TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/24 98/05/0091

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Veröffentlicht am 24.11.1998
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Index

L82000 Bauordnung;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs4;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Helmut Hofstadler, 2. der Margit Hofstadler, beide in Leonding, beide vertreten durch die Anwaltspartnerschaft Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, Harrachstraße 14/I, 3. der Jolanka Flisar in Linz, Stadlerstraße 45, 4. des Franz Brunnhuber in Pasching, Türkenstraße 9, 5. der Maria Brunnhuber in Pasching, Mitterlehnerweg 3b, 6. des Werner Haidinger in Pasching, Türkenstraße 20, 7. der Waltraud Sonnleitner in Pasching, Türkenstraße 9, und 8. der Elisabeth Rap in Pasching, Türkenstraße 16, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Pasching wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache (weitere Beteiligte gemäß § 8 AVG: Klingler Grundstücksverwaltungsges.m.b.H., World Trade Center, Vienna Airport, 1300 Wien-Flughafen), zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung der Beschwerdeführer vom 24. April 1996 Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pasching vom 4. April 1996, Zl. III-131-9-2379-96-we, betreffend das Bauvorhaben der Beteiligten zur Errichtung eines Mc Donald's Familienrestaurants auf dem Grundstück Nr. 1816, EZ 1895, KG Pasching, ersatzlos aufgehoben.

Die Gemeinde Pasching hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 12. April 1994 beantragte die Beteiligte die Erteilung der Bewilligung für die Errichtung eines Mc Donald's Familienrestaurants auf dem Grundstück Nr. 1816, EZ 1895, KG Pasching.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pasching vom 4. April 1996 wurde die Baubewilligung erteilt (Spruchpunkt I) und die im Verfahren erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführer wurden im Spruchpunkt II. als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Pasching vom 28. August 1996 als unbegründet abgewiesen. Aufgrund der dagegen erhobenen Vorstellung wurde der bekämpfte Berufungsbescheid mit dem Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. November 1996 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Pasching verwiesen. Dieser Bescheid ist der Gemeinde Pasching am 3. Dezember 1996 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 1998 (beim Verwaltungsgerichtshof am 7. Mai 1998 eingelangt) erhoben die Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde gegen die belangte Behörde. Sie habe nicht binnen sechs Monaten nach Einlangen der Aufhebung des Berufungsbescheides über die Berufung neuerlich entschieden. Die Entscheidungsfrist sei spätestens mit Anfang Juni 1997 abgelaufen. Es werde beantragt, daß der Verwaltungsgerichtshof selbst in der Sache über die Berufung der Beschwerdeführer vom 24. April 1996 dahingehend entscheide, daß dieser Berufung Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid abgeändert und das Bauansuchen zur Gänze ab- bzw. zurückgewiesen werde bzw. der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die erstinstanzliche Behörde zurückverwiesen werde.

Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 14. Mai 1998, Zl. 98/05/0091-2, (dem Gemeinderat der Gemeinde Pasching am 20. Mai 1998 zugestellt) die belangte Behörde aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Mit Schreiben des Gemeinderates vom 18. August 1998 wurde mitgeteilt, daß die Klingler Grundstücksverwaltungsges.m.b.H. das Bauansuchen vom 2. April 1994 zurückgezogen habe und um eine Verlängerung der Frist gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ersucht werde, um die Zurückziehung des Banansuchens übermitteln zu können. Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 1998, Zl. 98/05/0091-6, wurde dem Antrag auf Fristverlängerung keine Folge gegeben, da von der belangten Behörde nicht die Nachholung des versäumten Bescheides beabsichtigt war. Mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Pasching vom 19. Oktober 1998 wurde dem Verwaltungsgerichtshof die Zurückziehung des Bauansuchens vom 25. September 1998 in Kopie übermittelt. In der Folge wurden dem Verwaltungsgerichtshof die Verwaltungsakten übermittelt.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist zulässig.

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 470/1995 kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Wie bereits dargelegt, wurde der Berufungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde Pasching vom 28. August 1996 mit dem Vorstellungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. November 1996 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Pasching verwiesen. Dieser Vorstellungsbescheid ist bei der Gemeinde Pasching am 3. Dezember 1996 eingelangt. Diese Vorstellungsentscheidung bewirkte, daß die Berufung bei der belangten Behörde im vorliegenden Bauverfahren wieder unerledigt anhängig war, wobei die Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs. 1 AVG mit der Zustellung des aufhebenden Vorstellungsbescheides an die belangte Behörde neuerlich zu laufen begann. Die belangte Behörde hat über diese wieder offene Berufung nicht neuerlich entschieden. Im Zeitpunkt des Einlangens der Säumnisbeschwerde am 7. Mai 1998 war die im § 27 Abs. 1 VwGG vorgesehene Frist für die Entscheidung der obersten Behörde, die im vorliegenden Fall die belangte Behörde war, abgelaufen.

Der Umstand, daß der Bauwerber mit Schriftsatz vom 25. September 1998 das verfahrensgegenständliche Bauansuchen zurückgezogen hat, hat auf das vorliegende Verfahren nicht die Wirkung, daß damit die Beschwer für die Beschwerdeführer allenfalls weggefallen wäre. Der mit Berufung bekämpfte erstinstanzliche Bescheid vom 4. April 1996, mit dem die Baubewilligung erteilt worden war, gehört nach wie vor dem Rechtsbestand an und es ist die Berufung der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid nach wie vor anhängig, weil über diese nicht entschieden wurde.

Im Hinblick auf die Zurückziehung des verfahrensgegenständlichen Bauansuchens durch den Bauwerber im Stadium des anhängigen Berufungsverfahrens ist der maßgebliche Bewilligungsgegenstand des vorliegenden Bauverfahrens entfallen. Es war daher der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pasching vom 4. April 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos zu beheben (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl.90/04/0302). Es erübrigte sich daher ein näheres Eingehen auf die Ausführungen in der Berufung.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. November 1998

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050091.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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