TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/3 W225 2202842-1

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Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
UVP-G 2000 §1
UVP-G 2000 §17 Abs2
UVP-G 2000 §19 Abs1 Z1
UVP-G 2000 §2 Abs2
UVP-G 2000 §2 Abs3
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §3a Abs1 Z2
UVP-G 2000 §3a Abs6
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 Anh. 1 Z25
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W225 2202842-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEISS, LL.M. als Vorsitzende und die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER und Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20.06.2018, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben der XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Hochleitner Rechtsanwälte GmbH, Kirchenplatz 8, 4070 Eferding, "Tongrube XXXX - Erweiterungsvorhaben" in den Marktgemeinden XXXX und XXXX , keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeits-prüfungsgesetz (UVP-G 2000) durchzuführen ist,

A)

I. beschlossen:

Die Beschwerde wird hinsichtlich der Einwendungen der Nichteinhaltung von Auflagen und Nichteinhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften gemäß § 28 Abs. 1 iVm

§ 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), als unzulässig zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die über Spruchpunkt I. hinausgehende Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung (in der Folge: belangte Behörde) vom 20.06.2018, Zl. XXXX , wurde festgestellt, dass für das Vorhaben der XXXX (in der Folge: Antragstellerin) betreffend "Tongrube XXXX - Erweiterungsvorhaben" in den Marktgemeinden XXXX und XXXX , welches die Erweiterung eines bestehenden Tonabbaues in der Größe von rund 4 ha auf Teilflächen der Gst. Nr. 870/1, 871 und 872/2, alle KG XXXX , Marktgemeinde XXXX , um zusätzliche 2,3 ha auf Teilflächen der Gst. Nr. 1035, KG XXXX , Marktgemeinde XXXX , zum Gegenstand hat, nach Maßgabe der dem Verfahren zugrunde gelegenen Projektunterlagen keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist.

2. Gegen diesen Bescheid erhob XXXX (in der Folge: BF) mit Schreiben vom 18.07.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Ihre Beschwerde begründete die BF im Wesentlichen wie folgt:

Die BF sei Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 75 KG XXXX (Gst. Nr. 1032) an der Adresse XXXX , wo sie dauerhaft aufhältig und mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Dieses Grundstück befinde sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur gegenständlichen Tongrube XXXX . Die Entfernung zur nunmehrigen Abbauerweiterungsfläche auf dem Grundstück mit der Nr. 1035 betrage 300 m.

Die BF werde durch den Betrieb der bestehenden Tongrube (als auch durch die auf derselben Grundfläche betriebenen Abfalldeponie) belästigt und gefährdet. Zudem seien ihre dinglichen Rechte gefährdet. Es sei zu befürchten, dass die genannten Gefährdungen und Belästigungen auch durch die Errichtung und den Betrieb der Erweiterungsfläche andauern und sich sogar verstärken. Konkret handle es sich um Belästigungen durch Lärm, Erschütterungen und Staub.

Der auf dem Grundstück der BF befindliche Brunnen sei durch die Abbautätigkeiten bereits unbrauchbar geworden.

Die bestehende Tongrube sei mehrere Jahre ohne naturschutzrechtliche Bewilligung betrieben worden. Darüber hinaus seien die Betriebszeiten und die bewilligten Ausmaße überschritten worden. Da bereits mehrfach die erteilten Auflagen nicht eingehalten worden seien, sei zu befürchten, dass auch bei einer allenfalls genehmigten Erweiterung diese nicht eingehalten werden.

Sehe man sich den Verlauf des bereits getätigten Abbaus und die Flächenwidmung von

Gst. Nr. 1035 in nördlicher Richtung an, erkenne man, dass in diesem Gebiet rund 120.000 m2 als Abbaugebiet gewidmet seien. In diesem Bereich habe sich die Antragstellerin Abbaurechte in Form von Überscharen gesichert.

Aus diesem Grund sei es lebensfremd, anzunehmen, dass sich die Erweiterung der bestehenden Tongrube auf das Gst. 1035 beschränken werde. Vielmehr könne vermutet werden, dass zunächst nur dieses Gst. angegeben worden sei, um den bekämpften negativen Feststellungsbescheid zu erwirken. Dies würde zu einer Umgehung der gesetzlichen Vorschriften führen. Gehe man vom tatsächlichen Erweiterungsausmaß aus, wären die im bekämpften Bescheid angeführten Bagatellgrenzen jedenfalls überschritten und verpflichtend eine UVP durchzuführen.

Die BF stellt die Anträge, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und festzustellen, dass für das gegenständliche Vorhaben jedenfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist; eine mündliche Verhandlung durchzuführen; in eventu festzustellen, dass eine Entscheidung im Einzelfall zur UVP-Pflicht zur treffen ist; in eventu festzustellen, dass für jede Erweiterung der Tongrube über das Gst. 1035 hinaus jedenfalls zwingend eine UVP durchzurühren ist; der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schließlich erhob die BF den Vorwurf, dass die belangte Behörde weitere Fakten zum Sachverhalt sammeln hätte müssen. Bereits aus der Eingabe der Montanbehörde vom 06.06.2018 habe sich ableiten lassen, dass die geplante Erweiterung sich wahrscheinlich nicht auf die Überschar XXXX beschränken werde. Hätte die Behörde das berücksichtigt, hätte sie feststellen müssen, dass die Erweiterung sich nicht innerhalb der Bagatellgrenzen des Anhang 1 Z 25 UVP-G bewege. Schon aus diesem Grund sei der Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde habe es verabsäumt, weitere Ermittlungstätigkeiten durchzuführen. Bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung hätte sie zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung das Ausmaß der Erweiterung mit (nur) 2,3 ha angegeben wurde, um die Bagatellschwelle laut Anhang UVP-G nicht zu erreichen.

3. Mit 02.08.2018 legte die belangte Behörde die eingebrachten Rechtsmittel dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Mit 25.09.2018 wurden die Parteien von der eingelangten Beschwerde in Kenntnis gesetzt und diesen die Möglichkeit gewährt, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

5. Mit Schreiben vom 12.10.2018 übermittelte die Rechtsvertretung der Antragstellerin ihre Beschwerdebeantwortung zum eingebrachten Rechtsmittel. Darin wurde unter anderem angeführt, dass die dem Verfahren zugrundeliegenden Projektunterlagen unschwer eine Überprüfung über die Einhaltung der geplanten Kapazität ermöglichen würden. Damit sei jedem Umgehungsverbot ein technisch eindeutiger und leicht überprüfbarer Riegel vorgeschoben.

Zudem sei der stufenweise Ausbau einer Anlage zulässig, insofern sachlich sinnvoll abgestufte Projektverwirklichungen und Ausbauten vorliegen, die durch das Gesetz nicht verunmöglicht werden dürfen. Sachlich sinnvoll sei es zum einen, Gewinnungsbewilligungen "nicht auf Halde und Vorrat", sondern nach konkreten unternehmensrechtlich relevanten Planungshorizonten zu erwirken. Sachlich sinnvoll sei es zum anderen, für allfällige künftige Erweiterungen insbesondere bergbautechnische und sonstige Erfahrungen aus dem jetzigen Vorhaben nutzen zu können. Schließlich seien auch Planungskapazitäten und der wirtschaftliche Aufwand angemessen zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sei unerheblich, wenn die Beschwerde von einem im Flächenwidmungsplan der Gemeinde gewidmeten Abbaugebiet spricht oder Überscharen thematisiere. Die Überschar bzw. die Ersichtlichmachung im Flächenwidmungsplan erfülle den Vorhabensbegriff gemäß UVP-G nicht und habe daher auch für die Schwellenwertberechnungen keine Bedeutung.

Die von der BF gerügte mangelhafte Sachverhaltsfeststellung und der von ihr gerügte Verfahrensmangel würden nicht vorliegen. In diesem Kontext sei die Beschwerde nicht gesetzeskonform ausgeführt, weil maßgebliche Sachverhalte fehlen würden, aus denen die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels erkennbar sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgegenstand:

Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht bildet der in Beschwer gezogenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20.06.2018, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben der Antragstellerin "Tongrube XXXX - Erweiterungsvorhaben" in den Marktgemeinden XXXX und XXXX , mit welchem der bestehende Tonabbau in der Größe von rund 4 ha auf Teilflächen der Gst. Nr. 870/1, 871 und 872/2, alle KG XXXX , Marktgemeinde XXXX , um zusätzliche 2,3 ha auf Teilflächen der Gst. Nr. 1035, KG XXXX , Marktgemeinde XXXX , erweitert werden soll, keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist.

1.2. Darstellung des Vorhabens:

Die Antragstellerin betreibt in der Marktgemeinde XXXX die "Tongrube XXXX " zur Gewinnung von Ton auf einer Fläche von rund 4 ha.

Die Antragsstellerin beabsichtigt die Erweiterung dieser Rohstoffgewinnung auf Teilflächen der Gst. Nr. 1035, KG XXXX , Marktgemeinde XXXX , im Ausmaß von rund 2,3 ha. Bei den vom Erweiterungsvorhaben berührten Flächen handelt es sich um landwirtschaftlich genutzte Flächen.

Nach Beendigung der Rohstoffgewinnung innerhalb der bestehenden Tongrube sollen die in der Erweiterungsfläche anstehenden mineralischen Rohstoffe in Form eines Neuaufschlusses etappenweise konsumiert werden.

Das Abraummaterial wird randlich wallförmig für die nachfolgende Rekultivierung zwischengelagert. Der Abbau der Lockergesteinslagerstätte erfolgt unverändert in Form einer Trockenbaggerung. Der Lagerstättenkörper wird von oben nach unten hereingewonnen.

Die Abbaumächtigkeit beträgt aufgrund der in Vergangenheit durchgeführten Erkundungsbohrungen bis zu knapp 20 m. Die anstehenden Rohstoffe werden mittels Bagger abgegraben und direkt auf LKW zum Abtransport verladen. Es erfolgt wie bisher keine Rohstoffzwischenlagerung oder -aufbereitung innerhalb der Abbauflächen.

Der Rohstoffabbau erfolgt kampagnenweise, sodass unverändert von keinem durchgehenden Betrieb auszugehen ist.

Die Betriebszeiten sind werktags MO - FR von jeweils 6 bis 18 Uhr sowie SA von 6 bis 13 Uhr genehmigt (Anmerkung: die Regelbetriebszeiten sind allerdings mit werktags MO- DO von jeweils 7 bis 17 Uhr und FR von 7 bis 13 Uhr festgelegt.) und werden durch das Erweiterungsvorhaben nicht verändert. Ähnliches gilt für die jährliche Abbauleistung und das damit verbundene betriebsbedingte Verkehrsaufkommen.

Die jährliche Abbauleistung beträgt unverändert maximal 30.000 m³. Die Rohstoffabtransportfrequenz mittels LKW ist mit einem maximalen Verkehrsaufkommen von 35 Zu- und 35 Abfahrten pro Betriebstag genehmigt. Der Rohstoffabtransport erfolgt wie bisher über den Güterweg XXXX in Richtung XXXX . Anzumerken ist, dass seitens der Antragsstellerin aktuell eine alternative Transportroute von der Tongrube zur XXXX geprüft wird.

Im Zuge der etappenweisen Endgestaltungsmaßnahmen ist - wie in der bestehenden Tongrube auch - die Zufuhr von Bodenaushubmaterial zur Anhebung der Geländemulde bis auf etwa das ursprüngliche Geländeniveau vorgesehen. Die Folgenutzung ist entsprechend dem Ausgangszustand in Form einer landwirtschaftlich nutzbaren Fläche vorgesehen.

Infolge des Erweiterungsvorhabens erstreckt sich die Lebensdauer der Rohstoffgewinnung bei gleichbleibendem Rohstoffbedarf um rund 6 Jahre.

Die Abbauerweiterungsfläche befindet sich außerhalb naturschutzrechtlich besonders geschützter Gebiete iSd Kategorie A Anhang 2 UVP-G 2000. Im Nahbereich des Vorhabens befinden sich aber Siedlungsgebiete, welche von der Erweiterungsfläche weniger als 300 m entfernt sind. Das Erweiterungsvorhaben befindet sich in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie E Anhang 2 UVP-G 2000.

1.3. Zur Beschwerdelegitimation:

Die BF ist Eigentümerin und Bewohnerin der Liegenschaft EZ 75, Gst. Nr. 1032, KG XXXX . Der Wohnsitz der BF befindet sich im unmittelbaren Nahebereich zum verfahrensgegenständlichen Vorhaben.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 20.06.2018, Zl. XXXX , wurde am 21.06.2018 auf der Internetseite der belangten Behörde kundgemacht.

Die mit 18.07.2018 datierte Beschwerde der BF wurde am 19.07.2018 zur Post gegeben. Zusätzlich übermittelte die BF ihre Beschwerde am 19.07.2018 auch fernelektronisch (E-Mail) an die belangte Behörde.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-

Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt der UVP-Behörde;

-

Einsicht in die Antrags- und Projektunterlagen;

-

Einsicht in den angefochtenen Bescheid;

-

Einsicht in den Beschwerdeschriftsatz;

-

Einsicht in die den Beschwerden beigeschlossenen Unterlagen;

-

Einsicht in die Online-Sendungsverfolgung der Österreichischen Post AG, https://www.post.at/sendungsverfolgung.php/details?pnum1=

XXXX .

2.2. Die Feststellungen betreffend den Verfahrensgegenstand ergeben sich aus dem unbeanstandetem und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und dem angefochtenen Bescheid selbst.

2.3. Auch die Feststellungen zum geplanten Vorhaben ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insb. aus den einliegenden Antrags- und Projektunterlagen. Diesen Unterlagen ist insbesondere zu entnehmen, dass das geplanten Vorhaben in den KG XXXX verwirklicht werden soll, Teilflächen im Ausmaß von 2,3 ha in Anspruch nehmen wird und der Erweiterung des bereits in Betrieb befindlichen Vorhabens "Tongrube XXXX " in der Marktgemeinde XXXX mit einer Fläche von ca. 4 ha dient. Auch die Situierung des Vorhabens, im Abstand von weniger als 300 m zu Siedlungsgebieten, geht aus den Projektunterlagen hervor.

2.4. Die Feststellungen zur Beschwerdelegitimation ergeben sich aus dem Akteninhalt und dem eingebrachten Beschwerdeschriftsatz.

Dass die BF im unmittelbaren Nahebereich des verfahrensgegenständlichen Vorhabens wohnhaft und Eigentümerin der unmittelbar angrenzenden Liegenschaft EZ 75, Gst. Nr. 1035, KG XXXX , ist, geht aus den Wohnsitzangaben der BF in ihrem Beschwerdeschriftsatz sowie dem der Beschwerde beigelegten Grundbuchauszug hervor. Für das Bundesverwaltungsgericht ergeben sich daher keine Zweifel an der möglichen Betroffenheit der BF durch das gegenständliche Vorhaben.

Dass der angefochtene Bescheid am 21.06.2018 auf der Internetseite der belangten Behörde kundgemacht wurde, ergibt sich aus dem Verfahrensakt der Verwaltungsbehörde, insb. dem Aktenvermerk zur Kundmachung vom 21.06.2018 (vgl. AS 111).

Die Postaufgabe der eingebrachten Beschwerde der BF am 19.07.2018 ergibt sich aus einer hg. Online-Abfrage der Sendungsnummer auf der Website der Österreichischen Post AG.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und allgemeine Rechtsvorschriften:

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 i. d.F. BGBl. I Nr. 95/2013 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG geregelt (§ 1). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. Der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, oder wenn es dies für erforderlich, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

3.2. Zu A)

3.2.1. Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3, 3a, 19 sowie Anhang 1 Z 25 und Anhang 2 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 679/1993, in der geltenden Fassung, BGBl. I Nr. 111/2017, lauten auszugsweise:

"Aufgabe von Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung

§ 1. (1) Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist es, unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage

1. die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben

a) auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume,

b) auf Boden, Wasser, Luft und Klima,

c) auf die Landschaft und

d) auf Sach- und Kulturgüter

hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind,

2. Maßnahmen zu prüfen, durch die schädliche, belästigende oder belastende Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt verhindert oder verringert oder günstige Auswirkungen des Vorhabens vergrößert werden,

3. die Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Alternativen sowie die umweltrelevanten Vor- und Nachteile des Unterbleibens des Vorhabens darzulegen und

4. bei Vorhaben, für die gesetzlich die Möglichkeit einer Enteignung oder eines Eingriffs in private Rechte vorgesehen ist, die umweltrelevanten Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- oder Trassenvarianten darzulegen. [...]

Begriffsbestimmungen

§ 2. [...]

(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

[...]

Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind § 3a Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z 1 lit. d und f, § 7 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 20 Abs. 5 und § 22 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des § 3a Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 12a und § 19 Abs. 2 anzuwenden.

(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

[...]

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation oder ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation oder einem solchen Nachbarn/ einer solchen Nachbarin Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation der Umweltorganisation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß § 19 Abs. 7 ausgewiesene Zulassungsbereich maßgeblich.

[...]

Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis

§ 19. (1) Parteistellung haben

1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit;

2. die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z 1 Parteistellung zukommt;

3. der Umweltanwalt gemäß Abs. 3;

4. das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zur Wahrnehmung der wasserwirtschaftlichen Interessen gemäß §§ 55, 55g und 104a WRG 1959;

5. Gemeinden gemäß Abs. 3;

6. Bürgerinitiativen gemäß Abs. 4, ausgenommen im vereinfachten Verfahren (Abs. 2) und

7. Umweltorganisationen, die gemäß Abs. 7 anerkannt wurden.

[...]

Änderungen

§ 3a. (1) Änderungen von Vorhaben,

1. die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des in Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen; dies gilt nicht für Schwellenwerte in spezifischen Änderungstatbeständen;

2. für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.

(2) Für Änderungen sonstiger in Spalte 1 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn

1. der Schwellenwert in Spalte 1 durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder

2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 1 des Anhanges 1 kein Schwellenwert angeführt ist, und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.

(3) Für Änderungen sonstiger in Spalte 2 oder 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen, wenn

1. der in Spalte 2 oder 3 festgelegte Schwellenwert durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder durch die Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder

2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 2 oder 3 kein Schwellenwert festgelegt ist,

und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.

(4) Bei der Feststellung im Einzelfall hat die Behörde die in § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 angeführten Kriterien zu berücksichtigen. § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Einzelfallprüfung gemäß Abs. 1 Z 2, Abs. 2, 3 und 6 entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(5) Soweit nicht eine abweichende Regelung in Anhang 1 getroffen wurde, ist für die Beurteilung der UVP-Pflicht eines Änderungsprojektes gemäß Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 2 und 3 die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen, wobei die beantragte Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25% des Schwellenwertes oder, wenn kein Schwellenwert festgelegt ist, der bisher genehmigten Kapazität erreichen muss.

(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Änderungsvorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.

[...]

Anhang 1

Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP-pflichtigen Vorhaben.

In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die "Neuerrichtung", der "Neubau" oder die "Neuerschließung" erfasst.

In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP-Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP-Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen.

Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert. Gebiete der Kategorien A, C, D und E sind für die UVP-Pflicht eines Vorhabens jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.

[...]

 

UVP

UVP im vereinfachten Verfahren

 

 

Spalte 1

Spalte 2

Spalte 3

 

Bergbau

 

 

Z 25

a) Entnahme von mineralischen Rohstoffen im Tagbau (Lockergestein - Nass- oder Trockenbaggerung, Festgestein im Kulissenabbau mit Sturzschacht, Schlauchbandförderung oder einer in ihren Umweltauswirkungen gleichartigen Fördertechnik) oder Torfgewinnung mit einer Fläche 5) von mindestens 20 ha; b) Erweiterungen einer Entnahme von mineralischen Rohstoffen im Tagbau (Lockergestein - Nass- oder Trockenbaggerung, Festgestein im Kulissenabbau mit Sturzschacht, Schlauchbandförderung oder einer in ihren Umweltauswirkungen gleichartigen Fördertechnik) oder einer Torfgewinnung, wenn die Fläche 5) der in den letzten 10 Jahren bestehenden oder genehmigten Abbaue und der beantragten Erweiterung mindestens 20 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme 5) mindestens 5 ha beträgt;

[...]

c) Entnahme von mineralischen Rohstoffen im Tagbau (Lockergestein - Nass- oder Trockenbaggerung, Festgestein im Kulissenabbau mit Sturzschacht, Schlauchbandförderung oder einer in ihren Umweltauswirkungen gleichartigen Fördertechnik) oder Torfgewinnung in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien A oder E und für Nassbaggerung und Torfgewinnung auch Kategorie C, mit einer Fläche 5) von mindestens 10 ha; d) Erweiterungen einer Entnahme von mineralischen Rohstoffen im Tagbau (Lockergestein - Nass- oder Trockenbaggerung, Festgestein im Kulissenabbau mit Sturzschacht, Schlauchbandförderung oder einer in ihren Umweltauswirkungen gleichartigen Fördertechnik) oder einer Torfgewinnung in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien A oder E und für Nassbaggerung und Torfgewinnung auch Kategorie C, wenn die Fläche 5) der in den letzten 10 Jahren bestehenden oder genehmigten Abbaue und der beantragten Erweiterung mindestens 10 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme 5) mindestens 2,5 ha beträgt; Ausgenommen von Z 25 sind die unter Z 37 erfassten Tätigkeiten.

5) Bei Entnahmen von mineralischen Rohstoffen im Tagbau sind zur Berechnung der Fläche die in den Lageplänen gemäß § 80 Abs. 2 Z 8 bzw. 113 Abs. 2 Z 1 MinroG (BGBl. I Nr. 38/1999) bekannt zu gebenden Aufschluss- und Abbauabschnitte heranzuziehen.

Anhang 2

Einteilung der schutzwürdigen Gebiete in folgende Kategorien:

Kategorie

schutzwürdiges Gebiet

Anwendungsbereich

A

besonderes Schutzgebiet

nach der RL 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie), ABl. Nr. L 103/1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/24/EG des Rates vom 8. Juni 1994, ABl. Nr. L 164/9, sowie nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie), ABl. Nr. L 206/7, in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Artikel 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannte Schutzgebiete; Bannwälder gemäß § 27 ForstG; bestimmte nach landesrechtlichen Vorschriften als Nationalpark 1) oder durch Verwaltungsakt ausgewiesene, genau abgegrenzte Gebiete im Bereich des Naturschutzes oder durch Verordnung ausgewiesene, gleichartige kleinräumige Schutzgebiete oder ausgewiesene einzigartige Naturgebilde; in der Liste gemäß Artikel 11 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. Nr. 60/1993) eingetragene UNESCO-Welterbestätten

[...]

[...]

[...]

E

Siedlungsgebiet

in oder nahe Siedlungsgebieten. Als Nahebereich eines Siedlungsgebietes gilt ein Umkreis von 300 m um das Vorhaben, in dem Grundstücke wie folgt festgelegt oder ausgewiesen sind: 1. Bauland, in dem Wohnbauten errichtet werden dürfen (ausgenommen reine Gewerbe-, Betriebs- oder Industriegebiete, Einzelgehöfte oder Einzelbauten), 2. Gebiete für Kinderbetreuungseinrichtungen, Kinderspielplätze, Schulen oder ähnliche Einrichtungen, Krankenhäuser, Kuranstalten, Seniorenheime, Friedhöfe, Kirchen und gleichwertige Einrichtungen anerkannter Religionsgemeinschaften, Parkanlagen, Campingplätze und Freibeckenbäder, Garten- und Kleingartensiedlungen.

1) Gebiete, die wegen ihrer charakteristischen Geländeformen oder ihrer Tier- und Pflanzenwelt überregionale Bedeutung haben.

[...]"

3.2.2. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:

3.2.2.1. Zur Beschwerdelegitimation:

Nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 sind Nachbarn gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 leg. cit. berechtigt Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, wenn die Behörde gemäß § 3 Abs. 7 leg. cit feststellt, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Die Liegenschaft mit der Gst. Nr. 1032, KG XXXX , deren Eigentümerin und Bewohnerin die BF ist, grenzt - wie festgestellt - unmittelbar an das beantragte Vorhaben. Bei der BF handelt es sich offenkundig um eine Person, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In-oder Ausland gefährdet werden könnte. Sie ist daher als Nachbarin iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 zu qualifizieren.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist wurde der angefochtene Bescheid am 21.06.2018 auf der Internetseite der belangten Behörde veröffentlicht. Da ihre Beschwerde am 19.07.2018 und sohin innerhalb der 4-wöchigen Rechtsmittelfrist zur Post gegeben und bei der belangten Behörde eingebracht wurde, erweist sich diese auch als rechtzeitig.

3.2.2.2. Zum Beschwerdevorbringen:

Die Antragstellerin beabsichtigt die bereits von ihr betriebene "Tongrube XXXX " im Ausmaß von rund 2,3 ha auf Teilflächen der Gst. Nr. 1035, KG XXXX , Marktgemeinde XXXX , zu erweitern. Es ist daher zunächst zu beurteilen ob es sich beim beantragten Vorhaben um ein Änderungs- oder um ein selbstständiges Vorhaben handelt.

Bei der Ermittlung ob es sich um ein Änderungsvorhaben oder um ein selbstständiges Vorhaben handelt ist auf eine umfassende Beurteilung der bestehenden Anlage und des neuen Vorhabens in ihrem Zusammenhang abzustellen. Dementsprechend ist zu fragen, ob die bestehende Anlage und das neue Projekt im Fall ihrer gemeinsamen Neuplanung als einheitliches Vorhaben gemäß § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 anzusehen wären. Wird diese Frage bejaht, so ist das neue Projekt als Änderung der bestehenden Anlage zu qualifizieren (siehe Altenburger/Berger, UVP-G, § 3a Rz 7; vgl. Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 3a Rz 7; VwGH 23.05.2001, 99/06/0164). Ausschlaggebend ist der sachliche und räumliche Zusammenhang iSv § 2 Abs. 2 UVP-G 2000. Wenn das neue Vorhaben mit dem bestehenden in einem sachlichen und räumlichen Zusammenhang steht, so ist es als Änderung zu qualifizieren, wobei eine geringe räumliche oder wirtschaftliche Trennung nicht schadet (Altenburger/Berger, UVP-G, § 3a Rz 7).

Für einen sachlichen Zusammenhang stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob diese durch einen gemeinsamen Betriebszweck verbunden sind bzw. ein Gesamtkonzept besteht. Dabei ist die deklarierte Absicht des Projektwerbers (der Projektwerber) maßgeblich (Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 2 Rz 10; Schmelz/Schwarzer, UVP-G, § 2 Rz 31). Ein räumlicher Zusammenhang mehrerer Eingriffe ist dann anzunehmen, wenn durch die verschiedenen Eingriffe Überlagerungen von Umweltauswirkungen (im Sinne kumulativer und additiver Effekte) zu erwarten sind (Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 2 Rz 9; Baumgartner, RdU 2009, 46).

Wie den Projektunterlagen zu entnehmen ist, besteht die Absicht der Antragstellerin darin, den bereits existenten Abbau von Ton in der "Tongrube XXXX " um zusätzliche Flächen auszuweiten. Eine eigene betriebliche Organisationsstruktur soll durch die Erweiterung nicht geschaffen werden, sondern erstreckt sich die bisher vorhandene auch auf die neuen Flächen. Der Abbau auf den neuen Flächen soll im Rahmen eines gemeinsamen wirtschaftlichen Gesamtkonzepts erfolgen. Ein sachlicher Zusammenhang liegt daher vor (vgl. auch VwGH 07.09.2004, 2003/05/0218, 0291; 29.03.2006, 2004/04/0129). Ein räumlicher Zusammenhang zwischen dem bereits existenten Vorhaben und der in Rede stehenden Erweiterung ist schon aufgrund der unmittelbaren Nähe zueinander und den sohin wechselseitig und überlagernden Auswirkungen evident.

Die von der Antragstellerin geplante Erweiterung stellt daher ein Änderungsvorhaben iSd § 3a UVP-G 2000 dar.

Die Einzigen für das geplante Änderungsvorhaben in Betracht kommenden Tatbestände, sind jene der Z 25 Anhang 1 UVP-G 2000, welche ua. den Abbau von Lockergestein regeln. Lockergestein wird in § 1 Z 22 MinroG legaldefiniert, als ein durch geologische Vorgänge gebildetes, unverfestigtes, körniges oder bindiges natürliches Gemenge aus Mineralien und/oder Gesteinsbruchstücken (zB. Schotter, Kiese, Sande oder Tone) sowie verlassene Halden aus der Gewinnung von Lockergestein (Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, Z 25 und 26 Rz 4). Das in Rede stehende Änderungsvorhaben dient der Erweiterung des bereits bestehenden Tonabbaus, weshalb es als Lockergesteinabbau dem Anwendungsbereich der Z 25 Anhang 1 UVP-G 2000 unterliegt.

Wie bereits den Feststellungen zu entnehmen ist, wird durch das Änderungsvorhaben, ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorie E iSd Anhang 2 UVP-G 2000 berührt, da sich in einem Umkreis von weniger als 300 m, baulandgewidmete Flächen, sohin im Nahebereich gelegene Siedlungsgebiete finden. Vorhaben in schutzwürdigen Gebieten sind in Spalte 3 des Anhang 1 UVP-G 2000 näher geregelt.

Gemäß § 3a Abs. 1 Z 2 UVP-G 2000 sind Änderungen von Vorhaben für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt iSd § 1 Abs. 1 Z 1 leg. cit. zu rechnen ist. § 3a Abs. 1 Z 2 UVP-G 2000 ist daher für jene Vorhaben maßgeblich, für die im Anhang 1 ein spezifischer Änderungstatbestand vorgesehen ist (vgl. Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 3a Rz 10).

In Spalte 3 der Z 25 Anhang 1 UVP-G 2000 findet sich ein solcher Änderungstatbestand.

Z 25 lit. d leg. cit. findet gs. nur Anwendung auf Vorhaben bei denen Erweiterungen einer Entnahme von mineralischen Rohstoffen im Tagbau (Lockergestein - Nass- oder Trockenbaggerung, Festgestein im Kulissenabbau mit Sturzschacht, Schlauchbandförderung oder einer in ihren Umweltauswirkungen gleichartigen Fördertechnik) oder einer Torfgewinnung in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien A oder E und für Nassbaggerung und Torfgewinnung auch Kategorie C, wenn die Fläche der in den letzten 10 Jahren bestehenden oder genehmigten Abbaue und der beantragten Erweiterung mindestens 10 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme mindestens 2,5 ha betragen.

Da die beabsichtigte Erweiterung des gegenständlichen Änderungsvorhabens lediglich eine (zusätzliche) Fläche im Ausmaß von 2,3 ha in Anspruch nimmt, bleibt die Bagatellschwelle (zusätzliche Mindestflächeninanspruchnahme) von 2,5 ha unterschritten, weshalb der Tatbestand der Z 25 lit. d. Anhang 1 UVP-G 2000 nicht erfüllt wird.

Es verbleibt daher nur mehr die Prüfung ob im Wege der Kumulierung eine UVP-Pflicht ausgelöst werden kann.

Gemäß § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 hat die Behörde bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Änderungsvorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist.

Die Bagatellgrenze des in Z 25 lit. d Anhang 1 UVP-G 2000 genannten Schwellenwertes liegt bei Anwendung der Kumulierungsbestimmung des § 3a Abs. 6 leg. cit. bei 2,5 ha (25% von 10 ha). Bei einer beabsichtigten Erweiterung des gegenständlichen Änderungsvorhabens von bloß 2,3 ha bleibt daher auch diese Bagatellschwelle unterschritten, weshalb auch unter Anwendung der Kumulierungsbestimmung der Tatbestand nicht erfüllt wird.

Es ist darauf hinzuweisen, dass selbst die Annahme einer Abbaufläche von 2,4 ha - wie von der BF in ihrem Beschwerdeschriftsatz vorgebracht - an dieser Auffassung nichts zu ändern vermag, zumal auch in diesem Fall die Bagatellgrenze (sowohl ohne als auch unter Anwendung der Kumulierungsbestimmung des § 3a Abs. 6 UVP-G 2000) von 2, 5 ha nicht überschritten würde.

An dieser Stelle ist zudem auf das Vorbringen der BF einzugehen, die Antragstellerin habe sich bereits Abbaurechte in Form von Überscharen auf weiteren Flächen gesichert, weshalb vermutet werden könne, dass sie den angefochtenen Bescheid im beantragten Ausmaß nur erwirkt habe, um eine UVP-Pflicht zu umgehen.

Im gegenständlichen Fall kommt das geplante Vorhaben knapp an den Bagatellschwellenwert von 25 % heran. Aus diesem Umstand alleine kann jedoch nicht auf eine Umgehung im Sinne eines "Herantastens" an den Bagatellschwellenwert von 25 % geschlossen werden.

Es ist Standpunkt des Gesetzgebers, dass Umgehungen der Umweltverträglichkeitsprüfun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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