TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/18 96/09/0386

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Veröffentlicht am 18.12.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AsylG 1991 §7 Abs4;
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;
AuslBG §4 Abs3 Z7;
AuslBG §4 Abs7;
AuslBG BundeshöchstzahlV 1996 (763/1995);
AVG §58 Abs2;
B-VG Art139 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der Brüder Schlepitzka Ges.m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Hansjörg Heiter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wiesingerstraße 3, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. November 1996, Zl. LGSW/Abt.10/13113/161.8981/1996, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Vorauszuschicken ist, daß nach dem Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes Gegenstand des Antrages der beschwerdeführenden Partei vom 14. August 1996 lediglich die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ab 19. August 1996 und nicht die Feststellung der Rechtswirksamkeit der Beschäftigungsbewilligung vom 27. September 1994 war. Gegenstand sowohl des erstinstanzlichen, damit aber auch im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG Gegenstand des angefochtenen Bescheides war daher lediglich der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ab diesem Zeitpunkt, nicht aber ein von der beschwerdeführenden Partei gestellter Feststellungsantrag. Die sich darauf beziehenden Ausführungen in der Beschwerde können daher dahingestellt bleiben.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. August 1996 wurde dieser Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) abgewiesen. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung auf § 4 Abs. 7 AuslBG (idF BGBl. Nr. 257/1995) und § 12a AuslBG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996 (BHZV 1996 ; BGBl. Nr. 763/1995) und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV; BGBl. Nr. 278/1995). Für die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung (im Rahmen des angewendeten Bundeshöchstzahl-Überziehungsverfahrens) war die Überschreitung der genannten BHZV 1996 maßgebend.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. März 1997, V 114/96-7, wie folgt zu Recht erkannt:

"Die Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996, BGBl. Nr. 763/1995, war gesetzwidrig.

Diese Verordnung ist auch auf beim Verwaltungsgerichtshof anhängige sowie vom Verfassungsgerichtshof an diesen zur Entscheidung abzutretende Fälle nicht mehr anzuwenden.

Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt II kundzumachen."

Dieser Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes wurde im Bundesgesetzblatt Teil II, Nr. 137/1997, am 28. Mai 1997 kundgemacht.

Der vorliegende Beschwerdefall ist aufgrund des vom Verfassungsgerichtshof in seinem stattgebenden - die Gesetzwidrigkeit der Verordnung feststellenden - Erkenntnis hinsichtlich der Anwendung der BHZV 1996 in beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren getroffenen Ausspruch (im Sinne des Art. 139 Abs. 6 zweiter Satz B-VG) als ein "Anlaßfall" zu betrachten.

Angesichts der demnach auf den Beschwerdefall wirkenden Aufhebung der für den herangezogenen Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG bzw. die Anwendung des Bundeshöchstzahlen-Überziehungsverfahrens tragenden Verordnung über die Bundeshöchstzahl 1996 ist der angefochtene Bescheid bereits durch diese in Wegfall geratene normative Grundlage inhaltlich rechtswidrig.

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung aber auch auf den Abweisungsgrund des § 4 Abs 3 Z. 7 AuslBG, nach welcher Bestimmung eine Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden darf, wenn dieser zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl Nr. 466/1992, berechtigt ist, ausgenommen im Fall des Antrages auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung.

Gemäß § 1 Abs 3 Z. 6 AufG brauchen Fremde keine Bewilligung (nach diesem Gesetz), wenn sie auf Grund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind. Die relevanten Bestimmungen des AsylG 1991 lauten:

Vorläufige Aufenthaltsberechtigung des Asylwerbers

§ 7. (1) Ein Asylwerber, der gemäß § 6 eingereist ist, ist ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Asylantrag gestellt wurde, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, wenn der Asylantrag innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet oder innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem er im Bundesgebiet von der Gefahr einer Verfolgung Kenntnis erlangt hat (vorläufige Aufenthaltsberechtigung). Der Asylwerber hat sich den Asylbehörden für Zwecke des Verfahrens nach diesem Bundesgesetz zur Verfügung zu halten.

2)......

3) Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung kommt einem Asylwerber ab dem Zeitpunkt nicht mehr zu, zu dem das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt.

(4) Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist unverzüglich von Amts wegen zu bescheinigen. Diese Bescheinigung nach dem Muster der Anlage ist mit einer verlängerbaren Gültigkeitsdauer von höchstens drei Monaten auszustellen. Sie ist in den Fällen des Abs. 3 unverzüglich zurückzustellen.

Einreise von Asylwerbern

§ 6. (1) Ein Asylwerber, der direkt aus dem Staat kommt (Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention), in dem er behauptete, Verfolgung befürchten zu müssen, ist weder wegen rechtswidriger Einreise noch rechtswidriger Anwesenheit im Bundesgebiet zu bestrafen.

Im Beschwerdefall ist in diesem Zusammenhang aber festzuhalten daß dem im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. September 1994 zu entnehmen ist, daß der beantragte Ausländer zwar "illegal" in das Bundesgebiet eingereist ist, daß diese Einreise aber dem § 6 Abs 1 AsylG 1991 widersprochen hätte ( mangels "direkt"), ist den Feststellungen der belangten Behörde nicht zu entnehmen. Vielmehr wurde dem Fremden eine Bescheinigung im Sinn des § 7 Abs. 4 Asylgesetz 1991 ausgestellt.

Im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung (14. August 1996) war zwar das Asylverfahren des Ausländers negativ abgeschlossen, seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung daher erloschen, es lag aber bereits die Bewilligung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid des Bundesministers für Inneres durch den Verwaltungsgerichtshof vom 3. Mai 1996, AW 96/01/0018 und der Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 2. August 1996 vor, mit dem dem Ausländer die Wiedereinreise gestattet wurde. Obwohl dies bereits Gegenstand des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei im Berufungsverfahren war, ging die belangte Behörde hierauf mit keinem Wort ein. Daß sie in diesem Punkte die Bescheidbegründung in der Gegenschrift nachzuholen suchte, kann aber die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht mehr sanieren.

Da die aufgezeigte Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides der ihm anhaftenden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090386.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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