TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/28 92/04/0207

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Veröffentlicht am 28.01.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
B-VG Art130 Abs2;
GewO 1973 §26 Abs1;
GewO 1973 §26 Abs2;
GewO 1973 §26 Abs3 idF 1988/399;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. August 1992, Zl. 314.971/5-III/4/92, betreffend Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. August 1992 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Nachsicht vom Ausschluß von der Ausübung der Gewerbe 1.) Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 sowie 2.) Handelsagent gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 24 GewO 1973 in diesbezüglicher Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1973 abgewiesen. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 26 Abs. 2 GewO 1973 ausgeführt, die Beschwerdeführerin müsse einen Ausschlußgrund gemäß § 13 Abs. 5 GewO 1973 gegen sich gelten lassen, da sie von 1979 bis 1985 Geschäftsführerin der I-Gesellschaft m.b.H. gewesen sei. Das Handelsgericht Wien habe am 22. August 1985 zu Zl. 4 S 87/85 den Antrag, über das Vermögen der genannten Gesellschaft den Konkurs zu eröffnen, mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Hinsichtlich der Umstände, die zum Konkursantrag geführt hätten, ergebe sich aus dem Konkurseröffnungsantrag der genannten Gesellschaft vom 8. Juli 1985, daß die Zahlungsunfähigkeit teils durch Pönalzahlungen wegen verspäteter Lieferungen, teils durch Fehlinvestitionen bzw. Uneinbringlichkeit von Provisionszahlungen herbeigeführt worden sei. Zur Beurteilung der Frage, ob erwartet werden könne, daß die Beschwerdeführerin auf Grund der mit ihrer Person verknüpften Umstände in Zukunft den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten werde nachkommen können, sei aus den Exekutionsakten des Exekutionsgerichtes Wien festgestellt worden, daß in den Jahren 1990 und 1991 drei Exekutionen gegen das Vermögen der Beschwerdeführerin betrieben worden seien. Ein Verfahren (wegen S 224.714,69 s.A.) sei am 5. Dezember 1990 gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 EO zur Einstellung gelangt; in zwei weiteren Verfahren sei die Einbringlichkeit von Forderungen in der Höhe von insgesamt S 228.929,-- s.A. erfolglos versucht worden, es sei hier weder zu einer Einstellung der Exekution zufolge gänzlicher Berichtigung der betriebenen Forderungen samt Anhang noch zu einer pfandweisen Beschreibung von Fahrnissen gekommen. Nachdem diese Ermittlungsergebnisse der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 31. März 1992 unter Hinweis darauf, daß es von entscheidungswesentlicher Bedeutung sein werde, daß bereits im Zuge der Stellungnahme Zahlungen an die zuvor genannten Gläubiger durch Vorlage unbedenklicher Bescheinigungsmittel (Überweisungsbelege usw. in Kopie) unter Beweis gestellt würden - zumal sämtliche Forderungen, deren Berichtigung nicht bescheinigt sei, als nach wie vor unberichtigt aushaftend anzusehen seien -, zur Stellungnahme vorgehalten worden seien, sei seitens der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30. April 1992 die Bezahlung einer der beiden verbliebenen Forderungen von (S 28.929,-- s.A.) unter Beweis gestellt worden. Hinsichtlich der verbleibenden Forderungen in Höhe von S 200.000,-- s.A. seien eine Ratenzahlungsvereinbarung sowie "eine erste Teilzahlung" von S 10.000,-- behauptet und ein Zahlungsbeleg beigebracht worden. Mit Schreiben vom 6. Mai 1992 sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, die Ratenzahlungsvereinbarung durch Vorlage der Urkunde unter Beweis zu stellen. Nach Fristerstreckung sei mit Schreiben vom 16. Juni 1992 die Kopie einer Ratenzahlungsvereinbarung beigebracht worden, welche am 12. Juni 1992 zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Gläubigerin geschlossen worden sei. Die wesentliche Bestimmung dieser Ratenzahlungsvereinbarung laute, daß die Gläubigerin mit einer monatlichen Zahlung in Höhe von S 1.500,-- einverstanden sei, bei Verzug einer Rate trete das Wiederaufleben der Gesamtforderung (S 200.000,--) ein. Die gegenständliche Zahlungsvereinbarung sei "mit Ultimo dieses Jahres befristet". Damit sei unter Beweis gestellt, daß die gegenständliche Forderung in Höhe von S 200.000,-- s.A. nicht mit monatlichen Raten von S 10.000,-- (wie ursprünglich angedeutet), sondern in solchen von S 1.500,-- getilgt werden solle. Überdies sei die Ratenzahlungsvereinbarung mit Jahresende befristet. Selbst unter Außerachtlassung allfälliger Zinsen und Kosten würde das bedeuten, daß die Beschwerdeführerin allein zur Tilgung des Punktums bereits ca. 11 Jahre brauchen würde. Somit sei davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin eine Forderung von rund S 200.000,-- s.A. weiter gegen sich gelten lassen müsse und hierauf Raten im Ausmaß von lediglich S 1.500,-- pro Monat (befristet mit Jahresende) bezahle. Daß diese Forderung trotz exekutiver Betreibung in jüngster Zeit nicht habe beglichen werden können, führe zu dem Schluß, daß der Beschwerdeführerin die für eine Gewerbeausübung erforderlichen liquiden Mittel fehlten. Es sei daher der Schluß nicht gerechtfertigt, daß die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin nunmehr derart beschaffen sei, daß erwartet werden könne, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten in Hinkunft werde nachkommen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Nachsicht vom Ausschluß von der Ausübung der spruchmäßig bezeichneten Handelsgewerbe verletzt. Sie bringt hiezu unter den Gesichtspunkten einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1973 habe die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 leg. cit. die Nachsicht zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der betreffenden juristischen Person geführt hätten, und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden könne, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen werde. Nach dieser Bestimmung seien zwei Aspekte für die Nachsichtserteilung maßgeblich, und zwar die Umstände, die zu dem Antrag auf Eröffnung des Konkurses geführt hätten und die Persönlichkeit der natürlichen Person. Die belangte Behörde habe offensichtlich aus den Umständen, die zur Abweisung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens geführt hätten, keine Schlüsse gezogen. Es werde lediglich darauf hingewiesen, daß die Zahlungsunfähigkeit teils durch Pönalzahlungen wegen verspäteter Lieferungen, teils durch Fehlinvestitionen bzw. Uneinbringlichkeit von Provisionszahlungen herbeigeführt worden sei. Welche Auswirkungen dies nun auf die Frage der Erteilung der Nachsicht habe, werde im angefochtenen Bescheid nicht behandelt, sondern lediglich als Grund für die Abweisung die offensichtlich zu geringe Ratenzahlung herangezogen. Daraus folge, daß die Umstände der Abweisung des Konkursantrages die Nachsicht nicht behindert hätten - was auch zutreffend sei -, sodaß es im vorliegenden Fall ausschließlich auf das Kriterium "Persönlichkeit der natürlichen Person" angekommen sei. Unrichtig sei nun, wenn die belangte Behörde meine, es komme in diesem Zusammenhang auf die mit ihrer Person verknüpften Umstände an. Der Gesetzestext des § 26 GewO 1973 spreche nicht von den Umständen, sondern von der "Persönlichkeit" der natürlichen Person. Ausgehend vom Sachverhalt ergäben sich keine auf ihre Person zurückzuführende Umstände, die eine Nachsicht nicht möglich machen würden. Was ihre Zahlungsfähigkeit betreffe, so habe die belangte Behörde richtig festgestellt, daß ein Exekutionsverfahren wegen S 224.714,69 s.A. gemäß § 39 EO eingestellt worden sei, womit daher von einer vollständigen Bezahlung dieser Forderung auszugehen sei. Weiters sei festgestellt worden, daß sie die Zahlung einer weiteren Forderung in Höhe von S 28.929,-- unter Beweis gestellt habe. Was die noch verbleibende Forderung im Betrag von S 200.000,-- betreffe, habe die belangte Behörde auch richtig festgestellt, daß eine erste Teilzahlung von S 10.000,-- behauptet und ein Zahlungsbeleg beigebracht worden sei. Tatsache sei, daß die S 10.000,-- auch geleistet worden seien. Richtig sei auch, daß eine Ratenzahlung von monatlich S 1.500,-- (befristet mit Jahresende) vereinbart worden sei. Der Schluß, daß sie deswegen, weil sie nur S 1.500,-- monatlich Raten zahle, nicht liquid sei, sei unzulässig und unrichtig. Zunächst sei davon auszugehen, daß sie eine Teilzahlung von S 10.000,-- geleistet habe, worüber die belangte Behörde stillschweigend hinwegsehe. Weiters sei davon auszugehen, daß es jedem Schuldner freistehen müsse, mit seinem Gläubiger eine entsprechende Ratenvereinbarung zu treffen. Wäre es wirklich so, daß schon allein aus dem Umstand, daß zur Begleichung einer Schuld eine langfristige Ratenvereinbarung getroffen worden sei, auf die mangelnde Liquidität zu schließen sei, wären wohl die meisten Unternehmer unter diesem Aspekt nicht liquid. Wenn der Gläubiger, die Erste österreichische Spar-Casse, ihr eingeräumt habe, die offene Forderung in Raten von S 1.500,-- zu begleichen, sei dies eine zulässige Vereinbarung. Gerade aus dem Umstand, daß eine Ratenzahlung in geringer Höhe geleistet werde, ergebe sich, daß für andere Dinge, eben für die geplante Gewerbeausübung, liquide Mittel frei seien. Jedenfalls könne aus dem Umstand einer niedrigen Ratenzahlung nicht auf das Fehlen liquider Mittel geschlossen werden. Jeder Kaufmann versuche, seine finanzielle Situation optimal zu gestalten. Hinzuweisen sei auch darauf, daß die Zahlungsvereinbarung befristet worden sei, sodaß nicht pauschal behauptet werden könne, daß sie allein zur Tilgung des Punktums bereits ca. 11 Jahre brauchen würde. Sie habe gezeigt, daß sie offene Forderungen bezahle, wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid ergebe. Hinsichtlich der Ratenzahlungsvereinbarung habe sie eine Teilzahlung von S 10.000,-- und die laufenden Raten geleistet. Daraus ergebe sich aber zwingend, daß ihre Persönlichkeit von der Art beschaffen sei, daß sie ihren Verbindlichkeiten auch nachkomme und sie bezahle. Daß sie für die Dauer eines halben Jahres eine niedrige Ratenzahlung leiste, könne keinen negativen Schluß auf ihre Persönlichkeit nach sich ziehen. Der Gläubiger hätte sicher einer solchen Ratenzahlung nicht zugestimmt, wenn er nicht annehmen würde, daß sie ihre Schuld begleiche. Zu berücksichtigen sei weiters, daß der Gläubiger eine Bank und Ziel der Kreditgewährung eben eine Finanzierung sei. Es könne keinem Gewerbetreibenden verboten werden, Finanzierungen in Anspruch zu nehmen. Würde jedem Gewerbetreibenden, der einen Kredit in Anspruch nehme, vorgeworfen werden, daß es ihm an liquiden Mitteln fehle, dürfte wohl niemand ein Gewerbe ausüben. Zusammenfassend habe sie daher unter Beweis gestellt, daß sie durchaus in der Lage sei, offene Forderungen zu begleichen, wobei sie hiezu auf die getroffenen Feststellungen verweise. Aus dem Umstand, daß sie eine Ratenzahlungsvereinbarung, die sie auch einhalte, getroffen habe, sei nicht zu schließen, daß es ihr an liquiden Mitteln fehle. Es müsse ihr als Schuldnerin in Übereinstimmung mit dem Gläubiger freistehen, Ratenvereinbarungen in der Höhe zu treffen, die ihr liquide Mittel lasse. Die Behörde habe daher den Sachverhalt unrichtig beurteilt, wenn sie zum gegenteiligen Schluß gekommen sei. Die Sachverhaltsfeststellungen seien insofern ergänzungsbedürftig, als die belangte Behörde es unterlassen habe, Kriterien, die eine Beurteilung ihrer Persönlichkeit ermöglichten, festzustellen. Sie habe in ihrer Berufung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie einerseits im Zusammenhang mit der Konkurseröffnung der vorbezeichenten Gesellschaft private Zahlungen geleistet habe, und andererseits versuche, ihre Geschäftsmöglichkeiten auszuloten und nicht blindlings ein Gewerbe beginne. Sowohl die Zahlungen sowie die konkrete Planung ihrer Zukunftschancen zeigten, daß ihre Persönlichkeit durchaus erwarten lasse, daß sie den Zahlungsverpflichtungen in Zukunft werde nachkommen können. Sie habe darauf hingewiesen, daß es ihr gelungen sei, geschäftliche Kontakte mit namhaften Unternehmen aufzubauen, die es ihr ermöglichen würden, als gewerbliche und kaufmännische Geschäftsführerin der MSCT Handelsgesellschaft m.b.H. ein Gewerbe zu betreiben. Wenn das Gesetz schon auf die Persönlichkeit Bedacht nehme, müßten auch diese Umstände Berücksichtigung finden. Darauf sei die belangte Behörde aber überhaupt nicht eingegangen. Sie habe zum Beweis für diese Ausführungen ihre Vernehmung angeboten. Unrichtig und aktenwidrig sei, daß sie eine Forderung von S 200.000,-- s.A. weiter gegen sich gelten lassen müsse. Mit dem Zahlungsbeleg von über S 10.000,-- habe sie eine Zahlung in dieser Höhe nachgewiesen. Sie habe auch noch die Kopie eines Zahlungsbeleges über S 1.500,-- vorgelegt. Darüber fehlten Feststellungen. Unrichtig und nicht nachvollziehbar sei auch die mit 11 Jahren geschätzte Dauer der Rückzahlung. Die Sachverhaltsfeststellungen reichten daher nicht aus, ihre Persönlichkeit im Hinblick auf die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen ausreichend zu beurteilen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausschluß von der Gewerbeausübung wegen Eröffnung des Konkurses oder zweimaliger Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird. Nach Abs. 2 hat die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zu dem Antrag auf Eröffnung des Konkurses oder zu den Anträgen auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der betreffenden juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes geführt haben und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird. Nach Abs. 3 gelten die Abs. 1 und 2 auch bei Ansuchen um Nachsicht von den im Abs. 1 oder 2 angeführten Ausschlußgründen zum Zwecke der Bestellung als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer; bei Beurteilung, ob die Nachsichtsvoraussetzungen gegeben sind, ist darauf abzustellen, ob der Nachsichtswerber den mit einer Gewerbeausübung, wie sie dem Gewerbe entspricht, für die er zum Geschäftsführer bestellt werden soll, verbundenen Zahlungspflichten nachkommen könnte.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/04/0169, unter Bezugnahme auf die dort weiters bezogene hg. Rechtsprechung zur Bestimmung des § 26 Abs. 1 GewO 1973 dargetan hat, ergibt sich aus dem Inhalt dieser Regelung, daß es sich um eine Rechtsvorschrift handelt, bei deren Vollziehung der Behörde kein Ermessen eingeräumt ist. Weiters erhellt aus der bezogenen Gesetzesstelle, daß die Frage, ob Nachsichtsvoraussetzungen vorliegen, in bezug auf die vom Nachsichtswerber beabsichtigte Gewerbeausübung zu prüfen ist, da nur dann der nach dem Inhalt der Bestimmung erforderliche konkrete Sachverhaltsbezug hergestellt ist. Ferner ergibt sich aus dem Wortlaut "wenn ... erwartet werden kann ...", daß keine Bedenken vorliegen dürfen, die eine derartige "Erwartung" ausschließen würden. Die im Gesetz definierte Erwartung setzt jedenfalls voraus, daß der Nachsichtswerber über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um seine mit der beabsichtigten Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten - und zwar bei Fälligkeit (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0020) - abdecken zu können. Des weiteren wurde in diesem Erkenntnis dargelegt, daß dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiert, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, was insbesondere auch auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 GewO 1973 insofern zutrifft, als die Feststellung der "nunmehrigen wirtschaftlichen Lage" notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzt.

Wie sich aus dem systematischen Zusammenhang der Bestimmungen des § 26 Abs. 1 und 2 ergibt, kann dem (kumulativen) Tatbestandsmerkmal des Abs. 2, wonach nach der Persönlichkeit der natürlichen Person die Erwartung gegeben sein muß, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird, kein von dem des Abs. 1 abweichender Regelungsinhalt beigemessen werden (vgl. hiezu auch die entsprechenden sachverhaltsbezogenen Darlegungen zur Bestimmung des § 26 Abs. 2 GewO 1973 im hg. Erkenntnis vom 18. April 1989, Zl. 89/04/0007; ferner die Darlegungen insbesondere auch in Ansehung des § 26 Abs. 3 GewO 1973 im hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0020).

Danach kann aber der belangten Behörde - auch wenn man davon ausgeht, daß der im angefochtenen Bescheid als im Zeitpunkt von dessen Erlassung noch offene Forderungsbetrag von S 200.000,-- durch die in der Beschwerde bezeichneten Ratenzahlungen vermindert wurde - eine rechtswidrige Gesetzesanwendung nicht angelastet werden, wenn sie zur Annahme gelangte, es könne nicht erwartet werden, daß die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über die zu den angestrebten Gewerbeausübungen erforderlichen "liquiden Mittel" im vordargestellten Sinn verfüge, zumal insbesondere auch in der Beschwerde bzw. in der zur Gegenschrift erstatteten Äußerung nicht näher konkretisiert wird, inwiefern die gegen die Beschwerdeführerin noch offene Forderung nach Ablauf des befristeten Ratenzahlungsübereinkommens zur Abdeckung gelangen könnte. Des weiteren vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner nachprüfenden Kontrolle auch unter Bedachtnahme auf das in diesem Zusammenhang gleichfalls nicht näher konkretisierte Beschwerdevorbringen über zukünftige geschäftliche Möglichkeiten der Beschwerdeführerin in Ansehung der von ihr angestrebten Gewerbeberechtigungen im Hinblick auf die vordargestellte diesbezüglich im Verwaltungsverfahren bestehende Mitwirkungspflicht des Nachsichtswerbers einen der belangten Behörde unterlaufenen relevanten Verfahrensmangel nicht zu erkennen. In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, daß, sofern sich die Beschwerde insofern auf eine im § 26 Abs. 3 GewO 1973 geregelte Geschäftsführertätigkeit bezieht, im angefochtenen Bescheid - antragsbezogen - ein auf diese Gesetzesstelle gegründeter Abspruch nicht erfolgte.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ermessen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992040207.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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