TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/15 W136 2204889-1

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Veröffentlicht am 15.04.2019
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Entscheidungsdatum

15.04.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
GOG §16 Abs3 Z2
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch

W136 2204889-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Mag. Dr. Rainer W. BÖHM, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Trauttmannsdorffgasse 52/1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 21.06.2018, JV 3951/18i-39, betreffend Erteilung eines Hausverbots zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z1 VwGVG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Sachverhalt und Verfahrensgang:

1. Verfahrensgegenständlich ist die Frage, ob die mit im Spruch bezeichneten Bescheid erfolgte Aussprache eines Hausverbotes in Bezug auf das Landesgericht für Strafsachen Wien gegen XXXX (in Folge auch: Beschwerdeführer) rechtmäßig oder der dagegen erhobenen Beschwerde Folge zu geben und das Hausverbot aufzuheben ist.

2. Im Bescheid wurde die Verhängung des Hausverbotes im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Beschwerdeführer seit Eröffnung des Servicecenters im Gericht im November 2011 regelmäßig gegenüber Bediensteten der Staatsanwaltschaft lautstark und aggressiv verhalte und dadurch die Abwicklung des Parteienverkehrs erschwere. Zuletzt habe der Beschwerdeführer mehrere Male das Team 1 der Staatsanwaltschaft aufgesucht, sich gegenüber den Mitarbeitern verstörend und belastend verhalten und sich nach Erteilung von für ihn offenkundig nicht zufriedenstellenden Auskünften geweigert, das Haus zu verlassen, weshalb zuletzt nach einem einstündigen Aufenthalt der Sicherheitsdienst habe gerufen werden müssen. Auch habe der Beschwerdeführer bereits mehrmals eine näher genannte Staatsanwältin aufgesucht und unerfüllbare Forderungen gestellt und sich nach den für ihn unbefriedigenden Auskünften, äußerst ungehalten und dadurch bedrohlich gezeigt.

Im Rahmen des Parteiengehörs habe der Sachwalter des Beschwerdeführers sich dahingehend geäußert, dass kein Anlass im Sinne des § 16 GOG zur Erlassung eines Hauverbotes bestünde, ungeachtet dieser Stellungnahme sei es zur Gewährung der Sicherheit der Bediensteten des Gerichtes sowie eines reibungslosen Betriebes auszusprechen gewesen sei.

3. Mit rechtzeitiger Beschwerde vom 16.07.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und ersatzlose Behebung bekämpften Bescheides.

Begründend wurde ausgeführt, dass die geschilderten Vorfälle, das besondere Ausmaß von Sicherheitsbedenken, die ein Hausverbot rechtfertigen könnten, nicht erreichten. Es könnten gelindere Mittel ergriffen werden, der Beschwerdeführer könnte ab der Eingangskontrolle begleitet werden. Eine Nichtstattgabe der Beschwerde könnte andere Gerichte und Behörden veranlassen, auch ein Hausverbot zu verhängen, dies würde die Persönlichkeitsrechte des Beschwerdeführers beschneiden. Auch sei die zeitliche Unbegrenztheit des Hausverbotes gesetzwidrig.

4. Die Beschwerde wurde am 03.09.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

In weiterer Folge brachte der Beschwerdeführer insgesamt sechs mehrseitige handgeschriebene Eingaben postalisch oder auch persönlich beim Bundesverwaltungsgericht ein, mit denen - auch wenn sie zum größten Teil unleserlich sind - offenkundig die Aufhebung des Hausverbotes gefordert wird. In mehreren Anrufen bei der Gerichtsabteilung W 136 des Bundesverwaltungsgerichtes erkundigte sich der Beschwerdeführer nach dem Verfahrensstand und äußerte sich zumindest zweimal, weil oft unverständlich, diffus drohend.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der Im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt, insbesondere das vom Beschwerdeführer im Amtsgebäude gezeigte Verhalten ergibt sich aus der diesbezüglich unbestrittenen Aktenlage der belangten Behörde (Meldungen der Mitarbeiter der belangten Behörde bzw. der Staatsanwaltschaft Wien). Der Beschwerdeführer bestreitet nämlich nicht den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt, sondern wendet ein, dass sein Verhalten nicht geeignet wäre, Sicherheitsbedenken auszulösen. Siehe dazu unter 2. Rechtliche Beurteilung.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

2.1.Aus einer Zusammenschau der §§ 1 bis 16 Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. Nr. 217/1896 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 (in Folge: GOG), ergibt sich, dass es jedermann grundsätzlich gestattet ist, ein Gerichtsgebäude bzw. dessen öffentlichen Teil während der Parteienverkehrszeiten unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich des Verbots der Mitnahme einer Waffe und der Bereitschaft, sich einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen, zu betreten.

Gemäß § 16 Abs 3 Z 2 1. Fall GOG kann die Dienststellenleitung - hier der Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien - aus besonderem Anlass weitergehende Sicherheitsmaßnahmen anordnen, wie insbesondere Verbote des Zugangs bestimmter Personen in das Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft.

2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe VwGH 26.02.2016, Ro 2016/03/0001) handelt es sich bei einem Hausverbot nach § 16 Abs 3 Z 2 GOG um eine "Sicherheitsmaßnahme", die aus "besonderem Anlass" getroffen werden kann. Daher setzt deren Verhängung konkrete Sicherheitsbedenken voraus, die nicht nur allgemeiner Natur sind, sondern sich aus besonderem Anlass ergeben und denen mit dem Hausverbot in verhältnismäßiger Art und Weise begegnet werden kann. Hiezu reicht es jedenfalls aus, wenn eine Person wiederholt und öfters - auch ohne sachlich begründeten Anlass - den Amtstag an einem Gericht aufgesucht und dort Richterinnen und Richter sowie andere Gerichtsbedienstete lautstark beschimpft und beleidigt, etwa indem diese unter anderem geäußert hat, sie werde im betreffenden Gericht "aufräumen" bzw. sie habe dort bereits "aufgeräumt". Dieses aggressive und drohende Verhalten der Person war geeignet, Sicherheitsbedenken im Sinne des zuvor Gesagten zu erwecken, die ein Hausverbot rechtfertigen konnten.

Darüber hinaus weist der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung darauf hin, dass, wird ein Hausverbot gegen eine bestimmte Person aus diesen Gründen verhängt, ihr Zugang zum Gerichtsgebäude zwar eingeschränkt, aber nicht gänzlich unmöglich gemacht ist, sieht § 16 Abs 4 GOG doch vor, dass der Zugang einer mit einem Hausverbot belegten Person weiterhin ermöglicht werden muss, wenn dies zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unbedingt erforderlich ist. Schon deshalb steht der Verhängung eines Hausverbots Art 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958 in der Fassung BGBl. III Nr. 139/2018 (in Folge: EMRK), der in seinem Anwendungsbereich das Recht auf effektiven Zugang zu einem Gericht gewährleistet und in Österreich im Verfassungsrang steht, nicht entgegen.

Aus der dargestellten Judikatur ist zu schließen, dass für die Verhängung eines Hausverbotes nach § 16 Abs. 3 Z 2 GOG zwar konkrete, mit einer bestimmten Person in Zusammenhang stehende Sicherheitsbedenken bestehen müssen, es jedoch nicht notwendig ist, dass diese die Schwelle einer verwaltungsrechtlich oder gerichtlich strafbaren Handlung erreichen.

2.3. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das, dass die Verhängung des Hausverbotes gegen den Beschwerdeführer, der mehrmals aufbrausend, emotional und zum Teil drohend mit Justizorganen interagiert hat, was zu einer Erschwernis des Betriebes im Servicecenter führt, grundsätzlich gerechtfertigt ist. Insbesondere auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer regelmäßig erst nach Androhung von Polizeigewalt bereit ist, das Gerichtsgebäude zu verlassen, obwohl er dort keinen objektiv begründeten Anlass zum Aufenthalt hat, ist geeignet, Sicherheitsbedenken im oben angeführten Sinn zu begründen. Nachdem der Beschwerdeführer dieses Verhalten schon längere Zeit setzt und offenkundig, wie dessen schriftliche Äußerungen im Rahme des Parteiengehörs zeigen, keine Änderung im Verhalten zu erwarten ist, kann auch keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, dass das Hausverbot unbefristet ausgesprochen wurde.

2.4. Zum Beschwerdevorbringen, dass als gelinderes Mittel der Beschwerdeführer bei seinen "Vorsprachen" vom Sicherheitsdienst begleitet werden könnte, ist darauf zu verweisen, dass diese Maßnahme nach § 16 Abs. 4 GOG für Personen mit Hausverbot, deren Zugang einer zum Gebäude des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unbedingt erforderlich, ohnehin vorgesehen ist.

Zum Beschwerdevorbringen, dass sich andere Gerichte bei Nichtstattgabe der Beschwerde ebenfalls zur Verhängung eines Hausverbotes veranlasst sehen könnten, reicht der Hinweis, dass die gegenständliche Entscheidung ausschließlich Rechtswirkungen in Bezug auf den bekämpften Bescheid entfaltet.

2.5. Nach dem Gesagten erweist sich der bekämpfte Bescheid als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

2.6. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte ungeachtet des Parteienantrages gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde von der belangten Behörde ordnungsgemäß erhoben und ist der Beschwerdeführer dem ermittelten Sachverhalt auch nicht entgegengetreten. Zu einer Lösung von Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC stehen daher der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl I Nr. 58/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht kann im Lichte der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine offene Rechtsfrage erkennen; mangels einer solchen ist die Revision unzulässig.

Schlagworte

aggressives Verhalten, Gerichtsgebäude, Gerichtsvorsteher,
Hausverbot, sichernde Maßnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W136.2204889.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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