TE Bvwg Beschluss 2019/3/20 W205 2191540-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2019
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Entscheidungsdatum

20.03.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §15b Abs1
NAG §52 Abs1 Z2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W205 2191545-1/5E

W205 2191543-1/3E

W205 2191542-1/3E

W205 2191522-1/3E

W205 2191547-1/3E

W205 2191540-1/3E

W205 2191527-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Karin SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde von 1.) B XXXX , geb. XXXX ,

2.) A XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX H XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX B

XXXX , geb. XXXX , 5.) T XXXX , geb. XXXX , 6.) XXXX S XXXX , geb. XXXX und 7.) XXXX R XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 18.12.2017, Zl. 1.) VIS7893, 2.) VIS7896, 3.) VIS7894, 4.) VIS7898,

5.) VIS7897, 6.) VIS7899 und 7.) VIS7895, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde werden die bekämpften Bescheide

behoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an die österreichische Botschaft Islamabad zurückverwiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin ( XXXX ) ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ), der Drittbeschwerdeführerin ( XXXX), des Viertbeschwerdeführers ( XXXX ), der Fünftbeschwerdeführerin ( XXXX ), des Sechstbeschwerdeführers ( XXXX ) und des Siebtbeschwerdeführers ( XXXX ).

Die Beschwerdeführer, alle afghanische Staatsangehörige, stellten am 18.10.2017 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (In der Folge: ÖB Islamabad) Anträge auf Erteilung von Schengenvisa C zur einmaligen Einreise für einen geplanten Aufenthalt von 90 Tagen bzw. in der Dauer von 01.11.2017 bis 30.01.2018. Als Hauptzweck wurde "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden" angegeben. Als einladende Person wurde A XXXX geb. XXXX .1968, ein Staatsangehöriger des Vereinigten Königreichs, Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer angegeben.

Dem Antrag beigelegt waren folgende Dokumente:

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Reisepasskopie der Beschwerdeführer

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Flugreservierung

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Kranken-/Unfallversicherung

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Geburtsurkunde

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Registrierung der Geburtsurkunde

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Registrierungsurkunde

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Aufenthaltserlaubnis ("Residential Permit") Afghanistan

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Eheschließungszeugnis vom 12.06.2013 (die Erstbeschwerdeführerin und die einladende Person betreffend)

Die einladende Person betreffend:

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Verpflichtungserklärung

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Reisepasskopie

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Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger gemäß NAG des Magistrates Salzburg vom 19.05.2017 (Arbeitnehmer; § 51 Abs. 1 Z 1 NAG)

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Mietvertrag

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Kontoauszug vom 18.09.2017

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Lohn/Gehaltsabrechnung Juni - August 2017 zweier Arbeitgeber

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Gutschrift 07/ und 08/2017

Zu ihrem Antrag wurde die Erstbeschwerdeführerin im Rahmen eines Interviews vor der ÖB Islamabad befragt. Hierbei gab sie an, die einladende Person habe vor fünfzehn Jahren Afghanistan verlassen, sei illegal nach England und vor fünf Monaten weiter nach Österreich zu ihren Verwandten gereist. Vor eineinhalb Jahren habe ihr Ehegatte sie zuletzt in Afghanistan besucht.

Der Schengenabfrage vom 31.10.2016 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer bereits Visaanträge in Belgien und in Irland gestellt haben.

2. Mit Aufforderung zur Stellungnahme der ÖB Islamabad vom 20.11.2017 wurde den Beschwerdeführern Parteiengehör eingeräumt. Die ÖB Islamabad führte im Vorhalt aus, dass die Beschwerdeführer den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes nicht ausreichend begründet hätten. Die über den Aufenthalt vorgelegten Informationen seien unglaubwürdig. Es würden begründete Zweifel am Wahrheitsgehalt des Inhaltes der vorgelegten Belege und an der Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführer bestehen. Das Bestehen eines Familienverhältnisses sei nicht zweifelsfrei glaubwürdig. Es sei nicht der Nachweis erbracht worden, dass die Beschwerdeführer über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat verfügen, in dem ihre Zulassung gewährleistet sei, oder sie seien nicht in der Lage, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen.

Es seien keine eigenen finanziellen Mittel vorgewiesen worden; die Bestreitung des Lebensunterhalts erscheine nicht gesichert. Die elektronische Verpflichtungserklärung sei nicht tragfähig. Der Einlader verfüge nicht über ausreichende Existenzmittel für sich und die eingeladenen Familienangehörigen. Die Herkunft und Rechtmäßigkeit der angeblich im Besitz des Einladers stehenden finanziellen Mittel seien nicht nachgewiesen.

Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthaltes seien nicht glaubhaft. Die über den Aufenthalt vorgelegten Informationen seien unglaubwürdig. Es würden begründete Zweifel am Wahrheitsgehalt des Inhaltes der vorgelegten Belege und an der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben bestehen. Das Bestehen eines Familienverhältnisses sei nicht zweifelsfrei glaubwürdig. Die Bescheide zu den bereits in der Vergangenheit gestellten Anträge bei Botschaften der EU-Mitgliedstaaten seien nicht vorgelegt worden. Der Reisezweck sei unglaubwürdig.

3. Mit Stellungnahme vom 07.12.2017 wurde ausgeführt, das Schreiben der belangten Behörde sei inhaltlich nicht nachvollziehbar. Die Beschwerdeführer hätten bereits im Antragsformular angegeben, als Familienangehörige eines britischen Staatsangehörigen nach Österreich einreisen und anschließend eine Aufenthaltskarte nach § 54 NAG beantragen zu wollen. Der Zweck der Reise sei somit klar und eindeutig dargelegt worden. Unklar sei die Formulierung, dass die über den Aufenthalt vorgelegten Informationen unglaubwürdig seien. Ebenfalls lasse sich dem Schreiben nicht entnehmen, weshalb Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführer bzw. am Bestehen des Familienverhältnisses aufgekommen seien. Die Beschwerdeführer seien bereit, den Nachweis der Familienangehörigeneigenschaft durch ein DNA-Gutachten zu erbringen.

Dem vorgelegten Kontoauszug sei zu entnehmen, dass die einladende Person über Ersparnisse in Höhe von ca. EUR 28.000,- verfüge. Dieser Geldbetrag sei in jedem Fall ausreichend, um den Aufenthalt der Beschwerdeführer im beantragten Visazeitraum zu finanzieren. Diese Ersparnisse würden aus der jahrelangen Erwerbstätigkeit der einladenden Person resultieren. Zu den in der Vergangenheit gestellten Anträgen sei zu sagen, dass im Antragsformular eindeutig nur nach erteilten Visa gefragt werde. Es sei allerdings richtig, dass in der Vergangenheit Anträge in Irland und in Belgien gestellt worden seien. In Irland seien die Anträge zurückgezogen, in Belgien abgewiesen worden. Der Grund für die Abweisung sei gewesen, dass die vorgelegten persönlichen Urkunden nicht legalisiert bzw. beglaubigt gewesen seien. Die Anträge in Irland seien zurückgezogen worden. Die Frage nach den Fingerabdrücken sei versehentlich mit "Nein" beantwortet worden, obwohl korrekterweise aufgrund der in der Vergangenheit gestellten Anträge angegeben hätte werden müssen, dass bereits Fingerbadrücke vorliegen würden.

Der Stellungnahme beigelegt waren folgende Unterlagen:

Die einladende Person betreffend:

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Lohnnachweise August 2016- April 2017

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Jahreslohnzettel 2015 und 2016

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Kontoauszüge November 2016 bis Mai 2017

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Überweisungsbeleg iHv EUR 18.000,-

Die Erstbeschwerdeführerin betreffend:

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Belgischer Abweisungsbescheid

4. Mit Bescheid vom 18.12.2017, übermittelt am selben Tag, verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung der beantragten Visa mit der Begründung, die Beschwerdeführer hätten den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthaltes nicht nachgewiesen, sie hätten nicht den Nachweis erbracht, dass sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat verfügen, in dem ihre Zulassung gewährleistet sei, oder sie seien nicht in der Lage, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen. Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts seien nicht glaubhaft gewesen.

5. Gegen den Bescheid der ÖB Islamabad erhoben die Beschwerdeführer durch ihre Vertretung am 15.01.2018 fristgerecht Beschwerde. Vorgebracht wurde im Wesentlichen, dass die einladende Person britischer Staatsangehöriger sei und über eine Anmeldebescheinigung verfüge. Er habe für seine Familienangehörigen eine Verpflichtungserklärung abgegeben und unter anderem einen Einkommensnachweis über seine Beschäftigungen in Österreich sowie einen Kontoauszug mit Ersparnissen iHv EUR 28.000,- vorgelegt. Die Abweisung der Anträge der Beschwerdeführer sei rechtswidrig aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Gem. Art. 5 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie sei von Familienangehörigen von Unionsbürgern, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzen, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (Visa-VO) oder gegebenenfalls den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften lediglich ein Einreisevisum zu fordern.

Gem. Art. 27 leg cit. würden die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seines Familienangehörigen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken dürfen. Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und dürfe ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein.

Vor diesem europarechtlichen Hintergrund habe der Gesetzgeber in § 15b FPG normiert, dass begünstigte Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 (u.a. Ehegatten und Kinder von EWR-Bürgern) ein Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten sowie einen Anspruch auf Erteilung eines Visums hätten.

Bei den Beschwerdeführern würde es sich um die Ehefrau und die leiblichen Kinder der in Österreich lebenden einladenden Person handeln. Diese seien somit Familienangehörige iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG. Der Zweck der beabsichtigten Einreise nach Österreich sei bereits im Antragsformular eindeutig und klar dargelegt worden. Die Beschwerdeführer hätten im Zuge ihrer Antragstellung eine Vielzahl an Dokumenten vorgelegt, die selbstverständlich alle echt und richtig seien. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer werde durch die einladende Person finanziert, die diesbezüglich vorgelegten Nachweise würden für einen Aufenthalt während der Gültigkeitsdauer der Visa ausreichen.

Der Beschwerde beigefügt war ein Konvolut an bereits vorgelegten Dokumenten.

Dem DNA-Gutachten vom 28.12.2017 ist zu entnehmen, dass die Vaterschaftswahrscheinlichkeit der einladenden Person zum Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer jeweils mehr als 99,9999% betrage und damit "praktisch" erwiesen sei.

6. Mit Schreiben vom 29.03.2018, eingelangt beim BVwG am 06.04.2018, wurde dem BVwG der Beschwerdeakt ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt.

7. Am 25.01.2019 langte beim BVwG eine Stellungnahme und teils bereits vorgelegte Urkunden ein, mit Schriftsatz vom 18.02.2019 legten die Beschwerdeführer eine Mitteilung gemäß § 109a EStG betreffend die Einkünfte der einladenden Person für 2018 als Kolporteur iHv 9.226.19,-- und eine Gehaltsabrechnung für Jänner 2019 als Kebapkellner von netto Euro 300,--. Dem eingeholten Sozialversicherungsauszug sind zudem Einkommen der einladenden Person von 24.04.2017 bis 30.06.2018 von zwei Arbeitgebern iHv 10.231,00 ausgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer. Sie alle sind afghanische Staatsbürger.

Die Beschwerdeführer stellten am 18.10.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums Typ C für eine einmalige Einreise im Gültigkeitszeitraum von 90 Tagen bzw. in der Dauer von 01.11.2017 bis 30.01.2018; als Reisezweck wurde angegeben: "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden". Als einladende Person wurde der Ehegatte bzw. Vater A XXXX , geb. XXXX .1968, ein in Afghanistan geborener, britischer Staatsangehöriger, der in Österreich lebt und arbeitet, angeführt.

Die einladende Person ist Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer, sie hat in Österreich seit 21.04.2017 ihren Hauptwohnsitz und geht bei mehreren Arbeitgebern einer Beschäftigung nach. Sie besitzt eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Arbeitnehmer; § 51 Abs. 1 Z 1 NAG), ausgestellt am 19.05.2017 von der Republik Österreich (Magistrat Salzburg).

Es wird festgestellt, dass es sich bei den Beschwerdeführern um freizügigkeitsberechtigte Drittstaatsangehörige gem. der Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) handelt (s. dazu die rechtliche Beurteilung).

Vor Antragstellung an der ÖB in Islamabad stellten die Beschwerdeführer bereits Visaanträge bei den Vertretungsbehörden Irlands und Belgiens. Seitens der Vertretungsbehörden Belgiens wurden die Anträge abgelehnt, die bei der Vertretungsbehörde Irlands gestellten Anträge wurden von den Beschwerdeführern zurückgezogen.

Es wird festgestellt, dass Österreich das Hauptreisezielland der Beschwerdeführer darstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben ich aus dem Akt der ÖB Islamabad, einschließlich der Korrespondenz mit den belgischen Behörden und insbesondere aus den folgenden vorgelegten Dokumenten:

Die Erwerbstätigkeit der einladenden Person in Österreich, ergibt sich aus dem Sozialversicherungsauszug vom 11.01.2019.

Dass die einladende Person in Österreich ihren Hauptwohnsitz hat, ergibt sich aus dem Auszug des zentralen Melderegisters vom 10.01.2019, dem sich entnehmen lässt, dass die einladende Person in Österreich seit 21.04.2017 aufrecht gemeldet ist.

Die Feststellung zur Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der einladenden Person ergibt sich aus dem "Eheschließungszeugnis" vom 12.06.2013, ausgestellt durch das "Super Gericht" Islamische Republik von Afghanistan. Es ist von einer bestehenden Ehe auszugehen, da nach afghanischen Recht eine Eheschließung wirksam ist, wenn sie vom Obersten Gericht in Kabul registriert wurde. Hinweise darauf, dass es sich bei dem Dokument um eine gefälschte Urkunde handelt, haben sich im Verfahren nicht ergeben. Auch das Ergebnis der DNA-Analyse spricht für das Bestehen der Ehe.

Die Vaterschaft der einladenden Person zur Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer ergibt sich aus dem DNA- Gutachten vom 28.12.2017.

Dass es sich bei den Beschwerdeführen um freizügigkeitsberechtigte Drittstaatsangehörige handelt, ergibt sich aus ihrer Familieneigenschaft zu der einladenden Person sowie (bezogen auf die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin) aus der Tatsache, dass sie ihre Visaanträge am 18.10.2017 und somit vor ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr gestellt haben (siehe rechtliche Beurteilung).

Das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht der einladenden Person wird zudem durch die Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, ausgestellt am 19.05.2017 von der Republik Österreich dokumentiert.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 9 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist

"begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;"

Der mit "Begünstigte Drittstaatsangehörige" übertitelte § 15b FPG lautet:

"§ 15b. (1) Begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 11) haben das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten, unterliegen aber der Visumpflicht, sofern Anhang I zur Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs. 4 Z 20) auf sie Anwendung findet. Sie haben Anspruch auf Erteilung eines Visums.

(2) Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa an begünstigte Drittstaatsangehörige sind prioritär zu führen und von Verwaltungsabgaben befreit.

(3) Über den dreimonatigen Zeitraum nach Abs. 1 hinaus besteht ein Aufenthaltsrecht nach Maßgabe des 4. Hauptstückes des 2. Teiles des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Inhaber von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten (§§ 54 und 54a NAG) oder von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten anderer Mitgliedstaaten sind zur visumfreien Einreise berechtigt."

Die weiteren die RL 2004/38/EG umsetzenden Bestimmungen des NAG (4. Hauptstück) lauten wie folgt:

"Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht

Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate

§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

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1.-in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.-für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.-als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

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1.-wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2.-sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3.-sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4.-eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.

Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern

§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

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1.-Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2.-Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3.-Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4.-Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5.-sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a)-die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b)-die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c)-bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.

Anmeldebescheinigung

§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:

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1.-nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;

2.-nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;

3.-nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;

4.-nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

5.-nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;

6.-nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;

7.-nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen.

Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern

§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

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1.-Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2.-Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.-durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

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1.-zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.-sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.-drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

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1.-sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.-der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.-der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.

Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers

§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

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1.-nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2.-nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und

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1.-die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2.-die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3.-ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4.-es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5.-ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.

(...)"

3.2. Im Beschwerdefall ist vorauszuschicken, dass die Beschwerdeführer ihre Anträge ausdrücklich auf die Richtlinie 2004/38/EG stützen. Richtlinien der Europäischen Union sind grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar. Die Richtlinie 2004/38/EG wurde durch den österreichischen Gesetzgeber in § 15b FPG und §§ 51 - 56 NAG umgesetzt. Weder § 15b FPG noch Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) sehen ein Einreisevisum basierend auf der Richtlinie 2004/38/EG, also ein "Visum sui generis", für das weder die Voraussetzungen für Schengenvisa C noch für nationale Visa D gelten, vor. Die Bestimmungen des § 15b FPG sind daher auf Visaanträge begünstigter Drittstaatsangehöriger auf Visa C oder D sinngemäß anzuwenden. Wie der Beschluss der Kommission vom 19.03.2010 über ein Handbuch für die Bearbeitung von Visaanträgen und die Änderung von bereits erteilten Visa anführt ("Visakodex Handbuch"), ist die Freizügigkeitsrichtlinie als "lex specialis" in Bezug auf den Visakodex anzusehen.

3.3. Art. 5 Abs. 1 Visakodex besagt, dass für die Prüfung und Bescheidung eines Antrags jener Mitgliedstaat zuständig ist, in dessen Hoheitsgebiet das einzige Reiseziel bzw. die einzigen Reiseziele liegen (lit. a). Falls die Reise verschiedene Reiseziele umfasst, ist jener Mitgliedstaat zuständig, in dessen Hoheitsgebiet im Hinblick auf Dauer und Zweck des Aufenthalts das Hauptreiseziel bzw. die Hauptreiseziele liegen (lit. b).

Laut Visakodex Handbuch ist das Hauptreiseziel der Ort, an dem der Antragsteller die meiste Zeit zu verbringen beabsichtigt oder wohin ihn der Hauptzweck der Reise führt.

Wie festgestellt, ist die einladende Person in Österreich beruflich verwurzelt und hat auch im Bundesgebiet ihren Hauptwohnsitz. Da der Zweck der Reise der Besuch des Ehegatten bzw. Vaters ist, ist Österreich als Hauptreiseziel der Beschwerdeführer anzusehen und Österreich damit der für die Anträge zuständige Staat.

3.4. Zunächst ist zu klären, ob sich der Ehegatte/Vater, einem in Österreich wohnenden und arbeitenden britischen Staatsbürger, selbst in einer unter die Freizügigkeitsrichtlinie fallenden Situation befindet. Dies ist hier der Fall: Ihm kommt in Österreich ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu, dh. er ist in Österreich gemäß § 51 NAG auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, da er im Bundesgebiet (seit 2017) Arbeitnehmer ist und zwar unabhängig davon, ob ausreichende Existenzmittel vorhanden sind. Nicht von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang nämlich die Höhe der Vergütung, Ausmaß der Arbeitszeit oder die Dauer des Dienstverhältnisses (vgl. Abermann/Czech/Kind/Peyrl im Kommentar zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2016, §51, RZ 8f. unter Verweis auf das EuGH, 26.02.1992, C-357/89). So ist die Judikatur des EuGH zum Arbeitnehmerbegriff umfangreich und es ist grundsätzlich von einer weiten Auslegung auszugehen. Die belangte Behörde verkennt, dass es sich bei den Aufzählungen in § 51 NAG Abs. 1 Z 1-3 um alternative Gründe für das Entstehen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ("oder") handelt. Es ist somit (entgegen der Ansicht der belangten Behörde) nicht zu prüfen, ob die einladende Person aufgrund der Erwerbstätigkeit über ausreichende Existenzmittel verfügt. Daher hätte die ÖB Islamabad zur Beurteilung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts der einladenden Person bzw. zur Beurteilung der daran anknüpfenden hier entscheidungswesentlichen Frage, ob es sich bei den Beschwerdeführern um Angehörige eines solchen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers handelt, die Finanzen der einladenden Person keiner Überprüfung unterziehen bzw. aus dem diesbezüglichen Prüfungsergebnis nichts für das Einreiserecht der Beschwerdeführer ableiten dürfen.

3.5. Da der Ehegatte/Vater in Österreich sein Recht auf Freizügigkeit ausübt, ist weiters zu prüfen, ob die Beschwerdeführer von ihm Rechte nach der Freizügigkeitsrichtlinie ableiten können:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG sind begünstigter Drittstaatsangehöriger der Ehegatte (...), eigene Verwandte in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, der sein unionsrechtliches oder das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz

zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, ... insofern

dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Wie ausgeführt, handelt es sich bei der einladenden Person um einen britischen Staatsbürger, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, er ist der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer, die Beschwerdeführer ziehen ihm nach. Die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin wurden am XXXX 2018 einundzwanzig. Da der Antrag der Beschwerdeführerinnen am 18.10.2017 und damit vor ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr gestellt wurde, handelt es sich auch bei diesen Beschwerdeführerinnen um begünstigte Drittstaatsangehörige bzw. ist davon auszugehen, dass ihnen vom Vater Unterhalt tatsächlich gewährt wird. Demnach sind alle Beschwerdeführer als begünstigte Drittstaatsangehörige im Sinne des § 15b FPG zu qualifizieren.

3.6. Da die Beschwerdeführer als Angehörige eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt sind, unterliegen sie als afghanische Staatsbürger (ohne unionsrechtliche Aufenthaltskarte für Familienangehörige) zwar der Visumpflicht, doch sie haben als begünstigte Drittstaatsangehörige gemäß § 15b Abs. 1 letzter Satz FPG Anspruch auf Erteilung eines solchen Visums. Wie aus der Aktenlage ersichtlich verfügen alle Beschwerdeführer über gültige Reisepässe.

Gründe, die eine Einschränkung des Einreiserechts der Beschwerdeführer rechtfertigen könnten (etwa eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit oder der Nachweis eines Missbrauchs oder Betrugs) sind nicht hervorgekommen. Zwar haben die Beschwerdeführer sowohl in Irland als auch in Belgien bereits um Visa angesucht, der Lebensmittelpunkt des Ehemannes/Vaters ist aber unzweifelhaft bereits seit April 2017 in Österreich gelegen, weshalb davon auszugehen ist, dass Österreich das Hauptziel der Beschwerdeführer ist und kein sogenanntes "Visashopping" vorliegt. Auch kann keine sonstige tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit von den Beschwerdeführern ausgehend, erkannt werden.

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren - so die Voraussetzungen weiterhin vorliegen - Visa zu erteilen haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, begünstigte Drittstaatsangehörige, Behebung der
Entscheidung, Einreisetitel, Unionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W205.2191540.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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