TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/11 97/04/0161

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Veröffentlicht am 11.11.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §7 Abs1;
GewO 1994 §366 Abs1 Z3;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des KH in H, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 6. Dezember 1996, Zl. 1-0093/96/K3, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 20. Dezember 1995 wurde der Beschwerdeführer u.a. wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben es in ihrer Eigenschaft als gewerberechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der H GesmbH, zu verantworten, daß die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 27. September 1991, Zl. II-1847/1951, gewerbebehördlich genehmigte Bäckereibetriebsanlage in Z, Nr. 1, nach einer genehmigungspflichtigen Änderung (Verlegung der Kühlzelle der Marke SMEVA mit den ungefähren Abmessungen von 2,5 x 1,5 x 2,0 m vom Gebäudeinnern südseitig ins Freie unter das auf GSt. 3, KG. Z befindliche Flugdach im April 1994) im Zeitraum zwischen April 1994 und dem 29. August 1995 betrieben wurde, obwohl eine rechtskräftige gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorlag; eine Genehmigungspflicht liegt vor, da durch diese Maßnahme Nachbarschaftsinteressen berührt werden, indem Wohnnachbarn durch Produktionslärm belästigt werden.

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschriften, verhängte Strafen und entstandene Verfahrenskosten:

1. Übertretung gemäß § 366/1 Z. 3, 2. Fall

   Gewerbeordnung 1994 Geldstrafe gemäß § 366

   Abs. 1 Gewerbeordnung                           S 20.000,--

   Ersatzfreiheitsstrafe:                          6 Tage

   Verfahrenskosten                                   2.000,--"

Dies wurde damit begründet, daß die veränderte Aufstellung der Kühlzelle deshalb eine genehmigungspflichtige Betriebsanlagenänderung sei, weil hiedurch Nachbarschaftsinteressen berührt würden; insbesondere sei nicht von der Hand zu weisen, daß die Wohnnachbarn beim Entleeren der Kühlzelle - in der Regel bei Arbeitsbeginn um ca. 1.00 Uhr nachts - durch Produktionslärm, der über die ostseitige Gehtür ins Freie dringe, belästigt werden könnten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 6. Dezember 1996 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG 1991 keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung nunmehr wie folgt zu lauten habe

"KH ist in seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer der H GesmbH, dafür verantwortlich, daß die Betriebsanlage am Standort Z, Nr. 1, von April 1994 bis 29. August 1995 betrieben wurde; dabei war diese Betriebsanlage ohne Genehmigung durch Verlegung der Kühlzelle der Marke SMEVA im Ausmaß von ca. 2,5 x 1,5 x 2,0 m vom Gebäudeinnern südseitig ins Freie unter das auf dem Grundstück Nr. 3, KG Z, befindliche Flugdach geändert worden und ist sie ansonsten durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 27. 9. 1951, Zl. II-1847/1951, genehmigt. Durch die erwähnte Änderung der Betriebsanlage konnten Lärmbelästigungen der Nachbarn nicht ausgeschlossen werden."

In der Begründung wurde ausgeführt, daß aufgrund des Gutachtens des im Verfahren beigezogenen Sachverständigen für Gewerbetechnik davon auszugehen sei, daß durch die Änderung der Betriebsanlage Lärmbelästigungen der Nachbarn nicht ausgeschlossen werden könnten. Zudem befänden sich rings um das Betriebsgebeäude Wohnhäuser, wobei der jeweilige Abstand zu der Kühlzelle zwischen 10 m und 50 m betrage. Der Sachverständige habe dargetan, durch die Verlegung der Kühlzelle sei zwangsweise auch die "Andienung" derselben ins Freie verlegt worden. Umfangreiche Messungen im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren betreffend dieselbe Betriebsanlage hätten gezeigt, daß die Lärmgrenze der technisch zumutbaren Störung für die Nachbarschaft bei 38 bis 40 dB liege. Diese Grenze sei bereits ohne den Betriebslärm der Firma H ausgeschöpft, weshalb es durch deren Betrieb zu keiner weiteren Erhöhung der schalltechnischen Ist-Situation mehr kommen dürfe. Ohne entsprechende Maßnahmen im Bereich des Betriebes sei dies jedoch nicht erreichbar. Unter anderem sei dem Betreiber der gegenständlichen Betriebsanlage mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. September 1993 vorgeschrieben worden, sämtliche Fenster und Türen der Betriebsanlage während der Nachtstunden geschlossen zu halten. Da durch das oftmalige Bedienen der Kühlzelle es zwangsweise erforderlich werde, die Zugangstür zum Betrieb entsprechend öfter zu öffnen, sei auch mit einer Erhöhung der schalltechnischen Ist-Situation durch Lärm aus dem Inneren der Betriebsanlage zu rechnen. Bei diesem Lärm handle es sich um Produktionslärm, der durch den Betrieb z.B. der Wickel-, Rühr-, Knetmaschine aber auch beispielsweise des Ofens entstehe. Maßgeblicher Lärm könne auch durch das Schieben der Tafelwagen auf dem gefliesten Boden entstehen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei es jedoch unerheblich, daß die Kühlzelle selbst keinen Lärm verursache. Entscheidend sei vielmehr, daß durch deren "Andienen" die Zugangstür des Betriebes geöffnet werden müsse und mit ins Freie dringendem Betriebslärm gerechnet werden müsse. Daß aber die Kühlzelle benützt werde, habe der Beschwerdeführer selbst angegeben. Schließlich sei im Hinblick auf ein diesbezügliches Vorbringen des Beschwerdeführers festzuhalten, daß hinsichtlich eines Kammermitgliedes kein Befangenheitsgrund im Sinn des § 7 AVG vorliege. Die Änderung der Tatbildumschreibung sei aus Gründen der Präzisierung erfolgt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 10. Juni 1997 deren Behandlung ab und trat sie mit Beschluß vom 26. August 1997 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in den Rechten auf "ordnungsgemäße Sachverhaltsfeststellung, Verfahrensführung und Bescheidbegründung", in den Rechten auf "ein unbefangenes und unparteiliches Tribunal, auf Unabhängigkeit des Sachverständigen", in dem Recht "nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung nach § 366 GewO bestraft zu werden", in dem Recht "auf Anwendung des milderen Tatbestandes des § 367 Z. 25 GewO" und in seinem "Recht auf Absehen von der Strafe" verletzt. In Ausführung der so bezeichneten Beschwerdepunkte macht der Beschwerdeführer zunächst in weitwendigen Ausführungen die Befangenheit eines Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg aufgrund familiärer Beziehungen zum Vertreter des Beschwerdeführers geltend ("die Gattin des Beschwerdevertreters und Dr. X, das Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates, sind Paten zweier Kinder, über deren Eltern sie verschwägert sind"). Der Beschwerdevertreter erklärt in diesem Zusammenhang "an Eidesstatt", daß er sich durch das Einschreiten dieses Kammermitgliedes wegen dessen enger familiärer Nahebeziehung in seiner Unbefangenheit "als gehemmt" erachte. Dadurch sei der Beschwerdeführer sohin in seinem Recht auf ein unabhängiges Tribunal verletzt. Ebenso sei der Beschwerdeführer in der Mitwirkung eines nicht unabhängigen Sachverständigen in "seinen Menschenrechten nach Art. 6 EMRK" verletzt. Wenn nämlich in ein- und derselben Abteilung einer weisungsgebunden Behördenstruktur ein Gutachten in einem Administrativverfahren erstellt worden sei, das zu einem Schließungsbescheid geführt habe, so erwecke ein Beamter derselben Abteilung in einem Verfahren vor einem Tribunal nicht mehr den erforderlichen Anschein der Unbefangenheit. In dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1986, B 616/85; B 448/86, habe dieser ausgesprochen, daß ein Beamter nicht Mitglied eines Tribunals sein könne, in dem sein Vorgesetzter an einer Entscheidung im vorangegangenen Administrativverfahren mitgewirkt habe. Hier sei die Befangenheitskonstellation dieselbe; es bestehe lediglich der Unterschied, daß der Abteilungsleiter des von der belangten Behörde bestellten weisungsgebundenen Amtssachverständigen im Verwaltungsverfahren zur Schließung der Betriebsanlage mitgewirkt habe. Weiters meint der Beschwerdeführer, daß der angefochtene Bescheid die Tatumschreibung zur Gänze neu formuliere, aber mit keinem Wort ausspreche, ob dessen ungeachtet die rechtliche Subsumtion der Behörde erster Instanz für gegeben erachtet werde; insbesondere sei nicht nachvollziehbar, welche konkrete Strafnorm angewendet worden sei. Angesichts fehlender gegenteiliger Aussagen im angefochtenen Bescheid sei davon auszugehen, die belangte Behörde habe implizit den im Erstbescheid angenommenen Tatbestand bestätigt. Der Beschwerdeführer halte die Heranziehung des § 366 Abs. 1 Z. 3

2. Fall GewO für rechtlich verfehlt, zumal unbestritten sei, daß die Kühlzelle, "also ein normaler Kühlschrank", nicht genehmigungspflichtig sei. Daß der Transport der Ware zur Kühlzelle Lärm erzeuge, sei nicht festgestellt worden. Ausgangspunkt für die behördliche Bestrafung sei der Umstand, daß während der unbestritten erforderlichen Öffnung der Tür Lärm aus der Betriebsanlage herausdringe. Wenn diese Sachverhaltsannahme der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werde, so werde dem Beschwerdeführer aber tatsächlich die Nichteinhaltung einer Bescheidauflage, nämlich die Verpflichtung zum Geschlossenhalten der Tür vorgeworfen, welche den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 25 GewO und nicht jenen des § 366 GewO erfülle. Es handle sich folglich nicht nur um einen Subsumtionsfehler innerhalb der Tatbestände des § 366 GewO, sondern um die Subsumtion eines Straftatbestandes unter ein falsches Tatbild, das einer strengeren Sanktion unterliege als das - allenfalls - richtige. In der Folge rügt der Beschwerdeführer die Begründung der belangten Behörde auch insoweit, als diese ausgeführt habe, die Grenze (38 bis 40 dB) der technisch zumutbaren Störung für die Nachbarschaft wäre bereits ohne Betriebslärm der Firma des Beschwerdeführers ausgeschöpft und es dürfte zu keiner weiteren Erhöhung der schalltechnischen Ist-Situation mehr kommen, womit jede Geschäftstätigkeit des Beschwerdeführers grundsätzlich ausgeschlossen sei. Der angefochtene Bescheid sei auch in sich widersprüchlich, wenn sämtliche Türen und Fenster geschlossen gehalten werden müßten, andererseits aber Rauchpausen der Mitarbeiter unbeanstandet gelassen würden. In diesem Zusammenhang habe sich die belangte Behörde auch nicht mit der Feststellung des Sachverständigen auseinandergesetzt, daß die Rauchpausen der Dienstnehmer für die Nachbarn störender seien als die Öffnung der Türe selbst, die ja die maximale Auswirkung der Beschickung der Kühlzelle sein müßte. Tatsächlich würden die Probleme der Betriebsanlage nur auf unklares Verhalten von Nachbarn zurückgehen, welche in der Betriebsanlagengenehmigungsverhandlung der Änderung zugestimmt hätten, worauf der Beschwerdeführer postwendend erste entsprechende Investitionen vorgenommen habe. Nachträglich hätten die - präkludierten - Nachbarn Rechtsmittel gegen die Änderung der Betriebsanlage erhoben und habe der Betrieb des Beschwerdeführers keine weiteren Investitionen vornehmen können. Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1996, Zl. 96/04/0020-6, welches erst etwa ein halbes Jahr nach dem vorgeworfenen Tatzeitraum ergangen sei, sei verwiesen. Wären die Nachbarn durch die Betriebsanlage tatsächlich gestört, so hätten sie nicht zunächst in der Gewerbeverhandlung zugestimmt und dann die Verbesserung im Betrieb durch Beschwerdeerhebung an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. ebenfalls das zitierte Erkenntnis) behindert. Offen bleibe, warum ein hypothetischer "ungünstiger" Fall angenommen werde (vgl. Verhandlungsschrift vom 12. Juni 1996, Seite 5) anstatt eines konkreten realistischen Szenarios oder eines konkreten Vorfalles. Ebenso habe sich der angefochtene Bescheid mit dem Akteninhalt insoweit nicht auseinandergesetzt, als dem Betrieb des Beschwerdeführers aufgrund der vom Verfassungsgerichtshof zurückgewiesenen Rechtsmittel investitionsmäßig die Hände gebunden gewesen seien.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs. 1 1. Satz leg. cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Zufolge § 74 Abs. 2 leg. cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§ 333, § 334, § 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Z. 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonst nachteiligen Einwirkung hervorzurufen.

Dem Einwand, die Neuformulierung der Tatumschreibung durch die Berufungsbehörde lasse nicht erkennen, ob die "alte Subsumtion aufrecht bleibe" bzw. welche konkrete Strafnorm angewendet wurde, ist entgegenzuhalten, daß keine Norm besteht, die der Berufungsbehörde vorschreibt, im Spruch ihrer Entscheidung den erstinstanzlichen Bescheidspruch zu wiederholen. Nur insoweit der erstinstanzliche Bescheidspruch einer Abänderung bedarf, ist die Berufungsbehörde zu einer Richtigstellung verpflichtet. Es reicht hiebei aus, wenn sie bloß jene Teile des Abspruches, hinsichtlich welcher sie Konkretisierungen bzw. Richtigstellungen vornimmt, wiedergibt (vgl. dazu unter anderem das hg. Erkenntnis vom 20. Sepember 1994, Zl. 93/04/0087 und die darin zitierte Vorjudikatur). Daß der diesbezügliche Spruchteil des Spruchpunktes 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 20. Dezember 1995 (vgl. dessen Punkt 1, Seite 1 und 2) von der Berufungsbehörde in deren Berufungsbescheid übernommen wurde, ergibt sich aus der Wortfolge "Der Berufung wird

... keine Folge gegeben und der Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, ...". Der Beschwerdeführer geht im übrigen selbst davon aus, daß die belangte Behörde "angesichts des Fehlens gegenteiliger Aussagen im angefochtenen Bescheid implizit den Tatbestand des Erstbescheides bestätigt" habe.

Soweit der Beschwerdeführer die ihm von der Behörde unterstellte Pflicht zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung des "Kühlschrankes" in Abrede stellt und die Erhebungen betreffend die Lärmerzeugung bei Transport der Ware zur Kühlzelle als nicht ausreichend bemängelt, ist ihm zu erwidern, daß bei Prüfung des Vorliegens einer Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 3 2. Fall iVm § 81 GewO 1994 die belangte Behörde nicht die Genehmigungsfähigkeit der Änderung der Betriebsanlage zu prüfen hat; ebensowenig, ob tatsächliche Gefährdungen, Beeinträchtigungen, Belästigungen oder sonstige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO von der konkreten Betriebsanlage ausgehen; dies festzustellen und allenfalls durch entsprechende Auflagen zu verhindern, ist Sache des Genehmigungsverfahrens. Nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens und daher Tatbestandselement der angelasteten Tat ist somit die nach § 74 Abs. 2 leg. cit. mit der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene personenbezogene (§ 74 Abs. 2 Z. 1 und 2) oder tätigkeits- bzw. sachbereichsbezogene (§ 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5) konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (vgl. hg. Erkenntnisse vom 27. April 1993, Zl. 92/04/0221 und vom 20. September 1994, Zl. 94/04/0068). Wenn der Beschwerdeführer der belangten Behörde in diesem Zusammenhang insoweit eine Rechtswidrigkeit vorwirft, als diese basierend auf dem Gutachten des Amtssachverständigen für Gewerbetechnik die Feststellung getroffen habe, die Lärmgrenze (38 bis 40 dB) der technisch zumutbaren Störung für die Nachbarschaft sei bereits ausgeschöpft und es dürfe daher zu keiner weiteren Erhöhung der schalltechnischen Ist-Situation kommen, woraus der Beschwerdeführer folgert, daß eine solche Rechtslage jede Geschäftsaktivität des Beschwerdeführers grundsätzlich ausschlösse, so fehlt diesem Vorbringen aus den dargelegten Gründen im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren die Relevanz. Im Verwaltungsstrafverfahren ist - wie schon erwähnt - nicht die Genehmigungsfähigkeit der Betriebsanlage zu prüfen. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (bzw. das damit im Zusammenhang stehende Verhalten der Nachbarn) und das Vorbringen, die Behörde habe sich nicht mit den Feststellungen des Amtssachverständigen auseinandergesetzt, daß die Rauchpausen der Dienstnehmer für die Nachbarn störender wären als das Öffnen der Türe, nicht relevant. Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie aufgrund der Stellungnahme des beigezogenen Amtssachverständigen für Gewerbetechnik eine Lärmbelästigung der Nachbarn im Sinn des § 74 Abs. 2 GewO 1994 durch die Verlegung der Kühlzelle ins Freie - insbesondere deren oftmaliges Bedienen durch Öffnen der Zugangstür, wodurch mit ins Freie dringendem Betriebslärm gerechnet werden müsse - nicht auszuschließen vermochte, zumal sich um das Betriebgebäude Wohnhäuser befinden (mit einem Abstand zur Kühlzelle zwischen 10 m und 50 m).

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde hätte richtigerweise den Straftatbestand des § 367 Z. 25 GewO heranziehen müssen, da tatsächlich die Nichteinhaltung einer Bescheidauflage, nämlich die Verpflichtung zum Geschlossenhalten der Tür vorgeworfen worden wäre, gehen seine diesbezüglichen Ausführungen am Inhalt des Bescheides vorbei, der nicht von der Nichtbeachtung einer (nicht weiter festgestellten) Auflage ausgeht, sondern die unbestritten erfolgte (nicht genehmigte) Verlegung der Kühlzelle und die damit bewirkte (genehmigungspflichtige Gesamt-) Änderung der Betriebsanlage zur Grundlage hat.

Insoweit sich der Vertreter des Beschwerdeführers auf die Befangenheit eines Kammermitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates iSd § 7 AVG wegen eines behaupteten familiären Naheverhältnisses zu ihm selbst beruft, ist ihm entgegenzuhalten, daß allfällige Verfahrensmängel nur dann von Bedeutung sind, wenn sie gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlich sind, es also bei Vermeidung des Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Abgesehen davon, daß die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensfehlers ebensowenig darlegt wurde wie konkrete Anhaltspunkte für eine sachliche Voreingenommenheit des Kammermitgliedes, erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die diesbezüglichen Behauptungen des Beschwerdeführers schon im Hinblick auf die rechtliche Unbedenklichkeit des angefochtenen Bescheides (vgl. hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1995 Zl. 93/05/0056 und die darin zitierte Vorjudikatur). Daran vermag die eidesstattliche Erklärung des Beschwerdeführers nichts zu ändern.

Hinsichtlich der Beschwerdebehauptung betreffend die Befangenheit eines Amtssachverständigen wird auf die zutreffenden Darlegungen der belangten Behörde in der Gegenschrift und die hg. Judikatur verwiesen, wonach die Einbindung eines Amtssachverständigen in die Amtshierachie ein wesentliches Kennzeichen des Amtssachverständigen ist und für sich alleine eine Befangenheit nicht zu begründen vermag, gleichgültig, welche Stellung der Amtssachverständige in der Hierarchie einnimmt (vgl. ua. hg. Erkenntnis vom 25. September 1995, Zl. 95/10/0034).

Zudem ergibt sich aus der Aktenlage, daß im Verfahren gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 Hr. Ing. B. (vgl. Aktenvermerk vom 4. September 1995 bzw. dessen Stellungnahme vom 1. Februar 1996) und im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren Hr. Ing. F. (vgl. Verhandlungsschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vom 12. Juni 1996) - also zwei verschiedene Amtssachverständige - beigezogen wurden. Woraus der Beschwerdeführer ableitet, daß der Abteilungsleiter (Dipl.Ing. W.) im Verwaltungsverfahren betreffend die Schließung der Betriebsanlage mitgewirkt habe, ist nicht nachvollziehbar und kann auch dem vorliegenden Akteninhalt nicht entnommen werden. Aus der Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen Ing. B. vom 1. Februar 1996 ist keine gutachterliche Tätigkeit des Abteilungsleiters der Abteilung IV c Dipl.Ing. W. ersichtlich, sondern nur, daß dieser die genannte Stellungnahme - in seiner Funktion als Abteilungsleiter - an die Abteilung VI b weitergeleitet hat.

Der Beschwerdeführer hat die in der Ergänzung seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Bedenken betreffend die vermeintliche Befangenheit des Kammermitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates sowie des Amtssachverständigen bereits ausführlich im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorgetragen; dieser hat die Behandlung der Beschwerde jedoch abgelehnt. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Bedenken nicht entstanden, weshalb sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt sieht, den Verfassungsgerichtshof neuerlich damit zu befassen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. November 1998

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Abgrenzung der Begriffe Behörde und Organwalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997040161.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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