RS Vwgh 2019/4/26 Ra 2018/02/0344

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Veröffentlicht am 26.04.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
24/01 Strafgesetzbuch
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

MRKZP 07te Art4
StGB §89
StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §99 Abs1b
StVO 1960 §99 Abs6 litc
VStG §22 Abs1
VStG §45 Abs1 Z2
VwGG §42 Abs4

Rechtssatz

Nach der Rechtsprechung des OGH (17.2.2005, 15 Os 129/04) setzt die von § 89 StGB geforderte Gefährdung eine Situation voraus, die nicht bloß allgemein, sondern auch und gerade im besonderen Fall die Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses für das Leben, die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer vom Täter verschiedenen Person besorgen lässt. Für das Gefahrenurteil, auf dem der Gefährdungsbegriff aufbaut, kommt es auf denjenigen Zeitpunkt an, in dem sich die betroffene Person im Wirkungsbereich des vorausgesetzten gefährlichen Verhaltens befindet. Eine konkrete Gefährdung ist grundsätzlich anzunehmen, wenn ein sachkundiger Beobachter, der zur Zeit des Ablaufs des zu beurteilenden Geschehens am Standort des Betroffenen postiert zu denken ist, eine Beeinträchtigung eben dieses Betroffenen an Leib oder Leben ernstlich für möglich hält. Ein außergewöhnlich hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für den Eintritt des Gefährdungserfolgs ist dabei nicht erforderlich, sondern es genügt die ernst zu nehmende Möglichkeit der Beeinträchtigung. Der PKW-Lenker hat durch sein Verhalten eine Gefahr für die Gesundheit des Mopedlenkers herbeigeführt, weshalb der Tatbestand des § 89 StGB als erfüllt anzusehen ist. Bildet die Tat aber den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung, ist sie gemäß § 22 Abs. 1 VStG und nach § 99 Abs. 6 lit. c StVO 1960 als Verwaltungsübertretung nicht strafbar bzw. liegt keine Verwaltungsübertretung vor. § 22 Abs. 1 VStG stellt ausschließlich auf die "Tat" ab. Dass die Verwaltungsstrafnorm gegebenenfalls eine andere Schutzrichtung aufweist als die gerichtliche Strafnorm, ändert an der Subsidiarität nichts. § 22 Abs. 1 VStG stellt nur darauf ab, dass die Tat auch den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet; auf die tatsächliche Einleitung (oder gar den Abschluss) eines Strafverfahrens kommt es daher nicht an. Auch die Frage, ob der Beschuldigte die Tat verschuldet hat oder ein Entschuldigungsgrund in Betracht zu ziehen ist, ist für die Subsidiarität der Verwaltungsstrafdrohung nicht entscheidend (VwGH 22.11.2016, Ra 2016/03/0095). Mangels Strafbarkeit als Verwaltungsübertretung liegt im Revisionsfall der Einstellungsgrund des § 45 Abs. 1 Z 2 VStG vor.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020344.L01

Im RIS seit

09.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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