TE Lvwg Erkenntnis 2019/8/14 LVwG-2019/31/0283-9, LVwG-2019/31/0502-9

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Veröffentlicht am 14.08.2019
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Entscheidungsdatum

14.08.2019

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Führerscheingesetz

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §99
FSG 1997 §7 Abs3 Z1
FSG 1997 §26 Abs2 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerden des AA, Adresse 1, Z, vertreten durch RA BB, Adresse 2, Z, gegen

?      das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 14.1.2019, *****, wegen einer Übertretung der StVO (LVwG-2019/31/0283), sowie

?      den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 6.2.2019, *****, wegen Entziehung der Lenkberechtigung (LVwG-2019/31/0502)

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

A)     Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 14.1.2019, *****, wegen einer Übertretung der StVO (LVwG-2019/31/0283):

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 320,-- zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

B)     Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 6.2.2019, *****, wegen Entziehung der Lenkberechtigung (LVwG-2019/31/0502):

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

A)   Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 14.1.2019, *****, wegen einer Übertretung der StVO (LVwG-2019/31/0283):

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„1.      Datum/Zeit:                   **.**.****, **:** Uhr

         Ort:                               **** Y, Adresse 1

         Betroffenes Fahrzeug: KFZ, Kennzeichen: *-*** ** (A)

         Sie stehen im Verdacht, dass Ihr Verhalten als Lenker des oben genannten Fahrzeuges am **.**.**** um **:** Uhr in Z, Adresse 3 mit einem Verkehrsunfall in unmittelbaren Zusammenhang stand und trotzdem haben Sie sich um **:** Uhr in der Adresse 1 nach Aufforderung eines besonders geschulten Organes der Bundespolizei geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.   § 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 2. Satz StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe

Gemäß

1. € 1.600,00

14 Tage(n) 0 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 99 Abs. 1 StVO

Weiters wurde ein anteiliger Betrag zu den Kosten des Verfahrens der belangten Behörde festgesetzt.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte AA durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter vor, dass er sich im Substitutionsprogramm befinde und nach seiner Heimkehr größere Mengen ärztlich verschriebener Medikamente, nämlich Tolvon, Praxiten und Tuxal eingenommen und sich danach hingelegt habe. Danach hatte er einen „Filmriss“ und war unzurechnungs- und vernehmungsunfähig. Er habe weder verstanden was die Polizisten wollten noch wäre er geistig und körperlich in der Lage gewesen, der Aufforderung zur Ablegung des Alkomattestes Folge zu leisten.

Es werde daher angeregt, ein psychiatrisches Gutachten einzuholen.

Abschließend wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Strafakt der belangten Behörde zu Zahl ***** sowie in den Führerscheinakt der Landespolizeidirektion Tirol zu Zahl *****.

Weiters wurde am 9.4.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschwerdeführer sowie die beiden amtshandelnden Polizisten, RIin CC und Insp DD, beide PI X, als Zeugen einvernommen wurden.

Schließlich wurde ein Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen EE eingeholt, welches vom 2.5.2019 datiert und den Verfahrensparteien in Wahrung des Parteiengehörs übermittelt wurde.

Am 6.8.2019 fand schließlich eine weitere mündliche Verhandlung statt und ist der Beschwerdeführer zu dieser Verhandlung trotz Hinweis auf das Erfordernis, dass er persönlich erscheinen müsse, nicht gekommen. Er wurde seitens seiner Rechtsvertretung wegen beruflicher Unabkömmlichkeit entschuldigt.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Für das Landesverwaltungsgericht Tirol ergibt sich nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

AA lenkte den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen *-***** am **.**.**** gegen **:** Uhr in Z, Adresse 3, und verursachte dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und setzte daraufhin ohne anzuhalten seine Fahrt in Richtung seiner Wohnadresse in der Adresse 1 fort.

Nach Einlangen an seiner Wohnadresse wurde der Beschwerdeführer schließlich um **:** Uhr an seiner Wohnadresse in der Adresse 1 von der Beamtin RIin CC, PI X, zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat aufgefordert und verweigerte diesen trotz Belehrung der Rechtsfolgen mit den Worten „Mach i net“.

Das Lenken des angeführten Kraftfahrzeuges im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld der Aufforderung zum Alkomattest ist angesichts der im Anschluss an die Amtshandlung erfolgten Sichtung des in den Verkehrsunfall verwickelten Pkw in der FF-Straße evident. Dabei konnte das Fahrzeug des Beschwerdeführers an der vorderen Stoßstange (Beifahrerseite) stark beschädigt vorgefunden werden und wurden Teile des Rücklichts des beschädigten Fahrzeuges an der Windschutzscheibe des Fahrzeuges des Beschwerdeführers sichergestellt.

Am Unfallort wurden Fahrzeugteile des Unfallverursachers vorgefunden, welche dieselbe Farbe wie das Fahrzeug von AA aufweisen. Zudem wies die Fußmatte des vorgefundenen Fahrzeuges zwei nasse Schuhabdrücke auf.

Vom Beschwerdeführer wird dieser Sachverhalt dem Grunde nach nicht bestritten; er macht jedoch geltend, dass er zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkomattest nicht zurechnungsfähig gewesen sei, da er als Substitutionspatient diverse näher angeführte starke Medikamente einnehmen müsse und diese auch im zeitlichen Vorfeld der gegenständlichen Amtshandlung eingenommen habe, sodass er weder verstanden habe, was die Polizisten wollten noch geistig und körperlich in der Lage gewesen wäre, der Aufforderung zur Ablegung des Alkomattestes Folge zu leisten.

III.     Rechtliche Grundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 18/2019 (StVO), von Relevanz:

Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol

§ 5

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und – soweit es sich nicht um Organe der Bundespolizei handelt – von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

     1. die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

     2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Strafbestimmungen

§ 99

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a)   wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

b)   wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

c)   (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

…“

IV.      Rechtliche Beurteilung:

Alleinentscheidend für die Aufforderung zur Ablegung eines Alkomattestes ist die Verdachtslage aus Sicht des Polizeibeamten, die aufgrund des für einen Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang stehenden Verhaltens des AA zweifellos gegeben war.

Hinsichtlich der Deutlichkeit der Aufforderung ist auszuführen, dass diese dem Beschwerdeführer bewusst sein musste, zumal er - belehrt auf die Rechtsfolgen einer Verweigerung - zunächst den Alkovortest mit „Nein“ ablehnte und hiernach der Aufforderung zur Ablegung des Alkomatests mit den Worten „Mach i net“ nicht nachkam.

Nicht verkannt werden darf im Gegenstandsfall, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Amtshandlung einen eher desorientierten Eindruck gemacht hat, was angesichts der späten Stunde und des Umstandes, dass sich der Beschwerdeführer in offensichtlich alkoholisiertem Zustand befand und bereits geschlafen hat, nicht verwunderlich ist.

Zu beachten ist hinsichtlich des kognitiven Auftretens des Beschwerdeführers einerseits, dass dieser lediglich 30 Minuten zuvor ein Kraftfahrzeug über mehrere Kilometer durch die Stadt gelenkt hat.

Darüber hinaus hat AA die amtshandelnden Polzisten nach Schilderung des Gegenstandes der Amtshandlung in die Wohnung gebeten; weiters hat er auf Nachfrage nach einem Ausweis seine Geldtasche gesucht und gefunden und diese RIin CC ausgehändigt.

Auf die Frage, wo das verwendete Kraftfahrzeug verblieben sei, antwortete er gezielt, dass dieses von seinem Bruder verwendet werde und in Rumänien sei.

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 11.4.2019 wurde der medizinische Amtssachverständige EE unter Zugrundelegung des Geschehensablaufes und der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten eingenommenen Medikamente ersucht, eine Stellungnahme hinsichtlich der Zurechnungsfähigkeit des AA zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkomattest abzugeben.

In der diesbezüglichen Stellungnahme vom 2.5.2019 führte EE aus, dass die angegebenen Medikamente, für die seitens des Beschwerdeführers eine ärztliche Bestätigung vorgelegt wurde, geeignet seien, eine deutliche Beeinträchtigung der Urteilsfähigkeit nach sich zu ziehen.

In Ermangelung klarer Angaben zur tatsächlich eingenommenen Menge seien die Auswirkungen der Einnahme eines derartigen „Medikamentencocktail“ ex post und ohne Laborwerte nicht abschätzbar.

Im Gegenstandsfall gilt zu beachten, dass der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug vom Ort des Verkehrsunfalls über mehrere Kilometer durch Z gelenkt und in der Nähe seines Wohnortes abgestellt hat und spätestens 25 Minuten später bereits von den amtshandelnden Polizeibeamten betreten und zur Ablegung des Alkomatestes aufgefordert werden konnte.

Es wäre unerfindlich, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer bei tatsächlichem Vorliegen einer Unzurechnungsfähigkeit in der Lage gewesen sein sollte, diese Strecke mit dem Auto zurückzulegen, die amtshandelnden Polizisten hiernach in seine Wohnung zu bieten und auch dem Wunsch nach Vorlage eines Lichtbildausweises durch Übergabe der Geldtasche, in der sich der Ausweis befand, nachzukommen.

Auch antwortete der Proband zielgerichtet auf die Aufforderung zur Durchführung einer Kontrolle der Atemluft auf Alkoholgehalt mit den Worten „Mach i net“.

Schließlich vermeinte AA hinsichtlich des Verbleibs des Fahrzeuges, dass dieses von seinem Bruder, der sich in Rumänien befindet, verwendet werde.

Aufgrund des situationsbezogenen Verhaltens des Beschwerdeführers war daher davon auszugehen, dass AA sehr wohl in der Lage war, dem Inhalt der Amtshandlung zumindest insoweit zu folgen, dass es darum ging, den Alkoholgehalt seiner Atemluft als Zulassungsbesitzer des schädigenden Fahrzeuges im Zuge von polizeilichen Nacherhebungen zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden zu bestimmen.

Das diesbezüglich vage und im Bezug auf Quantität und Einnahmezeit nicht durch ärztliche Gutachten objektivierbare Vorbringen des Beschwerdeführers vermochte daher keine über die Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen vom 2.5.2019 hinausgehenden Erhebungen des gefertigten Gerichts zu indizieren.

Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer der Verhandlung vom 6.8.2019, in der er den Ergebnissen des medizinischen Amtssachverständigengutachtens vom 2.5.2019 hätte entgegentreten oder sein bislang diffuses Vorbringen zu Zeitpunkt und Quantität der Einnahme hätte präzisieren können, ohne Angabe von Gründen nicht erschienen ist. In Ermangelung jedweden Vorbringens, dass den Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen EE vom 2.5.2019 auf gleicher fachlicher Ebene entgegentritt, waren daher keine ergänzenden medizinischen Recherchen hinsichtlich einer allfälligen Unzurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers in Auftrag zu geben, dies auch vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.4.2018, Ra 2018/02/0028-7, bei dem aus dem Verlaufsbericht der Verunfallten zumindest Menge und Art der verabreichten Medikamente klar ableitbar und damit objektivierbar waren.

V.     Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung ist als erheblich anzusehen, zumal sich der Beschwerdeführer über eine fundamentale Vorschrift der Straßenverkehrsordnung, welche die zeitnahe Eruierung des Alkoholgehaltes der Atemluft bei Beteiligten eines Verkehrsunfalles ermöglichen soll, hinweggesetzt hat.

Erschwerend war nichts zu berücksichtigen, mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers.

Unter Berücksichtigung dieser Strafbemessungsgründe und eines gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO zur Anwendung gelangenden Strafrahmens von Euro 1.600,00 bis Euro 5.900,00, im Uneinbringlichkeitsfall eine Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, ergibt sich, dass im Gegenstandsfall ohnedies lediglich die Mindeststrafe verhängt wurde, sodass sich weitere Erhebungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers anlässlich der mündlichen Verhandlungen vom 9.4.2019 und 6.8.2019 erübrigen konnten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

B)     Beschwerde gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 6.2.2019, *****, wegen Entziehung der Lenkberechtigung (LVwG-2019/31/0502):

I.       Verfahrensgang:

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 6.2.2019, *****, entzog die Landespolizeidirektion Tirol die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers der Klassen AM und B für die Dauer von 8 Monaten ab der Zustellung dieses Bescheides (dies war der 8.2.2019).

Weiters wurde als begleitende Maßnahme die Teilnahme an einer Nachschulung sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung samt verkehrspsychologischer Stellungnahme angeordnet.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am **.**.**** in Z das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen *-***** von der Adresse 3 bis in die Adresse 1 gelenkt und dabei ursächlich an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt war, wobei er Fahrerflucht begangen habe.

An der Wohnadresse konnte der Beschwerdeführer offensichtlich stark betrunken angetroffen werden und verweigerte mit den Worten „Mach ich nicht“ den Alkomattest.

Aufgrund eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden und Fahrerflucht wurde die Mindestentziehungsdauer von 6 Monaten für das Verweigerungsdelikt um weitere zwei Monate erhöht.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht wie oben unter A)/I. angeführt.

II.      Sachverhalt:

Die Behörden nach dem Führerscheingesetz (§ 35 FSG) sind an rechtskräftige Entscheidungen der Strafbehörden gebunden (vgl etwa VwGH 30.6.1998, 98/11/0134, 8.8.2002, 2001/11/0210, uva).

Aufgrund dieser Bindungswirkung ist gegenständlich davon auszugehen, dass entsprechend den Ausführungen unter A)/II. AA am **.**.**** gegen **:** Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen *-***** in Z, Adresse 3, bis an seine Wohnadresse gelenkt und dabei verdächtig war, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht zu haben und sich hiernach am **.**.**** um **:** Uhr in Z, Adresse 1, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

III.    Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes, BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 37/2018 (FSG), zu berücksichtigen:

„Verkehrszuverlässigkeit

§ 7

(1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.   die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.   sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.   ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

     

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24

(1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.   die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.   die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.   wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.   wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3.   wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Dauer der Entziehung

§ 25

(1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26

(1) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch

1.   auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 4 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2.   der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

Wenn jedoch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 genannten Übertretungen vorliegt, so hat die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist in allen Fällen sinngemäß anzuwenden.

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

1.   erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen,

…“

IV.      Rechtliche Erwägungen:

Aufgrund der vorliegenden Bindungswirkung ist vom oben dargelegten Sachverhalt auszugehen. Somit steht auch fest, dass gegenständlich eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 Z 1 FSG (hier konkret eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO) verwirklicht wurde.

Daraus resultiert gemäß § 26 Abs 2 Z 1 FSG eine Mindestentziehungsdauer von 6 Monaten, die aufgrund des Umstandes, dass AA einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und hiernach Fahrerflucht begangen hat (§ 26 Abs 1 Z 2 FSG per analogiam) um 2 Monate zu erhöhen war. Im Ergebnis war daher die von der belangten Behörde verfügte Entziehung der Lenkberechtigung in der Dauer von 8 Monaten zu bestätigen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist im Gegenstandsfall sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch im führerscheinrechtlichen Verfahren unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Hengl

(Richter)

Schlagworte

Verweigerung Alkomattest; Entziehung der Lenkberechtigung; Zurechnungsfähigkeit; situationsbedingtes Verhalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.31.0283.9

Zuletzt aktualisiert am

29.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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