TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/10 96/08/0309

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Veröffentlicht am 10.11.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §53 Abs1;
AVG §59;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Mag. Thomas Zottl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, dieser vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/10, gegen den aufgrund des Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 23. Oktober 1996, Zl. Abt. 12/1218/56, betreffend Familienzuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ergibt sich aus dem hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 94/08/0244. Daraus ist folgendes festzuhalten:

Der Sohn des Beschwerdeführers, Sven Dusak, befindet sich aufgrund seiner schweren Behinderung seit 6. Dezember 1974 auf Kosten der öffentlichen Sozialhilfe in Anstaltspflege. Auch nach Erreichung der Volljährigkeit verblieb er weiterhin im Kinderheim der Schulschwestern in Loosdorf. Für ihn wurde ein Sachwalter bestellt. Mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer als Kindesvater seiner Unterhaltspflicht gegenüber diesem Kind nicht nachkomme, beantragte die Bezirkshauptmannschaft Baden beim Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien, ab sofort alle Abzüge von den Bezügen des Beschwerdeführers an die "Bezirkshauptmannschaft Baden, Sozialabteilung" zu überweisen.

Das Arbeitsamt Versicherungsdienste sprach mit Bescheid vom 24. Mai 1994 aus, daß gemäß § 20 i.V.m. § 53 Abs. 1 AlVG der Familienzuschlag für Sven Dusak an die Bezirkshauptmannschaft Baden - Jugendabteilung - auszuzahlen sei.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 1994 keine Folge gegeben.

Mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat darin zwar die Auffassung, der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, dem Bescheid könne nicht entnommen werden, aufgrund welcher Beweismittel die belangte Behörde zur Feststellung gelangt sei, daß er seiner Unterhaltspflicht nicht nachkäme und daß überhaupt eine Unterhaltspflicht aufgrund seiner Lebensumstände bestehe, keine Berechtigung zukomme, weil der Beschwerdeführer die wesentliche Sachverhaltsfeststellung, daß er seiner Unterhaltspflicht nicht nachkomme, im Verwaltungsverfahren nicht bestritten habe. Unter das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG fielen nämlich auch Rechtsausführungen, wenn deren Richtigkeit nur aufgrund von Feststellungen überprüft werden könne, die im Verwaltungsverfahren deswegen unterblieben seien, weil der Beschwerdeführer in diesem Verfahren untätig geblieben sei.

Auch die vom Beschwerdeführer damals geltend gemachte Rechtsrüge, wonach der Bezirkshauptmannschaft Baden die Obsorge hinsichtlich Sven Dusak nicht zukomme und sie auch nicht Sachwalter seines Sohnes sei, sondern die Befugnisse und Verpflichtungen hinsichtlich Sven Dusak ausschließlich dem Kinderheim der Schulschwestern bzw. deren Schwester H. als Sachwalterin zustünden, wurde vom erkennenden Senat nicht geteilt: Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers komme es gemäß § 53 Abs. 1 AlVG nicht darauf an, ob der in dieser Bestimmung genannten Person, Anstalt oder Behörde auch die Obsorge im Sinn des § 144 ABGB zukomme. Der in § 53 Abs. 1 AlVG verwendete Begriff der Obhut habe nicht den Inhalt der in § 144 ABGB umschriebenen Obsorge. Ob die Auszahlung des Familienzuschlages gemäß § 53 Abs. 1 AlVG an das Land Niederösterreich als Träger der Sozialhilfe oder an die Sozialhilfebehörde erfolge, führe zu keiner Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers.

Es wurde in diesem Erkenntnis jedoch die weitere Rüge des Beschwerdeführers, dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, für welchen Zeitraum die "Abzweigung des Familienzuschusses" zugunsten der Bezirkshauptmannschaft Baden überhaupt vorgenommen werden solle, für berechtigt erkannt: Der Bescheid der Behörde erster Rechtsstufe habe lediglich ausgesprochen, daß der Familienzuschlag an die Bezirkshauptmannschaft Baden auszuzahlen sei. Ein Zeitraum, auf den sich dieser seiner Natur nach zeitraumbezogene Spruch tatsächlich beziehe, könne weder dem Spruch noch der Begründung des Bescheides (sowohl erster Rechtsstufe als auch der Berufungsbehörde) entnommen werden.

Mit dem (Ersatz-)Bescheid vom 23. Oktober 1996 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers vom 4. Juni 1994 gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste neuerlich keine Folge und führte im Spruch an, daß der Familienzuschlag für Sven Dusak ab 1. September 1992 an die Bezirkshauptmannschaft Baden ausbezahlt werde.

In der Begründung wird nach Wiedergabe des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 AlVG das Verwaltungsgeschehen dargestellt. Nach Hinweis auf das genannte hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996 wurde ausgeführt, daß nach nochmaliger Überprüfung festgestellt werde, daß der Beschwerdeführer nach wie vor für seinen zwar volljährigen, aber behinderten Sohn unterhaltspflichtig sei, dieser Pflicht aber nicht nachkomme. Aus diesem Grunde werde der dem Beschwerdeführer für seinen Sohn gebührende Familienzuschlag ab 1. September 1992 einbehalten und direkt an die Bezirkshauptmannschaft Baden ab diesem Zeitpunkt ausbezahlt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird neuerlich gerügt, daß einerseits dem Bescheid nicht entnommen werden könne, wie überprüft bzw. festgestellt worden sei, daß der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung gegenüber seinem volljährigen Sohn nicht nachkomme, und andererseits, daß nicht einsehbar sei, wieso der Familienzuschlag bereits seit längerem der Bezirkshauptmannschaft - Jugendabteilung überwiesen werde, der überhaupt nicht die Obsorge hinsichtlich Sven Dusak zustehe.

Mit diesen Einwendungen ist der Beschwerdeführer auf die dazu ergangenen Ausführungen im Vorerkenntnis vom 27. Februar 1996 zu verweisen. Die belangte Behörde hat zwar die Feststellung, der Beschwerdeführer komme "nach wie vor" seiner Unterhaltspflicht nicht nach, getroffen, ohne dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu gewähren; ein relevanter Verfahrensmangel liegt jedoch schon deswegen nicht vor, weil der Beschwerdeführer selbst die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht in der Beschwerde behauptet.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, auch dem Ersatzbescheid sei nicht zu entnehmen, für welchen Zeitraum der gegenständliche Familienzuschuß abgezogen werde. Der Zeitraum sei weder dem Spruch noch der Begründung des Bescheides zu entnehmen.

Dieses - ganz allgemein - gegen die Unterlassung der Festsetzung eines Zeitraumes für den Abzug des Familienzuschusses gerichtete Vorbringen ist nicht berechtigt. Der nunmehr angefochtene Bescheid spricht im Spruch ausdrücklich aus, daß der Familienzuschlag ab 1. September 1992 an die Bezirkshauptmannschaft Baden ausbezahlt werde. Der Bescheid, mit dem ein zeitraumbezogenener Abspruch erfolgt, ist bereits dann nicht rechtswidrig, wenn im Spruch der Beginn des Zeitraumes bestimmt oder bestimmbar ist. Diesem Erfordernis entspricht aber der nunmehr angefochtene Bescheid. Daß die Behörde bei einem zeitraumbezogenen Abspruch den Endpunkt des Zeitraumes im Spruch nicht nennt, ist zulässig. Diesfalls gilt dieser Abspruch (im Sinne der Entfaltung seiner materiellen Rechtskraft) jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, aber auch über diesen Zeitpunkt hinaus bis zu einer Änderung der entscheidungswesentlichen Sach- oder Rechtslage (vgl.

etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zl. 93/08/0033).

     Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher

gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

     Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m.

der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. November 1998

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996080309.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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