TE Lvwg Erkenntnis 2019/6/25 VGW-001/016/5873/2019

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Entscheidungsdatum

25.06.2019

Index

95/02 Maßrecht Eichrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

MEG §25 Abs3
VStG §9 Abs2
VStG §27 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter MMag. Dr. Böhm-Gratzl über die Beschwerde des Dr. A. B., C.-straße, D., BR Deutschland, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, vom 23.4.2019 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 20.3.2019, Zl. …, betreffend eine Übertretung des § 63 Abs. 1, § 27 und § 25 Abs. 3 Maß- und Eichgesetz – MEG, BGBl. Nr. 152/1950, idF BGBl. I Nr. 72/2017 iVm § 9 Abs. 1 und 3, § 12 Abs. 1 und Anhang 2 der Fertigpackungsverordnung 1993 – FPVO, BGBl. Nr. 867, idF BGBl. II Nr. 115/2009

zu Recht:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und wird das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 20.3.2019 wurde dem Beschwerdeführer wie folgt zur Last gelegt:

„Sie haben es als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 3/2008, der E. GmbH, Firmenbuchnummer: …, mit Sitz in Wien, F.-straße, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Importeurin am 19.10.2017 um 09:20 Uhr in ihrem Handelsgewerbebetrieb in 6460 K., Industriezone 29, insofern gegen die Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes in Verbindung mit der Fertigpackungsverordnung verstoßen hat, als anlässlich einer in den Lagerräumlichkeiten von Organen des Eichamtes G. an 100 von 2152 Packungen ‚Buchenholzbriketts‘ zu je 10000 Gramm Nennfüllmenge, Chargennummer: EAN: …, Hersteller laut Aufschrift auf der Packung: H.; www.h.gmbh.eu, durchgeführten amtlichen Füllmengenkontrolle festgestellt wurde, dass 19 der genannten 100 Packungen die zulässige Minusabweichung von der Nennfüllmenge (9850 Gramm) überschritten haben - somit eine Nennfüllmenge von weniger als 9850 Gramm aufwiesen, obwohl maximal 6 von 100 Packungen die zulässige Minusabweichung von der Nennfüllmenge überschreiten dürfen.“

(Unkorrigiertes Originalzitat)

Hiedurch habe der Beschwerdeführer § 63 Abs. 1, § 27 und § 25 Abs. 3 MEG iVm § 9 Abs. 1 und 3, § 12 Abs. 1 und Anhang 2 FPVO verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe iHv EUR 350,– bzw. für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von acht Stunden verhängt. Zugleich wurde ausgesprochen, dass die E. GmbH für die verhängte Geldstrafe sowie sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.

Hiegegen richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde des – anwaltlich vertretenen – Beschwerdeführers vom 23.4.2019, in welcher – mit näherer Begründung – begehrt wird, der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu eine Ermahnung zu erteilen, in eventu die Strafhöhe herabzusetzen. Zugleich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht (einlangend am 26.4.2019) vor.

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen brachte mit hg. Eingabe vom 27.5.2019 eine Stellungnahme ein, in welcher – zusammengefasst – die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde begehrt wird.

Das Verwaltungsgericht Wien stellt den folgenden – entscheidungserheblichen – Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer ist seit dem 27.6.2017 verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG der E. GmbH mit Sitz in Wien, F.-straße.

Das Eichamt G. führte am 19.10.2017 eine amtliche Füllmengenkontrolle in den Lagerräumlichkeiten jenes Unternehmens in K., Industriezone, durch. Dabei wurde von den einschreitenden Organen festgestellt, dass 19 von 100 Packungen „Buchenholzbriketts“ zu je 10.000 Gramm Nennfüllmenge (Chargennummer: EAN: …) eine Nennfüllmenge von weniger als 9.850 Gramm aufweisen.

Zur Beweiswürdigung:

Die Eigenschaft des Beschwerdeführers als verantwortlicher Beauftragter geht zweifelsfrei aus der Bestellungsurkunde vom 27.6.2017 hervor (siehe AS 19 des vorgelegten Verwaltungsaktes) und wurde nicht bestritten.

Die übrigen Feststellungen gründen sich auf der verfahrenseinleitenden Anzeige (siehe AS 2 des vorgelegten Verwaltungsaktes) und blieben in diesem Umfang ebenfalls unstrittig. In gegenständlicher Beschwerde wird alleine eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes releviert.

Der hier entscheidungserhebliche Sachverhalt steht somit fest.

Das Verwaltungsgericht Wien hat hiezu erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht stets in der Sache selbst zu entscheiden.

Auch in – wie hier – Verwaltungsstrafverfahren richtet sich der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich nach § 27 VwGVG. In diesem Rahmen ist das Verwaltungsgericht auch befugt, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die im Beschwerdeschriftsatz nicht vorgebracht wurden (vgl. etwa VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077). Die Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides ist ex lege in jedem Fall beachtlich.

Für den vorliegenden Fall folgt hieraus:

Eine Verwaltungsübertretung gemäß § 27 Abs. 1 VStG wird dort begangen, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (§ 2 Abs. 2 VStG). Bei Delikten von – wie gegenständlich – juristischen Personen kommt es dabei vielfach auf den Sitz der Unternehmensleitung an, wobei jedoch auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen ist (vgl. bspw. VwGH 6.7.2006, 2005/07/0118; 15.9.2011, 2009/07/0180 ua.). Demnach ist für die Feststellung der örtlichen Zuständigkeit im konkreten Fall das Tatbild, also die Art des Deliktes, zu klären.

Gemäß § 25 Abs. 3 MEG müssen Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge, wenn sie erstmals gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden, eine Füllmenge enthalten, die zu diesem Zeitpunkt eine nach § 27 leg. cit. festgelegte Minusabweichung nicht überschreitet. Gemäß § 9 Abs. 1 der – auf Grund von § 27 MEG erlassenen – FPVO ist die zulässige Minusabweichung bei einer Nennfüllmenge von 1.000 bis 10.000 Gram mit 15% festgelegt. Nach § 12 Abs. 1 leg. cit. ist der Hersteller oder der Importeur dafür verantwortlich, dass die Fertigpackungen den Vorschriften der FPVO entsprechen. Gemäß § 63 Abs. 1 MEG ist das Zuwiderhandeln gegen Bestimmungen des MEG oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen grundsätzlich von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu EUR 10.900,– zu ahnden.

Bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich demnach aus hg. Sicht um ein Begehungsdelikt, zumal jenes durch ein aktives Tun verwirklicht wird (zum Inverkehrbringen von nicht den Vorschriften entsprechenden Lebensmitteln siehe etwa VwGH 24.10.2018, Ra 2017/10/0169; zum Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels siehe etwa VwGH 23.10.2014, 2011/07/0202; zum Inverkehrbringen eines die Grenzwerte überschreitenden Düngemittels vgl. zB VwGH 21.6.2007, 2006/07/0118).

Tatort eines Begehungsdeliktes ist jener Ort, an dem die verpönte Handlung gesetzt wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass für die Verwaltungsübertretung ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG einzustehen hat. Begehungsdelikte werden nicht dadurch zu Unterlassungsdelikten, dass ein verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift verantwortlich ist (vgl. VwGH 29.5.1995, 94/10/0173; 24.7.2014, 2012/07/0129).

Beim „Inverkehrbringen“ einer Fertigpackung iSd § 25 Abs. 3 MEG ist aus hg. Sicht jener Ort als Tatort auszumachen, von dem aus die Packung ausgeliefert wird (zum Inverkehrbringen von Lebensmitteln vgl. abermals VwGH 24.10.2018, Ra 2017/10/0169; zum Lagerort eines Pflanzenschutzmittels als Ort des „Inverkehrbringens“ vgl. erneut VwGH 23.10.2014, 2011/07/0202).

Daraus folgt, dass der Tatort der in concreto interessierenden Verwaltungsübertretung in K., Industriezone, gelegen ist. Gemäß § 26 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 VStG ist sohin zur verwaltungsstrafrechtlichen Ahndung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat nicht der Magistrat der Stadt Wien, sondern die Bezirkshauptmannschaft K. in erster Instanz berufen und wurde die verfahrenseinleitende Anzeige ursprünglich – korrekter Weise – auch an jene gerichtet (siehe AS 2 des vorgelegten Verwaltungsaktes).

Indem der Magistrat der Stadt Wien mit Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses eine Zuständigkeit für sich in Anspruch genommen hat, die ihm nicht zusteht, wurde jenes Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet, sodass – ohne Eingehen auf das Beschwerdevorbringen – schon alleine deshalb spruchgemäß zu entscheiden war (vgl. etwa VwGH 29.10.2015, Ro 2015/07/0019; 25.5.2016, Ra 2015/06/0095).

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Zum Revisionsausspruch:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal es – soweit hg. ersichtlich – an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den hier entscheidungserheblichen Bestimmungen des MEG sowie der FPVO, v.a. zur Qualifikation als Begehungsdelikt und der Definition des „Inverkehrbringens“ in diesem Zusammenhang, fehlt.

Schlagworte

Verantwortlicher Beauftragter; Inverkehrbringen; Tatort; Begehungsdelikt; Zuständigkeit, örtliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.001.016.5873.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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