TE Bvwg Beschluss 2019/6/18 W156 2215819-1

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Veröffentlicht am 18.06.2019
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Entscheidungsdatum

18.06.2019

Norm

AuslBG §4 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W156 2215819-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Peter Maska und Alexander Wirth als Beisitzer in der Beschwerdesache der F XXXX L XXXX GesmbH, vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH, Karlsplatz 3/1, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Zwettl vom 22.02.2019, GZ: XXXX , betreffend Abweisung eines Antrages auf Beschäftigungsbewilligung für K XXXX F XXXX in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

A) Die Beschwerdevorentscheidung wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz

VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die F XXXX L XXXX GesmbH, L XXXX 1, XXXX L XXXX , (im Folgenden die Beschwerdeführerin - BF) beantragte am 03.10.2018 eine Beschäftigungsbewilligung für K XXXX F XXXX , eine XXXX geborener Staatsangehörige der P XXXX , (im Folgenden mitbeteiligte Partei - mbP) für die berufliche Tätigkeit als Assistenz im Bereich Kundenbetreuung ausländischer Kunden. Dem Antrag ist zu entnehmen, dass die BF in in L XXXX einen Großhandel für Holz, Jagd und Fischerei betreibt, die Position Assistenz im Bereich Kundenbetreuung ausländischer Kunden besetzen möchte und der mbP, die über eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 verfügt, der Job angeboten worden wäre. Dem Antrag angeschlossen waren eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005, das Jobangebot, Diplom in Hotelmanagement, Advanced Diploma in Tourism and Hospitality Management der System Academy S XXXX .

2. Mit Schreiben vom 08.11.2018 informierte die belangte Behörde (im Folgenden AMS) die BF, dass eine Beschäftigungsbewilligung für die mBP nicht erteilt werden könne, da diese nur im Rahmen von Kontingenten nach § 5 AuslBG erteilt werden dürfe und das vom BMASK freigeschaltete Kontingent lediglich für die befristete Beschäftigung von AusländerInnen in der Land- und Forstwirtschaft gelte. Da der Betrieb dieser Sparte nicht zuzurechnen sei, sei eine Beschäftigungsbewilligung für die mbP im Betrieb nicht zulässig.

3. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 22.02.2019 wurde der Antrag gemäß § 4 Abs. 3 AuslBG mit der Begründung abgewiesen, dass der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet. Sonstige Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 AuslBG, die die Erteilung zulassen würden, lägen nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht vor.

4. Dagegen erhob die BF binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die sie damit begründete, dass die mbP mehr als drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sei und die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG erfülle. Dies decke sich auch mit der Stellungnahme Österreichs zur Umsetzung der Aufnahme-RL 2013/33/EU verlange unter den dort umschriebenen Voraussetzungen einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Asylwerber (Art. 15 Abs. 2 leg cit.). Zudem sei die Rechtsmeinung der belangten Behörde unrichtig, da die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine Asylwerberin nicht von Kontingenten nach § 5 AuslBG abhänge.

5. Das AMS legte die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten am 12.03.2019 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Mit Schreiben vom 01.04.2019 teilte das AMS in Entsprechung des Ersuchens des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2019 mit, dass der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung mangels Zustimmung des AMS nicht befürwortet habe. Aus Zeitgründen sei die Anhörung im Umlaufbeschlusserfolgt, weshalb kein Sitzungsprotokoll erstellt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die mbP heißt K XXXX F XXXX , ist am XXXX geboren und ist Staatsangehörige der P XXXX .

Die mbP stellte am 12.01.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 26.09.2018, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, sowie gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat P XXXX ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, wurde gegen die mbP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG die Abschiebung gemäß § 46 FPG zu den P XXXX als zulässig festgestellt. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dagegen erhob die mbP Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und erging über die Beschwerde der mbP noch keine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Verzögerung ist nicht auf die mbP zurückzuführen.

Am 03.10.2018 beantragte die BF eine Beschäftigungsbewilligung für die mbP für die berufliche Tätigkeit als Assistenz im Bereich Kundenbetreuung ausländischer Kunden. Die mbP soll für 30 Stunden für ein monatliches Bruttogehalt von € 1.235,10 beschäftigt werden.

Die BF betreibt in L XXXX einen Großhandel für Holz, Jagd und Fischerei und möchte die Position einer Assistenz im Bereich Kundenbetreuung ausländischer Kunden besetzen.

Aus Anlass des beschwerdegegenständlichen Antrages wurde seitens des AMS kein Ersatzkraftverfahren iSd § 4 Abs. 1 iVm § 4b AuslBG durchgeführt.

2. Beweiswürdigung:

Die Identität der mbP Z wurde durch Vorlage einer Kopie der Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 nachgewiesen.

Der Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.

Dass im Asylverfahren noch keine Entscheidung ergangen ist, ist einer von Amts wegen eingeholten Mitteilung des BFA zu entnehmen. Anhaltspunkte, dass die Verzögerung auf die mbP zurückzuführen ist, liegen nicht vor und wurde auch während des gesamten Verfahrens vom AMS derartiges nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Rechtsvorschriften lauten:

§ 4 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2017:

"Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,

2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,

9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,

10. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und

11. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.

(2) ...

(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn

1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder

(Anm.: Z 2 bis 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)

5. der Ausländer gemäß § 5 befristet beschäftigt werden soll oder

6. der Ausländer Schüler oder Studierender (§§ 63 und 64 Abs. 1 NAG) oder Inhaber eines Aufenthaltstitels nach § 64 Abs. 4 NAG ist oder

7. der Ausländer Betriebsentsandter ist (§ 18) oder

(Anm.: Z 8 aufgehoben durch Art. 1 Z 8, BGBl. I Nr. 66/2017)

9. der Ausländer gemäß § 57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder

10. für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß § 16a AÜG bzw. § 40a Abs. 6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 Z 1 bis 3 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 Z 1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder

11. der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder

12. der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, hat oder

13. der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder

14. der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs. 4 angehört.

(4) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann durch Verordnung festlegen, dass für weitere Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, einen Höchstrahmen für einzelne Gruppen und - sofern es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zulässt - den Entfall der Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorsehen.

(5) bis (6) ...

(7) Die Arbeitsmarktprüfung gemäß Abs. 1 und 2 entfällt bei

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch Art. 1 Z 9, BGBl. I Nr. 66/2017)

2. Schülern und Studierenden (§§ 63 und 64 Abs. 1 NAG) sowie Inhabern eines Aufenthaltstitels nach § 64 Abs. 4 NAG für eine Beschäftigung, die 20 Wochenstunden nicht überschreitet,

3. Studienabsolventen (§ 12b Z 2),

4. Fachkräften hinsichtlich einer Beschäftigung in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf,

5. Ausländern, die besonderen Schutz genießen (Abs. 3 Z 9) und

6. registrierten befristet beschäftigten Ausländern (§ 5 Abs. 7)."

§ 32 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2013:

"Übergangsbestimmungen

§ 32. (1) bis (9) ...

(10) Verordnungen, die vor In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 25/2011 aufgrund des § 12a Abs. 2 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 14 Abs. 3 weiter.

(11) ...

(12) Verordnungen, die vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 72/2013 aufgrund des § 14 Abs. 3 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 4 Abs. 4 weiter."

§ 1 BHZÜV in der Fassung BGBl. II Nr. 206/2011:

"§ 1. Über die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 14 Abs. 1 AuslBG hinaus dürfen Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für

1. Ausländer, deren Beschäftigung im Hinblick auf ihre fortgeschrittene Integration geboten erscheint;

2. bis 13. ..."

Art. 15 Richtlinie 2013/33/EU:

"Beschäftigung

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.

(2) Die Mitgliedstaaten beschließen nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wobei sie gleichzeitig für einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Antragsteller sorgen.

Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten Bürgern der Union, Angehörigen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einräumen.

(3) Das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt darf während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden.

Art. 28 Richtlinie 2013/33/EU:

"System zur Lenkung, Überwachung und Steuerung

(1) Die Mitgliedstaaten führen im Einklang mit ihrer verfassungsrechtlichen Struktur Mechanismen ein, um eine geignete Lenkung, Überwachung und Steuerung des Niveaus der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile sicherzustellen.

(2) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission unter Verwendung des Vordrucks in Anhang I spätestens am 20. Juli 2016 die entsprechenden Informationen."

Die Österreichische Stellungnahme an die Europäische Kommission gemäß Art. 28 zur Umsetzung der RL 2013/33/EU lautet:

"In Entsprechung des Artikels 15 Abs. 1 der Aufnahme-RL haben Asylwerberinnen und Asylwerber Arbeitsmarktzugang im Wege eines Beschäftigungsbewilligungsverfahrens gemäß § 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG). Potentielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben die Beschäftigungsbewilligung vor Arbeitsaufnahme der Asylwerberinnen und Asylwerber einzuholen. Die nach Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU zulässige Arbeitsmarktprüfung erfolgt nach Maßgabe des § 4b AuslBG, wonach Ausländerinnen und Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürgerinnen und -Bürger, Schweizerinnen und Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmerinnen und-arbeitnehmer oder Ausländerinnen und Ausländer mit unbeschränkten Arbeitsmarktzugang Vorrang einzuräumen ist. Beschäftigungsbewilligungen sind für Asylwerber und Asylwerber zulässig, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz haben. Die übrigen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erforderlichen allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG dienen insbesondere der Verhinderung illegaler Beschäftigung und der Sicherung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung unter Einhaltung der geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen."

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Im gegenständlichen Fall erweist sich die bekämpfte Beschwerdevorentscheidung in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des vorliegenden Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zusammengefasst damit, dass die Zulassung von Asylwerbern zum österreichischen Arbeitsmarkt gemäß § 4 Abs. 3 AuslBG nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 2 zulässig sei. Der Regionalbeirat habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet. Dementsprechend stehe § 4 Abs. 3 AuslBG der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zwingend entgegen.

Dem ist jedoch zunächst entgegenzuhalten, dass das AMS damit von der in der Stellungnahme an die Europäische Kommission geäußerten Rechtsansicht Österreichs abweicht, der zufolge bei der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber lediglich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 iVm § 4b AuslBG erfüllt sein müssen.

Darüber hinaus stünde eine derartige Einschränkung der Arbeitsmarktzulassung auf die im § 4 Abs. 3 AuslBG oder in der BHZÜV genannten Personengruppen Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU entgegen, wonach Asylwerbern ein effektiver Arbeitsmarktzugang zu ermöglichen ist.

So ist auch dem Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur Richtlinie 2013/33/EU (COM/2008/815/FINAL) zu entnehmen, dass der tatsächliche Zugang von Asylwerbern zu einer Beschäftigung nicht in unangemessener Weise beschränkt werden darf und eine faire Chance auf Zugang zu einer Beschäftigung bestehen muss.

Dies wäre jedoch bei einer Einschränkung auf Asylwerber, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 AuslBG oder der BHZÜV erfüllen - also de facto auf Asylwerber, deren Bewilligung vom Regionalbeirat einhellig befürwortet wird (Abs. 3 Z 1) oder die im Rahmen von Kontingenten gemäß § 5 AuslBG beschäftigt werden sollen (Abs. 3 Z 5) - gerade nicht der Fall, zumal damit nur in Einzelfällen eine Beschäftigung ermöglicht würde.

Dies wird durch eine Information auf der AMS-Webseite mit Stand 01.01.2018 bestätigt (siehe: http://www.ams.at/_docs/001_asylwerber.pdf), wonach für Asylwerber in aller Regel nur für Saisonarbeit im Gastgewerbe oder in der Landwirtschaft für die Dauer von sechs Monaten Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden können und darüber hinaus eine Bewilligung nur für Asylwerber bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in Lehrberufen möglich ist, in denen ein nachgewiesener Lehrlingsmangel besteht.

Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU gelangt vorliegend unbestritten zur Anwendung, da die zuständige Behörde noch keine Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.

Dementsprechend steht das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 AuslBG in unmittelbarer Anwendung des Art. 15 Abs. 2 Richtlinie 2013/33/EU der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht entgegen.

Das Vorliegen eines Aufenthaltsrechts gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG ist gegenständlich zu bejahen, zumal die mbP seit Jänner 2018, somit mehr als drei Monate, zum Asylverfahren zugelassen ist.

Die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (§ 4 Abs. 1 Z 2 AuslBG) ist gewährleistet, weil sich die BF bereit erklärte, jedenfalls ein dem im gegenständlichen Fall anzuwendenden Kollektivvertrag "Handel" entsprechendes Entgelt zu leisten.

Sonstige der in § 4 Abs. 1 Z 3 ff. AuslBG normierten Ausschlussgründe, insbesondere eine Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des AuslBG, wurden seitens des AMS nicht behauptet und sind auch nach der Aktenlage nicht evident.

Gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 4b AuslBG ist vor der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eine Arbeitsmarktprüfung (Ersatzkraftstellungsverfahren) durchzuführen. Dies entspricht auch der oben zitierten Stellungnahme Österreichs an die Europäisches Kommission, der zufolge die nach Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU zulässige Arbeitsmarktprüfung nach Maßgabe des § 4b AuslBG erfolgt.

Die Bereitschaft der BF, zwecks Arbeitsmarktprüfung iSd § 4b AuslBG an einem Ersatzkraftverfahren mitzuwirken, ergibt sich aus dem Antrag, in dem der Vermittlung von Ersatzkräften ausdrücklich zugestimmt wurde.

Durch die Unterlassung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens hat die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nur sehr unzureichend festgestellt und damit keine für eine Entscheidung in der Sache nach § 28 Abs. 2 VwGVG ausreichenden "brauchbaren Ermittlungsergebnisse" geliefert, was das Bundesverwaltungsgericht dazu berechtigt, von einer Entscheidung in der Sache abzusehen und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/09/0103).

Zu B) Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegend zu beurteilenden Rechtsfrage, ob im Falle der Arbeitsmarktzulassung von Antragstellern iSd Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU mittels Beschäftigungsbewilligung die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 AuslBG erfüllt sein müssen, fehlt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Arbeitsmarktprüfung, Ermittlungspflicht, Ersatzkraft, Kassation,
mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2215819.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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