TE Bvwg Beschluss 2019/3/8 L529 2212073-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §10
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §5
ZustG §7
ZustG §9 Abs3

Spruch

L529 2212073-1/7E

BESCHLUSS

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, vertreten durch den Verein LegalFocus und dessen Obfrau RA Mag. Eva VELIBEYOGLU, gegen das als Bescheid bezeichnete Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird mangels Vorliegens eines Bescheides als

unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrenshergang

1. Die Beschwerdeführerin, (nachfolgend auch: "BF") stellte am 27.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, wozu sie an diesem Tag erstbefragt und vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 10.07.2018 niederschriftlich einvernommen wurde.

2. Mit als Bescheid bezeichnetem Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden "BFA") vom 22.11.2018 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und es wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Armenien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen gewährt (Spruchpunkt VI.).

3. Das als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 22.11.2018 wurde an den MigrantInnenverein St. Marx gerichtet und in der Folge diesem am 28.11.2018 zugestellt.

4. Im Akt ist keine Vollmachterteilung der - zum Zeitpunkt der Zustellung dieses Schreibens - volljährigen BF an den MigrantInnenverein inneliegend.

5. Mit - als "Beschwerdevorlage" bezeichnetem - Schreiben vom 03.01.2019 wurde die vom Verein LegalFocus für die BF verfasste und mit E-Mail eingebrachte Beschwerde durch das BFA vorgelegt. Diesem E-Mail war eine Vollmachtserteilung der BF als Vereinsmitglied des Vereins LegalFocus ad personam an die Rechtswanwältin Mag. Eva Velibeyoglu, datiert mit 21.11.2018, angeschlossen.

6. Eine Anfrage durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde dahingehend beauskunftet, dass beim BFA keine Vollmacht der BF an den MigrantInnenverein St. Marx registriert sei. Vom MigrantInnenverein St. Marx wurde bestätigt, dass auch bei ihnen nur eine Vollmachtserteilung durch die Eltern der nunmehr volljährigen BF aufscheine. Eine Nachfrage beim Verein LegalFocus ergab, dass es lediglich die Vollmachtserteilung vom 21.11.2018 gäbe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das BFA hat die Zustellung des als "Bescheid" bezeichneten Schreibens vom 22.11.2018 an den MigrantInnenverein St. Marx verfügt und wurde dieses Schreiben am 28.11.2018 dem MigrantInnenverein St. Marx auch zugestellt.

Dem MigrantInnenverein St. Marx wurde von der nunmehr bereits volljährigen BF keine Vollmacht erteilt.

Die BF erteilte als Vereinsmitglied des Vereins LegalFocus ad personam der Rechtswanwältin Mag. Eva Velibeyoglu, datiert mit 21.11.2018, eine Vollmacht, wonach diese ermächtigt werde, die BF "in allen Angelegenheiten, sowohl vor Gerichts, Verwaltungs- und Finanzbehörden als auch außerbehördlich zu vertreten, Prozesse und Verfahren anhängig zu machen und davon abzustehen, Zustellungen aller Art, insbesondere auch Klagen, Urteile und Bescheide anzunehmen, Rechtsmittel aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen, Exekutionen und einstweilige Verfügungen zu erwirken und davon abzustehen, Vergleiche jeder Art Geld und Geldeswert zu beheben, in Empfang zu nehmen und darüber rechtsgültig zu quittieren, Stellvertreter mit gleicher oder minder ausgedehnter Vollmacht zu bestellen und überhaupt alles vorzukehren, was sie für nützlich und notwendig erachten wird. Dies mit der Maßgabe, dass der Verein und seine Organe bzw. MitarbeiterInnen für mich einschreiten mögen,

[...]"

2. Beweiswürdigung:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere dem Rückschein (AS 143), der Vollmacht vom 21.11.2018 (AS 225 und OZ1) und der Anfragebeauskunftungen des BFA, des MigrantInnenvereins St. Marx und des Vereins LegalFocus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zur Zurückweisung der Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheids:

3.2.1. Einschlägige Rechtsgrundlagen:

3.2.1.1. § 10 AVG lautet:

Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

3.2.1.2. Die relevanten Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG) lauten:

§ 5: Die Zustellung ist von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

(4) Haben mehrere Parteien oder Beteiligte einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Dokumentes an ihn die Zustellung an alle Parteien oder Beteiligte als bewirkt. Hat eine Partei oder hat ein Beteiligter mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

(5) Wird ein Anbringen von mehreren Parteien oder Beteiligten gemeinsam eingebracht und kein Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht, so gilt die an erster Stelle genannte Person als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter.

(6) § 8 ist auf den Zustellungsbevollmächtigten sinngemäß anzuwenden.

3.2.2. Einschlägige Auslegung/Rechtsprechung:

Im Verfahren der Zustellung können Mängel unterschiedlicher Art auftreten, nämlich Mängel, welche die Wirksamkeit der Zustellung nicht beeinträchtigen (etwa falsche Schreibweise des Vornamens, etc) und deshalb auch keiner Heilung bedürfen. Oder Mängel, welche die Wirksamkeit der (ursprünglichen) Zustellung zunächst verhindern, aber durch tatsächliches Zukommen geheilt werden können (etwa die Zustellung an eine Person, die nicht Empfänger des Dokuments - im Sinn der Zustellverfügung - ist). Es gibt aber auch Mängel, die auch durch tatsächliches Zukommen nicht heilbar sind (wie die Fehlbezeichnung des Empfängers). Eine Heilung kann nicht (bzw. nur in den Fällen des § 9 Abs. 3) eintreten (vgl. Bumberger/Schmid, Kommentar zum ZustG, K3 zu § 7).

Zum "Verfahren der Zustellung" gehören sowohl die Zustellverfügung als auch der Zustellvorgang (die Durchführung der Zustellung). Mängel im Verfahren der Zustellung sind solche, welche die Zustellverfügung oder den Zustellvorgang betreffen. Als Mangel ist jede Abweichung von den Bestimmungen des Zustellgesetzes sowie von sonstigen Vorschriften, die zustellrechtliche Regelungen enthalten, anzusehen (ebenda, K2 zu § 7).

Wird in der Zustellverfügung eine vom Adressaten des Dokuments verschiedene Person als Empfänger genannt und an diese Person zugestellt, liegt ein Zustellmangel vor, der nicht durch tatsächliches Zukommen des Dokuments an den Adressaten des Dokuments nach § 7 Zustellgesetz heilbar ist (ebenda, K7 zu § 5).

Ist eine Zustellverfügung unrichtig, so wird diese Unrichtigkeit auch dadurch nicht behoben, dass das Schriftstück jener Person, an die richtigerweise zuzustellen gewesen wäre, tatsächlich zugekommen ist (VwGH 07.09.1990, 89/18/0180).

3.2.3. Im konkreten Fall

3.2.3.1. Im gegenständlichen Fall wurde vom BFA die Zustellung des als "Bescheid" bezeichneten Schreibens vom 22.11.2018 an den MigrantInnenverein St. Marx verfügt, ohne dass dem MigrantInnenverein St. Marx dazu eine Bevollmächtigung durch die BF erteilt worden ist, und wurde dieses Schreiben am 28.11.2018 dem MigrantInnenverein St. Marx auch zugestellt. Damit wurde vom BFA die Zustellung an eine nichtbevollmächtigte (juristische) Person verfügt. Solange aber der Behörde eine Vollmacht nicht vorliegt und der Vertreter als solcher nicht entsprechend ausgewiesen ist, darf - bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit - an ihn nicht zugestellt werden (VwGH 22.03.1993, 92/13/0151).

3.2.3.2. Die als Bescheid bezeichnete Erledigung des BFA ist daher mangels einer für die Beschwerdeführerin rechtswirksamen Zustellung als Bescheid rechtlich nicht existent geworden.

Ob die Erledigung des BFA der BF selbst tatsächlich zur Kenntnis gebracht wurde, ist nach dem Gesagten ohne Bedeutung und war daher nicht weiter zu untersuchen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Bevollmächtigter, Heilung, Nichtbescheid,
rechtswirksame Zustellung, Unzuständigkeit BVwG, Vollmacht,
Zurückweisung, Zustellmangel, Zustellung, Zustellverfügung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L529.2212073.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.09.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten