigen Stelle einzuholen, entsprochen hat.

6. Der BF hat nach Rechtskraft der abweisenden Entscheidung zu seinem Antrag auf internationalen Schutz am 04.07.2016 weiterhin Leistungen aus der Grundversorgung bis zum 24.06.2019 bezogen. Die Möglichkeit einer erlaubten Erwerbstätigkeit steht dem BF nicht offen. Trotzdem arbeitet er in Wien als Zeitungszusteller.

7. Die Familie des BF lebt in Indien. Im Bundesgebiet verfügt der Beschwerdeführer über keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen. Der Beschwerdeführer hat bisher keinen Nachweis über Deutschkenntnisse erbracht. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer nicht Mitglied in einem Verein. Der BF verfügt über soziale Kontakte in Wien. Das Bestehen besonderer Naheverhältnisse hat der BF nicht behauptet. Der Beschwerdeführer ist in Wien gemeldet und unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

1. Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der Akten des Bundesamtes sowie die des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, zum Ausgang des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz zum Bestehen einer Rückkehrentscheidung, zum Verbleib in Österreich trotz rechtskräftiger Ausreiseverpflichtung und zur Nichterfüllung der Auflage zur Unterkunftnahme, ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

3. Die festgestellte Ausreiseunwilligkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass als Ergebnis des Rückkehrberatungsgesprächs die Ausreisunwilligkeit des BF festgehalten wurde und dieses Ergebnis weder in der Vorstellung noch in der Beschwerde bestritten wurde. Auch in der Einvernahme vor dem BFA am 27.06.2019 erklärt der BF nicht seine Ausreisewilligkeit sondern gab an, er hätte kein Problem, nach Indien zurückzukehren, er hätte nur keinen Pass. Wenn man berücksichtigt, dass der BF seit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (04.07.2016) weiß, dass er das Bundesgebiet zu verlassen hat und er erstmals in der Einvernahme vor dem BFA drei Jahre später erklärt, er könnte sich von seiner Familie eventuell Dokumente schicken lassen, zeigt dies ein passives Verhalten und spricht gegen die Absicht, das Bundesgebiet aus eigenem verlassen zu wollen.

4. Der BF hat keinen Nachweis darüber erbracht, dass er seiner Verpflichtung, aus eigenem ein Reisedokument bei der für in zuständigen Stelle einzuholen, entsprochen hat. Die bloße Behauptung des BF in der Einvernahme vor dem BFA am 27.06.2019, er sei in den fünf Jahren seines Aufenthaltes drei Mal bei der Botschaft gewesen und man habe dort nicht mit ihm gesprochen und er beabsichtigte nochmals zur Botschaft zu gehen, kann nicht als Nachweis gesehen werden. Der BF wurde in der Einvernahme vor dem BFA am 27.06.2019 aufgefordert, bei der für ihn zuständigen Vertretungsbehörde selbständig vorzusprechen, und um eine Ausstellung eines Reisepasses anzusuchen. Es wurde ihm eine Frist bis 18.07.2019 zur Vorlage einer Bestätigung eingeräumt. Der BF hat keinen Nachweis erbracht. Auch in der Beschwerde wurde nicht dargelegt, wann der BF sich an die Vertretungsbehörde gewandt hätte und warum ihm eine Bestätigung nicht ausgestellt worden wäre.

Der BF hat daher einen Nachweis nicht erbracht und weder in seiner Einvernahme vor dem BFA noch in der Vorstellung und auch nicht in der Beschwerde Gründe dargelegt, warum er einen Nachweis nicht erhalten sollte. Die Behauptung, es sei mit ihm nicht gesprochen worden, ist nicht plausibel, zumal der BF indischer Staatsangehöriger ist und keine Gründe dargelegt hat, warum in der für ihn zuständigen ausländischen Behörde nicht mit ihm gesprochen werden sollte.

5. Die Feststellungen, dass der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt und zum Aufenthalt seiner Familienangehörigen in Indien, stützt sich auf seine Angaben in der Einvernahme vor dem BFA. Die Feststellung zum Leistungsbezug aus der Grundversorgung bis zum 24.06.2019 stützt sich auf die Einsichtnahme in das dem Bundesverwaltungsgericht vom Amts wegen zugänglichen Betreuungsinformationssystem. Die Feststellung, dass dem BF die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit nicht offen steht, stützt sich auf den Umstand, dass dem BF seit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung am 04.07.2016 kein Aufenthaltsrecht zukommt. Dass der BF dennoch als Zeitungszusteller arbeitet, ergibt sich aus den Angaben des BF vor dem BFA.

6. Dass der BF über nicht näher bezeichnete soziale Kontakte in Wien verfügt ergibt sich aus den Angaben in der Beschwerde und aus dem Umstand, dass sich der BF bereits mehrere Jahre im Bundesgebiet befindet. Die Feststellungen der aufrechten Meldung und der Unbescholtenheit beruhen auf einer eingeholten Meldeauskunft und einem eingeholten Strafregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I.:

§ 57 FPG lautet auszugsweise:

"Wohnsitzauflage

§ 57. (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) [...]

(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange

1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,

2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder

3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 4 außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen."

§ 46 FPG lautet auszugsweise:

"[...]

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

[...]"

Aus den Erläuterungen zum FRÄG 2017 betreffend § 57 FPG ergibt sich auszugsweise Folgendes:

"[...] Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

[...]

Zu Abs. 1:

[...]

Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfassen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird.

[...]

Zu Abs. 2:

In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein.

Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorliegen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen beispielsweise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Eheschließung) oder Gerichten solche vorlegen.

[...]

Zu Abs. 6:

Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß §57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand "Gefahr in Verzug" maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nichtgewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig. Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist."

Für den konkreten Fall bedeutet dies:

Wie oben in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargestellt, geht die belangte Behörde zutreffend von der Ausreiseunwilligkeit des BF aus und hat auch zutreffend erkannt, dass der BF an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne des § 46 Abs. 2 FPG nicht mitwirkt. Der Umstand, dass der BF ein Formular zur Erlangung eines Heimreisezertifikates unterfertigt hat, entbindet ihn nicht von der ihn treffenden Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 FPG.

Unter diesen Aspekten ist die Begründung der belangten Behörde, dass (diese) bestimmten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird, im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben, Wohnung und Briefverkehr nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Ebenso kommt Normen, die ein geordnetes Fremdenwesen betreffend Einreise und Aufenthalt von Fremden regeln, ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0192). Nichts anderes kann bezüglich der Ausreise nicht aufenthaltsberechtigter Fremder gelten.

Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Wohnsitzauflage nach § 57 FPG ergibt sich, dass hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist.

Der Beschwerdeführer hat seinen Lebensmittelpunkt in Wien, sodass durch die Wohnsitzauflage in das (in Wien) bestehende Privatleben und Wohnung des Beschwerdeführers eingegriffen wird. Der Eingriff ist aber trotz Bestehens von sozialen Kontakten, wogegen der BF über Familienangehörige im Bundesgebiet nicht verfügt, im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen gerechtfertigt. So ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer auch nicht auf seine berufliche Integration in Wien berufen kann, zumal er bis 24.06.2019 Grundversorgung in Anspruch nahm und ihm mangels eines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist. Dass der BF seinen Angaben zufolge dennoch als Zeitungszusteller arbeitet, kann nicht als berufliche Integration gesehen werden zumal es im Rahmen eines geordneten Fremdenwesens gilt, illegale Beschäftigungen hintan zu halten. Zudem wiegt die beharrliche Weigerung des Beschwerdeführers, der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung auch nachzukommen, insbesondere im Lichte des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens schwer zu seinen Lasten. Zudem muss sich der Beschwerdeführer aufgrund der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung dessen bewusst sein, dass er seinen Lebensmittelpunkt in Wien nicht aufrechterhalten wird können. Wenn der BF in der Beschwerde weiter ausführt, dass der BF durch die Wohnsitzauflage in seinem Recht auf freie Religionsausübung verletzt sei, so ist dazu auszuführen, dass nach Art 9 EMRK eine Beschränkung der Religions- und Bekenntnisfreiheit möglich ist, soweit diese auf einer gesetzlichen Bestimmung beruht, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind. Dies liegt wie ausgeführt im Lichte des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens im gegenständlichen Fall vor.

In Abwägung der Bindung des Beschwerdeführers an seinen Wohnort sind in Relation zu dem dargestellten öffentlichen Interesse allfällige - insbesondere in der Beschwerde monierte - Unannehmlichkeiten durch die kurzfristige Aufgabe seines Wohnsitzes in Wien sowie bei der Anreise in das Quartier nach Fieberbrunn, weiters eine Einschränkung seiner sozialen Kontakte in Wien nicht so gewichtig, dass sie das öffentliche Interesse überwiegen würden.

Unter diesen Gesichtspunkten und im Hinblick darauf, dass damit ein dringendes öffentliches Interesse erfüllt wird, ist der mit der Wohnsitzauflage verbundene Eingriff in das Privatleben und die Wohnung des Beschwerdeführers verhältnismäßig und aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers auch dringend geboten (vgl. BVwG 05.10.2018, W222 1435650-3/3E).

Der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, es handle sich bei einer Wohnsitznahme in der Betreuungsstelle um einen Freiheitsentzug, kann sich das Bundesverwaltungsgericht nicht anschließen, da kein Grund ersichtlich ist, warum sich der Beschwerdeführer dort nicht frei bewegen könne. Allein der Umstand, dass die Betreuungsstelle nicht an ein öffentliches Verkehrsmittel angeschlossen ist, entspricht keinem Freiheitsentzug, zumal es dem BF auch zumutbar ist, gegebenenfalls Wegstrecken zu Fuß zu bewältigen oder Mitfahrgelegenheiten zu organisieren.

Die Behauptung, dass die Betreuungseinrichtung in einer Seehöhe von

1.400 Meter auf Grund der ungünstigen Höhenlage aus eigenem nicht erreichbar sei und es einen mehrstündigen Fußmarsch erforderlich machen würde, der bei schlechten Wetter nicht bewältigbar sei, muss entgegnet werden, dass es notorisch ist, dass die Bewohner dieser Einrichtung täglich die Möglichkeit haben, mit einem Bus dieser Einrichtung ins Tal zu gelangen bzw. mit einem solchen zurückzukehren, indem sie sich zuvor in eine Liste eintragen können und auch Besuche empfangen können (vgl. dazu BVwG 12.07.2018, W124 2175473-2/3E). Gleichwohl ergibt sich aus der Information zur Wohnsitzauflage (AS 315), die dem BF samt dem Bescheid zugestellt wurde, dass dem BF die Anreise in die Betreuungseinrichtung kostenlos ermöglicht werden kann, hierzu wurde auch eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme angegeben. Insofern ist das Argument, dass die Anreise mit einem Taxi unzumutbar kostspielig sein würde und auf der Zufahrtsstraße zur Betreuungseinrichtung allgemeines Fahrverbot verhängt worden sei, nicht nachvollziehbar.

Die Anregung in der Beschwerde, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof anzuregen, wird nicht aufgegriffen, da seitens des Bundesverwaltungsgerichts keine Zweifel an der Verfassungskonformität der anzuwendenden Bestimmungen bestehen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

§ 13 VwGVG lautet:

"§ 13

Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."

§ 22 VwGVG lautet:

"§ 22

Aufschiebende Wirkung

§ 22. (1) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben."

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen und dies mit einem überwiegenden öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug des Bescheides begründet. Das öffentliche Interesse sei bereits durch die Regelung der Wohnsitzauflage mittels sofort durchsetzbaren Mandatsbescheides indiziert, zudem würden diese Interessen in Hinblick auf die Ausreise in Erfüllung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme überwiegen.

Gemäß § 22 Abs. 3 1. Fall VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 VwGVG - ein solcher liegt in Hinblick auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vor - auf Antrag einer Partei - ein solcher wurde in der Beschwerde gestellt - aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Letzteres ist nicht der Fall, da nicht zu erkennen ist, dass sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, entscheidungsrelevant geändert haben. Insbesondere wurde in diesem Zusammenhang kein substantiiertes Beschwerdevorbringen erstattet.

Das erkennende Gericht folgt aber auch der Begründung der belangten Behörde zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung. Bereits das Behördenhandeln nach § 57 FPG hat schon inhaltlich das Vorliegen einer "Gefahr in Verzug" zur Voraussetzung - beide Konstellationen, in denen es überhaupt zu einer Wohnsitzauflage kommen kann (vgl. § 57 Abs. 1 Z 1 und Z 2 FPG), begründen nach den Materialen (vgl. oben zu Abs. 6 leg.cit.) eine "Gefahr in Verzug". Damit wird auch der gesetzlich vorgesehene Erlass eines Mandatsbescheids begründet, sodass im Hinblick auf die Voraussetzungen für den Erlass eines (gefahrenpolizeilichen) Mandatsbescheids der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch im Vorstellungsbescheid nicht zu beanstanden ist. Der oben ersichtlichen Interessenabwägung folgend überwiegen zudem die öffentlichen Interessen am vorzeitigen Vollzug des angefochtenen Bescheides.

Hinzu kommt, dass sich aufgrund der unter einem ergehenden Entscheidung in der Sache selbst eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung faktisch erübrigt.

Der Antrag auf Zuerkennung der (ausgeschlossenen) aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist daher abzuweisen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Die Beschwerde bestreitet den von der Behörde festgestellten Sachverhalt nur völlig unbsubstantiiert, sodass sich daraus kein relevanter bzw. über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hinausgehender Sachverhalt ergibt. Das übrige Beschwerdevorbringen, das sich auf Unannehmlichkeiten durch die Aufgabe seines Wohnsitzes in Wien sowie bei der Anreise in das Quartier nach Fieberbrunn, eine Einschränkung seiner sozialen Kontakte, beschreibt Notorisches, sodass sich diesbezüglich keine Veranlassung für eine weitere mündliche Erörterung ergab. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Ausreisewilligkeit, Gefahr im Verzug,
Interessenabwägung, Mandatsbescheid, öffentliche Interessen,
Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W163.2128787.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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