TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 97/12/0036

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §78a idF 1994/665;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer u. a. Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Jänner 1995, Zl. 103.438/10-II/2/94, betreffend die Gewährung einer Dienstfreistellung gemäß § 78a BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor im Bereich der Bundespolizeidirektion Graz in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist bei der Verkehrsabteilung, Technische Verkehrsüberwachungsgruppe (TVÜG), eingesetzt. Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1990 Mitglied des Gemeinderates der Stadt Köflach ist (in der Folge kurz: Stadtgemeinde K. bzw. Stadtgemeinde).

Mit der im Dienstweg eingebrachten Eingabe vom 4. März 1993 ersuchte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf eine näher bezeichnete Verfügung der Dienstbehörde, wonach ihm "die bis dato erlaßmäßig genehmigten Dienstfreistellungen für die Tätigkeiten als Gemeindemandatar nur unter bestimmten Auflagen gewährt" würden, um eine bescheidmäßige Festlegung seiner Dienstfreistellungen für die Tätigkeit als Gemeindemandatar, weil er der Meinung sei, daß die in der genannten Verfügung festgelegten Auflagen nicht rechtens seien (Hinweis auf § 78a BDG 1979 in Verbindung mit der DVV 1981 und einem näher bezeichneten Rundschreiben des Bundeskanzleramtes).

Mit Eingabe vom 11. März 1993 ersuchte der Beschwerdeführer um Dienstfreistellung für eine Tätigkeit als Gemeindemandatar am 18. März 1993 in der Zeit von 13.50 Uhr bis

19.50 Uhr.

Mit Zuschrift vom 15. März 1993 gab die Stadtgemeinde K. der Dienstbehörde bekannt, es sei erforderlich, daß der Beschwerdeführer an Sitzungen und Besprechungen des Gemeinderates bzw. von Fachausschüssen teilnehme, um sein Gemeinderatsmandat ordnungsgemäß ausüben zu können. In diesem Zusammenhang verpflichte sich die Stadtgemeinde "unter Bezugnahme auf die BDG-Novelle 1992, BGBl. Nr. 873/92 sowie auf die Verordnung 'Änderung der Diensrechtsverfahrensverordnung 1981', BGBl. Nr. 84/1993, "bei Dienstfreistellungen des Beschwerdeführers dem Bund den notwendigen Kostenersatz zu leisten.

Mit Eingabe vom 18. März 1993 teilte der Beschwerdeführer der Dienstbehörde mit, er ersuche in Ergänzung zu seinen beiden Ansuchen vom 4. März und vom 11. März 1993 um 8 Stunden Dienstfreistellung monatlich. Die bislang genehmigten Dienstfreistellungen nach § 78a Abs. 2 Z. 1 BDG 1979 (Dienstplanerleichterungen, wie z.B. Einarbeiten) stellten für ihn nicht nur eine enorme finanzielle, sondern auch eine erhebliche psychische und physische Belastung dar, weil ihm ein Einarbeiten jeweils nur an seinen dienstfreien Tagen, verbunden mit einer zusätzlichen Fahrt zum und vom Dienst, möglich sei. Für die über 8 Stunden hinausgehenden Dienstfreistellungen verpflichte sich die Stadtgemeinde, dem Bund je Mehrstunde den vorgesehenen Kostenersatz zu leisten (Hinweis auf das Schreiben der Gemeinde vom 15. März 1993).

Mit Schreiben vom 18. März 1993 gab das Kommando der Verkehrsabteilung der Dienstbehörde bekannt, der Beschwerdeführer versehe bei der TVÜG in der 1. Gruppe Dienst (Dienstzeit jeden zweiten Tag von 06.30 Uhr bis 19.50 Uhr). Somit könne er die zur Ausübung des Mandates erforderliche Dienstfreistellung gemäß § 78a Abs. 2 Z. 1 BDG 1979 durch Einarbeitung oder Diensttausch erbringen.

In der Folge eröffnete die Dienstbehörde dem Beschwerdeführer ihre Absicht, den Antrag abzuweisen und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Er nahm diese Möglichkeit in einem Schriftsatz vom 13. April 1993 wahr, in welchem er unter anderem auf die seiner Auffassung nach anderen Personen zustehenden Vergünstigungen verwies und im wesentlichen auf seinem bisherigen Standpunkt verblieb.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 19. April 1993 wurde das Begehren des Beschwerdeführers abgewiesen. Dies wurde nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefaßt und im wesentlichen damit begründet, daß eine Dienstplanerleichterung, die Gewährung der erforderlichen freien Zeit oder eine Dienstfreistellung für die Ausübung eines Gemeinderatsmandates jeweils im Einzelfall und unter Bedachtaufnahme auf die dienstlichen Gegebenheiten zu prüfen sei. Gemäß der Stellungnahme des Kommandanten der Verkehrsabteilung sei dem Beschwerdeführer die Ausübung seines Mandates durch Einarbeitung oder Diensttausch jederzeit möglich, sodaß § 78a Abs. 2 Z. 2 BDG 1979 nicht zum Tragen komme, woran auch die Bekanntgabe der Stadtgemeinde vom 15. März 1993 nichts zu ändern vermöge. Auch könne der Beschwerdeführer aus der Lage seiner Wohnung, die ca. 40 km vom Dienstort entfernt sei, im Hinblick auf § 55 Abs. 1 BDG 1979 keine dienstliche Begünstigungen ableiten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin brachte er vor, daß die Möglichkeit der Gewährung von Dienstplanerleichterungen in seinem Fall nicht gegeben sei. Von einer Dienstplanerleichterung könne nämlich deswegen nicht gesprochen werden, weil aufgrund seiner dienstplanmäßigen Einteilung im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Technischen Verkehrsüberwachungsgruppe eine Dienstleistung an jedem zweiten Tag von 06.30 Uhr bis 19.50 Uhr notwendig sei und die Dienstleistung an diesem Tag nicht verkürzt werden könnte, sondern regelmäßig anfalle. Am sinnvollsten wäre eine dienstplanmäßige Einteilung, die es möglich machen würde, die Einarbeitungszeit an die Zeit der regelmäßigen Dienstleistung anzuschließen, damit es nicht erforderlich werde, einen drei- oder maximal vierstündigen Zeitausfall für seine Tätigkeit als Gemeinderat in der zweiten Gruppe "nachzudienen" (im Original unter Anführungszeichen), um ein wesentlich geringeres Stundenausmaß als jenes der Arbeitskollegen dieser Gruppe erbringen zu müssen (diese würden dann 13,20 Stunden arbeiten, er hingegen nur drei bis vier Stunden einarbeiten). Eine derartige Vorgangsweise, die zwinge, wegen einer drei- bis vierstündigen Arbeitsleistung an einem dienstfreien Tag die Wegstrecke von seinem Wohnort zu seinem Dienstort zurückzulegen, um seinen Dienst dann vorzeitig zu beenden, stelle keine Dienstplanerleichterung, sondern eine Dienstplanerschwernis dar. Die Kontakte zu seiner Familie, die nur an dienstfreien Tagen möglich seien, würden durch eine derartige Vorgangsweise noch weiter eingeschränkt werden. Wenn ihm die Dienstbehörde vorhalte, daß er aus der Lage seines Wohnortes keine dienstlichen Begünstigungen ableiten könne, weise er daraufhin, daß er in K. schon vor der Aufnahme in den Polizeidienst im Jahre 1970 gewohnt habe und sich seitdem nichts daran geändert habe. Damals habe die Dienstbehörde diese Entfernung zwischen seinem Wohnort und dem Dienstort in Kauf genommen, weshalb er erwarte, daß die Dienstbehörde ihm auch bei der Ausübung seiner politischen Rechte keine Hindernisse in den Weg lege. Die Vorgangsweise der Dienstbehörde in seinem Fall könne nicht als "flexible Diensteinteilung" im Sinne der "Durchführungsbestimmungen des BKA" (Hinweis auf einen näher bezeichneten Erlaß) bezeichnet werden. Diese Vorgangsweise schränke die Ausübung der politischen Rechte ein und wäre auch ungünstiger als die bis Ende 1992 praktizierte erlaßmäßige Regelung.

Mangels Entscheidung über die Berufung erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 94/12/0185 protokollierte Säumnisbeschwerde (das hg. Beschwerdeverfahren wurde in der Folge wegen Nachholung des nun angefochtenen Bescheides eingestellt). Im Berufungsverfahren holte die belangte Behörde von der Dienstbehörde erster Instanz eine Aufstellung der dem Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Juli 1993 bis 30. Oktober 1994 gewährten Dienstfreistellungen ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung nicht stattgegeben. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage verwies die belangte Behörde auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage und ein erläuterndes, näher bezeichnetes Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 5. Jänner 1993. Diesem sei zu entnehmen, daß dienstrechtliche Erleichterungen für Beamte, die die Tätigkeit eines Gemeinderatsmandatars ausübten, bis zur Einführung des § 78a BDG 1979 in den Dienstvorschriften nicht ausdrücklich geregelt gewesen seien. Die bis zu dieser gesetzlichen Regelung geübte Vorgangsweise habe sich im großen und ganzen nach der Auffassung gerichtet, daß solche Funktionen grundsätzlich neben den Dienstpflichten auszuüben seien. In einzelnen Bereichen sei mit dienstlichen Erleichterungen, wie beispielsweise mit flexibler Diensteinteilung oder mit anlaßbezogenen kurzen Freizeitgewährungen vorgegangen worden. Dem verständlichen Wunsch der Gemeinden, ihren Mandataren eine möglichst ungehinderte Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, stehe die Verpflichtung des Bundes (dem Sinnzusammenhang nach gemeint: als Dienstgeber) gegenüber, seine Aufgaben zweckmäßig und sparsam zu erfüllen und eine zusätzliche Belastung des Personalaufwandes aus Gründen, die mit der Erfüllung der Aufgaben des Bundes nichts zu tun hätten, soweit wie möglich zu vermeiden. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung (gemeint: § 78a BDG 1979) habe auf beide Anliegen angemessen Rücksicht genommen werden sollen. Sei es dem Beamten nicht möglich, seine Tätigkeit als Gemeinderatsmandatar zur Gänze außerhalb seiner Dienstzeit auszuüben und könne auch eine allfällige flexible Diensteinteilung keine Abhilfe schaffen, sei dem Beamten (soweit keine dienstlichen Interessen entgegenstünden) freie Zeit im erforderlichen Ausmaß zu gewähren. Die Gewährung freier Zeit dürfe das Ausmaß von acht Stunden je Kalendermonat nicht übersteigen.

Daraus ergebe sich, so führte die belangte Behörde weiter aus, daß eine Gemeinderatstätigkeit grundsätzlich in der dienstfreien Zeit auszuüben sei. Keinesfalls solle damit die Wichtigkeit der Ausübung politischer Mandate gerade durch Beamte verkannt werden. Grundsätzlich werde eine derartige Tätigkeit begrüßt, "bedauerlicherlicherweise geht aus den oben zitierten Quellen aber deutlich hervor", daß eine solche Tätigkeit vorzugsweise in der dienstfreien Zeit verrichtet werden solle und eine diesbezügliche Befreiung von der Dienstleistungsverpflichtung daher grundsätzlich nicht in Betracht gezogen worden sei. Dem Argument des Beschwerdeführers, durch eine solche Einarbeitung werde der Kontakt zu seiner Familie weiter eingeschränkt, sei entgegenzuhalten, daß es im Grunde genommen schon seine Gemeinderatstätigkeit an sich sei (sei sie doch in der Freizeit auszuüben), die den Kontakt zu seiner Familie einschränke. Auch aus der Lage seiner Wohnung sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Der Umstand, daß seine Wohnung ca. 40 km außerhalb von Graz liege, habe die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt. Aus der Lage seiner Wohnung könne er gemäß § 55 Abs. 1 BDG 1979 keinen Anspruch auf dienstliche, "damit auch umsoweniger auf private" Begünstigungen ableiten, zumal es sich bei den fraglichen zusätzlichen Fahrten um Auswirkungen seiner privaten Tätigkeit als Gemeinderatsmandatar handle. Zur Frage, ob es überhaupt notwendig sei, die für seine Mandatsausübung erforderliche freie Zeit "nachzudienen" (im angefochtenen Bescheid unter Anführungszeichen), oder ob der Beschwerdeführer von dieser Dienstverpflichtung befreit würde, sei auszuführen, daß das Gesetz seinem Wortlaut nach primär darauf abstelle, ob ein Einarbeiten oder ein Diensttausch möglich sei, wobei der Begriff der "Dienstplanerleichterung" begrifflich lediglich eine andere, nämlich flexible Einteilung des Dienstes, nicht aber eine Befreiung von der Dienstleistungspflicht an sich bedeute. Der Aktenlage zufolge seien dem Beschwerdeführer für die Jahre 1993 und 1994 (ausgenommen die Monate September 1993 und Oktober 1994) durchschnittlich ca. 9,5 Stunden Dienstplanerleichterung im Monat gewährt worden. Sofern die Einarbeitung dieser Stunden in der Praxis so vor sich gehen könnte, daß der Beschwerdeführer zwischen zwei Plandiensten, etwa einmal im Monat, "eine volle Diensttour" von 13 Stunden 20 Minuten zusätzlich leisten würde, könnte von diesen "Guthaben" die für die Ausübung seines Gemeinderatsmandates erforderliche Zeit "entsprechend abgebucht werden". Eine einzige weitere Diensttour würde auch keine erhebliche Überbeanspruchung auslösen, zumal auch in derartigen Fällen zwischen dem Beginn und dem Ende dieses Dienstes, also zwischen 19.50 Uhr und 06.30 Uhr ausreichend Zeit zur Regeneration zur Verfügung stehe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welchem er verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 78a BDG 1979 geltend machte.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 25. November 1996, B 493/95-12, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der im Beschwerdefall maßgebliche § 78a BDG 1979 wurde diesem Gesetz durch die Novelle BGBl. Nr. 873/1992 mit Wirkung vom 1. Jänner 1993 mit folgendem Wortlaut eingefügt:

"Dienstfreistellung für Gemeindemandatare

§ 78a. (1) Dem Beamten, der

1.

Bürgermeister oder

2.

Bezirksvorsteher oder

3.

Bezirksvorsteher-Stellvertreter oder

4.

Mitglied eines Gemeindevorstandes oder eines Stadtsenates oder eines Gemeinderates oder einer Bezirksvertretung

ist, ist auf sein Ansuchen die zur Ausübung des Mandates erforderliche Dienstfreistellung zu gewähren, wenn dem Bund von der Gebietskörperschaft, für die der Beamte tätig wird, Ersatz nach Abs. 6 geleistet wird.

(2) Die Dienstfreistellung ist nur dann zu gewähren, wenn

1. mit Dienstplanerleichterungen (z.B. Einarbeitung, Diensttausch) oder

2. durch Gewährung der erforderlichen freien Zeit bis zum Höchstausmaß von acht Stunden je Kalendermonat, bei Bürgermeistern bis zum Höchstausmaß von 16 Stunden je Kalendermonat

nicht das Auslangen gefunden werden kann. Eine Maßnahme nach Z. 2 ist nur zulässig, wenn Maßnahmen nach Z. 1 nicht möglich sind oder nicht ausreichen.

(3) Eine Dienstfreistellung darf nicht gewährt werden, wenn

1. die Wochendienstzeit des Beamten auf die Hälfte herabgesetzt ist oder

2. der Beamte eine Teilzeitbeschäftigung nach § 15c MSchG oder nach § 8 EKUG in Anspruch nimmt.

(4) Dienstfreistellung, Dienstplanerleichterungen und Gewährung der erforderlichen freien Zeit dürfen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes führen.

(5) Die Dienstfreistellung kann bis zum Ausmaß von zehn Stunden je Woche und nur in vollen Stunden gewährt werden. Der Zeitraum der Inanspruchnahme ist unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines geordneten Dienstbetriebes und unter Bedachtnahme auf die zur Ausübung des Mandates erforderlichen Zeiträume im vorhinein datums- und uhrzeitmäßig von der Dienstbehörde festzulegen.

(6) Der Ersatz für die Dienstfreistellung hat zu umfassen:

1. den der Zeit der Dienstfreistellung entsprechenden Aktivitätsaufwand für den Beamten und

2. einen Zuschlag im Ausmaß von 50% der der Zeit der Dienstfreistellung entsprechenden Bezüge, von denen der Beamte einen Pensionsbeitrag gemäß § 22 des Gehaltsgesetzes 1956 oder gemäß § 3 des Nebengebührenzulagengesetzes, BGBl. Nr. 485/1971, zu leisten hat."

§ 78a BDG 1979 wurde in der Folge durch die am 1. Oktober 1994 in Kraft getretene BDG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 665, wie folgt geändert:

1) Am Ende des Abs. 1 entfiel der Punkt und es wurde folgender Halbsatz angefügt:

"oder der Beamte diese Dienstfreistellung unter anteiliger Kürzung der Bezüge beantragt hat."

2)

Abs. 2 Z. 2 lautet nun:

"2.

durch Gewährung der erforderlichen freien Zeit bis zum Höchstausmaß von 90 Stunden je Kalenderjahr, bei Bürgermeistern bis zum Höchstausmaß von 180 Stunden je Kalenderjahr,"

              3)              An die Stelle der bisherigen Absätze 4 und 5 traten folgende Bestimmungen:

"(4) Die Dienstfreistellung kann bis zum Ausmaß der Hälfte der regelmäßigen Wochendienstzeit des Beamten gewährt werden. Dieses Ausmaß verkürzt sich um jene Stunden freier Zeit, die dem Beamten gemäß Abs. 2 Z. 2 gewährt werden. Die Dienstfreistellung darf nur in vollen Stunden gewährt werden.

(5) Dienstfreistellung, Dienstplanerleichterungen und Gewährung der erforderlichen freien Zeit dürfen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes führen und sind unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die zur Ausübung des Mandates erforderlichen Zeiträume möglichst gleichmäßig und bleibend im vorhinein datums- und uhrzeitmäßig festzulegen.

(5a) Die Gewährung der erforderlichen freien Zeit soll im Monatsdurchschnitt eines Kalenderhalbjahres acht Stunden, bei Bürgermeistern 16 Stunden nicht überschreiten. Die Dienstfreistellung soll im Monatsdurchschnitt eines Kalenderhalbjahres 78 Stunden nicht überschreiten. In einer Kalenderwoche darf höchstens die Hälfte der als Monatsdurchschnitt festgelegten Dienstfreistellung in Anspruch genommen werden."

Der Beschwerdeführer bringt zusammengefaßt vor, das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, von welchem Zeiterfordernis die belangte Behörde hinsichtlich seiner Gemeinderatstätigkeit ausgegangen sei. Ebensowenig habe die belangte Behörde ausgeführt, ob überhaupt, bzw. in welchem Ausmaß und auf welche Weise der Dienst beeinträchtigt wäre, wenn ihm im beantragten oder in irgendeinem geringeren Ausmaß die Dienstfreistellung gewährt würde. Hätte die belangte Behörde dies nicht unterlassen, wäre hervorgekommen, daß Nachteile für den Dienst überhaupt nicht zu befürchten seien und daß das für seine Gemeinderatstätigkeit erforderliche Zeitausmaß wöchentlich mindestens 15 Stunden betrage, wobei er der Meinung sei, daß dies schon aus allgemeinen Erfahrungswerten erkennbar sein müsse (notorisch sei), zumal es sich bei der Stadtgemeinde, deren Gemeinderat er angehöre, um eine Stadt mittlerer Größe mit rund 11.000 Einwohner handle, die wesentlich größer sei, als die weit überwiegende Zahl der (österreichischen) Gemeinden.

Bei dem zur Ausübung des Mandates erforderlichen Zeitausmaß müsse der Natur der Sache nach zwischen einem "dauernden durchschnittlichen zeitlichen Grundbedarf und einem einzelnen konkreten Zeitbedarf für bestimmte Zwecke" unterschieden werden. Dienstplanerleichterungen seien nur für letzteren Zeitbedarf "ein taugliches Mittel". Durch eine Verschiebung der Dienstzeiten werde es dem Beamten ermöglicht, etwa an einer Gemeinderatssitzung teilzunehmen oder einer monatlichen terminmäßig feststehenden Verpflichtung nachzukommen. In bezug auf den zeitlichen Grundbedarf bringe das dem Beamten (Mandatar) überhaupt nichts. Es sei gewiß davon auszugehen, daß der Beamte für seine Mandatsausübung primär Freizeit in Anspruch nehme. Es sei aber ebensowenig daran zu zweifeln, daß es ein Ausmaß der zeitlichen Inanspruchnahme durch die Tätigkeit als Mandatar gebe, welches neben der Dienstzeitverpflichtung nicht mehr verkraftet werden könne (wird näher ausgeführt). Wesentliche Faktoren seien dementsprechend einerseits der Zeitbedarf für die Mandatsausübung und andererseits die Zumutbarkeit der Befriedigung dieses Zeitbedarfes aus der verfügbaren dienstfreien Zeit, wobei in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der belangten Behörde auch auf die erforderlichen Fahrzeiten Bedacht zu nehmen sei. Wenn nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwendungszulage nach dem früheren § 30a Abs. 1 Z. 3 und dem nunmehrigen § 121 Abs. 1 Z. 3 GG 1956 bereits 35 Überstunden monatlich nach durchschnittlicher Betrachtungsweise ein Höchstausmaß darstellten, könne es in Relation dazu überhaupt keine Frage sein, daß bei einem monatlichen Zusatzzeitbedarf von 60 Stunden für die Ausübung des Mandates die zuvor umschriebene Zumutbarkeitsgrenze bei weitem überschritten werde. Wenn der Beschwerdeführer daher ohnedies nur jene monatliche Dienstfreistellung von 16 Stunden begehre, die ihm zuvor zugebilligt worden sei und für welche die Gemeinde Ersatz leiste, so hätte dem jedenfalls entsprochen werden müssen.

Dem ist folgendes zu entgegnen: Der Beschwerdeführer strebt eine Dienstfreistellung nach § 78a Abs. 1 BDG 1979 an (Absatzbezeichnungen ohne Angabe eines Paragraphen beziehen sich in der Folge auf diese gesetzliche Bestimmung). Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, darf eine solche Dienstfreistellung (die entgegen der Annahme in der Beschwerde im Hinblick auf Abs. 4 idF BGBl. Nr. 665/1994 nicht "nach oben unbegrenzt ist, also auch eine vollständige Dienstfreistellung sein könnte") nur dann erfolgen, wenn Maßnahmen nach Abs. 2 nicht ausreichen, wobei primär danach zu trachten ist, mit Dienstplanerleichterungen das Auslangen zu finden, oder wenn solche Maßnahmen nicht möglich oder ausreichend sind, auch durch die Gewährung von freier Zeit bis zum Höchstausmaß von 90 Stunden im Kalenderjahr das Auslangen nicht gefunden werden kann.

Ob und in welchem Ausmaß eine solche Dienstfreistellung konkret zu gewähren ist, ist aus einer Gesamtschau unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist insbesondere auf die dienstliche Verwendung des Beamten in Verbindung mit den Erfordernissen des Dienstes, aber auch auf die zeitliche Inanspruchnahme des Beamten (hier:) als Gemeinderat Bedacht zu nehmen.

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer, daß die Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid eine Quantifizierung der für die Ausübung dieses Mandates erforderlichen Zeit nicht zulassen. Es mangelt diesbezüglich auch an entsprechenden Ermittlungen. Die Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, dieses Vorbringen des Beschwerdeführers treffe nicht zu, sei doch im angefochtenen Bescheid festgestellt worden, daß dem Beschwerdeführer in den Jahren 1993 und 1994 durchschnittlich 9,5 Stunden Dienstplanerleichterung im Monat für die Ausübung seines Gemeinderatsmandates gewährt worden sei, wobei davon auszugehen gewesen sei, daß dieser Durchschnittswert auch dem tatsächlichen Bedarf für die Mandatsausübung entsprochen habe, sind, was letzteres anlangt, eine durch Verfahrensergebnisse nicht gegründete Annahme. Allerdings kann auch der vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde genannte Zeitbedarf von durchschnittlich 15 Stunden wöchentlich nicht als notorisch angesehen werden (womit sich eine diesbezügliche Beweisaufnahme nicht erübrigte), zumal dies von Fall zu Fall verschieden und von unterschiedlichen Faktoren, wie etwa von der Größe der Gemeinde oder auch den dem Mandatar allenfalls übertragenen Aufgaben abhängig sein wird.

Der Versuch des Beschwerdeführers, in der Beschwerde zwischen einem "dauernden durchschnittlichen zeitlichen Grundbedarf und einem einzelnen konkreten Zeitbedarf für bestimmte Zwecke" zu unterscheiden, wobei Dienstplanerleichterungen nur für letzteren Zeitbedarf ein taugliches Mittel seien, erscheint in dieser generellen Form (also ohne Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles) nicht zielführend. Richtig hat nämlich der Beschwerdeführer erkannt, daß nach dem Konzept des Gesetzes der Beamte für seine Mandatsausübung primär Freizeit in Anspruch zu nehmen hat, wobei es allerdings zutrifft, daß nicht jegliches Ausmaß der zeitlichen Inanspruchnahme durch die Tätigkeit als Mandatar neben der Dienstzeitverpflichtung verkraftet werden kann. Der in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer gebrauchte Hinweis auf ein für bestimmte besoldungsrechtliche Ansprüche relevantes Ausmaß an Überstunden ist aber vorliegendenfalls schon deshalb ebenfalls nicht zielführend, weil jedenfalls aus dem Gesetz nicht abzuleiten ist, daß die im Einzelfall für die Ausübung des Gemeinderatsmandates erforderliche Zeit gleichsam arithmetisch von einem wie auch immer ermittelten "Höchstausmaß an dienstlicher Inanspruchnahme" abzuziehen wäre. Eine solche Beurteilung ist auch von Verfassungs wegen nicht geboten, sollten die Ausführungen des Beschwerdeführers in diese Richtung zu verstehen sein (er verweist auf Art. 7 Abs. 2 B-VG). Richtig ist aber, daß im Beschwerdefall die Fahrzeiten (zum und vom Dienst) nicht unberücksichtigt bleiben können, weil sie die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehende restliche Zeit schmälern. Welche Bedeutung ihnen letztlich konkret zukommt, ist, wie eingangs dargestellt, aus einer Gesamtschau unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

Dadurch, daß die belangte Behörde keine (ausreichenden) Feststellungen zum zeitlichen Bedarf zur Ausübung dieses Gemeinderatsmandates traf, ist das Verfahren in einem wesentlichen Punkt mangelhaft geblieben, sodaß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Im fortgesetzten Verfahren wäre aber auch mit dem Beschwerdeführer zu klären, ob sein Begehren nur künftige Zeiträume betreffen soll oder auch den gesamten Zeitraum ab Antragstellung (oder gegebenenfalls einen Teil dieses vergangenen Zeitraumes). Sollte sein Begehren auch vergangene Zeiträume umfassen (näherhin solche, die zwischen der Antragstellung und einer allfälligen künftigen Entscheidung liegen), wäre - vor dem Hintergrund der Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden betreffend in der Vergangenheit liegende strittige Fragen, deren Lösung zum jetzigen Zeitpunkt für den Beschwerdeführer noch Rechtserheblichkeit zukommen kann - mit ihm zu erörtern, inwiefern seiner Auffassung nach die angestrebte Entscheidung diesbezüglich Auswirkungen auf seine rechtliche Position haben sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997120036.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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