TE Vwgh Beschluss 2019/5/28 Ra 2017/05/0203

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AWG 2002 §24a
AWG 2002 §26 Abs1
AWG 2002 §26 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/05/0205Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2017/05/0204 B 28.05.2019

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Dipl.-Ing. B H in M, vertreten durch Dr. Alexander Pflaum, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rechte Bahngasse 10/19D, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 11. April 2017, u.a. 1) GZ: VGW- 001/004/2224/2016-12, betreffend Übertretung des AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Der Revisionswerber ist einer von drei handelsrechtlichen Geschäftsführern der A. GmbH, die eine Abfallbehandlungsanlage in W betreibt. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 5. Jänner 2016 wurde dem Revisionswerber u.a. zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der A. GmbH zu verantworten, dass diese als Betreiberin der näher bezeichneten Abfallbehandlungsanlage diese Anlage

5.) am 22. Mai 2015 gegen 11:00 Uhr ohne die gemäß § 37 Abs. 3 Z 5 AWG 2002 erforderliche Genehmigung in geändertem Zustand betrieben habe, da zu dieser Zeit in der Lagerhalle im Lagerbereich der A. GmbH ca. 25 t befeuchtete Filterstäube, zuzuordnen der gefährlichen Abfallart 31217 "Filterstäube-NE metallhaltig" gelagert worden seien, obwohl dies nicht mit Bescheid vom 12. August 1992 und Folgebescheiden genehmigt sei und diese Änderungen dazu geeignet seien, die Nachbarn durch Geruch oder Staub zu belästigen, 6.) am 22. Mai 2015 gegen 11:00 in der Lagerhalle im Lagerbereich der A. GmbH ca. 25 t befeuchtete Filterstäube, zuzuordnen der gefährlichen Abfallart 31217 "Filterstäube-NE metallhaltig" gelagert habe, obwohl für die Lagerung keine Bewilligung vorgelegen sei, die Lagerungen daher außerhalb des genehmigten Konsenses erfolgt seien und dieser Lagerbereich daher keine für diese Abfallart genehmigte Anlage oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehener geeigneter Ort sei und 7.) als Abfallbehandlerin am 22. Mai 2015 um 11.00 Uhr in der Lagerhalle im Lagerbereich der A. GmbH ca. 25 t befeuchtete Filterstäube, zuzuordnen der gefährlichen Abfallart 31217 "Filterstäube-NE metallhaltig" behandelt habe, ohne dass die Behandlung von Abfällen dieser Abfallart vom Berechtigungsumfang der A. GmbH umfasst gewesen sei und somit ohne entsprechende Erlaubnis zur Behandlung dieser Abfälle gemäß § 24a AWG 2002 zu verfügen, obwohl die Tätigkeit des Behandelns von Abfällen einer Erlaubnis gemäß § 24a AWG 2002 bedürfe. Er habe daher zu 5.) gegen

§ 37 Abs. 3 Z 5 iVm § 38 AWG 2002 und § 81 Abs. 1 GewO 1994, zu 6.) gegen § 15 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 und zu 7. gegen

§ 24a AWG 2002 verstoßen. Es wurden Geldstrafen hinsichtlich Spruchpunkt 5.) gemäß § 79 Abs. 1 Z 9 zweiter Strafsatz AWG 2002, hinsichtlich Spruchpunkt 6.) gemäß § 79 Abs. 1 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 und hinsichtlich Spruchpunkt 7.) gemäß § 79 Abs. 1 Z 7 AWG 2002 von jeweils EUR 6.000,--, verhängt. 6 Mit dem u.a. über Beschwerde des Revisionswerbers, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, ergangenen angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde u.a. hinsichtlich der Spruchpunkte 5.) und 6.) als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I. erster Absatz; dagegen wendet sich die Revision), hinsichtlich des Spruchpunktes 7.) wurde der Beschwerde Folge gegeben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt (Spruchpunkt I. zweiter Absatz). Des Weiteren wurde ausgesprochen, dass die Revision unzulässig sei.

7 Zu der Feststellung des Verwaltungsgerichtes, dass von der A. GmbH in der Lagerhalle (Box B) 25 t Filterstäube gelagert worden seien, führte das Verwaltungsgericht eine eingehende und schlüssige Beweiswürdigung (siehe das angefochtene Erkenntnis Seite 22 unten ff) durch. Diese stützte sich insbesondere darauf, dass der bei der Kontrolle am 22. Mai 2015 anwesende Betriebsleiter und abfallrechtliche Geschäftsführer der A. GmbH G. H. in keiner Weise darauf hingewiesen hätte, dass diese Abfälle nichts mit der A. GmbH zu tun hätten. Er habe vielmehr den Eindruck erweckt, dass die A. GmbH für diese Abfälle verantwortlich sei. G. H. habe im Zuge der Kontrolle nähere Angaben über Art und Menge dieser Abfälle, wann diese angeliefert worden seien und wie lange sie dort verbleiben sollten, gemacht. Die in der Folge getätigten gegenteiligen Aussagen des G. H. wurden vom Verwaltungsgericht als nicht glaubwürdig erachtet. Hinsichtlich der Spruchpunkte 5.) und 6.) wurde weiters ausgeführt, dass der Revisionswerber im gesamten Verfahren nicht bestritten habe, dass die befeuchteten Filterstäube, die der gefährlichen Abfallart 31217 zuzuordnen seien, in der Lager-Box der A. GmbH gelagert worden seien. Ebenso wenig sei bestritten worden, dass es sich um Abfallbehandlung handle, wenn die trockenen Filterstäube nass würden, da "der Ammoniak ausreagiere und daher eine chemische Reaktion stattfinde". Auch sei zugestanden worden, dass es zum Tatzeitpunkt keine Genehmigung für die Behandlungsanlage nach § 37 AWG, keine Genehmigung für die Lagerung sowie auch keine Genehmigung gemäß § 24a AWG für die Filterstäube gegeben habe. Der Beschwerdeführer habe jedoch mehrfach vorgebracht, dass dieser Abfall von der P-GmbH übernommen worden sei, die sich die Lagerhalle mit der A. GmbH teile und die Filterstäube ohne Wissen der A. GmbH in deren Teil der Lagerhalle gelagert habe.

8 Es sei somit die Frage zu beantworten, wer die Lagerung und die Behandlung der Filterstäube in der Lagerhalle im Bereich der A. GmbH zu verantworten habe. Gemäß § 2 Abs. 6 Z 1 lit b AWG 2002 sei Abfallbesitzer im Sinne dieses Bundesgesetzes jede Person, welche die Abfälle innehabe. Abfallbesitzer in der Variante Abfallinhaber sei sohin jede Person, in deren tatsächlicher Sachherrschaft sich der Abfall befinde. Der faktische Inhaber des Abfalls sei Abfallbesitzer, dies erfordere keinen Besitzwillen (Hinweis auf VwGH 28.11.2013, 2010/07/0109). Es genüge die bloße Innehabung, ob die innehabende Person auch Eigentümer der Abfälle sei, sei daher ohne Bedeutung. Abfallbesitzer müssten über ein Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft verfügen. Die Filterstäube seien unbestritten in der Lager-Box der A. GmbH gelagert worden, weswegen zweifelsfrei ein Mindestmaß an Sachherrschaft über die Filterstäube gegeben gewesen sei, weswegen die A. GmbH als Abfallbesitzerin anzusehen sei. Aufgrund dessen sei die Einvernahme zweier Geschäftsführer der P. GmbH, dass diese Abfallbesitzer gewesen sei, nicht erforderlich gewesen. 9 Auf Grund des Beschwerdeverfahrens stehe es als erwiesen fest, dass die A. GmbH am 22. Mai 2015 gegen 11.00 Uhr ihre Abfallbehandlungsanlage ohne die gemäß § 37 Abs. 3 Z 5 AWG 2002 erforderliche Genehmigung in geändertem Zustand betrieben habe, da sie zu dieser Zeit in ihrem Lagerbereich der Lagerhalle ca. 25 t Filterstäube gelagert habe. Auf die diesbezüglichen ausführlichen Überlegungen in der Beweiswürdigung werde hingewiesen. Unstrittig sei auch, dass die Lagerung dieser gefährlichen Abfallart nicht vom Genehmigungsbescheid und dessen Folgebescheiden umfasst gewesen sei.

10 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Darin ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Dieser ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0158, mwN).

11 Der Revisionswerber macht in seinen Zulässigkeitsgründen geltend, dass sich das Verwaltungsgericht bei der Frage (Seite 35 f des Erkenntnisses), wer die Lagerung und Behandlung der Filterstäube in der Lagerhalle im Bereich der A. GmbH zu verantworten habe, auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Abfallbesitzer stütze, nach der der Abfallbesitzer u.a. über ein Mindestmaß an Sachherrschaft verfügen müsse. Dies werde vom Verwaltungsgericht nur damit argumentiert, dass die Filterstäube in jenem Bereich der Lagerhalle gelagert gewesen seien, der der A. GmbH zuzuordnen sei. Es fehlten Feststellungen darüber, dass eine Sachherrschaft jedenfalls die Kenntnis des Abfallinhabers über eben diese Sachherrschaft erfordere. Dem genügt es entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht, wie eingangs wiedergegeben, nachvollziehbar und schlüssig auf Grund des Verhaltens des bei der Kontrolle am 22. Mai 2015 anwesenden Betriebsleiters und abfallrechtlichen Geschäftsführers der A. GmbH G. H. angenommen hat, dass die Lagerung der in Frage stehenden Filterstäube durch die A. GmbH in ihrer Box in der Lagerhalle erfolgt ist, sie daher davon gewusst hat. Eine Abweichung von der Judikatur zum Abfallbesitzer gemäß § 2 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 wird damit nicht dargetan.

12 Weiters meint der Revisionswerber, dass das Verwaltungsgericht von der Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers gemäß § 26 Abs. 3 AWG 2002 durch die A. GmbH Kenntnis erlangt habe. Dessen mögliche Verantwortung für die gegenständlichen Vorhalte wäre aber zu prüfen gewesen. Das angefochtene Erkenntnis weiche vom Erkenntnis VwGH 15.1.1998, 97/07/0137, ab. Danach träfe die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung den abfallrechtlichen Geschäftsführer, wenn eine von einer Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 und 4 AWG 1990 (nunmehr § 24a AWG 2002) nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang mit einer durch eine vorhandene Erlaubnis gedeckte Tätigkeit ausgeführt werde.

13 Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in der vorliegenden Angelegenheit aufgeworfen. Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem angeführten hg. Erkenntnis und unter Verweis auf dieses das Verwaltungsstrafverfahren betreffend den Verstoß der A. GmbH gegen § 24a AWG 2002 (Pkt. 7 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses:

Behandlung von gefährlichen Abfällen, nämlich der festgestellten Filterstäube, durch die A. GmbH ohne entsprechende Erlaubnis zur Behandlung gemäß § 24a AWG 2002) diesen Spruchpunkt behoben und das Strafverfahren gegen den Revisionswerber diesbezüglich eingestellt (siehe den in Rz 6 erwähnten Spruchpunkt I. zweiter Absatz und Seite 38 f des Erkenntnisses).

14 Wenn der Revisionswerber ganz allgemein meint, das Verwaltungsgericht hätte die mögliche Verantwortung des abfallrechtlichen Geschäftsführers gegenüber den übrigen Vorhalten prüfen müssen, wird damit nicht entsprechend konkret auf die vorliegende Angelegenheit bezogen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Der Revisionswerber behauptet und begründet dabei insbesondere nicht, dass es sich bei den anderen Verwaltungsstrafdelikten um Verstöße gegen jene abfallrechtlichen Vorschriften gemäß § 26 Abs. 3 AWG 2002 handelte, die die Tätigkeit des Sammelns und Behandelns von gefährlichen Abfällen gemäß § 26 Abs. 1 AWG 2002 betreffen und für deren Einhaltung der abfallrechtliche Geschäftsführer verantwortlich ist (vgl. VwGH 6.7.2006, 2005/07/0118). 15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 28. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017050203.L00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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