TE Vwgh Beschluss 2019/4/30 Ra 2019/14/0178

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2019
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
FrPolG 2005 §52 Abs9
FrPolG 2005 §55 Abs3
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41 Abs1

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, in der Revisionssache des A B in C, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das am 10. Dezember 2018 mündlich verkündete und am 3. Jänner 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, L504 2118342-1/19E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach dem FPG samt rechtlich davon abhängende Aussprüche (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der aus der Türkei stammende Revisionswerber wurde am 23. Juni 2015 im Rahmen einer Verkehrskontrolle im Bundesgebiet angetroffen, wobei hervorkam, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Er gab zunächst gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dem er nach seiner Festnahme vorgeführt wurde, an, sein Reiseziel sei Dänemark. In Österreich wolle er keinen Asylantrag stellen. In der Folge stellte der Revisionswerber noch am selben Tag, nachdem er vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über Vorschriften des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) belehrt worden war, einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). 2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 6. November 2015 ab (Spruchpunkte I. und II.). Die Behörde sprach unter einem aus, dass dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt werde, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde - mit einer für das Revisionsverfahren nicht weiter wesentlichen Änderung des Ausspruches betreffend die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 - als unbegründet ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 7. März 2019, E 5157/2018-13, ab. Über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers wurde die Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 27. März 2019, E 5157/2018-15, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

5 Im Anschluss brachte der Revisionswerber die gegenständliche Revision ein, in der zum Umfang der Anfechtung ausgeführt wird, dass sich die Revision nur soweit gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts richte, als damit die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des Bescheides vom 6. November 2015 in Bezug auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie die rechtlich davon abhängenden Aussprüche nach § 52 Abs. 9 FPG (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung) und § 55 Abs. 3 FPG (Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise) abgewiesen wurde.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Der Revisionswerber macht zur Begründung der Zulässigkeit der Revision - auf das Wesentliche zusammengefasst - geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe bei der nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz vorzunehmenden Interessenabwägung nicht gebührend berücksichtigt, dass sich sein vier Jahre alter Sohn im Bundesgebiet aufhalte. Es hätten die Aspekte des Kindeswohls Beachtung finden müssen.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. etwa VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068; 28.3.2019, Ra 2019/14/0106, jeweils mwN). 11 Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Revisionswerber - dieser habe sein Heimatland aus freien Stücken verlassen und zudem ohne seine Ehefrau, die er mit dem gemeinsamen Kind in der Türkei zurückgelassen habe, über die Motive seiner Ausreise in Kenntnis zu setzen - vom Zeitpunkt seiner Ausreise aus seinem Heimatland im Juni 2015 und bis zur im April 2018 erfolgten Einreise seiner Ehefrau in das Bundesgebiet kaum Kontakt zu dieser (und damit auch zu seinem Kind) gehabe habe. Der Revisionswerber habe seine Ehefrau seit ihrer Ankunft in Österreich erst zweimal besucht. Es bestehe fallweise telefonischer Kontakt. Die Ehefrau sei mit dem Kind nach Österreich gekommen, weil sie bei ihren Eltern und Geschwistern habe sein wollen. Wo sich der Revisionswerber seit seiner Ausreise aus der Türkei aufgehalten habe, habe sie nicht gewusst. Sie wolle sich ehebaldigst vom Revisionswerber scheiden lassen.

12 Der Revisionswerber zeigt vor dem Hintergrund dieser Feststellungen nicht auf, welche besonderen Umstände fallbezogen zu berücksichtigen gewesen wären, sodass sich die Erlassung der Rückkehrentscheidung unter dem Blickwinkel der Wahrung des Kindeswohles in Bezug auf den gemeinsamen Sohn, der bei der Mutter, der nach den (auf den eigenen Angaben des Revisionswerbers fußenden) Feststellungen von ihm - noch während seines Aufenthalts in seinem Heimatland nach türkischem Recht - auch die Obsorge für den Sohn überantwortet wurde, lebt, als unverhältnismäßig dargestellt hätte.

13 Soweit in der Revision behauptet wird, die fehlende Kontaktaufnahme zur Ehefrau sei auf die Gründe der Flucht des Revisionswerbers und die Unterbringung der Eheleute im Rahmen der Grundversorgung in unterschiedlichen Bundesländern zurückzuführen, entfernt sich der Revisionswerber von den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, ohne darzulegen, warum diesem bei der Eruierung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre. Dies gilt auch für das - soweit es sich auf Umstände bezieht, die nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses eingetreten sind, im Übrigen als im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nach § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung einzustufende - Vorbringen, die Eheleute hätten wieder zueinander gefunden und dies sei der Grund, warum das Ehescheidungsverfahren bislang nicht eingeleitet worden sei.

14 Dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze in unvertretbarer Weise zur Anwendung gebracht hätte, vermag die Revision sohin nicht darzulegen.

15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 30. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140178.L00

Im RIS seit

12.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten