TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/12 W101 2187797-1

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Veröffentlicht am 12.08.2019
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Entscheidungsdatum

12.08.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W101 2187797-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA MMag. Dr. Franz Stefan PECHMANN, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 06.12.2017, GZ. Damaskus-ÖB/KONS/2642/2017, nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vom 25.01.2018, GZ. Damaskus-ÖB/KONS/0009/2018, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich der Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013 mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Beschwerdeführerin als Familienangehörige ein Visum zur Einreise zu erteilen ist, und die Beschwerdevorentscheidung behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, StA. Syrien, stellte am 23.05.2016 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: "ÖB Damaskus") unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005, (in der Folge AsylG). Begründend führte sie aus, ihr Ehemann, XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, habe in Österreich mit Bescheid vom 15.04.2015 subsidiären Schutz erhalten (seit Erkenntnis vom 13.07.2017 Asyl).

Gleichzeitig legte die Beschwerdeführerin u.a. folgende Unterlagen als Beweismittel vor:

-

Kopie des Reisepasses der Beschwerdeführerin

-

Heiratsbestätigung (beglaubigte Übersetzung)

-

Auszug aus dem Familienstandsregister (beglaubigte Übersetzung)

-

Auszug aus dem Personenstandsregister

2. Daraufhin führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 24.10.2017 aus, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben der Beschwerdeführerin zur Angehörigeneigenschaft gemäß § 35 AsylG 2005 in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden.

Begründend führte es in seiner Stellungnahme vom 24.10.2017 dazu Folgendes aus: Die Beschwerdeführerin bringe vor, die 1. Ehefrau der Bezugsperson zu sein. Weiters gebe sie an, dass die Bezugsperson der leibliche Vater ihrer minderjährigen Kinder sei. Die Bezugsperson habe bei seiner Erstbefragung am 09.12.2014 angegeben, zwei Ehefrauen zu haben ( XXXX , XXXX Jahre, geb. XXXX , und XXXX Jahre, geb. XXXX ). Im weiteren Verfahren seien Unterlagen vorgelegt worden, wonach XXXX nun doch im Jahre XXXX und XXXX im Jahre XXXX geboren wäre. Auch habe die Bezugsperson gemeint im Jahre 2015 XXXX vor 10 Jahren, demnach 2005 und XXXX vor 5 Jahren, demnach 2010 geehelicht zuhaben. Durch Beweismittel seien eine Ehe mit XXXX im Jahre 2006 und eine Ehe mit XXXX im Jahre 2009 belegt worden. Es werde massiv an einer Eheschließung der Bezugsperson mit den beiden genannten Damen gezweifelt, zumal die Bezugsperson weder über deren exakte Geburtsdaten noch über die Daten der Eheschließung informiert sei. Außerdem sei noch keine Scheidungsurkunde über die Scheidung von der Zweitehefrau XXXX vorgelegt worden.

Aufgrund der angeführten Widersprüche und mangels vorgelegter, relevanter und unbedenklicher Beweismittel, sei keineswegs vom Nachweis im Sinne eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.

3. Mit Schreiben vom 16.11.2017 (vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin übernommen am 20.11.2017) war der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) innerhalb der Frist von einer Woche eingeräumt worden. Sie war davon in Kenntnis gesetzt worden, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der Mitteilung des BFA vom 24.10.2017 nicht wahrscheinlich sei. Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), iVm § 35 Abs. 4 AsylG abzulehnen sei. Die oben beschriebene Stellungnahme des BFA lag dem Schreiben bei.

4. Am 27.11.2017 brachte die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter eine Stellungnahme ein. Darin führte sie im Wesentlichen Folgendes aus: Der Bezugsperson sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2017 Asyl gewährt worden. Die Beschwerdeführerin sei die Ehefrau der Bezugsperson. Die Bezugsperson sei bei seiner Erstbefragung erschöpft und unkonzentriert gewesen und habe nur ungefähre Angaben gemacht. Während seiner Einvernahme vor dem BFA habe er dann die genauen Geburtsdaten seiner Ehefrau angegeben und entsprechende Urkunden vorgelegt. Hinsichtlich der Zweitehefrau der Bezugsperson wurde ausgeführt, dass am 05.10.2017 eine Kopie des Scheidungsurteils vorgelegt worden sei. Schließlich beantragte die Beschwerdeführerin, den Einreiseanträgen stattzugeben und in eventu eine Belehrung über eine DNA Analyse durchzuführen sowie die Bezugsperson zu einer zeugenschaftlichen Einvernahme zu laden.

5. Diese Stellungnahme war dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung weitergeleitet worden. Nach deren Prüfung teilte das BFA am 01.12.2017 mit, dass auch nach Sichtung dieser Stellungnahme die Gewährung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten nach wie vor nicht wahrscheinlich sei und verwies auf die Stellungnahme vom 24.10.2017.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.12.2017, dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 07.12.2017 zugestellt, GZ. Damaskus-ÖB/KONS/2642/2017, verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG.

Begründend führte die ÖB Damaskus im Wesentlichen aus: Das BFA habe nach Prüfung der Stellungnahme der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass durch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht unter Beweis gestellt werden hätte können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei.

7. Gegen diesen Bescheid richtete sich die am 02.01.2018 eingebrachte, fristgerechte Beschwerde, in welcher der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen die Ausführungen der Stellungnahme vom 27.11.2017 wiederholte und dabei insbesondere darauf hinwies, dass die Familienangehörigeneigenschaft bereits durch Vorlage unbedenklicher Unterlagen nachgewiesen worden sei. Sofern dennoch Zweifel bestehen würden, könnte dies durch eine DNA Analyse zweifelsfrei erwiesen werden.

8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.01.2018, GZ. Damaskus-ÖB/KONS/0009/2018, wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab, wiederholte im Wesentlichen die Ausführungen der bisherigen Stellungnahmen, und betonte dabei insbesondere, dass sie die Ansicht des BFA teile.

9. Am 07.02.2018 brachte der einschreitende Rechtsvertreter dagegen bei der ÖB Damaskus einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.

10. Mit Schreiben vom 27.02.2018 legte das Bundesministerium für Inneres dem Bundesverwaltungsgericht den Vorlageantrag samt den bezughabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vor.

11. Mit Schreiben vom 04.06.2018 brachte die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter eine Stellungnahme ein und beantragte die Durchführung einer DNA-Analyse.

12. Mit Beschluss vom 21.05.2019 ordnete das Bundesverwaltungsgericht eine DNA-Analyse zur Überprüfung des behaupteten Familienverhältnisses an.

13. Aus dem in der Folge erstatteten DNA-Gutachten vom 22.07.2019 geht im Wesentlichen hervor, dass die leibliche Mutterschaft der Beschwerdeführerin zu den vier mj. Kindern XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX , als auch die leibliche Vaterschaft der Bezugsperson zu den minderjährigen Kindern als "praktisch erwiesen" gilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 23.05.2016 bei der ÖB Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG.

Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, als Ehemann genannt. Die Bezugsperson ist am 09.12.2014 (Antragstellung auf internationalen Schutz) nach Österreich gekommen und hat mit Bescheid vom 15.04.2015 zunächst subsidiären Schutz und in der Folge mit Erkenntnis vom 13.07.2017 in Österreich Asyl erhalten.

Die Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson vor dem Scharia Gericht in XXXX erfolgte am 06.03.2006. Die Registrierung der Eheschließung erfolgte am 23.03.2006. Am 25.11.2015 wurde die Eheschließung der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson bestätigt. Aus dieser Ehe sind vier Kinder hervorgegangen.

Die Registrierung der Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson am 23.03.2006 erfolgte vor der Einreise der Bezugsperson in Österreich im Jahr 2014.

Als maßgebend steht fest, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson bereits vor dessen Einreise im Jahr 2014 bestanden hat, sodass die Beschwerdeführerin zur Einreise nach Österreich berechtigt ist.

2. Beweiswürdigung:

Dass die Bezugsperson 2014 nach Österreich gekommen ist und in Österreich zunächst am 15.04.2015 subsidiären Schutz und am 13.07.2017 Asyl erhalten hat, ergibt sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.07.2017, Zl. W199 2109428-1/7E, und ist unstrittig.

Die obigen Feststellungen betreffend die Eheschließung am 06.03.2006 und deren Registrierung am 23.03.2006 ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sowie den von ihnen vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus der Heiratsbestätigung vom 25.11.2015.

Die Angaben der Bezugsperson konnten anhand der im Rahmen seines Asylverfahrens getroffenen, widerspruchsfreien Aussagen überprüft werden.

Es wurde nachvollziehbar dargelegt und ist daher glaubhaft, dass die Bezugsperson am 06.03.2006 die Beschwerdeführerin geheiratet und mit ihr eine Familie gegründet hat. Wie in der Beschwerde zu Recht geltend gemacht wurde, hat die Bezugsperson während seines gesamten Asylverfahrens von Anfang an gleichbleibend angegeben, eine Familie zu haben.

Der Vorwurf der belangten Behörde, wonach die Bezugsperson zunächst bei seiner Erstbefragung am 09.12.2014 falsche bzw. widersprüchliche Angaben hinsichtlich der Geburtsdaten der Beschwerdeführerin und seiner Zweitfrau gemacht habe, kann - wie bereits in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 27.11.2017 dargelegt - dadurch entkräftet werden, dass die Bezugsperson bei seiner Erstbefragung erschöpft und unkonzentriert gewesen ist und nur ungefähre Angaben gemacht hat. Bereits bei seiner Einvernahme vor dem BFA hat die Bezugsperson dann die genauen Geburtsdaten seiner Ehefrau angegeben und entsprechende Urkunden vorgelegt. Auch die Daten der Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson wurden von dieser - den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin entsprechend - angeführt. Hinsichtlich der Zweitehefrau der Bezugsperson wurde am 05.10.2017 eine Kopie des Scheidungsurteils vorgelegt.

Die Feststellung, dass aus der Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson vier Kinder hervorgegangen sind, ergibt sich aus dem DNA-Gutachten vom 22.07.2019 und ist demzufolge unstrittig.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich ein insgesamt schlüssiges und widerspruchsfreies Vorbringen der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.2. § 2 Abs. 1 Z 22 Asylgesetz 2005 (AsylG) idF BGBl. I Nr. 53/2019 lautet:

"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat;"

§ 34 AsylG idF BGBl. I Nr. 53/2019 lautet:

34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 53/2019 lautet:

"§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 53/2019 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

§ 11 Abs. 1 bis 3 und § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 53/2019 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen."

"Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

"§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

3.2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034, unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (vgl. BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1 u.a.).

Da es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), kann im vorliegenden Fall nach Ansicht der zuständigen Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes der Prognose des BFA nicht gefolgt werden und führt die Überprüfung daher im Beschwerdefall zu einem anderen Ergebnis:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.

Der im gegenständlichen Verfahren anwendbare § 35 Abs. 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 53/2019 bestimmt, dass der Ehegatte als Familienangehöriger eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Sinne des Abs. 1 leg. cit. zu betrachten ist, sofern die Ehe bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat. Der Nachweis, dass die Ehe zwischen einem Antragsteller und seiner Bezugsperson bereits vor der Einreise bestanden hat, ist daher zwingend geboten.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig. (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia Gericht durchgeführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem jüngst ergangenen Erkenntnis vom 14.02.2019, Ra 2018/18/0491, bei einer vergleichbaren Fallkonstellation die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach zur Gültigkeit einer in Syrien geschlossenen Ehe auf die einzelnen Vorgänge, die sich aus dem syrischen Eherecht ergeben, abzustellen und deren Glaubhaftigkeit in Zusammenschau der entsprechenden vorgelegten Urkunden zu bewerten ist, bestätigt.

Die Beschwerdeführerin hat nachvollziehbar darlegen können, dass sie die in Österreich asylberechtigte Bezugsperson am 06.03.2006 in Syrien geheiratet hat und dass diese Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen sind, dort am 23.03.2006 registriert wurde.

Wie oben festgestellt und in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist maßgebend, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson bereits vor dessen Einreise im Jahr 2014 bestanden hat, sodass die Beschwerdeführerin zur Einreise nach Österreich berechtigt ist. Die Beschwerdeführerin ist daher aus rechtlicher Sicht eine Familienangehörige iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG bzw. § 35 Abs. 5 AsylG.

Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 23.05.2016 eingebracht. Nach § 75 Abs. 24 AsylG ist auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, die Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Daher waren die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nach leg. cit. nicht zu erfüllen.

3.2.4. Das Bundesverwaltungsgericht hält daher fest, dass dem angefochtenen Bescheid aus den dargelegten Gründen eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anlastet. Der Beschwerde war daher hinsichtlich der Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013 mit der Maßgabe Folge zu geben, dass der Beschwerdeführerin als Familienangehörige ein Visum zur Einreise zu erteilen ist.

3.2.5. Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe oben unter 3.2.2. zit. Judikatur), noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu insbesondere das in einem vergleichbaren Fall jüngst ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.02.2019, Ra 2018/18/0491) weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ehe, Einreisetitel, Familienangehöriger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W101.2187797.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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