TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/16 I404 2219851-1

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Veröffentlicht am 16.07.2019
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Entscheidungsdatum

16.07.2019

Norm

ASVG §122
ASVG §367
ASVG §410
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

I404 2219851-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch BURMANN em. WALLNÖFER SUITNER Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse vom 20.11.2018 betreffend "Zurückweisung des Bescheidantrags vom 29.08.2018" zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Frau XXXX(in der Folge: Beschwerdeführerin) teilte der Tiroler Gebietskrankenkasse (in der Folge: belangte Behörde) am 16.07.2018 mit, dass sie aufgrund eines Arbeitsunfalles am 14.06.2018 krankgeschrieben gewesen sei. Ab dem 20.06.2018 habe sie wieder in Kufstein zu arbeiten begonnen. Sie fragte weiter an, ob sie in der Zwischenzeit bei der belangten Behörde nachversichert gewesen sei. Am 18.07.2018 wurde der Beschwerdeführerin seitens der belangten Behörde mitgeteilt, dass sie keinen Schutzfristanspruch habe, da ihr Wohnsitz in Deutschland sei. Mit Schreiben vom 29.08.2018 beantragte die Beschwerdeführerin die Ausstellung eines Bescheides, dass ihr diese Schutzfrist ab 15.06.2018 verwehrt werde bzw. verwehrt worden sei.

2. Mit Bescheid vom 20.11.2018 sprach die belangte Behörde aus, dass der Bescheidantrag der Beschwerdeführerin vom 29.08.2018 zurückgewiesen wird. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass im gegenständlichen Fall keinerlei konkrete Leistung beantragt worden sei, sondern ausschließlich allgemein angefragt worden sei, ob zwischen 15.06.2018 bis 19.06.2018 ein Leistungsanspruch aus der Schutzfrist des § 122 ASVG bestehe und sei dieses Auskunftsersuchen seitens der belangten Behörde entsprechend beantwortet worden. Mangels eines konkreten Leistungsantrages komme die gänzliche oder teilweise Ablehnung einer beantragten Leistung nicht in Betracht und komme dem gegenständlichen Bescheidantrag sohin keine Bescheidfähigkeit zu.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die rechtsfreundliche vertretene Beschwerdeführerin in der Folge das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass gemäß der Bestimmung des § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG grundsätzlich eine unbeschränkte Bescheiderlassungspflicht des Sozialversicherungsträgers bestehe, wozu weder Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen und einem Versicherten begründet sein müssten, noch ein spezifisches Feststellungsinteresse erforderlich wäre. Die Beschwerdeführerin habe nun aber im Hinblick auf ihre regelmäßigen Tätigkeiten als Saisonberechtigte, sehr wohl auch ein immanentes Feststellungsinteresse, ob die Anspruchsberechtigung, nach dem Ausscheiden aus der Versicherung im Sinne des § 122 Abs. 1 Z. 2 ASVG bestehe, wenn sie sich ins Ausland begebe.

4. Mit Schreiben vom 06.06.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 29.08.2018 die bescheidmäßige Feststellung des Bestehens eines Krankenversicherungsschutzes für den Zeitraum vom 15.06.2018 bis 19.06.2018 gemäß § 122 ASVG.

1.2. Die Beschwerdeführerin machte im Rahmen ihrer Antragstellung auf Ausstellung eines Bescheides keine konkrete von ihr in Anspruch genommenen Leistung aus der Krankenversicherung geltend.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus in unstrittiger Weise aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen ist.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag der Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Im gegenständlichen Verfahren wurde kein entsprechender Antrag gestellt. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des ASVG lauten wie folgt:

ZWEITER TEIL

Leistungen der Krankenversicherung

...

Anspruchsberechtigung während der Dauer der Versicherung und nach dem Ausscheiden aus der Versicherung

§ 122. (1) Der Versicherte hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung für sich und seine Angehörigen (§ 123), wenn der Versicherungsfall

a) während der Versicherung oder

b) vor dem auf das Ende der Versicherung nächstfolgenden Arbeitstag eingetreten ist (§ 120). Die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit werden auch gewährt, wenn die Krankheit im Zeitpunkt des Beginnes der Versicherung bereits bestanden hat. Die Leistungen sind in allen diesen Fällen auch über das Ende der Versicherung hinaus weiterzugewähren, solange die Voraussetzungen für den Anspruch gegeben sind.

(2) Für Versicherungsfälle, die nach dem Ende der Versicherung oder nach Ablauf des im Abs. 1 lit. b bezeichneten Zeitraumes eintreten, sind Leistungen, und zwar auch für Familienangehörige, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu gewähren:

1. an Personen, die Anspruch aus dem Versicherungsfall der Krankheit, der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder der Mutterschaft haben, sofern dieser Anspruch nicht gemäß Abs. 3 entstanden ist, und zwar

a) während der ersten drei Tage der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, für die gemäß § 138 Abs. 1 ASVG Anspruch auf Krankengeld nicht besteht,

b) während des Anspruches auf Kranken- oder Wochen- oder Wiedereingliederungsgeld, auch wenn dieser Anspruch ruht,

c) während der Gewährung der Anstaltspflege oder der Unterbringung in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt auf Rechnung eines Versicherungsträgers oder

d) während des Anspruches auf Ersatz der Verpflegskosten gemäß § 131 oder auf Pflegekostenzuschuß gemäß § 150 gegenüber einem Versicherungsträger;

2. an Personen, die innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden aus der durch eine Beschäftigung (ein Lehr- oder Ausbildungsverhältnis) begründeten Pflichtversicherung mindestens 26 Wochen oder unmittelbar vorher mindestens sechs Wochen versichert waren und sogleich nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung erwerbslos geworden sind, wenn der Versicherungsfall während der Erwerbslosigkeit und binnen sechs Wochen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung eintritt. War der Versicherte im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Pflichtversicherung infolge Krankheit arbeitsunfähig oder bestand zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf Wochengeld, so beginnt die Frist von sechs Wochen erst ab dem Erlöschen des Anspruches auf Krankengeld (Anstaltspflege) bzw. Wochengeld zu laufen. Die Frist von sechs Wochen verlängert sich

a) um die Dauer eines Präsenz- oder Ausbildungsdienstes auf Grund des Wehrgesetzes 2001 - ausgenommen um Zeiten einer Pflichtversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 lit. e - bzw. eines auf Grund der Bestimmungen des Zivildienstgesetzes zu leistenden ordentlichen oder außerordentlichen Zivildienstes;

b) um jenen Zeitraum, um den die Dauer des Anspruchsverlustes auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gemäß den §§ 10, 11 bzw. 25 Abs. 2 AlVG über die Frist von sechs Wochen hinausgeht;

3. an Personen, die nach § 21a AlVG keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe haben.

(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 102/2010)

...

Bescheide der Versicherungsträger in Leistungssachen

§ 367. (1) Über den Antrag auf Zuerkennung einer Leistung aus der Krankenversicherung oder auf Gewährung von Unfallheilbehandlung, von Familien-, Tag-, Versehrten- und Übergangsgeld oder von Körperersatzstücken, orthopädischen Behelfen und anderen Hilfsmitteln aus der Unfallversicherung, ferner bei amtswegiger Feststellung der angeführten Leistungen der Unfallversicherung sowie über den Antrag auf Gewährung von Übergangsgeld oder medizinische Maßnahmen der Rehabilitation aus der Pensionsversicherung ist ein Bescheid zu erlassen, wenn

1. der Versicherungsträger von sich aus ohne Einwilligung des Erkrankten (Versehrten) Anstaltspflege oder Wiederaufnahme der Heilbehandlung verfügt,

2. die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wird und der Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlangt oder

3. es sich bei der beantragten Leistung aus der Krankenversicherung um eine Leistung der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung handelt, die einer Vorabgenehmigungspflicht gemäß § 7b Abs. 4 und 5 Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz (SV-EG), BGBl. Nr. 154/1994, unterliegt.

Über den Antrag auf Zuerkennung oder über die amtswegige Feststellung einer sonstigen Leistung aus der Unfallversicherung, ausgenommen eine Leistung nach § 173 Z 1 lit. c sowie die Feststellung, daß eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls beziehungsweise einer Berufskrankheit ist, auch wenn nach Eintritt einer Gesundheitsstörung eine Leistung aus der Unfallversicherung nicht anfällt, ferner über den Antrag auf eine Leistung gemäß § 222 Abs. 1 und 2 aus der Pensionsversicherung, ausgenommen eine Leistung nach § 222 Abs. 1 Z 2 lit. a, sowie auf Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens (§ 247) ist jedenfalls ein Bescheid zu erlassen. Über einen Antrag auf Leistung aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit ist, sofern die Wartezeit (§ 236) erfüllt ist, über das Vorliegen der Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit im Bescheid gesondert zu entscheiden.

Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen

§ 410. (1) Der Versicherungsträger hat in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Hienach hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu erlassen:

1. wenn er die Anmeldung zur Versicherung wegen Nichtbestandes der Versicherungspflicht oder der Versicherungsberechtigung oder die Abmeldung wegen Weiterbestandes der Versicherungspflicht ablehnt oder den Versicherungspflichtigen (Versicherungsberechtigten) mit einem anderen Tag in die Versicherung aufnimmt oder aus ihr ausscheidet, als in der Meldung angegeben ist,

2. wenn er einen nicht oder nicht ordnungsgemäß Angemeldeten in die Versicherung aufnimmt oder einen nicht oder nicht ordnungsgemäß Abgemeldeten aus der Versicherung ausscheidet,

3. wenn er die Entgegennahme von Beiträgen ablehnt,

4. wenn er die Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ausspricht,

5. wenn er einen Beitragszuschlag gemäß § 113 vorschreibt,

6. wenn er einen gemäß § 98 Abs. 2 gestellten Antrag auf Zustimmung zur Übertragung eines Leistungsanspruches ganz oder teilweise ablehnt,

7. wenn der Versicherte oder der Dienstgeber die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt,

8. wenn er entgegen einer bereits bestehenden Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG auf Grund ein und derselben Tätigkeit die Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 als gegeben erachtet,

9. wenn er eine Teilgutschrift nach § 14 APG überträgt.

3.3. Anwendung auf den Beschwerdefall

3.3.1. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde mit dem bekämpften Bescheid den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Feststellungsbescheides hinsichtlich der Frage, ob sie in dem Zeitraum von 15.06.2018 bis 19.06.2018 bei der belangten Behörde "nachversichert" im Sinne des § 122 ASVG war, zurückgewiesen. Gegenstand des Verfahrens ist daher ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf bescheidmäßige Feststellung zu Recht zurückgewiesen hat, nicht jedoch die inhaltliche Klärung der Frage, ob ein Versicherungsschutz gemäß § 122 ASVG für den Zeitraum von 15.06.2018 bis 19.06.2018 vorliegt oder nicht.

Ein Feststellungsbescheid dient im Allgemeinen der verbindlichen Klarstellung, ob ein strittiges Rechtsverhältnis bzw. - wie im gegenständlichen Fall - ein Anspruch besteht oder nicht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 68).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides.

Ein rechtliches Interesse muss außerdem im Zeitpunkt der Erlassung des über den Feststellungsantrag absprechenden Bescheides (noch) bestehen. Eine an ein im Zeitpunkt der Erlassung des genannten Bescheides abgeschlossenes Geschehen anknüpfende Feststellung über ein Recht oder Rechtsverhältnis muss der Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung des Antragstellers dienen (vgl. etwa VwGH 19.03.1990, 88/12/0103; 17.12.1996, 94/01/0797; 26.11.2008, 2008/08/0189).

Ein hinreichendes Interesse an einer bescheidförmigen Feststellung ist dann anzunehmen, wenn die betreffende Feststellung - im Zeitpunkt der Bescheiderlassung - für die Partei im Einzelfall ein notwendiges Mittel zweckentsprechender "Rechtsverteidigung" bzw. "Rechtsverfolgung" darstellt. Dies setzt wiederum voraus, dass der Feststellung in concreto die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechts des Antragstellers zu beseitigen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 75). Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann. Dabei schließt nicht schon der Umstand, dass irgendein anderes Verfahren existiert, in dem die strittige Rechtsfrage geklärt werden kann, die Notwendigkeit der Rechtsverfolgung und damit einen Feststellungsantrag aus. Vielmehr muss das Ergebnis des betreffenden Verfahrens das rechtliche Interesse des Antragstellers abdecken. Ferner ist dies nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes nur dann anzunehmen, wenn dem Antragsteller die Beschreitung des "Rechtsweges" vor den Verwaltungsbehörden oder den Gerichten (VwSlg 6789 F/1993; vgl. auch VwSlg 13.732 A/1992 verst. Sen.) auch zumutbar und dieser damit im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis gleichwertig ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 79 mHa Funk, ÖJZ 1972, 35; vgl. auch VwSlg 7017 F/1995; Achatz, NZ 1988, 216ff; Antoniolli/Koja 549).

Unzulässig sind auch abstrakt gehaltene zukunftsgerichtete Feststellungsanträge, die nur zu einer "Feststellung" führen könnten, die sich in der Wiederholung des Gesetzeswortlautes erschöpfte. Derart abstrakte, einem Rechtsgutachten nahekommende, für die Partei des Verwaltungsverfahrens aber mit der Gefahr einer Selbstbindung der Behörde verbundene "Feststellungen" sind somit prinzipiell nicht zulässig (vgl. VwGH 16.09.2013, 2012/12/0139; mwH).

3.3.2. Im gegenständlichen Fall stellte die Beschwerdeführerin am 29.08.2018 einen Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Krankenversicherungsschutzes für den Zeitraum vom 15.06.2018 bis 19.06.2018 gemäß § 122 Abs. 2 Z. 2 ASVG (Schutzfrist).

§ 122 ASVG regelt die Anspruchsberechtigung während der Dauer der Versicherung und nach dem Ausscheiden aus der Versicherung und ist den "Leistungssachen" - und zwar der Leistung aus der Krankenversicherung zugeordnet.

Gemäß der Bestimmung des § 367 Abs. 1 ASVG, welcher normiert, in welchen Fällen von dem Versicherungsträger Bescheide in Leistungssachen zu erlassen sind, kann eine bescheidmäßige Feststellung insbesondere dann beantragt werden, wenn eine Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wurde. Im gegenständlichen Fall wurde jedoch von der Beschwerdeführerin keine konkrete Leistung beantragt, sondern vielmehr die generelle Feststellung des Bestehens einer Schutzfrist. Das verfahrensgegenständliche Begehren auf Ausstellung eines Bescheides lässt sich daher nicht unter § 367 Abs. 1 ASVG subsumieren. Eine gesetzliche Grundlage zur Erlassung des von der Beschwerdeführerin beantragten Feststellungsbescheides lässt sich daher nicht finden.

Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass der Versicherungsträger gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG in Verwaltungssachen Bescheide zu erlassen habe, wenn der Versicherte zur Feststellung, der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten dies verlangt, führt nach Ansicht der erkennenden Richterin zu keiner anderen Beurteilung. § 410 ASVG normiert jene Fälle, in welchen der Versicherungsträger Bescheide in Verwaltungssachen zu erlassen hat. Da es gegenständlich jedoch inhaltlich um einen Leistungsanspruch und nicht um eine Verwaltungssache geht, gelangt § 410 ASVG nicht zur Anwendung (siehe dazu auch Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 410 ASVG, RZ 21).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Judikatur in Zusammenhang mit der Anwartschaft zu verweisen. Der VwGH hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass der Leistungsanspruch des Versicherten erst bei Eintritt des Versicherungsfalles entsteht und die Anwartschaft nicht zu den gemäß § 410 Z. 7 ASVG auf sein Verlangen bescheidmäßig festzustellenden Rechten gehört (VwGH vom 29.06.1960, 1361/56).

Auch ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides lässt sich nicht erkennen und ist auch diesbezüglich auszuführen, dass die Antragstellung ohne jegliche Bezugnahme auf einen konkreten Sachverhalt bzw. auf eine konkrete in Anspruch genommene Leistung erfolgte.

Sollte die Beschwerdeführerin in dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum tatsächlich eine Leistung in Anspruch genommen haben, so steht es ihr frei, diese konkrete Leistung zu beantragen und im Falle einer gänzlichen oder teilweisen Ablehnung der beantragten Leistung eine bescheidmäßige Feststellung zu begehren. Im Falle der tatsächlichen Inanspruchnahme einer konkreten Leistung durch die Beschwerdeführerin ist Rechtsschutz somit jedenfalls sichergestellt.

Wenn die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Beschwerde vorbringt, dass es ihr insbesondere um die Schaffung von Rechtssicherheit für zukünftige Zwischensaisonen gehe, so ist darauf hinzuweisen, dass die Begehrung von abstrakt gehaltenen zukunftsgerichteten Feststellungsbescheiden nicht möglich ist.

Da somit im gegenständlichen Fall weder eine gesetzliche Grundlage zur Erlassung des von der Beschwerdeführerin begehrten Feststellungsbescheides vorliegt, noch ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides gegeben ist, hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG Hengstschläger/Leeb, AVG, § 67d Rz 17 und 29, mwH).

Aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) ist im Beschwerdefall auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerde von einem Rechtsanwalt und daher einem rechtskundigen Vertreter, erhoben wurde. Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat ein Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Ein solcher Antrag wurde im vorliegenden Beschwerdefall nicht gestellt. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung wird die Unterlassung eines darauf abzielenden Antrages von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine Verhandlung gewertet. Ein solcher Verzicht liegt zwar dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des eingangs erwähnten Umstands eines rechtskundigen Vertreters und vor dem Hintergrund, dass der Sachverhalt unstrittig ist, nicht der Fall, so dass die unterbliebene Antragstellung im Beschwerdefall als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden kann.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil sich diese Entscheidung weder auf eindeutige Rechtsvorschriften stützt, noch bezüglich der konkreten Frage zur bescheidmäßigen Feststellung des Bestehens eines Krankenversicherungsschutzes gemäß § 122 ASVG eine eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

Schlagworte

Feststellungsbescheid, Konkretisierung, Leistungssache, rechtliches
Interesse, Rechtsgrundlage, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I404.2219851.1.01

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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