TE Lvwg Erkenntnis 2019/7/29 LVwG-2019/15/0940-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2019
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Entscheidungsdatum

29.07.2019

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs4
GewO 1994 §26 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, geb am XX.XX.XXXX, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 18.04.2019, Zl ****, betreffend Verweigerung der Nachsicht vom Gewerbeausschluss gem § 13 Abs 4 GewO 1994,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung gem § 26 Abs 2 GewO 1994 erteilt.

2.       Gemäß § 78 Abs 1 AVG iVm TP 135 lit d Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung hat der Beschwerdeführer für die Erteilung der Nachsicht eine Abgabe in der Höhe von Euro 32,70 binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an das Landesverwaltungsgericht Tirol (IBAN: *****) mit beiliegendem Zahlschein zu entrichten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschlussgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gem § 13 Abs 4 GewO 1994 für die Ausübung des reglementierten Gewerbes „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und –berater“ verweigert. Begründend führt die belangte Behörde dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dass offene Zahlungen bis zum 11.07.2025 aufgrund des durchgeführten Insolvenzverfahrens behängen würden. Alleine aufgrund der offenen Forderungen laut eigenen Angaben in der Höhe von Euro 22.512,62 gehe die Behörde davon aus, dass der Antragsteller nicht in der Lage sei, den mit dem Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachzukommen und er auch nicht über die erforderlichen liquiden Mittel verfüge. Die am 15.04.2019 eingebrachte Eingaben-Ausgaben-Rechnung sei für die belangte Behörde unschlüssig, da diverse dauerhafte Ausgaben nicht aufscheinen würden. Es würden die derzeitigen Ausgaben die derzeitigen Einnahmen des Beschwerdeführers überschreiten. Damit müsse davon ausgegangen werden, dass sich der Schuldenstand aktuell erhöhe.

Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel in welchem zusammenfassend ausgeführt wird, dass der Feststellung widersprochen werde, dass die Angaben unvollständig gewesen seien. Unter Vorlage einer Lebensversicherungspolizze wurde weiters vorgebracht, dass diese einen Wertstand in der Höhe von Euro 21.741,69 aufweise. Außerdem übermittle er Kontoauszüge von seinen zwei Konten mit einem gesamten Guthabenstand von Euro 4.000,00. Auf dieser Grundlage ihm zu unterstellen, dass er nicht in der Lage sei den finanziellen Verpflichtungen (SVA vierteljährlich Euro 520,00, Haftpflichtversicherung vierteljährlich Euro 240,00 und Steuern vom Gewinn) aus der Ausübung des Gewerbes nachzukommen sei grotesk. Er habe dem Amt mitgeteilt, dass bei der Quotenberechnung der Gläubiger sein Einkommen als Versicherungsmakler herangezogen worden sei, da sämtliche Rechtsanwälte sowie der Richter davon ausgegangen seien, dass er wieder als Versicherungsmakler tätig sein werde. Außerdem wurde ausgeführt, dass die Insolvenz nicht auf einem mangelnden wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler zurückzuführen gewesen sei, sondern auf eine Fehlinvestition in ein Wellness-Spa Projekt. Aus seiner wirtschaftlichen Lage ergebe sich, dass er seine Gläubiger befriedigen könne, dadurch gebe es dann auch keinen Ausschlussgrund mehr. Er möchte allerdings nicht seine Liquidität aus der Hand geben.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat in weiterer Folge eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

II.      Sachverhalt:

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Z vom 12.07.2018 wurde der angenommene Zahlungsplan des Beschwerdeführers bestätigt. Mit diesem Beschluss wird das eingeleitete Insolvenzverfahren insofern abgeschlossen, als dass eine Quote von 25 % im Rahmen eines Zahlungsplanes zur Befriedigung der Gläubigerforderungen festgesetzt wurde. Entsprechend diesem Beschluss bezahlt der Beschwerdeführer zur Begleichung der im Insolvenzverfahren festgesetzten Zahlungspflichten Euro 288,68 monatlich.

Die weiteren laufenden Aufwendungen des Beschwerdeführers berechnen sich in der Höhe von Euro 610,00 für die Miete, Euro 15,00 für das Handy, Euro 40,00 für den Strom, Euro 22,90 für das Internet sowie diverse Versicherungen in der Höhe von Euro 35,00. Daneben ist der Beschwerdeführer einerseits im Rahmen einer unselbständigen Tätigkeit als gewerblicher Geschäftsführer tätig und bringt dort ca Euro monatlich 670,00 netto ins verdienen. Weiters ist der Beschwerdeführer seit 01.07.2019 auch bei BB in Y tätig, für diese Tätigkeit bringt der Beschwerdeführer in etwa Euro 1.000,00 netto monatlich ins verdienen.

Betreffend die Kosten, die bei Ausübung des Gewerbes als Versicherungsmakler regelmäßig anfallen, ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall Euro 1.000,00 für eine Haftpflichtversicherung jährlich anfallen sowie ein Wirtschaftskammerbeitrag in der Höhe von ca Euro 250,00 und Abgaben an die SVA entsprechend dem erzielten Verdienst.

Unter Berücksichtigung der Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer sowie als ***** bei BB bringt der Beschwerdeführer monatlich in etwa Euro 1.800,00 ins verdienen. Mit diesem Verdienst kann der Beschwerdeführer sowohl die laufenden Kosten für seinen Lebensunterhalt, als auch die bei der Ausübung des Gewerbes als Versicherungsmakler anfallenden Zahlungsverpflichtungen begleichen.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinem Vorbringen anlässlich der mündlichen Verhandlung sowie der dort vorgelegten Unterlagen. Die Höhe der im Rahmen der Gewerbeausübung anfallenden Kosten ergeben sich einerseits aus den Angaben des Beschwerdeführers, andererseits aus den Angaben des Fachgruppenobmannes der Versicherungsmakler und –berater in der Wirtschaftskammer Tirol, welche vom Landesverwaltungsgericht Tirol eingeholt wurde.

IV.      Rechtslage:

§ 13 GewO 1994

„…

(4) Rechtsträger sind von der Begründung eines Gewerberechts, das Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung oder der Kreditvermittlung beinhaltet, außer in den Fällen des Abs. 3 auch ausgeschlossen, wenn über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Zeitraum der Einsichtsgewährung in die Insolvenzdatei noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt auch bei Verwirklichung eines vergleichbaren Tatbestandes im Ausland. Der Ausschlussgrund liegt nicht vor, wenn im Rahmen des Insolvenzverfahrens der Sanierungsplan vom Gericht bestätigt wurde und dieser erfüllt worden ist oder wenn im Rahmen des Insolvenzverfahrens das Gericht den Zahlungsplan des Schuldners bestätigt hat und der Zahlungsplan erfüllt worden ist oder nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens die Restschuldbefreiung erteilt wurde und unwiderrufen geblieben ist.

…“

§ 26 GewO 1994

„Nachsicht von den Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben

(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

…“

V.       Erwägungen:

Zunächst wird festgehalten, dass sich aus dem Inhalt der Regelung des § 26 Abs 2 GewO 1994 ergibt, dass es sich um Rechtsvorschriften handelt, bei deren Vollziehung der Behörde kein Ermessen eingeräumt ist (vgl VwGH 28.01.1993, 92/04/0207). Entsprechend dem Wortlaut der Bestimmung ist maßgeblich, inwiefern aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

Insofern ist zunächst festzustellen, mit welchen Zahlungspflichten zu rechnen ist, die bei der Gewerbeausübung anfallen. In einem zweiten Schritt ist die gesamte wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers darzustellen und sodann in einer Berechnung festzustellen, inwiefern mit den anfallenden Einnahmen die zu erwartenden Ausgaben bestritten werden können.

Unter Hinweis auf die oben wiedergegebenen Feststellungen wird festgehalten, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der von ihm nachgewiesenen Einnahmen die Bestreitung der Ausgaben, die bei der Ausübung des Versicherungsmaklergewerbes anfallen werden, möglich ist. Bei der nach § 26 Abs 2 GewO 1994 vorzunehmenden Überprüfung wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol weiters berücksichtigt, dass die eingetretene Insolvenz nicht auf die Ausübung des Gewerbes zurückzuführen war, sondern dass dem ein Fehlinvestment zugrunde gelegen ist. Insgesamt sind daher die Voraussetzungen gem § 26 Abs 2 GewO 1994 erfüllt und war daher entsprechend dem Antrag die Nachsicht zu erteilen. Aufgrund der Erteilung der Nachsicht waren auch die Abgaben entsprechend der Vorgabe der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung vorzuschreiben.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr war im vorliegenden Fall eine sachverhaltsbezogene Einzelfallentscheidung vorzunehmen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Nachsichtverfahren; Insolvenz;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.15.0940.4

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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