TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/17 W189 2212098-1

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Veröffentlicht am 17.05.2019
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Entscheidungsdatum

17.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
AVG §13 Abs7
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §52
FPG §55 Abs2
IntG §10 Abs2
IntG §11
IntG §9 Abs4
NAG §14a
NAG §81 Abs36
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W189 2117878-1/14E

W189 2212098-1/8E

BESCHLUSS

I.

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL über die Beschwerden von 1) XXXX (BF1), geb. XXXX , und

2) XXXX (BF2), XXXX geb., vertreten durch BF1, beide StA. der Ukraine, gegen die Spruchpunkte I. und II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2015, Zl. 1021562302-14711535 (BF1) und vom 11.12.2018, Zl. 1209298510-180968018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.03.2019:

A) Die Verfahren werden wegen Zurückziehung der Beschwerde

hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II.

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL über die Beschwerden von 1) XXXX (BF1), geb. XXXX , und 2) XXXX (BF2), XXXX geb., vertreten durch BF1, beide StA. der Ukraine„ gegen die Spruchpunkte III. bis IV (BF1) bzw. III-VI (BF2) der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2015, Zl. 1021562302-14711535 (BF1) und, Zl. 1209298510-190968018, vom 11.12.2018 (BF2), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.03.2019 zu Recht:

A)

I. Den Beschwerden wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005, iVm § 9 Abs. 2 und Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, auf Dauer unzulässig ist.

II. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, iVm § 9 und § 10 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I. Nr. 68/2017, wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" und XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung "jeweils in der Dauer von einem Jahr erteilt.

III. Die Spruchpunkte IV. (hinsichtlich der BF1) bzw. die Spruchpunkte IV bis VI (hinsichtlich des BF2) werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden BF1), Staatsangehörige der Ukraine, reiste im Juni 2014 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden BF2) ist ihr in Österreich am 04.10.2018 geborenes Kind, für welches BF1 als dessen gesetzliche Vertreterin am 11.10.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 09.11.2015, Zl.1021562302-14711535, den Antrag der BF1 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Gleichzeitig wurde ihr kein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 gewährt und gemäß 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Dagegen brachte die BF1 fristgerecht eine Beschwerde ein. Am 30.11.2015 langte der bezughabende Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

3. Am 04.10.2018 wurde XXXX (BF2) in Mödling geboren. Er ist ukrainischer Staatsangehöriger und der gemeinsame Sohn der BF1 und des armenischen Staatsangehörigen XXXX (vgl. OZ 9). Am 11.10.2018 brachte BF1 als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen BF2 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 17 AsylG ein und verwies auf ihre geltend gemachten Fluchtgründe.

Das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 11.12.2018 diesen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkte I und II). In Spruchpunkt III. wurde BF2 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF2 in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte III-VI).

Dagegen brachte die BF1 als gesetzliche Vertreterin fristgerecht eine Beschwerde ein und langte der bezughabende Verwaltungsakt am 03.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

4. Mit Schreiben vom 08.01.2019 wurden die Beschwerdeführer und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht für den 05.03.2019 geladen.

Ein informierter Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hat an der Verhandlung nicht teilgenommen.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.03.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei welcher unter anderem auch die Integration der Beschwerdeführer, die sich seit annähernd fünf Jahren in Österreich aufhalten, im Vordergrund stand.

Zum Beweis ihrer Integration legte die BF1 folgende Dokumente vor:

ÖSD Zertifikat A2 über die sehr gut bestandene Prüfung vom 30.06.2017.

Zeugnis des Österreichischen Integrationsfond vom 09.07.2018 betreffend die Ablegung einer Integrationsprüfung (Werte und Orientierungskurs).

Zeugnis des Österreichischen Integrationsfond vom 13.08.2018 betreffend die erfolgreiche Ablegung der Integrationsprüfung B1.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung zog die Erstbeschwerdeführerin aus freien Stücken ihre Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. zurück. Mit Schreiben vom 11.04.2019 zog die BF1 als gesetzliche Vertreterin die Beschwerde des mj. Zweitbeschwerdeführers gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides zurück. Die Beschwerden gegen die restlichen Spruchpunkte wurden jedoch ausdrücklich aufrechterhalten.

2. Zu den Beschwerdeführern:

1. Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine. Die BF1 ist seit Juni 2014 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Am 04.10.2018 wurde BF2 in Mödling geboren. BF2 ist das gemeinsame Kind der BF1 und ihrem (Im Akt namentlich genannten) Lebensgefährten, einem armenischen Staatsangehörigen, der sich seit dem Jahr 2003 rechtmäßig mit fortlaufenden Niederlassungsbewilligungen im Bundesgebiet aufhält.

Die Beschwerdeführerin befindet sich derzeit in der Grundversorgung des Bundes.

Die BF1 hat in Österreich die deutsche Sprache erlernt und verfügt nach dem gewonnenen Eindruck in der Beschwerdeverhandlung über hervorragende Deutschkenntnisse. Die BF1 hat im Heimatland bereits eine medizinische Ausbildung erhalten und plant nunmehr sich als Pflegehelferin im Bundesgebiet ausbilden zu lassen, um in weiterer Folge beispielsweise in der Altenhilfe tätig zu werden. Konkret plant sie im Juni das B2 Zertifikat in Deutsch zu erwerben und in weiterer Folge an einem zweijährigen Lehrgang an einer Schule für Gesundheits-und Pflegeberufe teilzunehmen. Sie ist bemüht nach Beendigung ihrer Ausbildung Arbeit zu bekommen und damit ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen.

Die Beschwerdeführerin hat sich während ihres nahezu fünfjährigen Aufenthaltes in Österreich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut und ist als in ihrem Lebensumfeld sozial integriert anzusehen.

Festgestellt werden kann weiters, dass die BF1 strafgerichtlich unbescholten ist.

Die Beschwerdeführerin zog im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides, mit welchen der Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen worden war (Spruchpunkt II.) zurück, womit diese Spruchpunkte in Rechtskraft erwuchsen. Mit Schreiben vom 11.04.2019 zog die BF1 als gesetzliche Vertreterin die Beschwerde des mj. Zweitbeschwerdeführers gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides zurück.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die Verwaltungsakten der belangten Behörde, durch Einvernahme der Beschwerdeführerin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.03.2019 sowie Einsichtnahme in die im Laufe des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Beweismittel.

Die Deutschkenntnisse der BF1 ergeben sich aus den vorgelegten Sprachdiplomen-Niveau B1, weiteren Kursbesuchsbestätigungen sowie dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in der sich die BF1 mühelos in deutscher Sprache verständigte.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus dem aktuell eingeholten Strafregisterauszug.

Die BF1 und ihr im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigter Lebensgefährte sind die Eltern von XXXX (BF2), geb. am 04.10.2018, welcher mit der BF1 und dem Vater in einem gemeinsamen Haushalt leben.

In Österreich dauerhaft und rechtsmäßig aufhältig befinden sich zudem die Großeltern und eine Tante des minderjährigen BF2, mit welchen der BF2 regelmäßig Kontakt hat. Mit ihrem Lebensgefährten, der über einen Aufenthaltstitel gemäß § 49a Abs. 9 NAG ("Rot-Weiß-Rot - Karte plus") verfügt, leben die Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt und werden von diesem auch finanziell unterstützt.

In der Heimatstadt Donetzk leben noch die Eltern bzw. Großeltern sowie Geschwister bzw. Tanten der BF. BF1 hat zu diesen Verwandten sporadisch Kontakt.

Die BF1 absolvierte in der Ukraine eine elfjährige Schulausbildung und besuchte im Anschluss eine medizinische Fachschule um sich als Hebamme ausbilden zu lassen. Aktuell plant sie im Bundesgebiet an einem zweijährigen Lehrgang an einer Schule für Gesundheits-und Pflegeberufe teilzunehmen.

Die BF1 spricht bereits sehr gut Deutsch, die gesamte Verhandlung konnte nahezu ohne Beiziehung der Dolmetscherin durchgeführt werden. Die BF1 absolvierte bereits Deutschprüfungen auf der Niveaustufe A2 und B1. Weiters absolvierte sie am 09.07.2018 den Werte- und Orientierungskurs des österreichischen Integrationsfonds. Die BF leben von den Leistungen der Grundversorgung und werden darüber hinaus finanziell von ihrem Lebensgefährten bzw. Vater unterstützt. Dieser geht einer regelmäßigen Beschäftigung nach und verfügt über eine Eigentumswohnung in welcher die BF auch gemeinsam wohnhaft sind. Die BF1 und deren Lebensgefährte hinterließen im Rahmen der Beschwerdeverhandlung einen sehr vertrauten Eindruck. Der Lebensgefährte ist bereit und fähig für den Lebensunterhalt seiner jungen Familie aufzukommen. Die BF1 selbst ist äußerst bestrebt, durch eigene Arbeit ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen.

Festgestellt werden kann, dass die BF1 aktiv um Integration bemüht ist und dabei bereits erfolgreich war.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu I.)

3.1.1. § 7 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018 (im Folgenden: VwGVG), normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheids ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen und die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, § 7 VwGVG, Rz 20; Eder/Martschin/Schmid,

Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 7 VwGVG, K 5 ff.).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zu Berufungen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 63, Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.1.2. Eine solche Erklärung liegt im vorliegenden Fall vor, weil die Beschwerdeführer die Zurückziehung der Beschwerden im Rahmen der Beschwerdeverhandlung bzw. mittels Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters klar zum Ausdruck gebracht haben; einer Sachentscheidung durch das Gericht ist damit die Grundlage entzogen.

Die Beschwerdeverfahren sind daher mit Beschluss einzustellen (vgl. dazu VwGH 29.04.2015, 2014/20/0047, wonach aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG hervorgeht, dass eine bloß formlose Beendigung [etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes] eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dass bei einer Beschwerdezurückziehung keine Sachentscheidung durch das Gericht mehr getroffen werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

3.2. Zu II.)

3.2.1. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 leg.cit. von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wurde.

§ 55 AsylG 2005 lautet:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ,Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen."

§ 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, lautet auszugsweise:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

[...]"

3.2.2. Vor dem Hintergrund der in § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist in der gegenständlichen Rechtssache der Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. das Urteil des EGMR vom 22. Juli 2010, P.B. und J.S. gegen Österreich, Beschwerdenr. 18984/02, Randnrn. 27ff, mit Verweis unter anderem auf das Urteil des EGMR vom 26. Mai 1994, Keegan v. Ireland, Beschwerdenr. 16969/90; vgl. auch die im hg. Erkenntnis vom 26. April 2010, Zl. 2006/01/0354, zitierte Rechtsprechung des EGMR) (VwGH 16.12.2010, 2007/01/0388).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8. 4. 2008, Nnyanzi gg. das Vereinigte Königreich, Appl. 21.878/06; 4. 10. 2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9. 10. 2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16. 6. 2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Wie festzustellen war, führt die BF1 seit dem Jahr 2014 eine Lebensgemeinschaft mit einem im Bundesgebiet seit dem Jahr 2003 aufenthaltsberechtigten armenischen Staatsangehörigen, mit dem sie seit diesem Zeitraum in gemeinsamen Haushalt lebt. Es gibt keine Hinweise, dass es sich bei dem geführten Familienleben um ein solches geringerer Intensität handelt (vgl. etwa AsylGH 11.7.2011, A2 410.936-3/2011/10E).

Wenn auch zu berücksichtigen ist, dass das gegenständliche Familienleben zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als der Aufenthaltsstatus der BF jedenfalls unsicher war (vgl auch etwa EGMR, 28.06.2011, Nunez v Norwegen, Rs 55597/09, Rz 70 letzter Satz), ist dem zu entgegnen, dass der Lebensgefährte bzw. Vater im Bundesgebiet dauerhaft aufenthaltsberechtigt ist. Eine Weiterführung des Familienlebens der BF mit dem Genannten in der Ukraine wäre nur erschwert möglich, da dieser hier über entsprechende soziale, familiäre und gesellschaftliche Kontakte verfügt. Überdies bleibt festzuhalten, dass auch die lange Dauer ihres Beschwerdeverfahrens, hervorgerufen durch seit dem Jahr 2015 überbordend hohen Anzahl an Asylverfahren, ihnen dabei nicht zugerechnet werden kann; insbesondere setzten die BF, insb. BF1, keine verfahrensobstruierenden Handlungen, sodass ihnen die Dauer des Verfahrens nicht angelastet werden kann (vgl. VfGH 03.10.2013, U 477/2013; VfGH vom 21.02.2014, U 2552/2013; VfGH 06.06.2014, U 145/2014).

Die erkennende Richterin konnte sich darüber hinaus im Rahmen der Beschwerdeverhandlung persönlich vom Integrationsgrad der Beschwerdeführerin in Österreich überzeugen. Die Beschwerdeführerin bemühte sich im Zuge ihres bisherigen Aufenthalts sichtlich um die Erlernung der deutschen Sprache und brachte ein Zertifikat über die Absolvierung einer Deutschprüfung der Stufe B1 in Vorlage. Ebenso betonte sie ihren Wunsch, künftig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und derart ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können. Dieser Eindruck wird durch die vorgelegten Unterlagen unterstrichen, aus welchen sich die Bemühungen der BF1 hinsichtlich des Erlernens der deutschen Sprache ergeben.

Aus den Angaben der BF1 und ihres Lebensgefährten ergibt sich, dass sich die BF1 um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht zeigt und im Bundesgebiet, insbesondere in der Familie des Lebensgefährten bzw. Vaters Freundschaften und Bekanntschaften geknüpft hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nehmen die persönlichen Interessen des Fremden an seinem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer seines bisherigen Aufenthalts zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001).

Die BF1 hält sich zuletzt seit Juni 2014 durchgehend, somit seit nahezu fünf Jahren in Österreich auf.

Die Aufenthaltsdauer der BF1 ist somit nicht mehr als "eher kürzer" zu bewerten und verstärkt daher grundsätzlich ihr Interesse am Verbleib. Von der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshofs entwickelten Judikatur, die bei einem über zehnjährigen Aufenthalt (sofern diese Dauer nicht durch gewisse Umstände relativiert wird) regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich ausgeht, ist die Länge des Aufenthalts der BF1 noch nicht als solche zu bewerten, dass diese das Interesse des Verbleibs zum Überwiegen bringen würde oder die Aufenthaltsdauer in ihrer Gesamtheit nicht hinreichende Privatinteressen am Verbleib maßgeblich aufwerten könnten. Der bisherige Aufenthalt der BF war aufgrund des laufenden Verfahrens betreffend ihres Antrages auf internationalen Schutz seit zumindest Juni 2014 rechtmäßig.

Die BF1 reiste im Juni 2014 illegal in Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Die BF1 ist seitdem aufgrund von Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz durchgehend legal im Bundesgebiet aufhältig.

Am 04.10.2018 wurde BF2 in Mödling geboren. BF2 ist das gemeinsame Kind der BF1 und ihrem (Im Akt namentlich genannten) Lebensgefährten, einem armenischen Staatsangehörigen, der sich seit dem Jahr 2003 rechtmäßig mit fortlaufenden Niederlassungsbewilligungen im Bundesgebiet aufhält.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vermochte sich das Bundesverwaltungsgericht davon zu überzeugen, dass die BF1 über gute Deutschkenntnisse verfügt, deren Selbsterhaltungsfähigkeit infolge ihrer aufenthaltsrechtlichen Stellung bislang scheiterte und die BF infolge der Dauer des Asylverfahrens Bindungen zum Bundesgebiet aufgebaut haben. Weiters vermochte BF1 glaubhaft zu machen, dass sie gewillt ist zu versuchen, aus eigenen Kräften für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und dies auch künftig tun und sich so weiterhin in die österreichische Gesellschaft und insbesondere auch am österreichischen Arbeitsmarkt integrieren wird. Für den Fall, dass BF1 in Österreich ein Aufenthaltsrecht erhält, plant sie eine Ausbildung zu einem Pflegeberuf, was auch ihr Bestreben nach Selbsterhaltungsfähigkeit belegt.

Die BF1 erlernte die deutsche Sprache, die sie mittlerweile auf dem Niveau B1 beherrscht. Zwar beziehen die Beschwerdeführer nach wie vor Leistungen aus der Grundversorgung, doch konnte BF1 das erkennende Gericht von ihrem Bestreben nach einer eigenständigen Lebensgrundlage überzeugen. Die BF1 bemühte sich im Zuge ihres bisherigen Aufenthaltes sichtlich um die Erlernung der deutschen Sprache. So hat die BF1 nach erfolgreichem Abschluss der A2 Prüfung für einen Deutsch B1.1-Kurs angemeldet und auch diesen erfolgreich abgeschlossen. Die BF1 nimmt derzeit an einem Deutsch B2-Kurs teil und ist geplant im Juni die Prüfung dazu abzulegen. Tatsächlich spricht die BF1 die deutsche Sprache bereits auf einem weit höheren Niveau, wovon sich die erkennende Einzelrichterin auch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung persönlich überzeugen konnte.

Insgesamt kann im Falle der BF, insbesondere hinsichtlich BF1 neben dem im Österreich bestehenden familiären Bezug von einer ausreichenden Integration ausgegangen werden. Wie dargestellt, beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Da somit das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der beschwerdeführenden Partei im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt, war in Erledigung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid eine die BF betreffende Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig zu erklären.

Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in diesem vorliegenden Beschwerdefall die privaten Interessen der BF angesichts der erwähnten Umstände in ihrer Gesamtheit die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens. Eine Rückkehrentscheidung gegen die BF würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK erweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zu dem Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die BF unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Privatlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es ist daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen die BF auf Dauer unzulässig ist.

3.2.3. § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 idgF, mit der Überschrift "Modul 1 Integrationsvereinbarung" lautet:

"(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1."

§ 10 Abs. 2 IntG mit der Überschrift "Modul 2 der Integrationsvereinbarung" lautet:

"Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 12 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet "Deutsch - Kommunikation und Gesellschaft" im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,

6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach "Deutsch" nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,

7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder

8. mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt."

§ 12 Abs. 2 und Abs. 3 IntG mit der Überschrift "Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 2" lauten:

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte Kenntnisse der deutschen Sprache zur selbständigen Sprachverwendung auf dem Sprachniveau B1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über vertiefte Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 2 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen."

§ 11 IntG lautet:

Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1

§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab durchgeführt.

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen.

(4) Über die Gleichwertigkeit eines Nachweises gemäß § 9 Abs. 4 Z 2 entscheidet der Österreichische Integrationsfonds mit Bescheid auf schriftlichen Antrag einer Einrichtung, die beabsichtigt die Integrationsprüfung durchzuführen, nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres gemäß Abs. 5.

(5) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 sowie die Kriterien für die Prüfung der Gleichwertigkeit werden durch Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.

(6) Der Österreichische Integrationsfonds kann die Zertifizierung während der Gültigkeit mit Bescheid entziehen, wenn die Integrationsprüfung nicht der Verordnung gemäß Abs. 5 entspricht. Nach einem Entzug der Zertifizierung ist eine neuerliche Antragstellung zur Zertifizierung frühestens nach Ablauf von sechs Monaten zulässig.

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.

Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl. I Nr. 68/2017) lauten:

Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt,

[...]

Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 sowie über Nachweise gemäß Abs. 4 Z 2 hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen (§ 14a Abs. 6 NAG).

Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Integrationsvereinbarungs-Verordnung, BGBl II Nr. 449/2005 bestimmt Folgendes:

§ 7 (1) Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.

(2) Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Nivau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.

Der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" unterscheidet sich von der "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 nur in Bezug auf die Berechtigung zur Ausübung von Erwerbstätigkeiten, und zwar dahin, dass die "Aufenthaltsberechtigung" insoweit weniger Rechte einräumt. Statt wie bei der "Aufenthaltsberechtigung plus", die einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt iSd § 17 AuslBG vermittelt, besteht nämlich für die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit das Erfordernis einer Berechtigung nach dem AuslBG.

In seinem Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/210203, betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (nunmehr §§ 9 ff Integrationsgesetz) eine formalistische Sichtweise anzuwenden sei und die Vorlage eines der in § 9 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung (aF) aufgezählten Zertifikate nicht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ersetzt werden könne.

Im gegenständlichen Fall verfügt die BF1 über ein Zeugnis "ÖSD Zertifikat A2" vom 23.03.2016 und über ein Zeugnis des ÖIF hinsichtlich der Absolvierung der Prüfung B1" vom 13.08.2018 sowie über ein Zeugnis des Österreichischen Integrationsfond vom 09.07.2018 betreffend die Ablegung einer Integrationsprüfung (Werte und Orientierungskurs), weshalb sie das Modul 2 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14b NAG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat und ihr eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen ist.

Dem minderjährigen, im Säuglingsalter befindlichen BF2, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Da die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG im Falle der BF in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzuständigkeit von sie betreffenden Rückkehrentscheidungen gegeben sind war den BF eine "Aufenthaltsberechtigung plus" bzw. eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen. Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karten fällt unter die Kompetenz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Da mit der Zuerkennung der Aufenthaltsberechtigungen die rechtlichen Voraussetzungen für die Erlassung des Spruchpunktes IV. (hinsichtlich der BF1) bzw. der Spruchpunkte IV bis VI (hinsichtlich des BF2) der angefochtenen Bescheide wegfallen, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Abschiebung, Asylantragstellung, Asylverfahren,
Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltstitel, Beschwerdezurückziehung,
ersatzlose Behebung, Familienverfahren, freiwillige Ausreise, Frist,
Integration, Interessenabwägung, Kassation, mündliche Verhandlung,
öffentliche Interessen, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig,
Spruchpunktbehebung, subsidiärer Schutz, Wegfall des
Rechtschutzinteresses, Wegfall rechtliches Interesse, Zurückziehung,
Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W189.2212098.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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