TE Lvwg Erkenntnis 2019/6/11 LVwG-2019/22/1005-3

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Veröffentlicht am 11.06.2019
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Entscheidungsdatum

11.06.2019

Index

L82007 Bauordnung Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2018 §46 Abs1
AVG §59
VStG §44a
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.04.2019, *****, betreffend das Objekt Z, Adresse 1, Gp **1 KG Z, wegen Übertretung der Tiroler Bauordnung 2018

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 03.04.2019 wurde dem Beschuldigten wie folgt zu Last gelegt:

„Mit Bescheid des Bürgermeisters Z vom 07.08.2017, Zahl GZl. *****, wurde Ihnen als Eigentümer des Grundstückes Gst. Nr. **1 Kg Z gemäß § 39 Abs 1 TBO 2011 (alte Bestimmung, nunmehr § 46 Abs 1 TBO 2018) die Beseitigung der widerrechtlich errichteten Mauer an der südöstlichen Seite des Grundstückes **1 und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes binnen zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides aufgetragen.

Die widerrechtlich errichtete Mauer wurde bis zum heutigen Tage weder beseitigt noch wurde der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt.

Sie sind zumindest in der Zeit vom 26.09.2018 bis 08.04.2019 einem Auftrag nicht nachgekommen, mit dem Ihnen nach § 46 Abs 1 TBO die Beseitigung der baulichen Anlage und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufgetragen wurde. Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 67 Abs 1 lit n) Ziffer 1 Tiroler Bauordnung 2018 begangen und wird hiefür über Sie gem. § 67 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von €  600,-- verhängt, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 100 Stunden tritt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 € 60,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (10 % der Strafe) zu bezahlen.“

(…)“

Begründend dazu führte die Behörde aus:

„Mit Schreiben vom 12.07.2018 wurde gegen den Beschuldigten eine Strafverfügung erlassen, da er es unterlassen hat, die mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 07.08.2017, Zahl ***** auferlegte Verpflichtung umzusetzen.

Gegen diese Strafverfügung hat der Beschuldigte Einspruch erhoben.

1.   Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 09.04.2018 wurde die Bezirkshauptmannschaft Y von der Gemeinde Z über folgenden Umstand informiert:

Mit Bescheid der Gemeinde Z vom 06.05.2014 wurde den Bauwerbern AA – BB (Lebensgefährtin und Miteigentümerin) auf der GP. **1 die Errichtung eines Einfamilienhauses genehmigt. Diesem Baubescheid ging ein Bebauungsplan voraus, der an der süd-östlichsten Grundstücksgrenze im Abstand von 2 m eine Bebauung jeglicher Art untersagt. Anlässlich einer Begehung am 08.06.2017 wurde festgestellt, dass diese Auflage nicht eingehalten wurde und bis an die Grundstücksgrenze eine Korbsteinmauer ragt. Mit Bescheid vom 07.08.2017 verfügte der Bürgermeister der Gemeinde Z, dass die im Abstandsbereich errichtete Korbsteinmauer zu entfernen sei. AA – BB meldeten mit Schreiben vom 29.09.2017 den Vollzug. Bei einer Nachschau am 06.04.2018 wurde festgestellt, dass das Bauwerk nicht nur nicht entfernt, sondern in einem Bereich sogar ausgebaut wurde.

(…)“

In dem, dem Straferkenntnis vorangegangenen, Verfahren erstattete der Beschwerdeführer gemeinsam mit BB am 04.06.2018 im Rahmen einer Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft eine Stellungnahme, in welcher sie zusammengefasst vorbrachten, dass der Baubehörde der bescheidmäßig erfolgte Abriss, der als Windfang dienenden Mauer, mitgeteilt und seitens der Behörde kein weiterer Abbruch gefordert worden sei. Man habe sogar den Bau eines Carport-Schuppens bewilligt. Laut Auskunft der für die Gemeinde Z zuständigen Juristin am Amt der Tiroler Landesregierung sei eine Hangbefestigung mit Pflanzsteinen baurechtlich einer Befestigung mit bewehrter Erde gleichzusetzen. Es bedürfe daher keiner baurechtlichen Anzeige/Genehmigung. Der Beschwerdeführer und BB hätten mit dem Setzen der erwähnten Pflanzsteine keine sogenannte „bauliche Anlage“ iSd TBO 2011 entlang der süd-östlichen Grundstücksgrenze errichtet. Solche seien vom Geltungsbereich der TBO 2011 ausgenommen. Die Pflanzensteine seien einerseits von den Parteien selbst angebracht worden, zumal keine besonderen bautechnischen Kenntnisse erforderlich seien, andererseits sei dadurch keine Veränderung des Geländes vorgenommen worden, sondern der bestehende Geländeverlauf in seinem ursprünglichen Verlauf belassen. Die „Geländeniveaubelassung“ entspreche daher der im Bescheid der Baubehörde vom 07.08.2017 zitierten Erläuterung des CC, Ingenierkonsulent zum Bebauungsplan „DD vom 19.12.2013“, in dem festgehalten worden sei, dass keine Geländeveränderung zulässig sei.

Daraufhin erließ die Bezirkshauptmannschaft Y am 12.07.2018 eine Strafverfügung (Strafe Euro 600 gemäß § 67 Abs 1 lit a TBO 2018).

Dagegen erhob der Beschuldigte am 03.08.2018 Einspruch und brachte zusammengefasst vor, er habe nicht gegen die Vorschrift § 67 Abs 1 lit a TBO 2018 verstoßen. Die Strafverfügung sei sachlich falsch und beruhe auf unrichtigen Angaben der Gemeinde Z, zumal diese behaupten würden, der Abbruchbescheid sei nicht erfüllt worden und seien gegenüber der Gemeinde wahrheitswidrige Angaben gemacht worden. Mit Bescheid vom 07.08.2017 habe die Gemeinde im Spruch die „Beseitigung der widerrechtlich errichteten Mauer an der süd-östlichen Seite des Grundstücks“ gefordert. Fakt sei jedoch, dass an die süd-östliche Ecke des Hauses eine Mauer aus Ziegeln gemauert worden sei, weswegen die Gemeinde gegen diese ohne Ansuchen errichtete Mauer einen Abbruchbescheid erlassen habe. Aufgrund dessen hätte der Beschwerdeführer und Frau BB den in den zwei-Meter Bereich hineinragenden Teil wieder abgerissen, den fraglichen Hauptteil der Mauer somit genehmigungsfähig gemacht und zusammen mit dem Baugesuch „Carport“ am 17.08.2017 zur Genehmigung eingereicht, welche am 11.09.2017 erteilt worden sei. Mit Schreiben vom 29.09.2017 sei sodann dem Bauamt gegenüber fristgemäß schriftlich bestätigt worden, dass das im Abrissbescheid im süd-östlichen Grundstück bezeichnete Mauerteil, welches in den zwei-Meter Bereich hineinrage, bis auf das Fundament abgerissen worden sei. Im Abrissbescheid der Gemeinde Z sei stets im Singular von einer Mauer die Rede, nirgends stehe etwas von Böschungssicherung, Pflanzsteinen oder Korbsteinen. Aus diesem gehe nicht hervor, dass die Gemeinde auch die Entfernung der Pflanzsteine meine. Aus der Abrissbestätigung gehe überdies eindeutig hervor, dass nur der in den zwei-Meter Bereich hineinragende Mauerteil abgerissen worden sei. Auf diese Bestätigung habe es keine Nachfrage und keine Kontrolle gegeben.

Mit Schreiben vom 24.10.2018 teilte die Landesvolksanwältin mit, dass bei Durchsicht der Unterlagen, insbesondere des zu vollstreckenden Bescheides, aufgefallen sei, dass der Spruch äußerst unbestimmt verfasst worden sei. Es sei die Rede von einer widerrechtlich errichteten Mauer an der südöstlichen Seite des Grundstückes. Tatsächlich habe hier eine Mauer, welche als Windfang gedient habe, im 2 m Bereich existiert, diese sei jedoch von den Grundstückseigentümern entfernt worden. Nunmehr sei die Rede vom Rückbau einer Steinkorbwand innerhalb des 2 m Streifens. Diese sei jedoch im Baubescheid in keinster Weise erwähnt worden. Man müsse auch beachten, dass diese Steinkorbwand im Prinzip aus gartengestaltenden Pflanzsteinen bestehe, welche angeblich angebracht worden sind, ohne das Gelände zu verändern. Somit handle es sich um keine bauliche Anlage im Sinne der Bestimmungen der TBO 2011.

Der Bürgermeister der Gemeinde Z als Bescheid erlassende Behörde gab am 31.10.2018 eine Stellungnahme ab, in welcher er vorbrachte, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass Frau BB und Herr AA jetzt versuchen würden, die Angelegenheit so darzustellen, als wüssten sie nicht um welche Mauer es sich im Abrissbescheid gehandelt hätte. Es gäbe für das Grundstück einen rechtskräftigen Bebauungsplan und einen Bauplan als Teil des rechtskräftigen Baubescheides. In beiden Dokumenten sei der freizuhaltende 2 m Streifen festgehalten worden. Im Abbruchbescheid vom 07.08.2017 sei auf den Baubescheid vom 06.05.2014 verwiesen worden, in welchem der 2 m Streifen gelb markiert mit dem Hinweis „Ab dieser Linie keine baulichen Veränderungen zulässig“ ausgewiesen sei. Dieser Umstand sei dem Beschwerdeführer sowie Frau BB auch in den Besichtigungen vor Ort am 08.06.2017 und am 06.04.2018 immer wieder versucht worden klar zu machen. Der Argumentation der Landesvolksanwaltschaft könne auch im Hinblick auf das Freihalten des 2 m Streifens nicht gefolgt werden, zumal dieser laut Bebauungsplan, der vom Architekten im Einreichplan berücksichtigt worden sei, von jeglicher Bebauung, also wohl auch von Mauern jeglicher Art freizuhalten sei.

Bei einem Lokalaugenschein, welcher am 13.12.2018 im Beisein des Bürgermeisters der Gemeinde Z durchgeführt wurde, konnte die Mauer besichtigt werden. Es handle sich offenkundig um eine Böschungsbefestigung durch eine Steinkorbmauer mit statischen Aufgaben, für deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich seien und als solche dem Geltungsbereich der TBO unterlägen.

Sodann erging am 03.04.2019 das nunmehr angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.04.2019, Zahl *****.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde ein. Im Wesentlichen führte er aus, dass er die Aufhebung/Abweisung des Straferkenntnisses begehre, zumal er die im Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 07.08.2017 angeordnete Beseitigung der widerrechtlich errichteten Mauer an der süd-östlichen Seite des Grundstückes **1 sowie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes umgesetzt habe. Es sei falsch, dass im Bebauungsplan eine Bebauung jeglicher Art untersagt sei, vielmehr sei im Bebauungsplan der zwei Meter Bereich lediglich mit der Festlegung „keine Geländeveränderungen zulässig“ fixiert. Dies interpretiere der Beschwerdeführer dahingehend, dass eine Befestigung der vorhandenen Böschung mit Pflanzsteinen möglich sei. Außerdem sei entgegen dem Vorbringen der Frau EE im ursprünglichen Bescheid keine Rede von einer Korbsteinmauer, sondern lediglich von einer Mauer. Es handle sich bei den zwei räumlich voneinander getrennten Böschungsbefestigungen mittels Pflanzsteinen im Winkel von rund 56 Grad jedenfalls um keine „Mauer“, auch nicht eine Mauer und werde daher die nunmehrige Interpretation des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde Z vehement bestritten. Maßgeblich sei, was auf dem rechtskräftigen Bescheid stehe und nicht, was der Bürgermeister im Nachhinein meine. Hätte der Abbruchbescheid einen Hinweis enthalten, dass er sich auf die Böschungsbefestigung beziehe, so hätte der Beschwerdeführer ihn umgehend beeinsprucht. Diese Befestigungen seien auch nicht illegal, sondern geboten und notwendig um die Verpflichtung nach dem ABGB zu erfüllen, nämlich das Nachbargrundstück vor schädlichen Auswirkungen zu schützen. Ihn treffe auch keine fahrlässige Schuld, zumal aus dem Wortlaut des Bescheides nicht hervorgehe, dass er die Böschungsbefestigungen mit Pflanzsteinen bezeichne, sondern sei für ihn klar gewesen, es handle sich um die in den zwei Meter hineinragende Balkonstützmauer, welche fristgerecht abgerissen wurde.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.

II.      Rechtslage:

Es gilt folgende maßgebliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl 51 idF BGBl I 2018/58:

㤠59

(1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.“

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl 52 idF BGBl I 2018/58, lautet wie folgt

§ 44a.

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

III.     Erwägungen:

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch des Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, durch die die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Beschuldigte hat somit ein subjektives Recht, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, Kommentar zum VStG2 (2017) § 44a Rz 2 mit zahlreichen Beispielen und Hinweisen auf die Judikatur des VwGH).

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 07.08.2017, Zahl ***** „die Beseitigung der widerrechtlich errichteten Mauer an der süd-östlichen Seite des Grundstückes **1 und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands“ aufgetragen. Im gegenständlichen Fall ist bereits die Bestimmtheit dieses Titelbescheides, auf den sich das angefochtene Straferkenntnis stützt, strittig, daher gilt es zunächst diese zu prüfen.

Bei baupolizeilichen Bescheiden handelt es sich um Leistungsbescheide. An solche Bescheide sind im Hinblick auf das dem § 59 AVG innewohnende Determinierungsgebot an die Bestimmtheit des Spruches, insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Vollstreckbarkeit sowie als Voraussetzung für die Strafbarkeit, erhöhte Anforderungen gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der Spruch eines Bescheides, mit dem der Partei eine Verpflichtung auferlegt wird, zum einen so bestimmt gefasst sein, dass dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen. Zum anderen bedeutet die von § 59 Abs 1 AVG für Leistungsbefehle geforderte Deutlichkeit eine Bestimmtheit – und nicht bloße Bestimmbarkeit – in dem Sinn, dass ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, insbesondere im Rahmen einer allfälligen, ihrem Umfang nach deutlich abgegrenzten Ersatzvornahme ergehen kann (vgl zu alledem Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (2005) § 59 Rz 90 mwH auf die Judikatur des VwGH; VwGH 21.10.1999, 99/07/0080, LVwG 05.09.2018, 2018/39/1845-2 ua). Der Spruch gibt den Inhalt der mit dem Bescheid erlassenen Norm wieder und ist somit der wichtigste Bestandteil des Bescheides. Nur der Spruch erlangt rechtliche Geltung (VwGH 23.11.1989, 89/09/0103).

Ein baupolizeilicher Auftrag muss nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes demnach so bestimmt sein, dass er Gegenstand eines Vollstreckungsverfahrens sein kann. Es soll durch Formulierung des Auftrags sichergestellt werden, dass im konkreten Einzelfall keine Verwechslungsgefahr und somit kein Zweifel daran besteht, welche Bauteile im Detail beseitigt werden sollen (vgl VwGH 26.11.1992, 90/06/0076). Dabei genügt es, dass dies ein Fachkundiger dem Spruch des Bescheides entnehmen kann (VwGH 13.12.1990, 89/06/0025). Eine zentimetergenaue Angabe der Maße ist nicht erfordlerich, wenn nach den konkreten Umständen feststeht, was abgebrochen werden muss (VwGH 13.12.1990, 89/06/0046).

Der Verpflichtung zur ausreichenden Konkretisierung des baubehördlichen Auftrages im Spruch des Bescheides ist die Baubehörde nur unzureichend nachgekommen: Dem vorliegenden Spruch lässt sich nicht entnehmen, um welche Mauer es sich konkret handelt, ob es sich überhaupt um eine „Mauer“ oder ein mauerähnliches Gebilde handelt und ob es sich um ein einziges durchgehendes oder um mehrere getrennte Gebilde handelt.

Im Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 07.08.2017 ist lediglich die Rede von einer „Mauer“. Erst im Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 09.04.2018 ist seitens der Behörde erstmalig die Rede von einer „Korbsteinmauer“. Sodann wird im Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 04.05.2018 im Betreff „die Entfernung der Korbsteinmauer“ angeführt. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 04.06.2018 sowie in der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol vom 06.05.2019 wird hingegen vorgebracht, dass es sich dabei um „Pflanzsteine“ bzw. um „zwei Böschungsbefestigungen mittels Pflanzsteinen“ handle. In der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.07.2018 wird im Betreff erneut die „Entfernung der Korbsteinmauer“ genannt und zuletzt ist im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.04.2019 die Rede von einer „(Korbstein-)Mauer als Böschungsbefestigung mit statischen Aufgaben“. Im gegenständlich Verfahren ist überdies der zu vermeidende Fall einer Verwechslungsgefahr eingetreten, zumal nicht die Böschungsbefestigungen mit Pflanzsteinen, sondern die als Windfang errichtete Mauer abgerissen wurde.

Wie sich aus den im Laufe des Verfahrens unterschiedlich verwendeten Begrifflichkeiten bereits ergibt, geht aus dem Bescheid jedenfalls nicht eindeutig hervor, welche Bauteile im Detail beseitigt werden müssen. Der Umstand, dass zum damaligen Zeitpunkt im betroffenen süd-östlichen Bereich des Grundstückes Gp **1 KG Z offensichtlich nicht nur ein einziges mauerähnliches Gebilde existierte, sondern auch die als Windfang errichtete Mauer, indiziert bereits eine Konkretisierungspflicht um die Gefahr einer Verwechslung vollumfänglich zu vermeiden.

Hinsichtlich § 39 Abs 1 TBO 2011, auf welchem der Titelbescheid gestützt wurde (nunmehr § 46 Abs 1 TBO 2018), wäre zu prüfen, inwieweit diese Bestimmung als zulässige Rechtsgrundlage auf den konkreten Sachverhalt anwendbar wäre, da diese Bestimmung ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach ausschließlich Bezug auf bauliche Anlagen nimmt. Es bedarf daher auch aus dem Grund der Beurteilung, ob die gegenständliche Anlage überhaupt eine bauliche Anlage iSd § 2 Abs 1 TBO 2018 ist und ob sie unter § 1 Abs 1 TBO 2018 oder unter die Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 3 TBO 2018 zu subsumieren ist, einer näheren Konkretisierung durch die Behörde.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die im Spruch angelastete Tat, nämlich das Unterlassen der „Beseitigung der widerrechtlich errichteten Mauer an der süd-östlichen Seite des Grundstückes **1 und der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes“, zu unbestimmt ist, um den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG gerecht zu werden. Erweist sich der dem Straferkenntnis zugrunde liegende Titelbescheid vom 07.08.2017 aus den angeführten Gründen als zu unbestimmt, war das angefochtene Straferkenntnis in Stattgebung der Beschwerde aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol konnte in der vorliegenden Rechtssache deshalb abgesehen werden, weil in der gegenständlichen Beschwerdesache ausschließlich eine Rechtsfrage zu beantworten war, nämlich die Fragestellung, ob ein ausreichend konkretisierter Tatvorwurf im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorliegt. Eine mündliche Erörterung ließ daher eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtssache nicht erwarten, einem Entfall der Verhandlung standen demgemäß weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl dazu § 24 Abs 4 VwGVG und die beiden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.10.2013, Zl 2012/06/0221, und vom 21.03.2014, Zl 2011/06/0024).

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Bestimmtheit des Spruches;
Verwechslungsgefahr;
Konkretisierungsgebot;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.22.1005.3

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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