TE Bvwg Beschluss 2019/5/13 W258 2148572-2

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Veröffentlicht am 13.05.2019
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Entscheidungsdatum

13.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1 Z2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W258 2148572-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, 1090 Wien, Pulverturmgasse 4/2/R01, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , mit dem ua der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende

Wirkung zuerkannt.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der männliche BF stelle am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX abgewiesen worden ist. Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gewährt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, ausgesprochen, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für eine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit hg Erkenntnis vom XXXX , GZ XXXX , abgewiesen. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom XXXX , GZ XXXX , ab und trat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, bei dem die Beschwerde nach wie vor anhängig ist.

Der BF stellte am XXXX einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, in der er begründend auf seine bisherigen Fluchtgründe verwies und einen Abfall vom Islam bzw. eine Konversion zum christlichen Glauben geltend machte.

Der BF wurde zu seinem Antrag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag und durch eine weibliche Referentin der belangten Behörde am 09.04.2019 einvernommen.

Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurück (Spruchpunkte I. und II.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG 2005 kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und es wurde weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde führte im Bescheid im Verfahrensgang aus, dass der BF in seinem ersten Asylverfahren eine Entführung durch die Taliban geltend gemacht habe, die auch versucht hätten, ihn zu vergewaltigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des BF vom XXXX , in der unter anderem die Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht worden ist.

Auf Grund einer fernmündlichen Rückfrage wurde seitens der belangten Behörde dem erkennenden Gericht mitgeteilt, dass der BF im Folgeverfahren von einer weiblichen Referentin einvernommen worden ist.

Da im Verwaltungsakt des Folgeverfahrens und im gerichtlichen Akt des Erstverfahrens kein Hinweis auf ein Vorbringen des BF enthalten ist, dass Taliban versucht hätten, ihn zu vergewaltigen, wurde der belangten Behörde am 10.05.2019 fernmündlich aufgetragen, dem erkennenden Gericht den Verwaltungsakt des Erstverfahrens ehestmöglich vorzulegen. Seitens der belangten Behörde wurde dem erkennenden Gericht fernmündlich mitgeteilt, dass der Verwaltungsakt des Erstverfahrens erst in einigen Tagen hg eintreffen werde.

Beweise erhoben wurden durch Einsicht in den Verwaltungsakt, den verwaltungsgerichtlichen Akt des Erstverfahrens und fernmündliche Befragung der belangen Behörde hinsichtlich des Geschlechts des einvernehmenden Referenten im Folgeverfahren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang steht fest. Er gründet auf den genannten unbedenklichen Beweismitteln.

Rechtlich folgt daraus:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 17 Abs 1 Z 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich bei dieser um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Der BF hat nach den Ausführungen zum Verfahrensgang des angefochtenen Bescheids in seinem ersten Verfahren über internationalen Schutz eine drohende Vergewaltigung durch die Taliban, dh einen drohenden Eingriff in seine sexuelle Selbstbestimmung, vorgebracht haben. In seinem Folgeantrag hat er auf seine bisherigen Fluchtgründe verwiesen. Auch wenn einer neuerlichen Entscheidung über das bisherige Fluchtbringen das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (ne bis in idem) entgegenstehen würde, macht er damit dennoch auch im gegenständlichen Verfahren einen drohenden Eingriff in seine sexuelle Selbstbestimmung geltend. Diesbezüglich ist § 20 AsylG zu beachten, wonach er diesfalls nur von einem Organwalter gleichen Geschlechts einvernommen werden darf, es sei denn, dass er anders verlangt. Da er ein solches Verlangen nicht gestellt hat und von einer weiblichen Referentin einvernommen worden ist, ist eine Behebung des bekämpften Bescheids indiziert.

Abgesehen von den Ausführungen zum Verfahrensgang im bekämpften Bescheid finden sich im Akt aber keine weiteren Hinweise auf die angeblichen Vergewaltigungsversuche der Taliban. Das erkennende Gericht hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts den bei der belangten Behörde erliegenden Verwaltungsakt des Erstverfahrens zwar bereits angefordert, er wird ihm aber erst nach Ablauf der Frist für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zur Verfügung stehen.

Da somit auf Grund der Aktenlage innerhalb der einwöchigen Entscheidungsfrist nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass eine Verletzung der genannten, durch die EMRK garantierten Rechte bei Rückführung des Beschwerdeführers nach Afghanistan ausgeschlossen wäre, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W258.2148572.2.00

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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