TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/5 W178 2219299-1

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Veröffentlicht am 05.08.2019
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Entscheidungsdatum

05.08.2019

Norm

ASVG §16
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W178 2219299-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin. Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Masseverwalters Rechtsanwalt Dr. SCHIRL im Schuldenregulierungsverfahren zu Herrn XXXX gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse, GZ VA-VR 0 XXXX /19-Mag.Gu vom 08.04.2019 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 06.01.2019 brachte der Masseverwalter des Herrn XXXX (Beschwerdeführer) bei der Wiener Gebietskrankenkasse (belangte Behörde) im Kundencenter Spittelau persönlich einen Antrag auf Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG ein.

2. Die Wiener Gebietskrankenkasse teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22.01.2019 mit, dass der Antrag abgelehnt werde, der Beschwerdeführer jedoch die Möglichkeit habe, bei der SVA die freiwillige Weiterversicherung in der Krankenversicherung zu beantragen.

3. Mit Schreiben vom 18.02.2019 stellte der Insolvenzverwalter des Beschwerdeführers einen Bescheidantrag an die belangte Behörde. Der Mitarbeiter der belangten Behörde im Kundencenter habe die Auskunft gegeben, dass eine Deckung sofort gegeben sei, die Ablehnung sei daher überraschend und nicht nachvollziehbar.

4. Mit Schreiben vom 06.03.2019 holte die belangte Behörde bei der SVA Auskünfte ein, ob der Beschwerdeführer - wie von ihm vorgebracht - auch von der SVA keine positive Antwort erhalten habe. Die SVA teilte der belangten Behörde mit, dass der Beschwerdeführer am 27.03.2017 informiert worden sei, dass er aus der Pflichtversicherung ausscheide, ein fristgerechter Antrag auf Weiterversicherung binnen 6 Monaten iSd GSVG sei nicht gestellt worden.

5. Die belangte Behörde erließ am 08.04.2019 einen Bescheid, in dem der Antrag des Beschwerdeführers abgelehnt wurde. Als Ablehnungsgrund wurde angeführt, dass die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers mit 31.03.2017 geendet habe, daher sei eine Selbstversicherung ab dem 16.01.2019 gemäß § 16 Abs. 3 Z 2 lit a ASVG nicht möglich.

6. Der Beschwerdeführer brachte am 08.05.2019 fristgerecht im Wege seines ausgewiesenen Vertreters Beschwerde ein. Da der Beschwerdeführer nach der rechtskräftigen Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens trotzdem der Überzeugung war, wieder selbständig in das Berufsleben eintreten zu können, habe sich dieser nicht gemäß § 8 GSVG weiterversichert. Er habe es versäumt, binnen 6 Monaten einen Antrag zu stellen. Eine Anmeldung beim AMS sei aufgrund der fehlenden Beitragszeiten nicht möglich, es ergebe sich so für den Beschwerdeführer bis 31.03.2022 keine Möglichkeit, eine freiwillige Krankenversicherung abzuschließen.

§ 16 Abs. 3 Z 2 ASVG iVm 8 Abs. 2 GSVG stehe dem Recht, sich freiwillig selbst in der Krankenversicherung versichern zu können, jedenfalls für den Fall der Versäumung der sechsmonatigen Frist, diametral entgegen, sodass eine Überprüfung der Normen hinsichtlich der Verfassungskonformität angeregt werde. Es werde der Antrag gestellt, den Bescheid aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass dem Beschwerdeführer rückwirkend mit 17.01.2019 die Krankenversicherung nach dem ASVG offensteht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Betreffend den Beschwerdeführer (Bf) ist beim BG Josefstadt zu

XXXX

ein Schuldenregulierungsverfahren anhängig. Zum Masseverwalter wurde Herr RA Dr. SCHIRL bestellt.

Der Beschwerdeführer ist am 31.03.2017 aus der Pflichtversicherung nach dem GSVG ausgeschieden. Eine Pflichtversicherung nach dem ASVG bestand nicht.

1.2. Der Beschwerdeführer brachte am 16.01.2019 bei der Wiener Gebietskrankenkasse einen Antrag auf Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG ein.

1.3. Der Beschwerdeführer hat bei der SVA nicht binnen 6 Monaten nach Ausscheiden aus der Pflichtversicherung einen Antrag auf Weiterversicherung gestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gesetzliche Bestimmungen (ASVG):

§ 16. (1) Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, können sich, solange ihr Wohnsitz im Inland gelegen ist, in der Krankenversicherung auf Antrag selbstversichern.

(.....)

(3) Die Selbstversicherung beginnt 1. unmittelbar im Anschluss an die Krankenversicherung oder Anspruchsberechtigung in der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, mit Ausnahme des GSVG und des BSVG, wenn der Antrag binnen sechs Wochen nach dem Ende der Versicherung oder Anspruchsberechtigung gestellt wird,

2. sonst mit dem der Antragstellung folgenden Tag, im Falle des Ausscheidens

a) aus der Pflichtversicherung nach § 2 GSVG oder § 2 BSVG oder

b) aus der Selbstversicherung nach § 14a GSVG oder

c) aus der Pflichtversicherung nach § 14b GSVG oder aus einer wahlweise zur Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG geschaffenen Versorgungseinrichtung einer gesetzlichen beruflichen Vertretung jedoch frühestens 60 Kalendermonate nach dem Ausscheiden.

(4) War der Antragsteller in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz 1. bereits versichert, so ist der Antrag auf Selbstversicherung bei dem Träger der Krankenversicherung einzubringen, bei dem er zuletzt versichert war, wenn er in dessen Bereich seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt) hat; ist eine Betriebskrankenkasse zuletzt Träger der Krankenversicherung gewesen, so kann der Antrag statt bei der Betriebskrankenkasse bei der für seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt) zuständigen Gebietskrankenkasse eingebracht werden;

2. nicht versichert oder hat er seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt) nicht im Bereich des Trägers der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz, bei dem er zuletzt versichert war, so ist der Antrag auf Selbstversicherung bei der Gebietskrankenkasse einzubringen, in deren Bereich er seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt) hat.

(5) Der Träger der Krankenversicherung, bei dem nach Abs. 4 der Antrag auf Selbstversicherung einzubringen ist, ist zur Durchführung dieser Versicherung zuständig. Ist danach eine Gebietskrankenkasse zuständig und verlegt der freiwillig Versicherte während der Dauer der Versicherung seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt) außerhalb ihres Bereiches, so geht die örtliche Zuständigkeit auf die für seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt) zuständige Gebietskrankenkasse über, und zwar mit dem der Wohnsitzverlegung (Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes) folgenden Monatsersten.

(.....)

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2 Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist die Entscheidung über den Antrag des Bf auf Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach § 16 ASVG.

Gemäß § 16 Abs. 3 Z 2 lit a ASVG kann eine freiwillige Versicherung in der Krankenversicherung für eine Person wie den Bf, der gemäß § 2 GSVG aus der Pflichtversicherung ausgeschieden ist, erst nach 60 Kalendermonaten beginnen. Wie in der Beschwerde richtig angeführt, wäre das erst mit April 2022.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf Selbstversicherung in der Krankenversicherung abgelehnt, weshalb im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet anzuweisen war.

3.3 Da der Bf vor seinem Ausscheiden nach dem GSVG pflichtversichert war, wäre nach § 16 Abs. 4 Z 1 ASVG in erster Linie die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zuständig gewesen. Diese wurde auch befasst und hat die Berechtigung zur Weiterversicherung in der Krankenversicherung nach § 8 GSVG verneint. Aus diesem Grund war über den ausdrücklich nach § 16 ASVG gestellten Antrag des Bf von der belangten Behörde zu entscheiden.

3.4 Die vom Beschwerdeführer vermeinte Verfassungswidrigkeit der 60-monatigen Wartezeit für den Fall der Versäumung der Antragsfrist auf freiwillige Weiterversicherung kann nicht erkannt werden, da das österreichische Krankenversicherungssystem nicht primär an freiwilligen (Weiter)Versicherungen orientiert ist, sondern im Regelfall an das Vorliegen einer Erwerbstätigkeit geknüpft ist, die mit einer Einkommenserzielung verbunden ist (vgl. Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Kommentar zu § 16 ASVG).

Da dem Beschwerdeführer für den Fall, dass ihm die Mittel für eine Weiterversicherung nach § 8 GSVG fehlten bzw. er die Frist versäumt hat, auch die Möglichkeit auf einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung offenstand, die mit einer Krankenversicherung verbunden ist, sieht das BVwG keine unsachliche Regelung des Gesetzgebers durch die 60- monatige Wartefrist. Auch würde eine Angehörigeneigenschaft des Bf - deren Vorliegen nicht geprüft wurde - eine Leistungsberechtigung begründen. Die Versicherungsträger, wie z. B. die SVA, sehen in der Regel auch einen Unterstützungsfonds für freiwillige Leistungen in besonderen Fällen vor.

Es hat daher keine Vorlage an den Verfassungsgerichtshof zu erfolgen.

3.3. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

3.4. Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte seine Entscheidung auf die klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Selbstversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W178.2219299.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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