TE Bvwg Beschluss 2019/5/28 W213 2217824-1

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Entscheidungsdatum

28.05.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §14
VwGVG §28 Abs3 Satz 2
ZDG §13
ZDG §14

Spruch

W213 2217824 -1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Dr. Heinz-Peter WACHTER, 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 83-85/18, gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 22.01.2019, Zl. 476075/19/ZD/0119, und die dazu ergangene Beschwerdevorentscheidung vom 02.04.2019, Zl. 476075/21/ZD/0419, betreffend Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde werden die Beschwerdevorentscheidung vom 02.04.2019, Zl. 476075/21/ZD/0419 der angefochtene Bescheid vom 22.01.2019, Zl. 476075/19/ZD/0119 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Zivildienstserviceagentur zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer gab am 16.07.2018 eine mängelfreie eine Zivildiensterklärung gemäß § 1 Abs. 1 ZDG ab. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.07.2018, GZ. 467075/1/ZD/18, wurde der Eintritt seiner Zivildienstpflicht mit 16.07.2018 festgestellt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.11.2018, GZ. 467075/15/ZD/1118, wurde der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 01.02.2019 bis 31.10.2019 der Einrichtung " XXXX mit Dienstantritt am 04.02.2019 zugewiesen.

Mit Schreiben vom 04.01.2019 beantragte er den Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 ZDG bis Oktober 2019 und begründete dies damit, dass er seine Lehre zum Dachdecker und Spengler noch nicht abgeschlossen habe

Mit Schreiben vom 15.01.2019 forderte die belangte Behörde der Beschwerdeführer auf Beweismittel zum Nachweis einer außerordentlichen Härte bzw. eines bedeutenden Nachteils im Sinne des § 14 Abs. 2 ZDG, der ihm bei Unterbrechung der Ausbildung wegen Leistung des ordentlichen Zivildienstes entstünde, vorzulegen.

Am 22.01.2019 legte der Beschwerdeführer eine Kopie seines Lehrvertrages vom 18.10.2016 vor, wonach er in der Zeit vom 01.10.2016 bis 14.12.2018 eine Lehre für die Berufe Dachdecker und Spengler absolviere. Laut Bescheid der Wirtschaftskammer Niederösterreich vom 17.01.2019 finde die Lehrabschlussprüfung am 01.03.2019 statt. Ferner legte er ein Schreiben der Wirtschaftskammer Wien vom 21.01.2019 vor, wonach er in der Zeit vom 11.02. bis 15.02.2019 und 4.03. bis 08.03.2019 ein Einführung-und Fortbildungsseminar im Lehrberuf Spengler absolviere.

Die belangte Behörde erließ hierauf den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautete:

"Auf Ihren Antrag vom 04.01.2019 (Sendedatum e-Mail) wird aufgrund Ihrer Ausbildung im Lehrberuf Dachdecker/Spengler beim Lehrberechtigten " XXXX , gemäß § 14 Abs. 1 Zivildienstgesetz, BGBI. Nr.679/1986 idgF., der Antritt des ordentlichen Zivildienstes länqstens bis 01.03.2019 aufgeschoben, das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Der Aufschub endet bereits vor diesem Termin, wenn die für die Bewilligung des Aufschubes maßgebende Voraussetzung nicht mehr besteht. Der Wegfall derselben ist der Zivildienstserviceagentur, Postfach 42 in 1040 Wien gemäß § 14 Abs. 5 ZDG unverzüglich bekannt zu geben."

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 14 Abs. 1 ZDG Zivildienstpflichtigen, die am 1. Jänner des Jahres, in dem ihre Tauglichkeit festgestellt wurde (§ 25 Abs. 1 Z4 WG 2001), in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss dieser Ausbildung oder längstens bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres, in dem der Antragsteller das 28. Lebensjahr vollendet, aufzuschieben.

Der Beschwerdeführer habe den Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes unter Hinweis auf seine Berufsausbildung zum im § 14 Abs. 1 ZDG genannten maßgeblichen Zeitpunkt beantragt und entsprechende Nachweise beigebracht. Aufgrund der nachgewiesenen Ausbildungsdauer sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Weiters habe der Beschwerdeführer Aufschub über den im Spruch genannten Termin bis Oktober 2019 hinaus begehrt. Dieses Vorbringen werde vom Tatbestand des § 14 Abs. 1 ZDG nicht erfasst, da die hier maßgebliche Lehrabschlussprüfung mit 01.03.2019 abgelegt werde, in einem Verfahren auf Aufschub lediglich die tatsächliche Ausbildungszeit herangezogen werde und auch die bloße Äußerung eines Zuweisungswunsches zu einem bestimmten Antrittstermin des ordentlichen Zivildienstes keine ausreichende Begründung für einen weiteren Aufschub gemäß § 14 ZDG darstelle. Das Mehrbegehren sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde, wobei der Bescheid seinem abweisenden Teil bekämpft wurde, und brachte vor, dass die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen durchgeführt habe, auf welche Gründe er seinen Antrag für den Zeitraum 02.03.2019 bis 31.10.2019 stütze.

Der Beschwerdeführer arbeitete im Familienunternehmen, der XXXX , und aufgrund der - gerade im hier interessierenden Zeitraum gegebenen - sehr guten Auftragslage des Unternehmens werde dort dringend seine Arbeitskraft benötigt. Dies insbesondere deshalb, da er ab März 2019 eine fertig ausgebildete Fachkraft sein werde, er daher entsprechend anspruchsvolle Arbeiten übernehmen könne und er in die Arbeitsabläufe der Firma durch seine Lehrzeit bereits bestens eingearbeitet sei. Im November 2019 werde die Auftragslage jedenfalls zurückgehen (Abschluss wichtiger Aufträge) und einen üblichen Umfang erreichen, der von den übrigen Mitarbeitern und dem Vater des Beschwerdeführers bewerkstelligt werden könne.

Von den Einkünften dieses Unternehmens lebten die Eltern des Beschwerdeführers wie auch er selbst (er habe dort die Ausbildung absolviert und beabsichtige auch nach dem Zivildienst wieder in den Familienbetrieb zurück zu kehren), so dass richtigerweise im vorliegenden Fall besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche und familiäre Interessen des Beschwerdeführers vorlägen, welche einen Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes bis Oktober 2019 rechtfertigten.

Es werde daher beantragt,

I) das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden

und dem gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes auch für den Zeitraum 02.03.2019 - 31.10.2019 stattgeben, in eventu

II) den Bescheid im Umfang der Anfechtung aufheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde l. Instanz zurückverweisen.

Die belangte Behörde erließ hierauf die Beschwerdevorentscheidung vom 02.04.2019, Zl. 476075/21/ZD/0419, womit die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde.

Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und weiß auf § 14 Abs. 1 und 2 ZDG im Wesentlichen ausgeführt, dass für die Behörde feststehe, dass die Ausbildung des Beschwerdeführers zum Dachdecker und Spengler am 01.03.2019 geendet habe. In der Beschwerde werde nicht einmal behauptet, dass sich der Beschwerdeführer nach dem 01.03.2019 noch in einer Ausbildung befinden würde. Vielmehr führe lediglich aus, dass seine Arbeitskraft im Unternehmen erforderlich sei. Das stelle aber niemals einen möglichen Grund für einen Aufschub gemäß § 14 ZDG dar.

Mit Schriftsatz vom 15.04.2019 beantragte der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Ausbildung des Beschwerdeführers erst am 27.05.2019 mit der Lehrabschlussprüfung für den Lehrberuf Spengler vor der Landesinnung Wien der Spengler und Kupferschmiede (der diesbezügliche Zulassungsbescheid der Wirtschaftskammer Wien vom 04.04.2019 wurde beigelegt) beendet werde. Der Antrag auf Aufschub des ordentlichen Zivildienstes sei daher jedenfalls zumindest bis 27.05.2019 stattzugeben. Im Übrigen werde auf die Beschwerde verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem oben dargestellten Verfahrensgang. Dabei ist hervorzuheben, dass die Tauglichkeit des Beschwerdeführers am 12.04.2018 festgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt absolvierte der Beschwerdeführer eine Lehre für die Berufe des Dachdeckers Spenglers, die am 01.10.2016 begonnen hatte.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellung konnten unmittelbar auf Grund der unstrittigen Aktenlage bzw. der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Lehrvertrag, Zulassungsbescheide für Lehrabschlussprüfungen etc.) getroffen werden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) lauten:

"§ 13. (1) Die Zivildienstserviceagentur hat den Zivildienstpflichtigen ~ gleichgültig ob er bereits Zivildienst leistet oder noch nicht ~ von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es Belange des Zivildienstes oder sonstige öffentliche Interessen ~ insbesondere gesamtwirtschaftliche, familienpolitische oder Interessen der Entwicklungshilfe ~ erfordern,

2. auf Antrag des Zivildienstpflichtigen, wenn und solange es besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche, familiäre oder auf Grund einer eingetragenen Partnerschaft bestehende Interessen erfordern.

(2) Der Bescheid, mit dem die Befreiung verfügt wird, setzt einen allfälligen Zuweisungsbescheid außer Kraft.

(3) Die Zivildienstserviceagentur hat die Befreiung (Abs. 1) zu widerrufen, wenn die Voraussetzung für die Befreiung wegfällt.

(4) Der auf seinen Antrag von der Leistung des Zivildienstes befreite Zivildienstpflichtige hat das weitere Vorliegen der Voraussetzung jedes dritte Jahr der Zivildienstserviceagentur nachzuweisen und den Wegfall der Voraussetzung unverzüglich der Zivildienstserviceagentur mitzuteilen. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so tritt der Bescheid über die Befreiung nach einem weiteren Monat außer Kraft.

[...]

§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist ~ sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen ~ auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.

(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

(3) Der Aufschub kann in den Fällen des Abs. 2 bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres gewährt werden, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

(4) Der Bescheid, mit dem der Aufschub verfügt wird, setzt einen allfälligen Zuweisungsbescheid außer Kraft. § 13 Abs. 3 und 4 gilt mit der Maßgabe, daß der Nachweis jedes zweite Jahr zu erbringen ist.

(5) Der Zivildienstpflichtige, dessen Zivildienst aufgeschoben wurde, hat den vorzeitigen Wegfall der Voraussetzungen für den Aufschub unverzüglich der Zivildienstserviceagentur mitzuteilen."

Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, dass er im Familienunternehmen arbeite, der XXXX , und aufgrund der - gerade im hier interessierenden Zeitraum gegebenen - sehr guten Auftragslage des Unternehmens werde dort dringend seine Arbeitskraft benötigt. Dies insbesondere deshalb, da er ab März 2019 eine fertig ausgebildete Fachkraft sein werde, er daher entsprechend anspruchsvolle Arbeiten übernehmen könne und er in die Arbeitsabläufe der Firma durch seine Lehrzeit bereits bestens eingearbeitet sei. Im November 2019 werde die Auftragslage jedenfalls zurückgehen (Abschluss wichtiger Aufträge) und einen üblichen Umfang erreichen, der von den übrigen Mitarbeitern und dem Vater des Beschwerdeführers bewerkstelligt werden könne.

Von den Einkünften dieses Unternehmens lebten die Eltern des Beschwerdeführers wie auch er selbst (er habe dort die Ausbildung absolviert und beabsichtige auch nach dem Zivildienst wieder in den Familienbetrieb zurück zu kehren), so dass richtigerweise im vorliegenden Fall besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche und familiäre Interessen des Beschwerdeführers vorlägen, welche einen Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes bis Oktober 2019 rechtfertigten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Auslegung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung durch den Einschreiter bzw. auf "zufällige Verbalformen", sondern auf den Inhalt der Eingabe und somit auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes an (vgl. VwGH 15.06.2004, 2003/18/0321; 18.09.2002, 2000/07/0086; VfSlg. 17.082/2003; vgl. auch VwGH 26.11.1991, 91/11/0154 und 16.06.1992, 92/11/0120, wonach eine Umdeutung eines Antrages auf Aufschub in einen Antrag auf Befreiung nur dann unzulässig ist, wenn der Willen der Partei aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann).

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers begehrte dieser unzweifelhaft, dass er den Zivildienst erst später - im November 2019 - antreten müsse, weil bis dahin seine Arbeitskraft als voll ausgebildeter Dachdecker und Spengler im Familienbetrieb benötigt werde. Trotz der Bezeichnung als "Antrag auf Aufschub" war der vorliegende Antrag daher als solcher auf "(befristete) Befreiung" zu verstehen. Die Erklärung des Beschwerdeführers konnte unter Berücksichtigung des eindeutigen Inhaltes, des Verfahrenszweckes und der gesetzlichen Regelungen trotz anderer Bezeichnung objektiv nur als "Antrag auf Befreiung" verstanden werden.

Aufgrund der von der belangten Behörde vertretenen unzutreffenden Ansicht, dass der Beschwerdeführer alleine aufgrund der Bezeichnung des Antrages einen Aufschub nach § 14 ZDG begehrte, setzte sie sich nicht einmal im Ansatz mit den Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 13 ZDG auseinander. Die belangte Behörde hat weder nähere Ermittlungen zur wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers durchgeführt, noch ihrer Entscheidung entsprechende Feststellungen zur wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers zugrunde gelegt.

Indem die Behörde nur das Vorliegen der Voraussetzungen für den Aufschub nach § 14 ZDG prüfte, hat sie jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit zum Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers unterlassen.

In der Gesamtschau ist daher der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides im Vergleich zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht unter dem Aspekt der Raschheit und der Kostenersparnis der Vorzug zu geben, da die belangte Behörde im Hinblick auf die Frage des Vorliegens besonders berücksichtigungswürdiger wirtschaftlicher Gründe und die Erfüllung der Harmonisierungspflicht - besonders "nahe am Beweis" ist (vgl. dazu wieder VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).

Das erstinstanzliche Verfahren erweist sich insgesamt als so mangelhaft, dass von dem in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung Gebrauch zu machen war.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Bescheides ergeht in Anlehnung an die unter Punkt A) dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Antrittsaufschub, Aufschubantrag, befristete Befreiung,
Beschwerdevorentscheidung, besonders rücksichtswürdige familiäre
Interessen, besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen,
Ermittlungspflicht, Familienunternehmen, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, ordentlicher Zivildienst, rechtliche
Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W213.2217824.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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