TE Bvwg Beschluss 2019/5/10 L521 2203617-1

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Veröffentlicht am 10.05.2019
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Entscheidungsdatum

10.05.2019

Norm

AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L521 2203617-1/5E

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. in der Beschwerdesache des XXXX , vertreten durch Kreuzberger, Stranimaier & Vogler Rechtsanwälte OG in 5500 Bischofshofen, Mohshammerplatz 14, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Landesstelle Salzburg) vom 11.07.2018, Zl. 7 B41/18, betreffend Beiträge zur Sozialversicherung den

BESCHLUSS

gefasst:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer betrieb zuletzt im Land Salzburg ein Landtechnikunternehmen in Form einer GmbH & Co KG, wobei über das Vermögen dieser Gesellschaft am 31.03.2014 das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet wurde.

Der Beschwerdeführer selbst ist - eigenen Angaben zufolge - seit dem 15.10.2015 nur mehr unselbständig erwerbstätig. Am 17.05.2017 wurde auch in Ansehung des Beschwerdeführers das Insolvenzverfahren als Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und dabei seitens der belangten Sozialversicherungsanstalt Insolvenz- und Masseforderungen geltend gemacht.

2. Mit Eingabe seiner rechtsfreundlichen Vertretung vom 12.06.2018 beantragte der Beschwerdeführer (1.) die Einleitung eines Feststellungsverfahrens zur Ermittlung der Beitragsverpflichtung dem Grunde nach für das Jahr 2017, (2.) die bescheidmäßige Festsetzung der Beitragsverpflichtung im Zeitraum 2017 sowie (3.) die bescheidmäßige Feststellung, dass allfällige Sozialversicherungsbeiträge im Jahr 2017 ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht als Masseforderungen zu qualifizieren wären.

3. In weiterer Folge erließ die der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft die hier angefochtene Erledigung vom 11.07.2018, womit festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer jedenfalls im Zeitraum vom 01.01.2017 bis zu, 31.08.2017 der Pflichtversicherung unterlegen sei.

4. Gegen die Erledigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 11.07.2018 richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In dieser bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe die gestellten Anträge nicht in vollem Umfang erledigt, wiewohl die Begründung des angefochtenen Bescheides dermaßen verstanden werden könne, dass die unerledigten Begehren als nicht berechtigt angesehen würden.

Der angefochtene Bescheid weise elementare Begründungsmängel auf und habe die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft insbesondere keine Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer lukrierten Einkünften getroffen, obwohl ihr die Anforderung der Akten des Finanzamtes leicht möglich sei. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer ab dem 01.04.2017 keine Veräußerungsgewinne mehr vereinnahmt hätte. Darüber hinaus habe die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft keine näheren Ermittlungen zur Löschung der vom Beschwerdeführer geführten GmbH & Co KG durchgeführt und sei die lange Dauer der Löschung nur darauf zurückzuführen gewesen, dass bei der Abwicklung Einwände der Finanzverwaltung erhoben worden wären.

5. Die Beschwerdevorlage langte am 16.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde zunächst der Gerichtsabteilung L523 zur Erledigung zugewiesen. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde das Beschwerdeverfahren mit 23.10.2018 der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Erledigung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt erliegende und mittels eines Textverarbeitungsprogrammes erstellte Urschrift der Erledigung vom 11.07.2018 trägt keine Unterschrift des Genehmigenden und wurde auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters (etwa durch elektronische Genehmigung bzw. Anbringung einer Amtssignatur) genehmigt. Im Verwaltungsverfahrensakt der belangten Sozialversicherungsanstalt liegt auch keine Durchschrift oder Kopie der an den Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung ein.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der seitens der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Landesstelle Salzburg) vorgelegten Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens.

2.2. Die im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt erliegende und mittels eines Textverarbeitungsprogrammes erstellte Urschrift der Erledigung vom 11.07.2018 weist keine Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG auf. Hinweise auf den Einsatz eines technischen Verfahrens zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung können dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden.

Die Urschrift weist an der Stelle der Fertigung das nachstehend dargestellte unleserliche Schriftgebilde auf:

Bild kann nicht dargestellt werden

Das Schriftgebilde kann nicht als Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG angesehen werden: Eine Unterschrift ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann. Eine Unterschrift muss zwar nicht lesbar, aber ein individueller Schriftzug sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist (vgl. jüngst VwGH 28.02.2018, Ra 2015/06/0125 mwN).

Fallbezogen entspricht das auf der Urschrift der angefochtenen Erledigung angebrachte (unleserliche) Schriftgebilde diesen Erfordernissen nicht, zumal lediglich der erste Buchstabe des einer Paraphe gleichenden Schriftzug noch einigermaßen sicher als "R" interpretiert werden kann, die anschließenden Buchstaben jedoch nicht mehr eindeutig sind und der Schriftzug mit unleserlichen Wellenlinien endet. Eine Paraphe stellt im Übrigen schon nach der Rechtsprechung jedenfalls keine Unterschrift dar (VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0051).

Der Mangel wird auch nicht dadurch saniert, dass in der Fertigungsklausel der Titel und der Name des Leiters der Landesstelle Salzburg der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angegeben sind, da sich darüber nur das angesprochene Schriftgebilde mit der Beifügung "i.V." findet, woraus eben ersichtlich ist, dass der Leiter der Landesstelle Salzburg der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gerade nicht der genehmigende Organwalter war (vgl. hiezu VwGH 19.03.2015, Zl. 2012/06/0145). Die Fertigungsklausel verwirrt damit nur noch mehr, weil (lesbar) der Name einer Person angeführt und damit suggeriert wird, dass diese den angefochtenen Bescheid genehmigt habe, obwohl die (unleserliche) Fertigung selbst von einer anderen, unbekannten Person stammt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Z. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, BGBl. I Nr. 87/2008 idF BGBl. I Nr. 57/2018, ist das AVG auf das behördliche Verfahren der Verwaltungsbehörden anzuwenden. Auf das Verfahren der Sozialversicherungsträger in Verwaltungssachen (§ 354 ASVG) ist demgemäß das AVG in vollem Umfang anzuwenden (vgl. hiezu 2195 BlgNR XXIV. GP, 5).

Gemäß § 18 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

3.2. Gemäß § 18 Abs. 4 leg. cit. hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

3.3. § 18 AVG bringt den Grundsatz zum Ausdruck, dass die Identität des Organwalters, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die Urschrift einer Erledigung muss sohin das genehmigende Organ erkennen lassen (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).

3.4. Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).

3.5. Im Falle des Fehlens der Genehmigung bzw. der mangelnden Zurechenbarkeit zu einem bestimmten Organwalter kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn die darauf beruhende Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070; 14.10.2013, Zl. 2013/12/0079).

3.6. Zum gegenständlichen Verfahren:

3.6.1. Die Frage der (eigenen) sachlichen und örtlichen Zuständigkeit hat das Bundesverwaltungsgericht in jeder Lage von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 27 K10 unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG).

3.6.2. Einer Erledigung fehlt die Bescheidqualität, wenn die Urschrift nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen ist. Gegenteiliges ist nur anzunehmen, wenn die den Parteien zugestellten Ausfertigungen die Originalunterschrift des Genehmigenden tragen und eine nicht unterschriebene Durchschrift im Akt verbleibt (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/06/0022).

Fallbezogen fehlt der im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt aufliegende Urschrift die Bescheidqualität, da die Urschrift nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden (sondern mit einem unleserlichen Schriftgebilde, welches den Anforderungen an eine Unterschrift nicht genügt) versehen ist. Die Identität des die angefochtene Erledigung (angeblich) genehmigenden Organwalters ist demgemäß nicht erkennbar und liegt keine wirksame Erlassung eines Bescheides vor.

Die im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt aufliegende Urschrift wurde auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters genehmigt wurde und sich schließlich im Verwaltungsverfahrensakt der belangten Behörde auch keine Durchschrift oder Kopie der an den Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung befindet. Auch auf diesem Wege kam sohin keine wirksame Genehmigung der angefochtenen Erledigung zustande.

3.6.3. Die vom Beschwerdeführer gegenständlich erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich somit gegen einen Nichtbescheid, was entsprechend oben zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Mangel der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge hat (vgl. auch VwGH 20.04.2017, Ra 2017/20/0095).

3.6.4. Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

3.6.5. Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen insoweit im Recht ist, als der angefochtene Bescheid nicht erkennen lässt, inwieweit damit über die vom Beschwerdeführer am 12.06.2018 gestellten Anträge abgesprochen wird. Tatsächlich erweckt der Spruch den Anschein, dass damit lediglich das erste (Haupt-)Begehren des Beschwerdeführers erledigt wurde. Welchen Standpunkt die belangte Sozialversicherungsanstalt zu den weiteren Begehren einnimmt - ob diese ebenfalls für unberechtigt oder gar unzulässig gehalten werden - kann dem Spruch des angefochtenen Bescheides jedenfalls nicht entnommen werden. Im fortgesetzten Verfahren wird auch ein diesbezüglicher bescheidmäßiger Abspruch zu erfolgen haben.

3.7. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.06.2012, B 155/12). Der festgestellte Sachverhalt ist im Beschwerdeverfahren unstrittig und ergibt sich eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens. Strittig sind lediglich Rechtsfragen, weshalb von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden konnte. Darüber hinaus gebietet Art. 6 MRK bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0073, mwN).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheidqualität, Genehmigung, Nichtbescheid, Unterschrift,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L521.2203617.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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