TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/21 W169 2202920-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.08.2019
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Entscheidungsdatum

21.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2202920-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2018, Zl. 1063583304-180350456, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste im Juni 2015 legal mit einem Visum in das österreichische Bundesgebiet ein. Er verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender", gültig von 14.09.2015 bis 14.09.2016, und von 15.09.2016 bis 15.09.2017.

Am 04.09.2017 brachte der Beschwerdeführer einen diesbezüglichen Verlängerungsantrag ein, welcher mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 18.01.2018, Zl. MA35-9/3072347-04, mangels Studienerfolges abgewiesen wurde.

2. Am 11.04.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Telangana stamme und die Sprachen Telugu und Englisch spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Hindus an, sei ledig und kinderlos. Der Beschwerdeführer habe in Indien zwölf Jahre die Grundschule und danach vier Jahre die Universität (IT Ingenieur) besucht und sei zuletzt Student gewesen. In Indien würden die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers leben. Zu seinem Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass sein Vater politisch aktiv sei und die Opposition den Beschwerdeführer für sich habe gewinnen wollen, zumal er ein gebildeter Mann sei, was der Beschwerdeführer jedoch immer abgelehnt habe. Die Oppositionspartei wolle die Wahlen 2019 gewinnen und sollte sie an die Macht kommen, sei das Leben des Beschwerdeführers in Gefahr. Er sei auch jetzt schon des Öfteren von Parteimitgliedern bedroht worden. Für den Fall einer Rückkehr fürchte er um sein Leben.

3. Am 28.05.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab er an, dass er aus dem Bundesstaat Telangana stamme und der Religionsgemeinschaft der Hindus angehöre. Er spreche Telugu und Englisch, habe von 1998 bis 2002 die Grundschule und von 2003 bis 2007 die mittlere Schule besucht sowie überdies von 2008 bis 2012 den Bachelor in "Information Technology" gemacht. Er sei ledig und kinderlos. Zwischen 2012 und 2013 habe der Beschwerdeführer in Hyderabad gelebt und von 2014 bis 2015 in einer Mietwohnung bei einem Freund in Dehli. Er habe Gelegenheitsjobs als Verkäufer verrichtet und Unterstützung von seinen Eltern bekommen, die eine Landwirtschaft besitzen würden. Im Herkunftsstaat würden die Eltern, die Schwester, zwei Tanten und die Großmutter väterlicherseits des Beschwerdeführers leben. Er habe Kontakt zu seinen Eltern, diesen gehe es gut. Sie würden weiterhin im Elternaus und von der Landwirtschaft leben. Sein Vater sei auch Bauherr und überdies Kandidat für den Vorstand.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer insbesondere Folgendes vor (VP: nunmehriger Beschwerdeführer; LA: Leiter der Amtshandlung):

" (...)

LA: Würden Sie nun bitte alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung hier in Österreich ausführlich darlegen? Versuchen Sie Ihre Gründe nach Möglichkeit so detailliert darzulegen, dass diese für eine unbeteiligte Person auch zu verstehen sind. Was ist alles passiert? Warum konnten oder wollten Sie nicht mehr in der Heimat bleiben? Was haben Sie alles erlebt? Wie hat alles begonnen? Wie hat sich alles entwickelt?

VP: Mein Vater hat Probleme. Er unterstützt die Kongresspartei im Dorf. Die gegnerische Partei heißt TRS. Diese haben meinem Vater Probleme gemacht, weil er diese Partei unterstützt. Nach meinem Studienabschluss war ich bei meinem Vater 2-3 Monate, da ich ihn unterstützen wollte bei den Vorbereitungen für die Wahlen. 2013 waren die Wahlen. Mein Vater wollte für die Kongresspartei kandidieren. Er hat diese Partei unterstützt, und die Gegner haben gesagt als Reddy soll er nicht diese Kongresspartei unterstützen sondern die TRS. Meine Familie hat Angst gehabt, dass die Opposition mich umbringt. Mein Vater hat Angst gehabt, dass diese Leute mich töten. Mein Vater hat gesagt, ich muss weg aus diesem Dorf. Deshalb habe ich mich in Hyderabad aufgehalten. Die TRS Parteianhänger haben meinen Vater unter Druck gesetzt, dass er nicht die Kongresspartei sondern die TRS unterstützen soll. Mein Vater hatte Sorgen wegen mir und hat mich dann weggeschickt.

LA: Waren das alle Probleme?

VP: Ich habe Drohanrufe bekommen. Die TRS-Anhänger haben erfahren, wo ich bin, und ich sollte die TRS in meinem Heimatdorf unterstützen. Mein Vater wollte, dass ich weiterstudiere. Wegen der Probleme wollte mein Vater, dass ich ins Ausland gehe. Ich habe Vorbereitungen für ein Auslandsstudium in den USA getroffen. Das hat nicht geklappt, die zweite Wahl war Europa, deshalb bin ich 2015 nach Österreich gekommen. 2019 gibt es wieder Wahlen, deshalb kann ich nicht zurück und habe Angst. Mein Vater hat auch gesagt, dass ich nicht zurückkommen soll. Ich habe Probleme dort. Für die Wahlen 2019 gibt es jetzt schon viele Auseinandersetzungen und Parteipolitik. Das könnte für mich Probleme bereiten, wenn ich wieder nach Indien gehen sollte.

LA: Wann haben Sie diese Anrufe der TRS-Anhänger bekommen?

VP: Im Jahr 2014, wo ich in Delhi aufhältig war, haben sie angerufen. Zwei Mal haben sie mich angerufen. Sie haben mir gedroht. Auf Nachfrage haben Sie gedroht mich umzubringen, wenn ich sie nicht unterstütze.

LA: Wann genau war das?

VP: Mitte 2014, Juni oder Juli. Ich kann mich nicht genau erinnern, es könnte auch November gewesen sein.

LA: In welchem Abstand sind die Anrufe gekommen?

VP: es waren immer so zwei bis drei Monate Abstand.

LA: Wann glauben Sie, dass der erste Anruf war?

VP: Ich kann mich nicht gut erinnern. Mein Vater hat gesagt, dass es Probleme geben würde, wenn ich ins Dorf nach Hause kommen würde. Ich sollte nicht nach Hause kommen. Mein Vater will aus XXXX wegziehen, da er große Probleme hat.

LA: Das heißt Sie können nicht genau sagen, wann der erste Anruf war?

VP: Das erste Mal war ich 2012 im Dorf, dort haben sie mich unter Druck gesetzt.

LA: Aber es geht um die Anrufe in meiner Frage, wann fand der erste Anruf statt?

VP: Erstmals telefonisch bedroht wurde ich im Jahr 2013, ich kann mich nicht erinnern.

LA: Wo waren Sie wohnhaft, als der erste Anruf kam?

VP: In Hyderabad.

LA: Wann erhielten Sie weitere Anrufe?

VP: Im Juni oder Juli 2014, im November 2014 und im Jänner 2015.

LA: Das heißt Sie haben einen Anruf in Delhi bekommen, und einen in Hyderabad.

VP: Zwei Mal in Delhi und einmal in Hyderabad.

LA: Wann war der Anruf 2013?

VP: Ich kann mich nicht erinnern.

LA: Was ist bei dem ersten Anruf genau gesagt worden?

VP: Mein Vater hat als Kandidat für die Kongresspartei kandidiert. Das wollten sie verhindern. Ich sollte ihn überzeugen, dass er nicht kandidiert. Trotzdem hat mein Vater kandidiert, und hat zwar nicht gewonnen, aber er hat den zweiten Platz erreicht.

LA: Hinter wem ist Ihr Vater zweiter geworden?

VP: Der Gewinner hieß XXXX von der TRS-Partei. Und es könnte sein, dass mich ein Verwandter namens XXXX angerufen hat. Mein Vater hat gemeint, es könnte diese Person sein.

LA: Wie kommt Ihr Vater darauf, dass dieser XXXX Sie angerufen haben könnte?

VP: Er hat auch meinen Vater belästigt. Die Familie wollte auch Anzeige gegen ihn erstatten, aber die Polizei wollte ohne Beweismittel keine Anzeige aufnehmen. Das Amt weiß bereits, dass XXXX gewalttätig ist, und er bereits mehrmals angezeigt wurde, jedoch wurde er nicht bestraft, weil er von der TRS-Partei Unterstützung erhält.

LA: Was ist in den weiteren Gesprächen gesagt worden, welche Sie in Delhi über Telefon führten?

VP: Sie haben mir Angst gemacht, dass wenn mein Vater von der Kongresspartei nicht zurücktritt werden sie meinen Vater umbringen. Aber mein Vater hat sich keine Sorgen gemacht. Er wollte nur dass ich nicht ins Dorf komme, er wollte dass ich ins Ausland studieren gehe.

LA: Wurden Sie persönlich bedroht, oder nur Ihr Vater?

VP: Es sind Personen zu meinem Vater gekommen, und haben gedroht, mich umzubringen. Bei den Telefonanrufen wurde nur gedroht, dass sie meinen Vater umbringen. Sie wollten uns Angst machen.

LA: Wie glauben Sie, dass diese Personen Ihre Telefonnummer bekommen haben?

VP: Ich weiß es nicht, aber es kann sein, dass irgendwelche anderen Studenten, welche meine Nummer hatten, diese weitergegeben haben.

LA: War das erste Gespräch im Jahr 2013 vor der Wahl?

VP: Es war vor der Wahl. Ich kann mich nicht gut erinnern, wann die Wahlen waren, aber es war unmittelbar vorher.

LA: Wenn die Wahl 2013 war, und Sie im Jahr 2013 ein Telefongespräch erhielten, dieses vor der Wahl war, und Sie kein weiteres Telefonat im Jahr 2013 stattfand. Wieso gaben Sie an, dass Sie sich im Januar 2014 entschlossen haben, auszureisen?

VP: Mein Vater ist ein sehr angesehener Politiker in dem Dorf. Sie wollten nicht, dass er so viel Unterstützung erhält. Deshalb haben sie immer wieder gedroht, auch nach der Wahl. Die sind nicht nur im Dorf. Es ist allgemein bekannt, dass die TRS sehr viel Druck ausübt auf Oppositionsanhänger. Die Dorfbewohner sind nicht sehr zufrieden mit der Regierungspartei, der TRS. Mein Vater will wieder kandidieren, deshalb ist die Familie sehr unruhig. Meine Mutter hat Angst. Die Regierungspartei organisiert solche Aktionen, bei denen Oppositionsanhänger unter Druck gesetzt werden.

LA: Was konkret ist zwischen der Wahl und Ihrem Entschluss zur Ausreise im Jänner 2014 passiert, das Sie dazu brachte, ausreisen zu wollen?

VP: Mein Vater hat gesagt, es gibt sonst Probleme. Er sagte ich solle weiterstudieren, am besten im Ausland, weil mit diesen Problemen ich in Indien nicht weiterstudieren konnte. Deshalb habe ich eine Agentur gesucht, und wollte zuerst in die USA, da das nicht funktioniert hat, nach Europa. Der Grund, warum ich mich 2014 entschloss ausureisen, war die große Angst. Meine Familie hatte Angst, dass wenn ich mich in Indien aufhalten würde, ich Probleme bekomme.

LA: Auf welcher Art Telefon wurden Sie angerufen?

VP: Auf einem Mobiltelefon.

LA: Woher hätten die Personen, welche Sie bedroht hätten wissen sollen, wo Sie wohnen?

VP: Die haben nur die Telefonnummer gehabt. Wie sie angerufen haben, haben sie gefragt wo ich mich befinde, und ich habe ihnen gesagt, ich bin in Hyderabad oder Delhi.

LA: Warum haben Sie das diesen Personen gesagt, wenn diese Sie doch bedroht haben?

VP: Am Anfang habe ich nicht gewusst, wer der Anrufer war, und deshalb habe ich ihnen gesagt, wo ich mich befinde.

LA: Wie konkret wurden Sie bei der Angabe Ihres Wohnortes?

VP: Ich habe nicht die Adresse gesagt. Delhi und Hyderabad sind Großstädte.

LA: Wieso würden Sie, wenn Sie Angst haben und bedroht werden, ohne Nachfragen um wen es sich handelt, Personen über das Mobiltelefon Bescheid geben, wo Sie zurzeit wohnen?

VP: Es riefen auch Studenten an. Zuerst wusste ich nicht, dass das eine Person war, welche mich bedroht. Erst später wurde ich bedroht.

LA: Sind Sie jemals persönlich bedroht worden?

VP: Mich persönlich haben sie nicht bedroht. Es ist nichts passiert. Aber meinen Vater haben sie persönlich bedroht.

LA: Sie sagten, Sie gingen zur Polizei, wann war das?

VP: Das war 2013. Auf Nachfrage bin ich zusammen mit meinen Freunden zur Polizei gegangen. Wir waren zu dritt. Einer war mein Cousin, und einer ein Freund.

LA: Was wurde genau gesagt?

VP: Ich habe alles vorgebracht vor der Polizei, dass diese Person meinen Vater bedroht. Aber die Polizei hat gesagt es ist nichts passiert, und wenn etwas passiert kann ich Anzeige erstatten. Aber sie haben mir auch gesagt, dass die Polizei diesen Mann kennt. Sie haben mir Mut gegeben, dass nichts passiert und mich nach Hause geschickt. Es ist ganz normal, dass die Parteigegner bei Wahlen sich bedrohen. Es ist kein Grund, Anzeige zu erstatten.

(...)".

Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass er mit den Behörden in Indien keine Probleme gehabt habe. Er sei legal mit seinem indischen Reisepass ausgereist.

Zu den Lebensumständen in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er über ein Studentenvisum verfügt habe, welches im September 2017 abgelaufen sei, weil der Beschwerdeführer die erforderliche Deutschprüfung nicht bestanden habe. Er habe sowohl von September 2015 bis Februar 2017 als auch von September 2017 bis Februar 2018 Deutschkurse besucht, aber die Prüfung nicht geschafft. Danach sei "das Visum" nicht mehr verlängert worden, weshalb er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe.

Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten im Bundesgebiet, wohne bei einem Bekannten und werde von einem Freund finanziell unterstützt. Er habe in der Vergangenheit Zeitungen verteilt und in einem Restaurant gearbeitet, aktuell gehe er keiner Beschäftigung nach. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder sonstigen Verbindung bzw. Gruppierung und gehe regelmäßig in den Hindu-Tempel beten.

Am Ende der Einvernahme wurden dem Beschwerdeführer die Länderberichte zur aktuellen Situation in Indien angeboten, auf welche der Beschwerdeführer verzichtete.

Der Beschwerdeführer legte seinen Meldezettel, einen Mietvertrag, seinen Studierendenausweis der Technischen Universität Wien und einen Versicherungsdatenauszug vor.

4. Mit E-Mail vom 02.06.2018 wurden dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Konvolut an indischen Ausbildungsunterlagen (in Kopie) und der Führerschein des Beschwerdeführers der Behörde vorgelegt.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den von ihm behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei. Unabhängig davon würde dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Fall einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der nicht übermäßig langen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Nach Wiederholung der Fluchtgründe wurde ausgeführt, dass die indischen Behörden schutzunfähig bzw. schutzunwillig seien und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sich nicht hinreichend mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt habe. Für den Fall einer Rückkehr sei er auch weiterhin gefährdet, zumal die nächsten politischen Wahlen im Jahre 2019 anstehen würden. Für den Beschwerdeführer bestehe keine Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative und sei er "aus seiner Heimat entwurzelt", weshalb auch eine Verletzung seiner in Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte nicht ausgeschlossen werden könne. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Telangana und gehört der Religionsgemeinschaft der Hindus an. Er beherrscht die Sprache Telugu und Englisch. Im Herkunftsstaat besuchte er von 1998 bis 2007 die Schule und von 2008 bis 2012 die Universität, die er mit einem Bachelor in "Information Technology" abschloss. Er ist ledig und kinderlos. Zwischen 2012 und 2013 lebte der Beschwerdeführer in Hyderabad und von 2014 bis 2015 in einer Mietwohnung bei einem Freund in Dehli. Er arbeitete als Verkäufer und wurde auch von seinen Eltern finanziell unterstützt, die eine Landwirtschaft besitzen.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Dem Beschwerdeführer steht in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit den Behörden im Heimatland.

Der Beschwerdeführer reiste im Juni 2015 legal in das Bundesgebiet ein und verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck "Studierender", gültig von 14.09.2015 bis 14.09.2016, einmalig verlängert bis 15.09.2017. Am 04.09.2017 brachte der Beschwerdeführer einen Verlängerungsantrag ein, welcher mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 18.01.2018, mangels Studienerfolges abgewiesen wurde.

Am 11.04.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet keine Verwandten. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, wohnt privat bei einem Bekannten und wird von einem Freund finanziell unterstützt. Er hat Deutschkurse besucht, aber keinen positiv absolviert. In den Jahren 2015 bis 2018 ging er einem Erwerb nach; er arbeitete als Zeitungssteller und in einem Restaurant Aktuell ist er nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Im Herkunftsstaat leben auch weiterhin die Eltern, die Schwester, die Großmutter väterlicherseits des Beschwerdeführers und zwei Tanten. Er hat Kontakt zu seinen Eltern, denen es gut geht und die auch weiterhin im Elternaus und von der Landwirtschaft leben. Sein Vater ist auch Bauherr und Kandidat für den Vorstand. Der unbescholtene Beschwerdeführer ist gesund und steht im erwerbsfähigen Alter.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.8.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.8.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.4.2016).

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:

Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.8.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.8.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.4.2016).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.4.2016).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierung, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 13.12.2016

-

NHRC - The National Human Rights Commission India (o. D.): The National Human Rights Commission India, http://www.nhrc.nic.in/Documents/Publications/NHRCindia.pdf, Zugriff 5.1.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 13.12.2016

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9.2016).

In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).

Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 23.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 28.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):

Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 29.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

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FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 9.1.2017

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HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html, Zugriff 9.1.2017

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International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,

http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126, Zugriff 9.1.2017

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UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:

Background information, including actors of protection, and internal relocation,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf, Zugriff 29.12.2016

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Herkunft und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zur Lebenssituation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat, zur Einreise und zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet, sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, privat bei einem Bekannten wohnt und von einem Freund finanziell unterstützt wird, Deutschkurse besucht, aber keinen davon positiv absolviert hat, in der Vergangenheit als Zeitungssteller und in einem Restaurant gearbeitet hat, aktuell nicht erwerbstätig ist, nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation ist und gesund ist, beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 28.05.2018 sowie dem im Verfahren vorgelegten Versicherungsdatenauszug vom 24.05.2018, dem Mietvertrag vom 18.05.2016, der Kopie des Studierendenausweises der Technischen Universität Wien (ausgestellt am 28.07.2015) und den indischen Ausbildungsunterlagen.

Dass der Beschwerdeführer über eine Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck "Studierender", gültig bis 15.09.2017, verfügte und sein diesbezüglicher Verlängerungsantrag vom 04.09.2017 abgewiesen wurde, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Bescheid der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 18.01.2018 und der Einsichtnahme in das Informationssystem Zentrales Fremdenregister.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Dass der Beschwerdeführer keine Probleme mit den Behörden in Indien hatte, ergibt sich aus seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Die Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers über eine Bedrohung durch die politischen Gegner seines Vaters ni

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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